—— 314 —— freiwillig niedergelegt, um einer Disziplinarunter⸗ ſuchung zu entgehen. Am 17. November 1905 iſt er im ſtädtiſchen Krankenhauſe verſtorben. Er hat eine Witwe und 4 Kinder, die jetzt im Alter von 5½ bis 14 Jahren ſtehen, in ſehr traurigen Ver⸗ hältniſſen hinterlaſſen. Die Witwe bezieht eine Armenunterſtützung von 12 ℳ monatlich und ver⸗ ſucht durch Waſchen und Plätten ſich und ihre Kinder zu ernähren. Im Januar d. Is. hat ſich die Witwe an die Königliche Regierung mit der Bitte um Unter⸗ ſtützung und Gewährung des geſetzlichen Witwen⸗ und Waiſengeldes gewandt. In ihrem Geſuch gibt ſie an, daß ihr Ehemann nach ſeiner ganzen Handlungsweiſe zu urteilen, in den letzten Jahren ſeines Lebens nicht mehr völlig zurechnungsfähig geweſen ſei. So habe auch der Einlieferungsſchein in das Krankenhaus auf „Gehirnleiden (akute Er⸗ blindung)“ gelautet. Die Krankheit ihres Mannes habe die ganze Familie zu Grunde gerichtet, häufig habe ſie mit ihren Kindern nicht die nötige Nahrung gehabt. Da ihr Ehemann bei der freiwilligen Nieder⸗ legung ſeines Amtes ſich ſeiner Handlungsweiſe ſicher nicht bewußt geweſen ſei und ſeines Leidens wegen hierfür nicht verantwortlich gemacht werden könne, bittet ſie, dieſe Verzichtleiſtung auf das Amt als nicht geſchehen zu betrachten und ihr das geſetz⸗ liche Witwen⸗ und Waiſengeld zu gewähren. Die Königliche Regierung hal das Geſuch an uns zur zuſtändigen Erledigung weiter gereicht. Unſere angeſtellten Erkundigungen haben zwar eine einwandsfreie Beſtätigung der Annahme, daß Baumann ſchon bei Niederlegung ſeines Amtes geiſtes⸗ krank geweſen ſei, nicht erbracht. Wir haben aber geglaubt, dem Erſuchen der Witwe Baumann trotz⸗ dem näher treten zu ſollen und in Übereinſtimmung mit der Schuldeputation beſchloſſen, ihr an Stelle des beantragten geſetzlichen Witwen⸗ und Waiſengeldes cine laufende, jederzeit widerrufliche Unterſtützung in annähernder Höhe deſſelben vom 1. April d. Is. ab zu gewähren, um ſie vor Not zu ſchützen und ſie in den Stand zu ſetzen, ihren Kindern eine angemefſene Erziehung angedeihen zu laſſen. Nach der Berechnung Bl. 178 der Alten würde ſie bei einer am 13. März 1904 erfolgten Verſetzung ihres Ehemannes in den Ruhe⸗ ſtand an Witwen⸗ und Waiſengeld jährlich 604,80 ℳ zu erhalten haben. Wir haben hiernach die Unter⸗ ſtützung auf jährlich 600 ℳ feſtgeſetzt. Mit Rückſicht darauf, daß es ſich um die Witwe und die unmündigen Kinder eines Charlottenburger Lehrers handelt, bitten wir unſerem Antrage zu ent⸗ ſprechen. Charlottenburg, den 20. Juni 1906. Der Magiſtrat. Matting Neufert. u. 1. BV. 2 2 Tagesordnung Nr. 27a. Druckſache Nr. 278. Vorlage betr. Ein⸗ bürgerungsgeſuch. Urſchriftlich mit 1 Heft und 1 Anlage an die Stadtverordneten⸗Verſammlung mit dem Antrage, zu beſchließen: Gegen die Wiedereinbürgerung des Kaufmanns Benas Levy nebſt ſeiner