— 289 — Falls die Verhandlungen mit den Staats⸗ behörden betreffend den Staatszuſchuß nicht einen weiteren Aufſchub nötig machen, iſt geplant, das neue Ortsſtatut bereits mit dem 1. Oktober 1906 in Kraft treten zu laſſen. Da auch die Schulpflicht für die ungelernten Arbeiter halbjahrgangsweiſe — wie bisher bei den gelernten — eingeführt werden ſoll, wird für das erſle Halbjahr (eventuell 1. Oktober 1906 bis 31. März 1907) nur der 7. Teil dieſer Mehrkoſten erforderlich, das ſind 3561, rund 3600 ℳ. Die durch den Etat für 1906 bewilligten Mittel reichen demnach aus. Zu den bei dieſer Gelegenheit vorgenommenen Anderungen des Ortsſtatuts bemerken wir folgendes: Zu § 1. Der bisherige § 1 konnte infolge Aufhebung der genannten Einſchränkungen weſentlich verkürzt werden. Dabei ſind auch die Worte „nicht nur vorüber⸗ gehend“ weggelaſſen worden. Sie gewährten für die Behörden keine feſte Norm, da jede Zeitbeſtimmung fehlte, und verlockten zu allerlei Ausflüchten. Es wird nicht beabſichtigt, bei den im Gewerbe⸗ betriebe eines hieſigen Gewerbetreibenden nur vorüber⸗ gehend beſchäftigten gewerblichen Arbeitern eine Ande⸗ rung des bisherigen Verfahrens eintreten zu laſſen, ſondern es ſoll auch fernerhin von Fall zu Fall ent⸗ ſchieden werden, ob die Überweiſung wegen längerer Dauer der Beſchäſtigung zweckentſprechend erſcheint. Auch möchten wir nicht gehindert ſein, mit der Re⸗ gierung und Nachbargemeinde dahin ein Abkommen zu treffen, daß ſolchen Lehrlingen, die lange auswärts beſchäftigt ſind, ohne weiteres geſtattet wird, an Stelle der hieſigen Fortbildungsſchule die des be⸗ treffenden Nachbarorts aufzufuchen. Zu §§ 2—4. Die Zerlegung des früheren § 2 in drei Paragraphen iſt der beſſeren Überfichtlichkeit wegen erfolgt. Zu § 5 (früher § 3). Die neue Faſſung ge⸗ währt dem Magiſtrat etwas größere Bewegungsfrei⸗ heit. Nach wie vor ſoll er die Möglichkeit haben, für die Angehörigen der ſogenannten Saiſongewerbe eine Erleichterung eintreten zu laſſen. Nur ſoll er nicht gezwungen ſein, den verkürzten Unterricht während der Saiſon immer an einem Sonntage erteilen zu laſſen. Wo es z. B. den Wünſchen der Gewerbe⸗ treibenden entſpricht, lieber 2 Stunden an einem Wochentage ein für allemal für die Fortbildungsſchule Alter Wortlaut. Ortsſtatut betreffend die Verpflichtung zum Beſuche der Fort⸗ bildungsſchule in Charlottenburg. Auf Grund der §§ 120, 142 und 150 der Ge⸗ werbeordnung für das deutſche Reich in der Faſſung der Bekanntmachung vom 26. Juli 1900 (R. G. Bl. 871 ff) wird nach Anhörung beteiligter Gewerbetrei⸗ bender und Arbeiter mit Zuſtimmung der Stadtver⸗ ordneten⸗Verſammlung nachſtehendes feſtgeſetzt. § 1. Alle im Bezirke der Stadt Charlottenburg wohn⸗ haften und im Gewerbebetriebe eines hieſigen Ge⸗ werbetreibenden nicht nur vorübergehend beſchäftigten männlichen gelernten Arbeiter (Lehrlinge, Geſellen, Gehülfen uſw. aller Gewerbebetriebe einſchließlich der Handelsgeſchäfte) ſind bis zum Beginn des Schul⸗ halbjahres (31. März, 30. September), in welchem ſie das 18. Lebensjahr vollenden, verpflichtet, die zu reſervieren, wie es die Malerinnung wünſcht, wird dagegen nichts einzuwenden ſein. Zu § 7 (früher § 5). Um Mißverſtändniſſen ſeſtens der Gewerbetreibenden vorzubeugen, haben wir zur Erläuterung einige Beiſpiele aufgeführt. Zu § 10 (früher § 8). Wir halten es für zweckmäßig, gegen Schüler, die ſich einer UÜbertretung des Ortsſtatuts ſchuldig machen, nicht ſogleich mit Polizeiſtrafen vorzugehen, ſondern zunächſt Schul⸗ ſtrafen (Verwarnung und Nachſitzen) zu verhängen und erſt dann, wenn dieſe den gewünſchten Erfolg nicht haben, härtere Strafen anzuwenden. Wenn auch dieſe von der Schule zu treffenden Maßnahmen gemäß wiederholter Gerichtsentſcheidung ſchon im Weſen eines Schulbetriebes ihre Berechtigung finden, ſo erſcheint es doch notwendig, die Beteiligten aus⸗ drücklich darauf hinzuweiſen. Wir ſind damit einem beſonderen Wunſche des Direktors unſerer Anſtalt ent⸗ gegengekommen. u § 15 (früher § 13). Aus Gründen der Schuldisziplin beabſichtigen wir, die Einſchulung der ungelernten Arbeiter in derſelben Weiſe halbjahr⸗ gangsweiſe vorzunehmen, wie dies bereits mit den ge⸗ lernten Arbeitern geſchieht. Es hat ſich dies Ver⸗ fahren als durchaus zweckmäßig erwieſen, indem Elemente, die der Schulzucht bereits ſeit Jahren ent⸗ wöhnt ſind und ſich dieſer nur ſchwer wieder fügen. der Schule ferngehalten werden. Die Schul⸗ pflicht ſoll daher zunächſt auf diejenigen unge⸗ lernten Arbeiter ausgedehnt werden, welche Michaelis 1906 ihre geſetzliche Verpflichtung zum Beſuch der Gemeindeſchule erfüllt haben, einſchließlich derjenigen, welche auf Grund eingereichter Geſuche in der Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September 1906 von der Schulbehörde vorzeitig entlaſſen worden find. Oſtern 1907 kommen dann diejenigen hinzu, welche im Winterhalbjahr 1906/07 ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt⸗ haben und ſo fort, bis zu Oſtern 1910 ſämtliche Schulpflichtigen herangezogen ſind. Unſeren Anträgen liegen die Beſchlüſſe der De⸗ putation für das ſtädtiſche Fortbildungsſchulweſen zu Grunde. Charlottenburg, den 20. Juni 1906. Der Magiſtrat. Matting Reufert. u i. V. VII Bs² 245. Neuer Wortlaut. Keine Anderung. § 1. Die in Charlottenburg beſchäftigten männlichen gewerblichen Arbeiter (Lehrlinge, Geſellen, Gehilfen, Handlungsgehilfen uſw.) ſind verpflichtet, von der Beendigung der Volksſchulpflicht an bis zum Anfang (1. April, 1. Oktober) des Schulhalbjahres, in dem das 18. Lebensjahr vollendet wird, die ſtädtiſche Fort⸗ bildungsſchule zu beſuchen.