Tagesordnung Nr. 19. Druckſache Nr. 262. Vorlage betr. Abſchluß eines Vergleichs zur Erledigung eines Rechtsſtreits. — Urſchriftlich mit den Akten Fach 66 Nr. 1, Bd. I und II Fach 5 Nr. 8 Bd. II, dem Prozeßheft Abteilung 1 Nr. 30 und dem Heft „Schulbänle Ge⸗ meindeſchule Suarez Straße“ an die Stadtverordneten⸗Verſammlung mit dem Antrage, zu beſchließen: Der Magiſtrat wird ermächtigt, zur Beilegung des Rechtsſtreites Müller & Co. % Peſchlow und Gen. den in der Anlage abgedruckten Ver⸗ gleich abzuſchließen. Die Mittel zur Zahlung von 3017,50 ℳ Lizenzgebühren und der noch nicht feſtſtellbaren Prozeßkoſten werden dem Dispoſttionsfonds entnommen. Begründung. Im Jahre 1902 ließ der Magiſtrat von den Fabrikanten Peſchlow, Sommerkorn und Schulenburg für drei ſtädtiſche Schulen, nämlich das Mommſen⸗ Gymnaſium, die höhere Mädchenſchule 2 und die Realſchule insgeſamt 1017 Banke herſtellen, die nach dem ſogenannten „Nürnberger Syſtem“ konſtruiert waren. Ihre Konſtruktion ermöglicht es, den richtigen Standort der Bänke im Zimmer feſtzulegen, und erleichtert das zu Reinigungszwecken nötige Umkippen. Dies wird erreicht mit Hilfe zweier Winkeleiſen, deren eines an der Schwelle der Bank und deren anderes am Erdboden befeſtigt iſt; die Eiſen lehnen ſich, ohne daß jedoch eine feſte Verbindung zwiſchen beiden beſteht, gegen einander, drehen ſich beim Um⸗ kippen der Bant um eine gedachte gemeinſame Achſe und ermöglichen ſo ein leichtes Umkippen. Gegen die Beſchaffung der „Nürnberger Bank“ beſtanden keine Bedenken, da ſie nach den Ausführungen in einer Veröffentlichung der „FZeitſchrift für Schulge⸗ ſundheitspflege“, die die Anregung zu ihrer Be⸗ ſchaffung gab, mit anderen Patenten — insbeſondere mit dem Patent der Firma Müller « Co. auf die ſogenannte „Rettig⸗Bank“ — nicht in Widerſpruch ſtehen ſollte, eine Auffaſſung, die auch von unſeren Sachverſtändigen als zutreffend bezeichnet wurde. Entgegen dieſer Auffaffung behauptete die Firma Müller, daß das „Nürnberger Syſtem“ eine Ver⸗ letzung ihres Rettig⸗Bank⸗Patentes darſtellte und machte demgemäß gegen uns Anſprüche wegen dieſer Verletzung geltend. Ihr Patent iſt, ſoweit es hier in Betracht kommt, dadurch gekennzeichnet, daß die Bänke zur Ermöglichung der Reinigung des Zimmers ohne weggerückt werden zu brauchen „durch Scharniere“ einſeitig am Fußboden befeſtigt ſind, ſodaß ein Auf⸗ kippen derſelben in die ſenkrechte Lage möglich iſt. Unſere Sachverſtändigen begründeten daraufhin ihren entgegengeſetzten Standpunkt in einem ausführ⸗ lichen Gutachten, worin ſie ausführten, daß eine Verletzung des Patentes deshalb ausgeſchloſſen ſei, weil die Umlegbarkeit der „Rettig⸗Bank“ auf einſeitig am Fußboden befeſtigten Scharnieren beruhe, während bei der „Nürnberger Bank“ eine gelenkartige Verbindung von Bank und Fußboden überhaupt 9 vorhanden ſei und damit Zwangsläufigkeit nicht vorliege, vielmehr die Umlegbarkeit durch zwei loſe Winkeleiſen lediglich erleichtert werde. Geſtützt auf dieſes Gutachten glaubte der Magiſtrat, die An⸗ prüche der Firma Müller nicht anerkennen zu können, worauf dieſe Klage beim Landgericht I zu Berlin gegen die Stadtgemeinde und ihre Lieferanten 307 — erhob. Die vernommenen gerichtlichen Sachverſtän⸗ digen haben indes übereinſtimmend in dem Gebrauch der „Nürnberger Bank“ eine Verletzung des klägeriſchen Patentes