Ehefrau werden Ein⸗ wendungen nicht erhoben. Der Kaufmann Benas Leyy, geboren am 9. Sep⸗ tember 1856 zu Krotoſchin in Preußen, moſaiſcher Religion, beſaß durch Abſtammung die preußiſche Staatsangehörigkeit. Durch Entlaſſungsurkunde der Königlichen Regierung in Poſen vom 21. Oktober 1871 iſt er aus dem preußiſchen Staatsverbande ausge⸗ ſchieden, um nach England auszuwandern; von dieſem Zeitpunkte ab iſt Lery ohne Staatsangehörigkeit. Von ſeiner Geburt bis zum September 1871 hat er ſich in Krotoſchin und vom September 1871 bis Januar 1872 in England aufgehalten. Vom Januar 1872 bis 22. Auguſt 1902 wohnte er in Berlin und vom 23. Auguſt 1902 ab in Charlotten⸗ burg, z. 3. Faſanen Straße 69. Leyy betreibt in Berlin, Poſt Straße Nr. 9, in Firma Benas Levy, eine Baumwollwarenfabrik: er iſt mit einem Einkommen von 67 877,45 ℳ zu 2400 ℳ Staatseinkommenſteuer und einem Ver⸗ mögen von 369 461 ℳ mit 189,40 ℳ zur Ergän⸗ zungsſteuer veranlagt. Zur Begründung ſeines Einbürgerungsgeſuches führt er an, daß er im Jahre 1872 nach nur 3 monatiger Abweſenheit nach Preußen zurückgekehrt ſei und von dieſem Zeitpunkte ab, in der Annahme Preuße zu ſein, die Rechte und Pflichten eines ſolchen ausgeübt habe und ſich auch fortan dauernd hier aufzuhalten gedenke. Dem Antrage ſtehen diesſeits Bedenken nicht entgegen. Charlottenburg, den 5. Juni 1906. Der Magiſtrat. Schu ſtehrus. Scholtz. IIIa. 378. Tagesordnung Nr. 27b. Druckſache Nr. 279. Vorlage betr. Ein⸗ bürgerungsgeſuch. Urſchriftlich nebſt 1 Heft und 1 Anlage an die Stadtverordneten⸗Verſammlung mit dem Antrage, zu beſchließen: Gegen die Wiedereinbürgerung des Privatiers Julius Katzenſtein nebſt ſeiner Familie als preußiſche Staatsangehörige werden Ein⸗ wendungen nicht erhoben. Der Privatier Julius Katzenſtein, geboren am 31. Dezember 1849 zu Borgenſtreich in Preußen, moſaiſcher Religion, beſaß durch Abſtammung die preußiſche Staatsangehörigkeit. Durch Entlaſſungs⸗ urkunde der Königlichen Regierung in Caſſel vom 17. Januar 1882 iſt er aus dem preußiſchen Staats⸗ verbande ausgeſchieden und durch Naturaliſations⸗ urkunde vom 23. Februar 1882 in den engliſchen Staatsverband aufgenommen worden. Seinen Aufenthalt hatte Katzenſtein in Borgen⸗ ſtreich, Warburg, Paderborn und Eſchwege in Heſſen, bis er im Jahre 1870 nach Victoria Weſt (Cap der guten Hoffnung Süd Afrika) auswanderte. Von 1891 bis 1892 wohnte er in Leipzig und von 1892 ab in Charlottenburg, z 3. Kurfürſtendamm 212. Katzenſtein iſt ſeit dem Jahre 1877 mit einer geborenen Deutſchen verheiratet. Aus dieſer Ehe ſind außer einem 27 jährigen Sohne, welcher in Eng⸗ land lebt und die engliſche Staatsangehörigkeit be⸗ ſitzt, 2 Kinder im Alter von 11 und 5 Jahren ent⸗ ſproſſen. Er lebt mit ſeiner Familie aus den Einkünften von ſeinem ca. 800000 ℳ betragenden Kapital⸗ vermögen und iſt mit einem Einkommen von