— 81 — In allen Berichtsjahren zeigte ſich das faſt gleiche, verhältnismäßig günſtige Bild mit der Ab⸗ weichung, daß die Monate Januar- Juli 1917 beſonders günſtige Ziffern aufwieſen und der November und Dezember 1918, ſowie die erſten Monate des Jahres 1919 weniger gut abſchnit/en. Jedoch in anbetracht des Umſtandes, daß auf die dauernde Einberufung während der Kriegszeit und November 1918 mit der beginnnenden Demobilmachung ein gewaltiger Zuſtrom von Arbeitern einſetzte, ſind die Verhältniſſe auf dem Arbeitsmarkte vom November 1918 bis März 1919 noch als günſtig zu betrachten dank der Vorſorge ſeitens der Stadtverwaltung und des Zweckverbandes Groß⸗Berlin, die rechtzeitig zur Ausführung von Notſtandsarbeiten Mittel bereitgeſtellt hatten und in dieſem kritiſchen Winter 2100 Arbeitsloſen Beſchäſtigun aben. Einen großen Einfluß auf die verhältnismäßig günſtige Geſtaltung des Arbeitemarktes übte 7 ie Abwanderung der während der Kriegszeit zugezogenen Arbeitskräfte aus, die auf Anordnung des Demobilmachungsausſchuſſes einſetzte. Für den vaterländiſchen Hilfsdienſt hatten ſich 1916/1917 naapeſcn 470 Perſonen gemeldet, von denen 261 verwendet werden konnten. Durch die Abteilung für Kriegs eſchädigte wurden 104 arbeitsfähige geneſende Soldaten aus Lazaretten und Sammelſtellen in geeigneten Arbeitsſtellen untergebracht. Die Leicht⸗ beſchädigten fanden zumeiſt mühelos Arbeit und konnten zum Teil wieder ihrem alten Berufe zugeführt werden. Schwerbeſchädigte waren kaum unterzubringen. Dieſe Abteilung für Kriegsbeſchädigte wurde Anfang des Jahres 1919 aufgehoben. Die Frauenabteilung wurde im Jahre 1919 durch Einrichtung des gewerblichen Arbeits⸗ nachweiſes Bismarckſtraße erweitert. Durch Zuſammenarbeit der einzeinen Verwaltungsſtellen konnte eine beträchtliche Anzahl Stellen untereinander ausgetauſcht und beſetzt werden. Eine kleinere Zahl von kauf⸗ männiſchen, gewerblichen und häuslichen Dienſtſtellen wurde unmittelbar durch die ſtädtiſche Mädchen⸗ fortbildungsſchule beſetzt. Auf dem Gebiete der gewerblichen Arbeitsvermittelung lagen die Verhältniſſe in den Herbſt⸗ und Wintermonaten erheblich ungünſtiger als im Frühjahr und den Sommermonaten. Im Winter 1918/1919 verſchlechterte die Demobilmachung und die Schließung der Rüſtungsbetriebe die Lage des gewerblichen Arbeitsmarktes, bis die im März einſetzende Rückwanderung der während des Krieges Zugezogenen Erleichterung brachte. Die Heimarbeit ging im Jahre 1919 infolge der Stoffknappheit im Konfektions⸗ ewerbe zurüc. Im Handelsgewerbe herrſchte durchweg Mangel an geübten Kräften und ein Überangebot junger, ſchulentlaſſener und älterer ungelernter Kräfte. Am günſtigſten lagen die Verhältniſſe für die Haus⸗ angeſtellten; Stellenangebot und Nachfrage hielten gleichen Schritt. Auffällig war der xreichlich häufige Stellenwechſel. Der Vaterländiſche Hilfsdienſt meldete 1409 Arbeitsgeſuche und 458 offene Stellen, von denen 333 beſetzt wurden. — 2 Lehrſtellenvermittelun g. Die heranwachſende Jugend ſuchte während der Kriegsjahre nach Schulabgang möglichſt viel Geld zu verdienen, vielſach allerdings aus einer gewiſſen Notlage heraus. Hieraus erwuchſen der Lehrſtellenvermiltelung beſondere Schwierigkeiten. Knaben bevorzugten wegen der beſſeren Bezahlung Lehrſtellen im Metallgewerbe, in der Elektrotechnik und in der Nahrungsmittelin duſtrie. Das Zuſammenarbeiten mit der Zentrale in Berlin hatte praktiſch