—— 408 — Der Lehrer Thiel von der Gemeindeſchule III leidet ſeit mehreren Jahren an Nervenſchwäche und Diabetes; er hat deswegen ſchon öfter den Unterricht vorübergehend ausſetzen müſſen, auch mußte auf Grund ärztlicher Gutachten ſeine Pflichtſtundenzahl auf wö⸗ chentlich 20 Stunden von Oſtern 1905 ab herabge⸗ ſetzt werden. Seit dem 26. Mai d. I. iſt er von neuem an ſeinem alten Leiden erkrankt und hat ſeine dienſtliche Tätigkeit ausgeſetzt. Zwecks Wiederher⸗ ſtellung ſeiner Geſundheit hat er ſich zunächſt einer Mafſagekur unterzogen und befindet ſich jetzt in einem Kurort im Gebirge. Die ihm durch dieſe Kuren 52% Mehrausgaben berechnet Thiel auf etwa 400 ℳ. Dazu kommt, daß ſein Sohn im Alter von 22 Jahren Ende Juni v. I. ſchwer an der Lunge erkrankte und auf ärztliche Verordnung ſich zunächſt 10 Wochen lang im einem Waldort in der Schorf⸗ geide und im Anſchluß daran 2 Monate lang in der Heilſtätte Grabowſee aufhalten mußte. Am 23. Juni 5. J. iſt er, nachdem er ſich vorher wiederum § Wochen lang in einem Waldorte befunden hatte, verſtorben. Die ihm durch die verſchiedenen Kuren und die beſondere Pflege ſeines Sohnes entſtandenen Mehraufwendungen berechnet Thiel auf 1000 c. Von den geſamten Mehrkoſten in Höhe von 1400 ℳ ſind 296,50 ℳ durch Belege nachgewieſen. Die großen Mehrausgaben überſteigen die wirt⸗ ſchaftliche Leiſtungsfähigkeit des Thiel, zumal weder er noch ſeine Frau Vermögen befitzen. An Gehalt bezieht er das Höchſtgehalt von 4450 . Zur Staats⸗ einkommenſteuer iſt er unter Gewährung einer Er⸗ mäßigung gemäß § 19 des Einkommenſteuergeſetzes um 2 Stufen zum Satze von 80 ℳ veranlagt. An Unterſtützungen hat Thiel in den Jahren 1883—1894 zuſammen 425 ℳ und zuletzt im Oktober 1900 150 ℳ aus der Bethge⸗Stiftung erhalten. Außer⸗ dem hat er im Juni 1900 von der Königlichen Regierung und im Februar d. J. von dem Herrn Unterrichtsminiſter Unterſtützungen von je 100 ℳ empfangen. In ſeiner bedrängten Lage hat Lehrer Thiel ſich mit der Bitte um Gewährung einer Unterſtützung an uns gewandt. Wir haben beſchloſſen, ihm eine ſolche in Höhe von 250 ℳ zu bewilligen. Ein Heft Belege iſt den Akten vorgeheftet. Charlottenburg, den 30. Juli 1906. Der Magiſtrat. I. V. Boll. VII A2. 427. Neufert Tagesorduung Nr. 33e. Druckſache Nr. 328. Vorlage betr. Ge⸗ währung einer laufenden Unterſtützung an einen in den Ruheſtand verſetzten Oberlehrer. urſchriftlich mit den Perſonalakten Fach 8 Nr. 121 an die Stadtverordneten⸗Verſammlung mit dem Antrage, zu beſchließen: Dem früheren Oberlehrer Dr. Meiners wird vom 1. Juli 1905 ab eine fortlaufende jährliche Unterſtützung von 754 ℳ bewilligt. Die für die Rechnungsjahre 1905 und 1906 erforderlichen Beträge ſind mit (565,50754—) 1319,50 ℳ, dem Dispoſitionsfonds zu ent⸗ nehmen. Oberlehrer Dr. Meiners wurde von uns mit Genehmigung des Königlichen Provinzial⸗Schul⸗ kollegiums zu Berlin zum 1. 4. 03 als Oberlehrer an der hieſigen ſtädtiſchen Ober⸗Realſchule angeſtellt. Bis dahin war er ſeit 1. 4. 