— 82 — geleiſtet werden, außerdem gewährte die Militärverwaltung Unterſtützungen. Die Verwal⸗ tungskoſten trug die Stadtgemeinde. 2 Durch Verordnung vom 8. Februar 1919 wurde die ſoziale Fürſorge für die Kriegs⸗ beſchädigten und Kriegshinterbliebenen unter Beteiligung der Länder und Selbſtverwaltungs⸗ körperſchaften vom Reiche übernommen. Die Fürſorgetätigkeit, an der ſich zunächſt nichts änderte, wurde durch die Zuſtändigkeitsgrundſätze des Reichsausſchuſſes der Kriegsbeſchädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürſorge, vertieft und vereinheitlicht. Durch Gemeindebeſchluß vom 19./25. Juni 1919 wurde der in der Verordnung vom 8. Februar 1919 vorgeſehene Beirat für die Kriegsbeſchädigten⸗ und Kriegshinterbliebenenfürſorge berufen, beſtehend aus dem Oberbürgermeiſter als Vorſitzenden, dem Leiter des Fürſorgeamts als ſtellv. Vorſttzenden, 5 Vertretern der Kriegsbeſchädigten und Kriegshinterbliebenen, je 2 Vertretern der Unter⸗ nehmer und Arbeitnehmer ſowie 5 in der ſozialen Fürſorge erfahrenen Perſonen, unter denen ſich ein Magiſtratsmitglied und 2 Stadtverordnete befinden ſollen. Am 1. Juli 1919 wurden beide Fürſorgeſtellen nach ihrer räumlichen Vereinigung unter der Bezeichnung Fürſorgeſtelle für Kriegsbeſchädigte und Kriegshinterbliebene völlig in ſtädtiſche Verwaltung übernommen und am 1. Januar 1920 unter einer einheitlichen Leitung zum Fürſorgeamt für Kriegsbeſchädigte und Kriegshinterblie⸗ bene zuſammengefaßt. Dieſem Fürſorgeamt wurde zur Förderung der ſozialen Aufgaben und Unterſtützung der Geſchäftsabteilung die Familienfürſorgeſtelle angegliedert, der es obliegt, in den ihr zugewieſenen Fällen an Ort und Stelle die häuslichen Verhältniſſe (Wirtſchaftslage, Geſundheits⸗ und Berufsverhältniſſe) der Antragſteller und ihrer Familie nachzuprüfen, Berichte und Gutachten zu erſtatten und Fürſorgebedürftigen mit Rat und Tat zu helfen. Als ſelbſtändige Fürſorgemaßnahmen kommen in Betracht: Belehrungen über praktiſche Wirtſchaftsführung, Hinweiſe auf Wohlfahrtseinrichtungen und Stiftungen, insbe⸗ ſondere auf die Jugendheime, Säuglings⸗ und Lungenkrankenfürſorge ſowie Ratſchläge für zweckmäßige Berufstätigkeit. Mit Wirkung vom 1. April 1920 ab wurde durch das Reichsverſorgungsgeſetz vom 12. Mai 1920 nebſt Ausführungsbeſtimmungen vom 16. November 1920 die geſamte Renten⸗ verſorgung neu geregelt und die ſoziale Fürſorge ausgebaut. Die Aufbringung der Koſten der ſozialen Fürſorge wurde durch das Reichskoſtengeſetz vom 8. Mai 1920 und die Aus⸗ führungsverordnung hierzu vom 9. Auguſt 1920 dahin geregelt, daß das Reich % der Koſten einſchl. der bisher von den Selbſtverwaltungskörperſchaften getragenen Verwaltungskoſten übernimmt; den Reſt tragen die Länder und ſeine Selbſtverwaltungskörper (Gemeinden) je zur Hälfte. Das Reichsverſorgungsgeſetz gelangte bisher noch nicht zur Durchführung; die