—— 577 — 18 Jahren die Verpflichtung zum Beſuch einer Fortbildungsſchule begründet werden. Davon hat bereits eine Reihe von Städten, wie Frankfurt a. M., Wiesbaden u. Kaſſel, auch kleinere Orte wie Sorau N.⸗L. und Stargard i. P. Gebrauch gemacht. 22 Der Schulzwang iſt für die jungen Mädchen, welche in kaufmänniſchen Betrieben tätig ſind, um ſo nötiger, als die meiſten nicht eine eigentliche Lehrzeit — wie ihre männlichen Kollegen — durchmachen. Viele glauben ſchon genug getan zu haben, wenn ſie einige Wochen, allenfalls wenige Monate, eine private Handelsſchule in geringer Stundenzahl beſucht und ſich dort eine gewiſſe Fertigkeit im Stenographieren oder Maſchine⸗ ſchreiben und vielleicht einige Kenntniſſe der Buch⸗ führung angeeignet haben. Durch die ſo ge⸗ wonnene unzureichende Fachbildung werden ſie dann gewöhnlich von vornherein in eine einſeitige Beſchäftigung gedrängt, und es wird ihnen dadurch das Emporkommen in höhere und beſſer bezahlte Stellungen außerordentlich erſchwert. In Würdigung dieſer Umſtände halten wir im Intereſſe der beſſeren Vorbildung die Ausdehnung der Fortbildungsſchulpflicht auf die weiblichen Handlungsgehilfen und Aehrlinge für notwendig. Wir haben daher in Übereinſtimmung mit der Deputation für das Fortbildungsſchulweſen das nachſtehend abgedruckte Ortsſtatut betreffend die Verpflichtung zum Beſuch der Fortbildungsſchule aufgeſtellt und gemäß der Beſtimmung im § 142 der Gewerbeordnung beteiligte Handeltreibende und Angeſtellte dazu gehört. Wie in der obligatoriſchen Fortbildungs⸗ ſchule für männliche Perſonen, ſollen nur die in Charlottenburg beſchäftigten weiblichen Handlungs⸗ gehilfen und alehrlinge zum Beſuch der Schule verpflichtet werden. Der § 120 der Gewerbe⸗ ordnung geſtattet zwar die Heranziehung aller weiblichen Handlungsgehilfen und 4lehrlinge unter 18 Jahren. Wir erachten es jedoch nicht für not⸗ wendig und zweckmäßig, von dieſer Befugnis vollen Gebrauch zu machen. Es wird ausreichen, wenn die jungen Mädchen nur bis zum Schluß des Halb⸗ jahres, in welchem ſie das 17. Lebensjahr vollenden, zum Beſuch der Fortbildungsſchule verpflichtet ſind. Die Schulpflicht wird demnach nur 3 Jahre dauern. Befreit von der Schulpflicht ſollen neben den im Ortsſtatut für männliche Perſonen vom 19. Jannar/9. April 1907 aufgezählten Gruppen auch alle diejenigen ſein, welche freiwillig während eines ganzen Jahres regelmäßig in mindeſtens 20 Stunden wöchentlich eine Mädchenfortbildungs⸗ ſchule und dabei vornehmlich ſolche Stunden beſucht haben, welche für den kaufmänniſchen Beruf vorbereiten. Wir halten dieſen Unterricht für einen hinreichenden Erſatz und hoffen dadurch recht viele junge Mädchen, die ſich dem kaufmänniſchen Berufe widmen wollen, dazu zu bewegen, unmittel⸗ bar nach Beendigung der allgemeinen Schulpflicht ſich erſt gründlich für den künftigen Beruf vor⸗ zubereiten. Der Unterricht ſoll in die Tagesſtunden von 7 Uhr morgens bis 8 Uhr abens gelegt werden, ſo daß alſo auch die Stunde von 7—8 Uhr abends zur Verfügung geſtellt wird. Im