—— 2 — Die Organiſation der Wohnungs⸗ fürſorge. I. Die Deputationfürdie Wohnungs⸗ pflege. Als oberſtes Organ für die Ausübung der Wohnungsfürſorge iſt die neu zu bildende „Depu⸗ tation für die Wohnungspflege“ gedacht. Die Bildung einer beſonderen Deputation für dieſen neuen Zweig der ſtädtiſchen Verwaltung iſt nicht zu umgehen. Einmal erſcheint es ausgeſchloſſen, einer der beſtehenden Deputationen — in erſter Reihe käme die für die Geſundheitsvflege in Be⸗ tracht — auch noch dieſes neue, ſchwierige und vielgeſtaltige Arbeitsgebiet zuzuweiſen; zum an⸗ deren iſt aber hier eine auf das ſpezialiſtiſche Tätigkeitsgebiet zugeſchnittene eigenartige Zu⸗ ſammenſetzung der Deputation notwendig, um deren Arbeit fruchtbar zu geſtalten. Ehe die Vorſchläge über dieſe Zuſammen⸗ ſetzung im einzelnen begründet werden, iſt es nötig, die wichtigſten Z3weige der Zuſtändigkeit der De⸗ putation wenigſtens zu nennen, um dann ſpäter auf ihre Beſprechung im einzelnen zurückzu⸗ kommen. Nach § 2 des Entwurfes einer „Or⸗ ganiſation der Wohnungspflege“ ſoll ſich ihre Zuſtändigkeit insbeſondere erſtrecken auf die Wohnungsaufſicht, das Wohnungsmeldeweſen und den Wohnungsnachweis, die Fürſorge für Bereit⸗ ſtellung von Wohnungen für Minderbemittelte und die Wohnungsſtatiſtik. Die Zuſammenſetzung der Deputation (§ 1 a. a. O.) weicht von der üblichen Form inſofern nicht unweſentlich ab, als drei Siebentel der Plätze in ihr Bürgerdeputierten vorbehalten ſind. Dieſe Eigentümlichkeit dürfte durch folgende Erwägungen gerechtfertigt werden: Eine Deputation, die ſich mit der Beurteilung von Wohnungsverhältniſſen und der Heilung von Wohnungsſchäden befaſſen ſoll, bedarf im hohen Maße der Mitwirkung von Perſonen, die zu ihrer Tätigkeit ſpezialiſtiſche Kenntniſſe mitbringen, insbeſondere ſolche bau⸗ techniſcher, hygieniſcher und ſozialer Art. Dazu kommt bei jedem einzelnen Mitgliede die Notwen⸗ digkeit lokaler Kenntnis der Wohnungsverhältniſſe im Stadtgebiet, mit anderen Worten jene ſpezia⸗ liſtiſch gebildeten Mitglieder müſſen möglichſt über das ganze Stadtgebiet verteilt wohnen. Es iſt natürlich, daß ſich in den ſtädtiſchen Körperſchaften nicht die genügende Anzahl von Perſonen findet, die jene beiden Eigenſchaften möglichſt vollkommen in ſich vereinigen, zumal der Magiſtrat außerdem noch rechts⸗ und verwaltungskundige Mitglieder in die Deputation entſenden muß. Die Löſung des Problems ergibt ſich aber leicht und befriedigend durch die Möglichkeit weitgehender Heranziehung ſachverſtändiger Bürgerdeputierter, die dann noch eine beſondere Bedeutung gewinnen durch ihre Mitarbeit bei denſpäter zu behandelnden Wohnungs⸗ ausſchüſſen. Die abweichende Form der Wahl der Bürgerdeputierten — auf Vorſchlag der aus den ſtädtiſchen Körperſchaften entſendeten Deputations⸗ mitglieder — iſt der bei der Kunſtdeputation ge⸗ wählten Form nachgebildet, weil, ebenſo wie bei die⸗ ſer, auch hier die Zuſammenſetzung der vorſchlags⸗ berechtigten, im weſentlichen ſachverſtändigen kleinen Gemeinſchaft, die richtige Auswahl geeigneter ſachverſtändiger Bürgerdeputierter am beſten ge⸗ währleiſtet. II. Einzelne 3weige der 3uſtändig⸗ keit der Deputation. 