wenig Erfolg. Bei den Mädchen zeigte ſich ſeit 1916 eine entſchiedene Neigung zum kaufmänniſchen Beruf, insbeſondere zur Büroarbeit, da die mehr bandwerksmäßigen Berufe eine zu geringe Entlohnung boten. Erſt im Jahre 1919 trat hierin wieder eine Wandlung ein. Die Schulhelferinnen erteilten in der Kriegszeit in 662 Fällen Auskünfte über Familien, deren wirtſchaftliche Lage das Verbleiben der Töchter im Hauſe ohne Berufswahl nicht ratſam erſcheinen ließ. Die Berufsberatung wurde 1917/918 auch von 168 ratſuchenden Frauen — darunter 85 Kriegerwitwen — in Anſpruch genommen. Aus Mangel an Mitteln waren 97 Frauen gezwungen, ſofort eine Arbeit zu übernehmen:; außerdem konnte weiteren 39 Zrauen eine Beſchäfligung nachgewieſen werden. D. Die Kürforge für Kriegsbeſchädigte und Ariegshinterbliebene. Nachdem die Provinzialverwaltung Brandenburg zu Beginn des Jahres 1915 die Fürſorgetätigkeit für die Kriegsbeſchädigten aufgenommen hatte, wurde in Charlottenburg im März 1915 die Fürſorgeſtelle für Kriegsbeſchädigte eingerichtet zwecks Be⸗ ratung und Unterſtützung in Rentenangelegenheiten, Berufsberatung und Arbeitsvermittlung, wozu noch Maßnahmen der Heilfürſorge und der ergänzenden Fürſorge treten. Beſondere Fachausſchüſſe für die einzelnen Berufsgruppen ermöglichten eine individuelle Berufsberatung, die bereits in den Lazaretten vor der Entlaſſung aus dem Heeresdienſte einſetzte. Die Heil⸗ fürſorge zwecks Wiederherſtellung der Arbeitsfähigkeit wurde in erſter Linie durch die Militär⸗ behörde ausgeübt, ſie fand eine Ergänzung durch die Bereitſtellung der ſtädtiſchen Heil⸗ und Wohlfahrtseinrichtungen und die Errichtung einer ärztlichen Beratungsſtelle. Als ergänzende Fürſorge wurden Maßnahmen getroffen, die den Kriegsbeſchädigten und ſeine Familie durch Gewährung von Geldunterſtützungen und Sachleiſtungen vor dem Eingreifen der öffentlichen Armenpflege ſichern ſollten. Die Zahl der Fürſorgebefohlenen betrug anfangs 962, die Koſten übernahm zuerſt die Provinzialverwaltung, ſpäter wurde ein großer Teil aus den vom Reich und Staat bereit⸗ geſtellten Mitteln der Kriegswohlfahrtspflege nach jeweiliger Feſtſetzung der Quote erſtattet. Am 1. Juli 1915 errichtete der Magiſtrat (Hauptausſchuß für vaterländiſche Hilfs⸗ arbeit) die Fürſorgeſtelle für Kriegerwitwen und Kriegerwaiſen und gliederte ſie der privaten Vereinigung für Wohltätigkeitsbeſtrebungen an. Die Unterſtützung der Hinterbliebenen bei der Regelung ihrer Rentenanſprüche, Arbeitsvermittlung und Berufs⸗ beratung waren die Hauptaufgaben der Fürſorgeſtelle. Bei Krankheitsfällen wurden Heil⸗ maßnahmen (freie ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Vermittlung von Heilverfahren, Verſchickung aufs Land u. a. m.) getroffen, und in Notfällen ſetzte wie bei den Kriegsbeſchä⸗ digten eine ergänzende Fürſorge ein. Für Kriegerwaiſen wurden Kriegspaten ſchaften eingerichtet, deren Mittel durch Geldſammlungen aufgebracht wurden; die Be⸗ ſtrebungen, Stadtkinder aufs Land, in die Ferienkolonien uſw. zu verſchicken, ſanden die tat⸗ kräftige Unterſtützung der Stadtverwaltung. Bei Einrichtungen der Fürſorgeſtelle waren 289 Witwen, 351 Waiſen und 20 Kriegseltern, zuſammen 660 Kriegshinterbliebene zu betreuen. Bis zum Jahre 1917 wurden die Koſten der Fürſorge aus den Mitteln der Nationalſtiftung gedeckt. Als dieſe Mittel nicht mehr ausreichten, mußten Zuſchüſſe aus den Mitteln der Kriegswohlfahrtspflege 11