—— 499 — eines beſonderen Fonds für die Gewährung von Ruhe⸗, Witwen⸗ und Waiſengeld an Nichtbeamte behandelt worden. Endlich hat noch eine Unter⸗ ſuchung und Berichterſtattung darüber ſtattgefunden, ob der § 2 des Penſionsſtatuts für Beamte auch auf nichtbeamtete Perſonen noch angewendet werden kann oder ob und wodurch er ſeine Wirkſamkeit ver⸗ loren hat. Hierdurch iſt gegen unſere urſprüngliche Erwartung ein nicht unerheblicher Zeitverluſt ver⸗ urſacht worden. Nachdem nun jetzt die Angelegen⸗ heit an ſich zur Beſchlußfaſſung reif erſcheint, ſind jedoch neue Umſtände eingetreten, die es angezeigt erſcheinen laſſen, die Angelegenheit in anderer Weiſe zum vorläufigen Abſchluß zu bringen. Es ſteht nämlich zu erwarten, daß bereits zum 1. Januar 1910 reichsgeſetzlich eine Witwen⸗ und Waiſenverſorgung (mit Rechtsanſpruch) für Arbeiter eingeführt werden wird. Das Zolltarifgeſetz vom 25. Dezember 1902 (R. G. Bl. S. 303) beſtimmt im § 15: „Die Mehrerträge an 3öllen ſind zur Erleichterung der Durchführung einer Witwen⸗ und Waiſenverſorgung zu verwenden. Über dieſe Verſicherung iſt durch ein beſonderes Geſetz Beſtimmung zu treffen. Tritt dieſes Geſetz bis zum 1. Jannar 1910 nicht in Kraft, ſo ſind von da ab die Mehrerträge den Inva⸗ liden⸗ Verſicherungsanſtalten zum Z3wecke der Witwen⸗ und Waiſenverſorgung der bei ihnen Ver⸗ ſicherten zu überweiſen.“ Neueren Nachrichten zufolge hat die Reichsregierung die feſte Abſicht, ſchon in der nächſten Seſſion dem Reichstage einen entſprechenden Geſetzentwurf betr. die Hinter⸗ bliebenenfürſorge für Arbeiter vorzulegen, damit der für das Inkrafttreten im Zolltarifgeſetz in Ausſicht genommene Termin unbedingt innege⸗ halten werden kann. Die Einzelheiten der Vorlage ſind zwar noch nicht bekannt, aber ſoviel darf ſchon jetzt als feſtſtehend angenommen werden, daß die Arbeitgeber — alſo auch die Kommunen zu Ver⸗ ſicherungsbeiträgen herangezogen und daß die geſetz⸗ lichen Normen für die Hinterbliebenenverſorgung in vielen Punkten von den Grundſätzen der Stadt Charlottenburg abweichen werden. Es ſteht ferner zu erwarten, daß ebenfalls zum 1. Januar 1910 (wenn nicht ſchon früher) reichsgeſetzlich eine Penſions⸗ und Hinterbliebenen⸗ verſicherung für Privatangeſtellte (mit Rechts⸗ anſpruch) eingeführt werden wird. Bereits i m Frühjahr d. I. haben im Reichstage alle Parteien dem Wunſch nach Einführung einer Pen⸗ ſions⸗ und Hinterbliebenenfürſorge für Privat⸗ angeſtellte Ausdruck gegeben. Der Herr Reichs⸗ kanzler hatte zugeſagt, in einer Denkſchrift die Durchführbarkeit der Verſicherung näher zu er⸗ örtern. In Erfüllung dieſer Zuſage iſt dem Reichs⸗ tage unterm 11. Juli d. I. eine im Reichsamt des Innern ausgearbeitete Dentſchrift betreffend die Penſions⸗ und Hinterbliebenenverſicherung der Privatangeſtellten überſandt worden. Es wird darin die Hoffnung ausgeſprochen, daß binnen möglichſt kurzer F§ ri ſt fe ſte Beſchlüſſe für die endgültige Ordnung der in Rede ſtehenden Frage gefaßt werden können. In der Denkſchrift ſind folgende Grundgedanten erläutert: 1. Einführung der Verſicherungspflicht für al lei männlichen und weiblichen Privatangeſtellten ohne Ausnahme (alſo auch für die bei Kommunal⸗ verwaltungen beſchäftigten — im Alter von 16 bis 60 Jahren. 