22 — 93 — Während des Krieges ließ ſich in etwa der Hälfte aller Fälle Anerkennung der Vaterſcha und Verpflichtung zur Zahlung auf gütlichem Wege erreichen. Wenn die Anerkennung vorlag und 11 Mündel daraufhin Kriegsunterſtützung erhielten, insgeſamt wurden 1812 ſolcher Unterſtützungs⸗ anträge geſtellt, — wurde zunächſt von einer weiteren Verfolgung des Unterhaltsanſpruchs abgeſehen. In Fällen, wo der uneheliche Vater gefallen war, wurden einmalige Zuwendungen von der Militär⸗ behörde veranlaßt und eingezogen. Diejenigen unehelichen Kinder, deren Väter auf der Vermißten⸗ liſte ſtanden, erhielten laufende Unterſtützungen. Häufig mußte aber der Klageweg beſchritten werden, weil die Anerkennung der Unterhaltspflicht ausblieb. Die Zahl ſolcher Unterhaltsklagen betrug 1148. Die Durchführung der Alimentenklagen gegen im Felde ſtehende, uneheliche Väter geſtaltete ſich in der Praxis ſehr ſchwierig, weil die Bundesratsverordnung vom 14. 1. 1915 die Durchführung von Klagen gegen Kriegsteilnehmer von dem Nachweis offenbarer Unbilligkeit der Ablehnung abhängig machte. Die Gerichte ſetzten in der Mehrzahl aller Fälle die Prozeſſe bis zur Rückkehr des Beklagten in die Heimat unter dem Hinweis aus, daß der beklagte Kriegsteilnehmer außerſtande ſei, Infor⸗ mationen einzuholen und ſie ſeinem Vertreter zuzuſtellen. So mußten faſt alle derartigen Prozeſſe ruhen bleiben. Mit Beginn der Demobiliſation von Heer und Flotte war es außerordentlich wichtig, die aus dem Heeresdienſt ausgeſchiedenen Kindesväter zu erfaſſen. Trotz der umfangreichen Schwierig⸗ keiten, die durch die raſche Demobiliſierung, durch Verwundung und Krankheit der Kriegsteilnehmer, eigenmächtige Entfernung vom Truppenteil, Verlegung von Truppenteilen und Verſetzung von Kriegs⸗ teilnehmern verurſacht wurden, waren die Nachforſchungen größtenteils erfolgreich. So konnte in kurzer Zeit die nachträgliche Anerkenung und Zahlungsverpflichtung oder die Einreichung bzw. Wiederaufnahme ausgeſetzter Unterhaltsklagen bei der Mehrzahl der Falle durchgeführt werden. Die Zwangsvollſtreckung wurde jedoch wiederum erſchwert durch die Verordnung des Rates der Volksbeauf⸗ tragten zum Schutze der Kriegsteilnehmer gegen Zwangsvollſtreckungen vom 14. 12. 1918 und die Verordnung vom 17. 6. 1919, die die Bewilligung zur Zwangsvollſtreckung in jedem Fall von dem Nachweis der offenbaren Unbilligkeit der Ablehnung abhängig machte. Wenn ſich auch die Zahl der im letzten Jahre der Berichtszeit abgeſchloſſenen Vergleiche dem Vorjahre gegenüber um etwa 214% erhöht hat, ſo war doch beim Abſchluß von Abfindungs⸗ verhandlungen die größte Vorſicht geboten. Bei der andauernden Preisſteigerung iſt noch nicht voraus⸗ zuſehen, ob die zurzeit recht beträchtlichen Summen auch zum Unterhalt der Mündel bis zum 16. Le⸗ bensjahre ausreichen werden. In einzelnen früheren Vergleichsfällen wurden die Abfindungen infolge der durch die verteuerte Lebensführung bedingten Mehraufwendungen vorzeitig verbraucht, ſo daß eine Inanſpruchnahme öffentlicher Mittel erfolgen mußte; in 2 Fällen gelang eine nachträgliche Her⸗ anziehung der Väter zu freiwilligen Leiſtungen. 