übrigen ſchließen ſich die Beſtimmungen eng an die des beſtehenden Ortsſtatuts betr. die Ver⸗ pflichtung der männlichen Arbeiter zum Beſuch der handen ſein werden. pflicht entlaſſen ſein werden. hieſigen Fortbildungsſchule an. Nach den gelegentlich der Berufszählung vom 12. Juni 1907 veranſtalteten Erhebungen des ſtatiſtiſchen Amts wird die Zahl der weiblichen Handlungsgehilfen und lehrlinge im Alter von 14—17 Jahren, die auf Grund des Ortsſtatuts dem Fortbildungsſchulzwange unterworfen ſein werden, in Charlottenburg höchſtens 400—425 betragen. Die in jedem Halbjahr ſchulpflichtig werdenden jungen Mädchen ſind demnach auf etwa 70 zu veranſchlagen. Von dieſen werden in Abzug zu bringen ſein die nach § 2 des Ortsſtatuts vom Schulbeſuch befreiten Mädchen. Wir werden alſo vorausſichtlich Oſtern n. J. mit 2 Klaſſen für die dem Ortsſtatut unterworfenen Schülerinnen aus⸗ kommen. In jedem neuen Schulhalbjahr treten 2 weitere Klaſſen hinzu, ſo daß nach Durchführung der Einſchulung Michaelis 1912 12 Klaſſen vor⸗ Die Zahl der wöchentlichen Unterrichtsſtunde beabſichtigen wir wie für die kaufmänniſchen Klaſſen an der Fortbildungsſchule für männliche Perſonen auf wöchentlich 6 feſtzuſetzen. Die Schul⸗ leitung iſt verpflichtet, bei Auswahl der Stunden auf billige Wünſche der beteiligten kaufmänniſchen Kreiſe tunlichſt Rückſicht zu nehmen. Wir hoffen, die Vorbereitungen ſo fördern zu können, daß Oſtern n. I. die Einführung der Fort⸗ bildungsſchulpflicht erfolgen kann. Es ſollen aber zu dieſem Termin nicht ſogleich ſämtliche jungen Mädchen im fortbildungsſchulpflichtigen Alter zum Beſuch der Fortbildungsſchule gezwungen werden, ſondern zunächſt nur diejenigen, welche Oſtern 1910 ihre geſetzliche Verpflichtung zum Beſuch der Gemeindeſchule erfüllt haben, einſchließlich der⸗ jenigen, welche aus beſonderen Gründen in der Zeit vom 1. Januar bis 31. März 1910 von der Schul⸗ behörde vorzeitig aus der allgemeinen Volksſchul⸗ Michaelis 1910 treten diejenigen hinzu, welche am 1. April 1910 bis zum 30. September 1910 ihre allgemeine Schul⸗ pflicht erfüllen und ſo fort, bis Michaelis 1912 ſämtliche nach dem beiliegenden Ortsſtatut Ver⸗ pflichteten die Schule beſuchen. Wir hoffen, daß auf dieſe Weiſe die Einführung des Fort⸗ bildungsſchulzwangs ohne Schwierigkeiten vor ſich gehen wird. Die hieraus entſtehenden Koſten berechnen ſich wie folgt: 1. Die Koſten für den Unterricht betragen bei 12 Klaſſen und wöchent⸗ lich 6 Stunden — das Jahr zu 40 Schulwochen und die Stunde zu 3 bis 3,50 ℳ, im Durchſchnitt alſo 3,25 ℳ, gerechnet — (12-6403,25 ℳ 2. Die übrigen perſönlichen und die ſächlichen Ausgaben belaufen ſich bei 12 Klaſſen zu je 6 Wochenſtunden, alſo bei 72 Wochenſtunden, auf etwa 1/11 der für die obligatoriſche Fort⸗ bildungsſchule für männliche Per⸗ ſonen bei 804 Wochenſtunden in den Etat für 1909 eingeſtellten Beträge: Gehalt des Schulleiters. 8 100 ℳ Vertrerungenn 1 500 ℳ Lohn für die Schuldiener einſchließlich Reinigungs⸗ entſchädigung riddd. Lehrmittel 9 360 ℳ , ee Seite 15 290 ℳ 9 360 ℳ