Fürſorge mußte vielmehr noch nach den bisherigen Grundſätzen ausgeübt werden; jedoch wurden auf die neuen Verſorgungsgebührniſſe des Reichsverſorgungsgeſetzes ſeit dem Juli 1920 durch das Fürſorgeamt Vorſchüſſe in erheblichem Umfange gezahlt. Mit dem 30. September 1920 ſchied das Charlottenburger Fürſorgeamt für Kriegs⸗ beſchädigte und Kriegshinterbliebene aus dem Bezirk der Hauptfürſorgeſtelle Brandenburg aus und wurde der Hauptfürſorgeſtelle Berlin unterſtellt. An dieſem Termin wurden insgeſamt rund 6000 Kriegsbeſchädigte — darunter 1950 Schwerkriegsbeſchädigte — und 7500 Kriegs⸗ hinterbliebene betreut. An Unterſtützungen wurden 1919 neben den Rentenvorſchüſſen an Kriegsbeſchädigte 461 748,82 und an Kriegshinterbliebene 317 025,75 ℳ gezahlt, gegen 1733 %ℳ bzw. 2067 ℳ im Jahre 1915. E. Der Sparzwang für Jugendliche. Mit Rückſicht darauf, daß der ungewöhnlich hohe Arbeitsverdienſt während des Krieges die jugendlichen Perſonen vielfach zu einer mißbräuchlichen Verwendung des Geldes verleitete, wurde ſeitens des Oberkommandos in den Marken mit Geltung vom 3. 4. 1916 angeordnet, daß jugendlichen Perſonen bis zu ihrem vollendeten 18. Lebensfahre von ihrem baren Arbeitsverdienſt wöchentlich nicht mehr als 18 ℳ und ein Drittel des 18 ℳ über⸗ ſteigenden Grundbetrages ausgezahlt werden ſollte. Dieſer Grundbetrag wurde noch 1916 entſprechend dem Steigen der Lebensmittelpreiſe auf 24 ℳ erhöht und wurde 1917 auf 30 17 feſtgeſetzt. — (Einmalige Teuerungszulagen und Weihnachtsgratifikationen galten nicht als Arbeitsverdienſt). Der einbehaltene Teil des baren Arbeitsverdienſtes war vom Arbeitgeber 5 Tage nach jedem Löhnungsabſchnitt bei einer öffentlichen Sparkaſſe auf das Sparbuch des Jugendlichen mit der Maßgabe einzuzahlen, daß über das Guthaben während der Dauer des Kriegszuſtandes nur mit Zuſtimmung des Gemeindevorſtandes des jeweiligen Aufenthalts⸗ ortes des Inhabers verfügt werden durfte. Seit 1917 war die Zuſtimmung des Gemeinde⸗ vorſtandes in jedem Falle erforderlich, ſelbſt wenn es ſich um vollſtreckbare Steuerforderungen oder andere Forderungen Dritter handelte. Da der Sparzwang den Jugendlichen aus dem hohen Arbeitsverdienſt der Kriegsjahre ein Sparguthaben für die Friedenszeit ſichern ſollte, konnten auch Auszahlungen bei Jugendlichen, die das 18. Lebensjahr überſchritten, nur im Falle dringendſten Bedürfniſſes geſtattet werden. (Bei Einberufung 18jähriger zum Heeres⸗ dienſt zahlte die Sparkaſſe gegen Vorlegung des Geſtellungsbefehles 50 % aus und vermerkte den Betrag auf der Kriegsbeorderung, um Mißbräuche auszuſchließen; weitere Zahlungsan⸗ träge gingen durch den Truppenteil.) Grundſätzlich wurden Anträge auf Auszahlung nur zur Erfüllung geſetzlicher oder moraliſcher Unterſtützungsverpflichtungen oder im wohlerwo⸗ genen Intereſſe der Jugendlichen bewilligt. Für Erkrankte wurde noch außerdem die Ueber⸗