2 In Anbetracht der allgemeinen Preisſteigerung mußte eine den tatſächlichen Aufwendungen für den geſamten Lebensbedarf ſowie für Koſten der Erziehung und Berufsvorbildung entſprechende 1 Erhöhung der Unterhaltsanſprüche ſyſtematiſch durchgeführt werden. Dieſe hatte eine größere Anzahl von Klagen auf erhöhte Unterhaltsverpflichtung gemäß § 323 3PO. zur Folge. Eine Reihe von auf die geforderten Sätze wurden durch freiwillige Anerkennungen herbei⸗ geführt. Die Heranziehung der unehelichen Väter, ſoweit ſie Angehörige der Reichswehr und der Sicherheitswehr ſind, oder ſonft Kinderzulage beziehen, erfolgte in der Weiſe, daß die den Kindern zuſtehende Zulage erwirkt und auf die von den Vätern zu zahlenden Alimente angerechnet wurde. Beſonderer Wert wurde auf die Feſtſtellung der wirtſchaftlichen Verhältniſſe und der Zah⸗ lungsfähigkeit der Väter gelegt. Unter Mithilfe der Polizeiorgane, der Krankenkaſſen, der Zentral⸗ ſtelle der Erwerbsloſenfürſorge und insbeſondere durch die rege, vielſeitige und ſchwierige Tätigkeit des ſtändigen Ermittlungsbeamten der Berufsvormundſchaft konnten in einer Reihe von Fällen an⸗ geblicher Erwerbsloſigkeit mit Erfolg Unterhaltszahlungen erzielt werden. Da beſtimmungsgemäß bei freiwilliger Arbeitsniederlegung eine Erwerbslofenunterſtützung nicht gezahlt wird, verblieben die Väter genß Lohnpfändung in den meiſten Fällen in ihrer Arbeitsſtelle, gegenüber einer früheren Gepflogenheit, infolge einer Lohnpfändung die Arbeit ſofort niederzulegen. Bei tatſächlich feſtgeſtellter Erwerbsloſigkeit wurde nach Ermittlung der Unterſtützungs⸗Abteilung der den Kindern zuſtehende Kinderzuſchlag zur Erwerbsloſenunterſtützung gezahlt. Alimentenforderungen gegen Väter ehemals feindlicher Nationalität wurden in Ausgleichs⸗ verfahren gemäß § 296 des Friedensvertrages beim Reichsausgleichsamt in 9 Fällen angemeldet. Ob und wann mit einer Erſtattung der Unterhaltsanſprüche gerechnet werden kann, iſt noch zweifelhaft. Die Heranziehung von in Polen wohnhaften Vätern zur Unterhaltspflicht war während der Berichts⸗ zeit unmöglich, auch konnten von dort aus zahlungsfähige und zahlungswillige Väter die Alimente nicht einſenden. Einige Erbanfälle verurſachten beſonders umfangreiche und ſchwierige Arbeit. Säumige Unterhaltspflichtige wurden auf Grund des § 361, 10 R. Str. G. B. zu 978 Fällen zur Erfüllung der Unterhaltspflicht gegen Familienangehörige aufgefordert. Von den Aufgeforderten erklärten ſich 413 bereit, ihrer Unterhaltspflicht nach⸗ zukommen, 348 erfüllten ihre Verpflichtungen und gegen 16 Perſonen wurde gerichtliches Verfahren eingeleitet. Auf Grund des Geſetzes vom 23. 7. 1912 mußten 161 Perſonen — darunter 11 Arbeitsſcheue 1915/16 — zur Erfüllung der Unterhaltspflicht aufgefordert werden. In einzelnen Fällen war das Zwangsverfahren einzuleiten. In der Zeit 1915—17 wurde in 28 Fällen die Unterbringung der Säumigen in eine öffentliche Arbeitsanſtalt beſchloſſen. Ueber die Maßnahmen der Fürſorgeerzie hung und deren Umfang während der Berichtszeit weiſen nachſtehende Angaben aus: — — — — —————— Fürſorgeerziehung Die Fürſorge⸗ Koſten für Jahr wurde in .. Fällen 4 ½ Re muchg erſte Ausſtattung] Zuſammen beantragt angeorbnet ] alen D 4 4 1. 4 1915 177 101 92 1649 ] 36 3505 20 5154 56 1916 251 173 163 3285 98 6439 10 9725 08 1917 206 201 150 3145 73 5896 65 9042 38 1918 173 101 91 1937 59 3462 85 5400 44 1919 162 134 98 2557 22 4367 92 6925 14 1920 51 38 E — — — — K 1. Jahreshälfte —