— 237 — unerträglich empfunden. Er weiſt dringend darauf über die beſtehenden Verträge Rechte zu verſchaffen hin, den jetzt bei den Straßenbahn⸗Geſellſchaften und damit vor allem die beſtehenden Erwerbsrechte liegenden Einfluß für die Gemeinden zurück⸗ zu beſeitigen. Hieraus ergibt ſich die Pflicht, mit zugewinnen. Erſt mit einem ausſchlaggebenden Einfluß der Gemeinden auf den Verkehr wird eine Verkehrsregelung und Verbeſſerung möglich ſein, welche den örtlichen Bedürfniſſen und der För⸗ derung einer geſunden, ſtädtiſchen Entwickelung genügt. Dieſe Erkenntnis führt ohne weiteres zu der Notwendigkeit, diejenigen Rechte, welche zu einer Übernahme der Straßenbahnen in die ſtädtiſche Verwaltung führen, auszuüben und dementſpre⸗ chend die beſtehenden Rechte auf Übernahme ſo zu wahren, daß eine Beeinträchtigung oder Beſchwer⸗ nis derſelben ausgeſchloſſen iſt. Die für die Groß⸗Berliner Gemeinden be⸗ ſtehenden Erwerbsrechte ſind verſchiedenartig ge⸗ ſtaltet und auch zeitlich verſchieden. Der früheſte Zeitpunkt, den die Verträge für einen Erwerb vor⸗ ſehen, iſt das Jahr 1919. Gegenüber dieſem Zeit⸗ punkt würde eine Regelung der Erwerbsfrage unter den beteiligten Gemeinden gegenwärtig noch nicht unbedingt erforderlich ſein, wenn nicht die Straßen⸗ bahngeſellſchaften ſelbſt durch ihre Maßnahmen die beſtehenden Erwerbsrechte gefährden würden. Unter dem 27. September 1905 haben die Große Berliner Straßenbahn, die Berlin⸗Charlottenburger Straßen⸗ bahn und die Weſtliche und Südliche Berliner Vorortbahn bei dem Herrn Polizei⸗Präſidenten von Berlin den Antrag auf Genehmigung zur Her⸗ ſtellung von Untergrundbahnen im Zuge der Leip⸗ ziger Straße und der Straße „Unter den Linden“ geſtellt mit der Begründung, daß dieſe Untergrund⸗ bahnen eine weſentliche und notwendige Verbeſ⸗ ſerung des Straßenbahnverkehrs herbeiführen ſollen. In dieſem Antrage haben ſie gleichzeitig als Voraus⸗ ſetzung für die Ausführung dieſes Projektes die Verlängerung der beſtehenden Konzeſſion um 90 Jahre beantragt. Außerdem haben ſie ſowohl bei der Stadt Berlin, als auch unter anderem bei der Stadt Charlottenburg den Antrag geſtellt, die Zuſtimmungsdauer um 90 Jahre zu verlängern. Die Zuſtimmungsdauer iſt in den Charlottenburger Verträgen bis zum Jahre 1937, in dem Berliner Vertrage bis zum Jahre 1919 feſtgeſetzt. Der Antrag der Geſellſchaften, die Zuſtimmungs⸗ und Konzeſſionsdauer um 90 Jahre hinauszuſchieben, gefährdet die Gemeinden auf das ſchwerſte. Durch die Verlängerung der Konzeſſion würden nicht nur die wertvollen Erwerbsrechte verloren gehen, ſondern es würde vor allem der gegenwärtige unerquickliche Zuſtand der Ohnmacht der Gemeinden auf dem Verkehrsgebiete auf faſt unabſehbare Zeit verlängert werden. Bei dem Fluß der Dinge namentlich auf dem Verkehrsgebiete würden uns bei jeder Konzeſſionsverlängerung, ſo beſonders bei einer ſo langfriſtigen, nach aller Wahrſcheinlich⸗ keit noch andere ſchwerwiegende Nachteile für den Verkehr und die ſtädtiſche Entwicklung entſtehen. Verbietet es ſich hiernach freiwillig als Aequivalent für die beabſichtigte, ihrem inneren Werte nach zweifelhafte Verkehrsverbeſſerung eine Verlänge⸗ rung der Zuſtimmungsdauer um 90 Jahre ein⸗ zuräumen, ſo bleibt die Gefahr beſtehen, daß die Straßenbahnen gegen den Willen der Gemeinde