———129 — Abſtand nähmen, insbeſondere alſo auch die verhält⸗ nismäßig recht coulanten Bedingungen des Königlichen Leihamtes in Berlin erheblich hinter ſich ließen. Es liegt auf der Hand, daß wenn ein ſolches Ziel ernſt⸗ haft ins Auge gefaßt würde, alsdann eine ganz ge⸗ waltige Inanſpruchnahme der ſtädtiſchen Finanzkraft bedingt würde. Die Anlagen und Einrichtungen des Königlichen Leihamts in Berlin, welches in 3 geräumigen Grundſtücken und Geſchäftshäuſern mit einem Kapital von rd. 4 000 000 ℳ arbeitet und z. Zt. einen Durch⸗ ſchnittsbeſtand von ca. 100—120 000 Pfändern auf⸗ weiſt, dürften dann ungefähr das Maß deſſen abgeben, was zu dieſem Ziele in Charlottenburg notwendig wäre. Daß in dieſem Falle die Benutzung der An⸗ lage übrigens nicht auf die Charlottenburger Bürger⸗ ſchaft würde beſchränkt werden können und unter Um⸗ ſtänden ins Ungemeſſene wachſen würde ſei nur neben⸗ her bemerkt. Doch das ſind offenbar Utopien, die garnicht ernſtlich erörtert zu werden brauchen. Daß aber andererſeits bei Anwendung der in den übrigen Leihämtern der Monarchie üblichen Betriebsgrund⸗ ſätze die zweifellos vorhandenen Mängel mit in Kauf genommen werden müßten, ſteht ebenſo außer Frage. Dieſe Mängel ſpringen um ſo mehr in die Augen, je mehr ſich das ſoziale Empfinden verfeinert. Einen Unglücklichen, der um ſeine Exiſtenz kämpft, nach der aleichen Schablone zu behandeln, wie den geſchäftlichen Darlehnsnehmer oder den leichſinnigen Schulden⸗ macher, ihm ſo hohe Zinsſätze abzufordern, wie ſie ſich auf der Grundlage ſelbſt der billigſten der z. 3t. üblichen Bedingungen errechnen, erſcheint heute un⸗ gerechtfertigt und inhuman; es gibt in unſerem ſozial fortgeſchrittenen Geſellſchaftsleben zahlreiche — wenn auch natürlich nicht erſchöpfende — Methoden einer gerechteren und menſchenfreundlicheren Hilfsbereitſchaft für Staat und Gemeinde. Hierin erkennen wir auch den eigentlichen Grund, weshalb in den letzten 25 Jahren trotz der gewaltigen Entwicklung der preußi⸗ ſchen Großſtädte und ihrer ſozialen Einrichtungen das Leihhausweſen auf vollſtändigem Stillſtand verharrt, vielfach ſogar einen Rückgang aufweiſt. In voll⸗ kommenſter Bereitwilligkeit auf dem Gebiete ſozialer Fürſorge wie bisher jedes unſerer Leiſtungsfähigkeit angemeſſene Opfer zu bringen, ſind wir andererſeits überzeugt, daß die ſtädtiſchen Leihhäuſer nicht mehr zu den vollwertigen ſozialen Hilfsmitteln gehören und nehmen deshalb Anſtand, auf dieſem Gebiete Verſuche anzuſtellen, die unſere Kraft anderen und beſſeren Beſtrebungen entziehen würden. Charlottenburg, den 19. März 1906. Der Magiſtrat. Schuſtehrus. Matting. III. 4344. Druckſache Nr. 1II. Mitteilung betr. Gutachten über das ſtäd⸗ tiſche Elektrizitätswerk. Urſchriftlich an die Stadtverordneten⸗Verſammlung mit dem Erſuchen, von dem Gutachten des Generalſekretärs des Verbandes Deutſcher Elektrotechniker Dettmar in Berlin über das ſtädtiſche Elektrizitätswerk Charlottenburg Kenntnis nehmen zu wollen. Die Störungen in der Lieferung elektriſcher Energie, die hauptſächlich in der Zeit vor Weih⸗ nachten auftraten, haben uns Veranlaſſung gegeben, das ſtädtiſche Elektrizitätswerk mit den zugehörigen Anlagen in den Straßen durch einen Sachverſtändigen eingehend unterſuchen zu laſſen. UIber