96 als Hilfs⸗ bezw. Oberlehrer an der Handelsſchule (Oberrealſchule) in Bremen tätig geweſen. Im September 1901 hatte er in einer Probelektion hierorts noch ein zufrieden⸗ ſtellendes Lehraeſchick dargetan. Im Auguſt 1902 hatte uns ſein Direktor, Profeſſor Dr. Kaſten, eine in jeder Beziehung günſtige Auskunft über ſein amtliches wie außeramtliches Verhalten erteilt; im September 1902 hatte Meiners auf die Aufforderung, ein Phyſikatszeugnis einzureichen, als ſolches ein einwandfreies ärztliches Zeugnis mit dem Siegel eines Geſundheitsrats der Freien Hanſaſtadt Bremen vorgelegt; und im Jahre 1903 hatte ſich das Königliche Provinzial⸗Schulkollegium mit der Wahl einverſtanden erklärt. Bald nach ſeinem Amtsantritt machten ſich bei Dr. Meiners jedoch Anzeichen einer ſchweren geiſtigen Erkrankung bemerkbar. Er mußte ſich deshalb ſchon am 6. Mai 1903 in die Privat⸗ anſtalt für Gemüts⸗ und Nervenkranke von Dr. Weiler hier in Behandlung begeben. Infolge Ver⸗ ſchlimmerung der Krankheit konnte er ſeinen Dienſt nicht wieder aufneymen und befindet ſich ſeit jenem Tage ununterbrochen in Anſtaltsbehandlung. Auf Grund eines auf unſere Veranlaſſung durch das Königliche Provinzial⸗Schulkollegium eingeholten Gutachtens des Königlichen Kreisarztes, Medizinal⸗ rats Dr. Klein, vom 18. 12. 03 (Blatt 70—73 der Perſonal⸗Akren), nach welchem Dr. Meiners wegen vorausſichtlich nicht vollſtändig heilbarer Geiſtes⸗ krankheit für dauernd unfähig zur Erfüllung ſemer Amtspflichten gehalten wird, iſt er auf unſeren ntrag vom 19. 3. 04 im Wege des förmlichen Disziplinar⸗ verfahrens durch Entſcheidung des Königlichen Pro⸗ vinzial⸗Schulkollegiums zu Berlin vom 15. 2. 1905 wegen dauernder Dienſtunfähigkeit infolge Schwäche ſeiner geiſtigen Kräfte unfreiwillig in den Ruheſtand verſetzt worden. Die gegen dieſe Entſcheidung eingelegte Be⸗ rufung hat der Pfleger unterm 14. 4. 05 zurück⸗ gezogen, ſodaß an dieſem Tage das Urteil rechts⸗ kräftig wurde. Der Pfleger befand ſich bei Zurück⸗ nahme der Berufung in dem Glauben, daß dem Dr. Meiners ein Penſionsanſpruch gefichert ſei, da 9. inzwiſchen eine Dienſtzeit von 10 Jahren erreicht atte. Gemäß Art. 1b des Ortsſtatuts betr. die Ge⸗ währung von Ruhegehalt vom K5 März 1900 wird den Lehrern der höheren Lehranſtalten Ruhegehalt nach den Beſtimmungen des Geſetzes betr. die Penſionierung der unmittelbaren Staatsbeamten, ſowie der Lehrer und Beamten an den höheren Lehr⸗ anſtalten uſw. vom 27. 3. 72 in der durch die Novellen vom 31. 3. 82, 30. 4. 84, 30. 3. 90 und 25. 4. 96 abgeänderten Faſſung gewährt. Da nach dieſem Geſetze — §§ 1. 13, 14, 19a — die Zeit, während der ein Lehrer außerhalb Preußens im öffentlichen Schuloienſt geſtanden hat, außer An⸗ rechnung bleiben muß, ſo kommt die Zeit vom 1. 4. 96 bis 31. 3. 1903, während der Dr. Meiners im öffentlichen Schuldienſte Bremens ſtand, für das Ruhegehaltsdienſtalter nicht in Betracht. Dr. Meiners hatte daher am 14. 4. 05 unter Hinzu⸗ rechnung des Seminarjahres erſt eine penſionsfähige Dienſtzeit von 3 Jahren und 14 Tagen zurückgelegt. Er war infolgedeſſen bei ſeiner Verſetzung in den Ruheſtand mangels Erfüllung der 10jährigen Warte⸗ zeit in Charlottenburg nicht ruhegehaltsberechtigt.