die Verlängerung der Zuſtimmungsdauer im Wege des Ergänzungsverfahrens durchzuſetzen ſuchen. Es hat den begründeten Anſchein, daß die Geſell⸗ ſchaften entgegen ihrer vertraglichen Bindung ent⸗ ſchloſſen ſind, ſich durch das Ergänzungsverfahren allen Mitteln den Angriff der Straßenbahnen, ins⸗ beſondere auf die beſtehenden vertraglichen Er⸗ werbsrechte abzuwehren. Dieſe Abwehrmaßnahme kann erfolgreich nicht durch die einzelne Gemeinde, ſondern nur durch die Geſamtheit der Wegeunter⸗ haltungspflichtigen erfolgen. Der § 6 Klein⸗ bahngeſetzes, der das geſetzlich den Wegeunter⸗ haltungspflichtigen zugeſtandene Recht auf Erwerb eines Straßenbahnunternehmens während des Be⸗ ſtehens und der Dauer der kleinbahngeſetzlichen Genehmigung behandelt, ſchreibt vor, daß die Wege⸗ unterhaltungspflichtigen ſich den Erwerb der Bahn im ganzen, nach Ablauf einer beſtimmten Friſt vor⸗ behalten dürfen; die beteiligten Wegeunterhaltungs⸗ pflichtigen bilden inſoweit eine geſetzliche Gemein⸗ ſchaft. Abgeſehen von dieſem geſetzlich vorgeſchrie⸗ benen Zuſammenſchluß rechtfertigt die durch die Straßenbahn geſchaffene Sachlage den Zuſammen⸗ ſchluß. Die Kundgebung der zuſammengeſchloſſe⸗ nen Groß⸗Berliner Gemeinden gegen eine Kon⸗ zeſſionsverlängerung wird von größerer Wirkung ſein als der Widerſpruch einer einzelnen Gemeinde; denn der Zuſammenſchluß der Gemeinden beweiſt, daß die Gemeinden — wenn nötig — gewillt und in der Lage ſind, etwa zu ſtellende Anforderungen zur Verbeſſerung des Verkehrs ſelbſt durchzuführen. Damit wird dem Antrage der Großen Berliner Straßenbahn auf Gewährung einer Konzeſſions⸗ verlängerung der Boden entzogen. Ein fernerer Grund zu einer Vereinigung liegt für die Groß⸗Berliner Gemeinden in dem zwiſchen der Stadtgemeinde Berlin und der Großen Berliner Straßenbahn abgeſchloſſenen Zuſtimmungsvertrage. Die Stadtgemeinde Berlin hat in dem mit der Großen Berliner Straßenbahn abgeſchloſſenen Ver⸗ trage vom 2. 7. 97 in § 36 die Rechtsverhältniſſe beim 19. 1. 98 Erlöſchen der Zuſtimmung oder beim Aufhören der ſtaatlichen Genehmigung wie folgt geregelt: 1. Der Bahnkörper (Betriebsſtrecken), ſoweit er ſich auf in ſtädtiſcher Unterhaltungspflicht ſtehenden Wegeſtrecken befindet, nebſt Zu⸗ behör (als Ständer, Zuleitungsdrähte uſw.) und nebſt den etwa auf ſtädtiſchem Grund und Boden errichteten Warteräumen (§ 22) geht unentgeltlich in das Eigentum der Stadt⸗ gemeinde über. Das Recht der Weiterbenutzung der zu dem eingangs gedachten Zeitpunkte von der Unter⸗ nehmung verwendeten, den Geſellſchaften gehörigen Patente und Patentlizenzen geht für den Umfang des Unternehmens ebenfalls unentgeltlich auf die Stadtgemeinde über. 3. Dieſelbe iſt berechtigt, abgeſehen von den Beſtimmungen zu 2 die Abtretung der Rechte aus den von den Geſellſchaften hinſichtlich des Unternehmens geſchloſſenen Verträgen gegen Übernahme der den Geſellſchaften aus dieſen Verträgen obliegenden Verpflichtungen zu verlangen. 48 Gleichzeitig ſieht der genannte Vertrag an derſelben Stelle vor, daß die aus den vorſtehenden Beſtimmungen für die Stadtgemeinde Berlin ſich ergebenden Rechte ſeitens der Geſellſchaften auch der Geſamtheit der Wegeunterhaltungspflichtigen im Sinne des § 6 des Geſetzes vom 28. Juli 1892 zugeſtanden werden. Nach einer beſonderen Dekla⸗ 10⁰