die Stellung, welche wir im einzelnen zu dem eingegangenen Gutachten einnehmen, haben wir am Rande entſprechenden Vermerk gemacht. Charlottenburg, den 14. März 1906. Der Magiſtrat. Schuſtehrus. Dr. Jaffé. XVIa. 3541. Verband Dentſcher Elektrotechniker. (Eingetragener Verein.) Berlin N. 24., den 8. Februar 1906. An den verehrlichen Magiſtrat der Stadt Charlottenburg, Deputation für das Elektrizitätswerk. In Erledigung Ihres geſchätzten Schreibens vom 15. Jannar, Tagebuchnummer XV1a 3124, erlaube ich mir, Ihnen nachſtehend meine gutachtliche Kuße⸗ rung über die Einrichtungen des ſtädtiſchen Elektrizitäts⸗ werkes und des Kabelnetzes zu unterbreiten. 1. Maſchinenanlage. Die Drehſtromanlage befindet ſich in beſtem Zuſtande. Die Maſchinen find ſo vollkommener Konſtruktion und ſo gut ausgeführt, daß ſelbſt die im Jahre 1899 hergeſtellten Maſchinen den heute fabrizierten beſten Maſchinen durchaus gleichwertig ſind. 1) Die Gleichſtrommaſchinen für den Betrieb der Bahn ſind an ſich ſeinerzeit vollkommene Er⸗ zeugniſſe geweſen, jedoch iſt auf dieſem Gebiete ein größerer Fortſchritt in der Zwiſchenzeit erzielt worden wie im Bau von Drehſtrommaſchinen. Die im Jahre 1899 gebauten Maſchinen haben eine ſtarke Bürſten⸗ verſchiebung bei Belaſtungsänderungen notwendig. Letztere wird durch das Vorhandenſein der Pufferbatterie allerdings ſtark reduziert, ſodaß ſich ihr nachteiliger Einfluß auf den Betrieb nicht mehr geltend macht. Es kann daher nicht als notwendig bezeichnet werden, daß im Intereſſe einer Erhöhung der Betriebsſicher⸗ heit dieſe Maſchinen geändert werden, ſolange die Abficht beſteht, mit Pufferbatterien zu arbeiten. Wenn jedoch die Pufferbatterie betriebsunfähig wird, ſo iſt immerhin der Betrieb mit den, eine ſtarke Bürſten⸗ verſchiebung erfordernden Maſchinen nicht ſo ſicher, wie dies bei heut zu liefernden Maſchinen ſein würde. Durch Einbauen von ſogenannten Kom⸗ penſationspolen ließe ſich auch an den alten Maſchinen die Bürſtenverſchiebung beſeitigen. Ich bemerke noch⸗ mals ausdrücklich, daß ein ſolcher Umbau nicht not⸗ wendig iſt, ſolange die Benutzung der Pufferbatterien ſicher iſt. Die in den letzten Jahren gelieferte Maſchine hat auch die erwähnte ſtarke Bürſten⸗ verſchiebung nicht. 2. Schaltanlage. 2) Die einzelnen Teile der Schaltanlage find entſprechend der Zeit ihrer Herſtellung ſachgemaß aus⸗ geführt. Durch die raſche Entwickelung des Werkes 1) Die Pufferbatterie iſt im Sommer 1905 von Grund auf in Stand geſetzt worden; für die Dynamomaſchine iſt volle Reſerve vorhanden. ) Die Ermeiterung der Schaltanlage unter Verwendung eines Maſchinen⸗Olſchalters iſt bei der diesjährigen Vergrößerung des Werkes vorgeſehen; auch die im Vorjahre aufgeſtellte Dynamomaſchine von 1500 Kilowatt Leiſtung iſt mit einem derartigen Olſchalter bereits verſehen. Der geforderte Erſatz der Ausſchalter älterer Bauart für die vier früher aufgeſtellten mepen wird mit möglichſter Beſchleunigung vorgenommen erden. Der Umbau der geſamten Schaltanlage iſt bereits ins Auge gefaßt und zwar unter Zuhilfenahme des großen hinter der Hauptſchalttafel belegenen Zeichenſaales. Für letzteren wird Erſatz zu ſchaffen ſein, eventl. durch Herſtellung eines Aufbaues auf dem Hofflügel des Direktor⸗Wohngebäudes.