2. Aufbringung der Mittel durch gleich hohe Beiträge der Arbeitgeber und der Angeſtellten mit zuſammen 8 % des jeweiligen Gehalts. 3. Gewährung einer Penſion bei Erwerbs⸗ unfähigkeit, und zwar a) für männliche Angeſtellte nach einer Wartezeit von 10 Jahren mit 20 % des ver⸗ ſicherten Einkommens, ſteigend jährlich um 1 % bis höchſtens 75 %, p) für weibliche Angeſtellte nach einer Wartezeit von. 5 Jahren mit 10 % des ver⸗ ſicherten Einkommens, nach einer Wartezeit von 10 Jahren wie zu a. 4. Gewährung von Hinterbliebenenverſorgung im Todesfalle des Verſicherten, und zwar a) nach einer Wartezeit von 5 Jahren als Witwengeld 4% des verſicherten Einkommens, als Waiſengeld je 0,8 % dieſes Einkommens, b) nach einer Wartezeit von 10 Jahren als Witwengeld 40 % der Penſion des Mannes, als Waiſengeld je 8 % Vollwaiſen je 13½ %) der Penſion des Vaters. Aus dem unterm 11. v. M. uns zugegangenen Geſchäftsbericht des Zentralverbandes der preußi⸗ ſchen Gemeindebeamten für das abgelaufene Ge⸗ ſchäftsjahr geht hervor, daß der Verband beim Reichsamt des Innern beantragt hat, die bei den Kommunalverwaltungen beſchäftigten Privat⸗ bedienſteten in den Kreis der nach dem geplanten Reichsgeſetz der Penſions⸗ und Hinterbliebenen⸗ verſicherung unterſtellten Perſonen einzubeziehen. Das Reichsamt des Innern hat darauf zugeſagt, die gewünſchte Einbeziehung ſchon bei den Vor⸗ arbeiten für den Geſetzentwurf zu berückſichtigen. Es ſteht hiernach feſt, daß die fragliche Pen⸗ ſions⸗ und Hinterbliebenenfürſorge für Privat⸗ angeſtellte nahe bevorſteht, daß die Stadt zu er⸗ heblichen Beiträgen wird herangezogen werden und daß die geſetzlichen Normen — wie die oben erwähnten in der Denkſchrift erörterten Grund⸗ züge erkennen laſſen — erhebliche Verſchieden⸗ heiten gegenüber den jetzt geltenden ſtädtiſchen Grundſätzen aufweiſen werden. Endlich ſteht zu erwarten, daß auch zum 1. 1. 1910 die längſt erwartete Reform der In⸗ validenverſicherung (in Verbindung mit der Reform der Krankenverſicherung) für Arbeiter zur Durch⸗ führung kommen wird. Die Geſetzentwürfe ſollen — Zeitungsnachrichten zufolge — fertiggeſtellt ſein und dem Reichstage ſchon in der nächſten Seſſion vorgelegt werden. Die Reform wird ſelbſtverſtändlich die ſtädtiſchen Ruhelohn⸗ uſw. Grundſätze ebenfalls weſentlich beeinfluſſen. Angeſichts dieſer vielen unmittelbar bevor⸗ ſtehenden Anderungen und Neuerungen auf dem Gebiet des Penſionierungs⸗ und Hinterbliebenen⸗ fürſorgeweſens für nichtbeamtete Perſonen haben wir beſchloſſen, die Umgeſtaltung der gegenwärtig gültigen ſtädtiſchen Beſtimmungen bis nach Erlaß der in Ausſicht ſtehenden reichsgeſetzlichen Maß⸗ regeln zurückzuſtellen und zurzeit die ſtädtiſchen Beſtimmungen lediglich durch Nachträge abzuändern nach Analogie der auf Grundlage des Geſetzes vom 27. Mai 1907 für die ſtädtiſchen Beamten ge⸗ ſchaffenen Beſtimmungen. Es kommen hierbei folgende Anderungen in Betracht: a) Erhöhung der Ruhegeldſätze von des Dienſteinkommens auf % für die erſten 10 Dienſtjahre, Steigungen bis zum 1