— 22² die Geſtaltung der einzelnen Normalbeſoldungs⸗ ordnungen werden uns der Aufgabe entheben, den Nachweis zu führen, daß dieſe Ordnungen nicht aufgeſtellt worden ſind unter dem Emfluß der ge⸗ planten Familienzulagen, d. h. daß ihre Anſaätze nicht unter der Erwartung eines Zuſchuſſes in Ge⸗ ſtalt von Familienzulagen gelitten haben. Die ſämtlichen Beſoldungs⸗ und Lohnordnungen ſind ſo aufgeſtellt, daß ſie die Gewähr in ſich tragen, den Lebensbedürfniſſen der verſchiedenen Beſoldungs⸗ und Lohnempfänger unter normalen Ver⸗ hältniſſen ohne weiteres in ausreichendem Maße zu genügen. Im Hinblick auf den Familienſtand wird man als die Grenze des Normalen die Zu⸗ ſammenſetzung der Familie aus insgeſamt 5 Köpfen, den beiden Ehegatten und 3 Kindern, annehmen dürfen. Eine größere Anzahl von Kindern über⸗ ſchreitet dieſe Grenze und kann, wenn nicht außer⸗ gewöhnliche Hilfsmittel zu Gebote ſtehen, in dem Gehalt oder Lohn ebenſowenig Deckung finden, wie etwa der Eintritt einzelner außergewöhnlicher Vorkommniſſe, wie ſchwere Krankheiten, Todes⸗ und ſonſtige Unglücksfälle. Wie die ſtädtiſchen Körperſchaften bisher ſtets bereit geweſen ſind, die Unterſtützungsbedürftigkeit des Betroffenen in der⸗ artigen Fällen von Fall zu Fall anzuerkennen, iſt es unſeres Ermeſſens ein Gebot der Billigkeit, außerordentlichen Verhältniſſen, welche den Cha⸗ rakter des Dauernden tragen, durch dauernde Ein⸗ richtungen entgegenzukommen, wie wir ſie in den Familienzulagen erblicken. Etwas Ahnliches, aber durch immanente Feſſeln Beſchränktes boten bisher ſchon die Schulgeldbefreiungen, von denen unſere Beamten und Lehrer zahlreich und gern Gebrauch gemacht haben und deren Bedeutung durch die Familienzulagen kaum weſentlich beeinträchtigt werden dürfte. Die Geſtalt, welche wir nach den vorgelegten Grundſätzen der Einrichtung zu geben beabſichtigen, entkräftet, wie wir hoffen, ferner eine Reihe von weiteren Einwendungen, welche bei früheren Verhandlungen von einzelnen Rednern der Verſammlung gegen die geplante Einrichtung gemacht worden ſind. So wird man nicht ſagen können, daß die gewährte Hilfe ihrem Betrage nach nicht umfangreich genug ſei und deshalb nicht ins Gewicht falle. Ebenſowenig werden die Bedenken fortbeſtehen, welche aus der Frage entſtanden waren, in welcher Weiſe bei etwaigen Verände⸗ rungen im Laufe des Jahres verfahren werden ſoll, und endlich gelangt durch die Beſeitigung des Rechtsanſpruches und den Vorbehalt eines An⸗ trages zum Ausdruck, daß die Familienzulagen in der vorgeſchriebenen Weiſe keinen Teil des Gehalts oder des Lohnes bilden, ſondern eine außerordent⸗ liche Zuwendung. Nichtsdeſtoweniger wird man in dem letzteren Geſichtspunkte nicht den Charakter einer Unterſtützung oder eines Almoſens zu finden haben, ſondern die menmerg einer moraliſchen, hervorragend nationalen ſowohl wie ſozialen Ver⸗ pflichtung, welche die Stadtgemeinde ihren Be⸗ amten, Angeſtellten und Arbeitern gegenüber frei⸗ lig auf ſich nimmt. Die Einrichtung der Familienzulagen in dieſer oder jener Form iſt allerdings neueren Datums, gewinnt aber doch von Jahr zu Jahr an Verbrei⸗ ung und Anhängerſchaft. Es würde zu weit führen, die verſchiedenen Formen der Ausführung den verſchiedenen Verwaltungen ausführlicher es darf dieſerhalb auf die neueſte Arbeit hierüber, welche in den „Bei⸗ trägen zur Arbeiterſtatiſtik“, Band 10, bearbeitet im Kaiſerlichen