— 5 Die Notwendigkeit zur Erſchließung neuer] ertragloſe Belaſtung des Steuerpflichtigen dar. Einnahmequellen wird dringlicher in demſelben Mit dieſer Erkenntnis ſcheidet dann aber auch die Maße, in dem der gegenwärtige Niedergang der allgemeinen wirtſchaftlichen Lage ein Steigen der Erträge unſerer bisherigen Einnahmequellen, unſerer Abgaben, erſchwert oder verhindert. Bei der Prüfung der Frage, welche Steuer als geeignete neue Einnahmequelle in Betracht kommen kann, bot ſich die Schankerlaubnisſteuer in erſter Linie ſchon deshalb dar, weil die rechtliche Möglichkeit ihrer Einführung erſt im März v. I. durch einen Erlaß der Miniſter des Innern und der Finanzen vom 12. März v. I. eröffnet worden iſt. Eingehende Erwägungen über die Gerechtigkeit, die Wirkung und die Ertragsfähigkeit dieſer Steuer laſſen die Überzeugung entſtehen, daß ihre Einführung in jeder dieſer Beziehungen zu empfehlen, daß dieſe Steuer wie kaum eine andere vor berechtigten An⸗ feindungen geſchützt iſt. Fjür die Gerechtigkeit der Steuer ſprechen in erſter Linie alle diejenigen Gründe, auf die ſich die Beſteuerung des unverdienten Wertzuwachſes ſtützen kann. Der für Gaſt⸗ und Schankwirtſchaften ſowie für den Kleinhandel mit Branntwein und Spiritus beſtehende geſetzliche Konzeſſionszwang ſchaltet für das Wirtſchaftsgewerbe die freie Kon⸗ kurrenz aus. Als Folge ergibt ſich der ſogenannte Konzeſſionswert, d. i. derjenige Teil der Rentabilität, der nicht auf das Anlage⸗ und Betriebskapital zurück⸗ zuführen iſt, der den Wert des letzteren aber ent⸗ ſprechend erhöht. Dieſe durchweg ſehr erhebliche Werterhöhung des Wirtſchaftsbetriebes iſt noch zweifelloſer eine unverdiente, d. h. eine von der Allgemeinheit geſchaffene, als es hinſichtlich des Grundbeſitzes der Fall iſt. Sie wird aber ſteuerlich noch weniger erfaßt als der Wertzuwachs beim Grundbeſitz, da ſie z. B. weder bei der Ergänzungs⸗ ſteuer noch bei der Umſatzſteuer mit berückſichtigt werden darf. Die Konzeſſionsſteuer beſeitigt dieſe Ungleichheit und läßt die Allgemeinheit an den durch ſie geſchaffenen Werten teilnehmen. Dabei ergibt ſich noch eine Eigentümlichkeit, welche einen beſonderen Vorzug der Steuer dar⸗ ſtellt. Es iſt damit zu rechnen, daß die Steuer die Vermehrung der Gaſtwirtſchaften erſchweren und dadurch die Zahl der Gaſtwirtſchaften verhältnis⸗ mäßig vermindern wird (vgl. weiter unten). Die Folge der Steuer iſt alſo eine weitere Beſchränkung der Konkurrenz und eine entſprechende Steigerung des Ertrages. In Anbetracht der Zahl der jährlichen Konzeſſionen für neue Wirtſchaften. Wirtſchafts⸗ verlegungen und Wirtſchaftsübertragungen (im ganzen durchſchnittlich über 700 Konzeſſionen jährlich d. h. etwa 40% aller vorhandenen Wirt⸗ ſchaftsbetriebe, vgl. unten) iſt zu erwarten, daß dieſe den Ertrag der zurzeit beſtehenden Wirtſchaften erhöhende Wirkung der Steuer in wenigen Jahren eine ſehr merkbare ſein wird. Unter Zugrunde⸗ legung der vorgeſchlagenen Steuerſätze würde ſich aber z. B. bei den von der Gewerbeſteuer freien Betrieben ſchon bei einer Ertragserhöhung von jährlich 15 ℳ bei den in Klaſſe IV der Gewerbe⸗ ſteuer veranlagten Betrieben bei einer ſolchen von 40 ℳ der Fall ergeben, daß die Steuer in voller Höhe die Werte ſelbſt ſchafft, aus denen ſie — in Form von Zins und Amortiſation — gedeckt werden kann. Schafft aber die Steuer die Werte, aus denen ſie fließt, ſelbſt, ſo ſtellt ſie lediglich einen beſonderen Teil eines wirklichen — d. h. ſich ver⸗ zinſenden — Anlagekapitals, nicht aber eine neue ſonſt wohl zu erörternde Frage der Abwälzung, d. h. die Frage aus, wer denn die Steuer endgültig zu tragen haben wird. Zur Begründung der Gerechtigkeit der Steuer ſei ferner darauf hingewieſen, daß durch die Prüfung und Bearbeitung der Konzeſſionsgeſuche der ſtädti⸗ ſchen Verwaltung und dem Stadtausſchuß, deſſen Geſchäfte ebenfalls von der ſtädtiſchen Verwaltung erledigt werden, ein nichk unerheblicher Aufwand von Koſten und Arbeit erwächſt. Was endlich die von der Steuer zu erwartende allgemeine Wirkung betrifft, ſo wird dieſe, wie bereits erwähnt, eine mehr oder weniger ein⸗ ſchränkende ſein, und es ergibt ſich daraus die Frage, ob das Ergebnis, d. h. eine verhältnismäßige Ver⸗ minderung der Zahl der Gaſtwirtſchaften, erwünſcht iſt. Hierbei wird zu berückſichtigen ſein, daß Char⸗ lottenburg eine verhältnismäßig große Zahl von Gaſt⸗ und Schankwirtſchaften ſowie von Klein⸗ handlungen mit Branntwein und Spiritus beſitzt. Die Zahl der hieſigen Schankſtätten ergibt folgende Überſicht: 1903 1904 1905 1906 Voller Schank. 621 3589 5756 552 Halber Schankk 482 153 503 552 Kleinhandel mit Brannt⸗ wein und Spirituoſen 420 393 447 447 Gaſtwirtſchaff . 33 29 38 41 zuſammen 1556 1454 1654 1692. Nun iſt in einer Zuſammenſtellung in der Zeitſchrift des Königlich preußiſchen ſtatiſtiſchen Landesamts von 1907, S. LIV, zu entnehmen, daß im Jahre 1905 im Durchſchnitt der preußiſchen Städte ein Ausſchank geiſtiger Getränke erſt auf je 169 Einwohner entfiel, während in Charlottenburg im gleichen Jahre ſchon für je 142 Einwohner ein ſolcher Ausſchank vorhanden war. Unter den Ge⸗ meinden von Groß⸗Berlin ſtand Charlottenburg zeitweiſe an erſter Stelle. 17 421 In den letzten Jahren hat allerdings Berlin unſere Stadt in der Zahl der Schankſtätten überholt, indem Ende 1905 in Berlin bereits auf je 128 Ein⸗ wohner eine Wirtſchaft zu rechnen war. Dabei iſt aber zu berückſichtigen, daß die Verhältniſſe in Berlin ſchon im Hinblick auf den ſo erheblich viel ſtärkeren Fremdenverkehr ſowie überhaupt hin⸗ ſichtlich der Zuſammenſetzung der Bevölkerung und der Bedürfniſſe ganzer Stadtteile weſentlich andere ſind als in Charlottenburg, und daß deshalb ein Vergleich der Zahlen allein kein zutreffendes Bild gibt. Es bleibt jedenfalls die Tatſache beſtehen, daß die Zahl der Schankſtätten bei uns im Ver⸗ hältnis zur Bevölkerung erheblich größer iſt als im Durchſchnitt der preußiſchen Städte. Dieſer Zu⸗ ſtand erſcheint uns deshalb unerwünſcht, weil wir in jeder über den Bedarf hinaus vermehrten Ge⸗ legenheit zum Alkoholgenuß eine Gefährdung der wirtſchaftlichen und geſundheitlichen Verhältniſſe unſerer Stadt erblicken. Dieſe Anſicht wird einer näheren Begründung nicht bedürfen. Es ſei nur hervorgehoben, daß die unverhältnismäßige Kon⸗ kurrenz die Gaſtwirte vielfach zu bedenklichen Lock⸗ mitteln (Muſikapparate, automatiſche Glücksſpiele, weibliche Bedienung) greifen läßt, daß dadurch aber die Trunkſucht gefördert und weiterhin — indirekt die Armenlaſt der Stadt vermehrt wird.