geſehen; im weſentlichen aus dem Grunde, weil es bei dem letzteren ebenſowenig auf das Wort „Scharnier“, wie auf die feſte Verbindung zwiſchen Bank und Fußboden ankomme, vielmehr eine gelenk⸗ artige Verbindung der Bank mit dem Fußboden, durch die ein Umkippen der Bank unter Feſtlegung der Drehachſe ermöglicht werde, zur Patentverletzung ausreiche. Dieſe Bedingungen ſeien aber bei der „Nürnberger Bank“ erfüllt (vergl. Blatt 198 ff., 222, 228 des Prozeßheftes). Den gleichen Stand⸗ punkt teilt ein inzwiſchen ergangenes Obergutachten des Kaiſerlichen Patentamtes (vergl. Bl. 231 daſelbſt). Auf Grund dieſer Gutachten iſt die Stadt⸗ gemeinde mit den übrigen Beklagten verurteilt worden, die Beſtellung, Herſtellung und Benutzung uſw. der fraglichen Bänke zu unterlaſſen; wegen der Ent⸗ ſchädigungsanſprüche der Klägerin iſt die Entſchei⸗ dung vorbehalten worden (Bl. 256 und 258 ff. des Pro⸗ zeßheftes). Bei dieſer Sachlage hielten wir den Abſchluß eines Vergleiches mit der Klägerin für zweckdienlich: ein⸗ mal um eine angemeſſene Entſchädigung mit der Klägerin vereinbaren zu können, wobei gleichzeitig die weitere Benutzung der Bänke anzuſtreben war, ferner um auch anderweitige zwiſchen den Parteien noch ſtreitige oder zweifelhafte Fragen — die noch er⸗ wähnt werden — zu klären und endlich, um feſt⸗ zuſtellen, daß bei der Stadtgemeinde nicht etwa die Abſicht beſtanden hat, durch Benutzung der „Rettig⸗ Bank“ in die Patentrechte der Klägerin einzugreifen. Wir haben demgemäß den nunmehr vorge⸗ ſchlagenen Vergſeich mit der Klägerin geſchloſſen, der den erwähnten anzuſtrebenden Zwecken in jeder Beziehung gerecht wird. Insbeſondere iſt eine zu⸗ friedenſtellende Einigung über die Lizenzgebühr er⸗ reicht worden; dieſe beträgt nach den üblichen Be⸗ dingungen der Klägerin 3 ℳ für jede Bank, während im Vergleich durchweg nur 2.50 ℳ gefordert werden: mit der Feſtſetzung der Lizenzgebühr iſt der Stadt gleichzeitig die Möglichkeit der weiteren ungeſtörten Benutzung der Bänke geſichert. Ferner iſt unter Nr. 3 des Vergleiches eine zwiſchen den Parteien noch ſtreitige Frage erledigt worden, indem die Klägerin die bisher erhobenen Entſchädigungsan⸗ ſprüche für einfache Scharnierbefeſtigungen an 460 Bänken der Kaiſer Friedrich⸗Schule fallen gelaſſen hat. Ein Eingehen auf die in dieſer Angelegenheit ſtreitig geweſenen Punkte dürfte angeſichts des Vergleichs unnötig ſein, doch ſei bemerkt, daß, wenn auch die Entſchädigungspflicht der Stadt⸗ gemeinde in dieſer Hinſicht zweifelhaft iſt, es doch keineswegs ausgeſchloſſen iſt, daß ſie im Prozeßwege feſtgeſtellt werden könnte, da die Stadtgemeinde die dem Patent der Klägerin entgegenſtehenden Schar⸗ nierbefeſtigungen über 2 Jahre lang in Gebrauch gehabt und erſt einige Zeit nach Einreichung der lage beſeitigt hat. Jedenfalls ſind durch den Ver⸗ zicht der Klägerin auf alle deswegen erhobenen For⸗ derungen die obwaltenden Zweifel beſeitigt worden. Endlich iſt die Klägerin uns auch in einer außer⸗ halb des Rechtsſtreites liegenden Angelegenheit ent⸗ gegengekommen. Sie hatte für die Gemeindeſchule in der Suarez Straße 950 Bänke mit Kippvorrich⸗ tung geliefert. Die Zahlung einer Lizenz war ſeiner⸗ zeit ausgeſetzt worden und vereinbart, daß im Falle einer gerichtlichen Entſcheidung über die von der Klägerin gegen die Stadtgemeinde erhobenen An⸗