Statiſtiſchen Amt in Berlin, S. 55 ff. enthalten iſt, verwieſen werden. Auch in unſerer Nachbarſchaft hat der Gedanke Wurzel geſchlagen: ſo hat z. B. die Provinzialverwaltung der Provinz Brandenburg für das Jahr 1909 dem Provinzial⸗ ausſchuß einen Fonds von 15 000 ℳ „zum Zwecke der Gewährung von Bedürfniszulagen an kinder⸗ reiche untere und mittlere Beamte“ zur Verfügung geſtellt und der Magiſtrat der Stadt Schöneberg beabſichtigt in ſeinen Grundſätzen betreffend die Dienſtverhältniſſe der Arbeiter der Stadt Schöne⸗ berg 1 § 11) einen Familienzulagefonds in der Weiſe zu bilden, daß jährlich 5000 ℳ für dieſen Zweck unter Anſammlung etwa nicht verbrauchter Mittel in den Etat einzuſetzen ſind, „aus welchem der Magiſtrat Arbeitern mit mehr als 3 Kindern Miets⸗ zuſchüſſe gewähren kann.“ Wir halten es für gerecht und billig, die Wohltat der Familienzulagen nicht zu beſchränken auf eine Klaſſe des ſtädtiſchen Per⸗ ſonals, ſondern ſie allen, zwar unter zweckent⸗ ſprechender Berückſichtigung der wirtſchaftlichen und ſozialen Geſichtspunkte, doch nach im weſent⸗ lichen gleichen Grundſätzen zuteil werden zu laſſen, und erachten es für ratſam, dies grundſätzlich von vornherein ſo feſtzulegen, daß die Anwendung für den Einzelfall zweifelsfrei iſt, ſo daß von vorn⸗ herein der Schein der Willkür vermieden wird, welcher geeignet iſt, das Vorurteil zu ſtärken, als ob es ſich um eine perſönliche, nicht rein auf ſachliche Erwägungen geſtützte Prämie für Wohlverhalten handle. Leider wird es vorausſichtlich nicht möglich ſein, in den Kreis der an den Familienzulagen teil⸗ nehmenden Perſonen auch die Lehrer an unſeren Gemeindeſchulen aufzunehmen. Dieſe Möglich⸗ keit würde gegeben ſein, wenn der den geſetz⸗ gebenden Körperſchaften vorliegende neue Ent⸗ wurf des Geſetzes betreffend das Dienſteinkommen der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen Volksſchulen dahin abgeändert würde, daß die Ortszulagen (§ 22 Abſ. 2 daſ.) auch nach dem Fa⸗ milienſtande bemeſſen werden können, denn nur im Rahmen der Ortszulagen dürfte nach der ganzen Konſtruktion des Geſetzes die Gewährung von Familienzulagen zuläſſig ſein. Es ſcheint, als ob dieſe Ergänzung des Geſetzes, welche auf dies⸗ ſeitige Anregung in die Wege geleitet war, ſchließ⸗ lich doch nicht zur Verwirklichung gelangen wird. Das Abgeordnetenhaus hat den vom Herrenhauſe eingefügten bezüglichen Zuſatz nicht gutgeheißen. Allerdings iſt die Begründung der Ablehnung der beantragten Anderung keine dem Gedanken an ſich feindliche. Vielmehr iſt ausdrücklich anerkannt worden, daß für eine Differenzierung nach dem Familienſtande viel ſpreche, doch erſcheine es be⸗ denklich, den Lehrern eine Sonderſtellung zu geben. Wennauchdieletztere Erwägung zumal im Verhältnis der Lehrer zu den Kommunalbeamten nicht zutrifft, vielmehr, wie ſich jetzt zeigt, nunmehr gerade die Lehrer in eine — ihnen ungünſtige — Sonderſtellung gelangen, ſo iſt doch bei der ſchon an ſich verwickelten Materie des Lehrerbeſoldungs⸗ geſetzes und den vielfach widerſtreitenden Strö⸗ mungen dies Vorgehen des Abgeordnetenhauſes wohl verſtändlich. So ſehr wir ſchließlich bedauern würden, dieſe Fürſorge der Lehrerſchaft nicht zuteil werden zu laſſen, ſo kann uns das doch von der Schaffung dieſer Einrichtung, ſoweit geſetzliche Schranken dem nicht entgegen ſtehen, um ſo we⸗ niger abhalten, als in unſerer Verwaltung gerade