8 Dor1 für u gen die Stadtverordneten-Verſammlung zu Charlottenburg. Zur Sitzung am 10. Jannar 1906. In öffentlicher Sitzung. Zu Tagesordnung Nr. 11. Bericht über Aufſtellung einer Drehbühne im Schillertheater Charlottenburg und Vor⸗ ſchlag über eine anderweitige Verwendung der für diefelbe genehmigten Mittel. Nachdem ſeitens der ſtädtiſchen Kollegien 15000,00 ℳ, welche bei der Reviſion des Koſten⸗ voranſchlages geſtrichen worden waren, wieder ein⸗ geſetzt wurden, ſoll die Bühneneinrichtung des Schiller⸗ theaters ſo hergeſtellt werden, wie ſie urſprünglich von uns projektirt worden war. Dieſe Bühnen⸗ einrichtung iſt außerordentlich beſcheiden, genügt aber gerade für die Bedürfniſſe des Schillertheaters. Sie würde als ungenügend zu erachten ſein, wenn auf der Bühne größere Opern aufgeführt werden ſollen. Wenn nun aus dem Kreiſe der ſtädtiſchen Kollegien heraus die Anregung erging, für eine Summe von 30000,00 ℳ eine Drehbühne zu beſchaffen und die ſtädtiſchen Kollegien dieſem Antrag zuſtimmten, ſo darf aus dieſem Votum wohl nicht gefolgert werden, daß die ſtädtiſchen Kollegien der Meinung wären, als ob eine Verbeſſerung der Bühneneinrichtung lediglich durch eine Drehbühne zu erzielen wäre. Es darf vielmehr aus dieſem Votum gefolgert werden, daß innerhalb der ſtädtiſchen Kollegien das Beſtreben beſteht, die Bühneneinrichtung auf eine möglichſt voll⸗ kommene Höhe zu bringen. Dramen, die in ihrer ſzeniſchen Ausgeſtaltung außerordentliche Schwierigkeiten bereiten, verlieren in ihrer lünſtleriſchen Wirkung auf den Zuſchauer, wenn durch unvollkommene Bühneneimrichtungen übermäßig lange Pauſen bedingt werden, während welcher die im Zuſchauer eben erzeugte Stimmung wieder ver⸗ löſcht wird, ehe der nächſte Akt auf derſelben ein⸗ ſetzen kann. Es iſt deshalb ſchon ſeit langem das Beſtreben unſerer beſten Bühnentechniker, durch be⸗ ſondere maſchinelle Einrichtungen den Wechſel der Szenen möglichſt zu beſchleunigen. Dieſes Beſtreben hat Maſchineriedirektor Lautenſchläger vor Jahren zur Erfindung der Drehbühne geführt und ſpäter Direktor Brandt zur Weiterentwicklung der ſchon ſeit Jahren gebrauchten Bühnenwagen. Auf Veranlaſſung des Herrn Direklor Dr. Löwen⸗ feld wurde auch bei einem Zwiſchenprojekt die Ver⸗ wendung eines Bühnenwagens in Ausſicht genommen und zu dieſem Zwecke in dem öſtlichen Garderobe⸗ trakt des Bühnenhauſes in Höhe des Bühnen⸗ und des I. Obergeſchoſſes ein größerer Raum zur Auf⸗ ſtellung und für den Aufban des Bühnenwagens vorgeſehen. Der für Garderoben und Magazine ohnedies ſchon außerordentlich knapp bemeſſene R ium * ließ aber eine weitere Beſchränkung durch Abgabe eines ſo großen Raumes nicht zu und deshalb mußte leider auf die an ſich außerordentlich gute Idee ver⸗ zichtet werden. Trotzdem wird natürlich der von den ſtädtiſchen Kollegien genehmigte Bühnenwagen ſeitens der Schillertheater⸗Geſellſchaft lebhaft begrüßt und findet nunmehr — wenn er nicht in Verwendung iſt — auf der Hinterbühne ſeine Aufſtellung. Die hierauf innerhalb der ſtädtiſchen Kollegien gegebene Anregung zur Ausführung einer Drehbühne hat zu eingehenden Verhandlungen mit dem Erfinder der Drehbühne, Herrn Maſchineriedirektor Lauten⸗ ſchläger geführt, welcher am 13. Dezember ds. Is. nach Berlin kam, wo mit ihm die Frage der Er⸗ richtung einer Drehbühne eingehendſt erörtert wurde. Dieſe Verhandlungen ſind dann am 21. Dezember er. in München fortgeſetzt und zu Ende gebracht worden. Herr Direktor Lautenſchläger legte die Zeichnung einer neuen Faſſung ſeiner Drehbühnenidee vor und — ohne ſein Geheimnis Preis zu geben — dürfen wir ſagen, daß er bei der Anwendung eines Durch⸗ meſſers von 22 m eine Bühne konſtruieren könnte, die den weitgehendſten Bedürfniſſen der Gegenwart genügen würde. Innerhalb unſerer Fundamente würde ſich aber nur eine Drehbühne oder Drehſcheibe von 18 m Durchmeſſer konſtruieren laſſen. Es iſt zweifellos, daß eine Drehſcheibe mit einem Durchmeſſer von 18 m die Möglichkeit gibt, ver⸗ ſchiedene Bühnenbilder in kürzeſten Pauſen aufein⸗ ander folgen zu laſſen, aber ebenſo zweifellos iſt es auch, daß eine Drehſcheibe von dieſem Durchmeſſer die Verwendung der als höchſt wünſchenswert zu be⸗ zeichnenden Kuliſſenwagen und Beleuchtungsſtänder außerordentlich beſchränkt und daß außerdem die Gitterzüge in einer Weiſe beſchnitten würden, daß auch dieſe in ihrer Leiſtungsfähigkeit weſentlich be⸗ einträchtigt wären. Durch das programmgemäß anzuordnende Or⸗ cheſter kommt ohnedies die Szene in eine ziemlich große Entfernung vom Zuſchauer und die ganze Aus⸗ geſtaltung der Bühneneinrichtung muß hier deshalb beſonders darauf bedacht ſein, daß das ſzeniſche Bild möglichſt nach vorwärts gerückt wird. Bei einer Drehbühne würde aber gerade das Gegenteil erzielt werden, weil einem Vorwärtsrücken der Drehbühne die Orcheſteranlage hinderlich im Wege ſteht. Stellen ſich hier alſo durch eine ganze Reihe von techniſchen Fragen in dem Projekt der Auf⸗ ſtellung einer Drehbühne Schwierigkeiten in den Weg, wie das zweifellos auch bei anderen großen neuen Theatern der Fall war, bei welchen man, wie z. B. in Köln und Nürnberg ganz gewißlich nicht aus Er⸗