1. Die Wohnungsaufſicht. a) Art, Umfang und Z3weck der Wohnungsau,f ſicht. Unter den im § 2 a. a. O. genannten Zu⸗ ſtändigkeitsgebieten der Deputation ragt die Wohnungsaufſicht beſonders hervor und iſt durch eine für ſie beſtimmte Sonder⸗Organiſation ausgezeichnet. Zunächſt ſind auch hier einige grundſätzliche Vorbemerkungen vorauszuſchicken. Die geplante Wohnungsaufſicht iſt, wie oben bemerkt, keine polizeiliche Einrichtung, ſondern eine ſtädtiſche Wohlfahrtseinrichtung (vgl. § 3 Abſ. 1 der Orga⸗ niſation). Das ihr geſteckte Ziel ſoll ſie in erſter Linie erreichen durch die Erweckung der Erkenntnis vom vernünftigen, in Sonderheit vom geiſtig und körperlich geſunden Wohnen. Damit es ihren Organen bei dieſer ihrer Tätigkeit aber nicht an einer feſten materiellen Unterlage fehlt, ſind in Übereinſtimmung mit dem Königlichen Polizei⸗ Präſidenten „Geundſätze über die Beſchaffenheit von Wohnungen und die Wohnweiſe“ aufgeſtellt, die den Organen der Wohnungsaufſicht zur Richt⸗ ſchnur und der Bürgerſchaft als Mahnung dienen ſollen (vgl. § 4 der Organiſation). Über dieſe „Grundſätze“ iſt unten im einzelnen zu ſprechen. Um ferner, rein äußerlich betrachtet, das Tätigkeits⸗ feld der Wohnungsaufſicht nicht ins Ungemeſſene wachſen zu laſſen, war eine Abgrenzung hinſichtlich ihres Objekts nötig und auch möglich: Nach § 3 der „Organiſation“ ſoll ſich ihre Tätigkeit grund⸗ ſätzlich nur auf Kleinwohnungen erſtrecken, da die abzuſtellenden Wohnungs⸗ und Wohnmängel ſich in der Hauptſache bei ihnen zeigen. Dabei ſind wir hinter den Vorſchlägen der Deputation inſofern zurückgeblieben, als dieſe die Wohnungsaufſicht auf Wohnungen mit drei oder weniger bewohn⸗ baren Räumen — außer der Küche — ausdehnen wollte, während wir glaubten, die Wohnungs⸗ aufſicht zunächſt auf die Wohnungen mit nicht mehr als zwe i Wohnräumen — außer der Küche — be⸗ ſchränken zu ſollen. Hierzu führte uns die Er⸗ wägung, daß der weitaus größere Teil der drei⸗ zimmerigen Wohnungen in Charlottenburg der Wohnungsaufſicht wohl nicht bedürfen würde, ſo daß deren Organen mit dem Zwange zur Beſich⸗ tigung dieſer Wohnungen eine Laſt aufgebürdet werden würde, die in keinem rechten Verhältniſſe zum Erfolge ſtehen würde, und die andererſeits die wichtigere Arbeit der Beſichtigung der etwa 36 000 ein⸗ und zweizimmerigen Wohnungen leicht un⸗ liebſam verzögern könnte. Dazu geben die Be⸗ ſtimmungen der Ziffern 2 und 3 des § 3 eit. die Möglichkeit, auch in allen übrigen Wohnungen ohne Rückſicht auf deren Größe diejenigen Mißſtände zu bekämpfen, deren Verfolgung uns am wichtigſten dünkt. Nach Ziffer 2 nämlich iſt die Wohnungs⸗ aufſicht auf alle Wohnungen auszudehnen, in denen Schlafgänger gehalten werden; Ziffer 3 endlich ermöglicht die Beſichtigung aller Schlaf⸗ räume der Dienſtboten, ſowie der bei den Arbeitgebern wohnenden Arbeiter, Handlungs⸗ und Gewerbegehilfen und Lehrlinge. Als einzige Lücke in dieſer Aufzählung könnte das Fehlen der Wohnungen mit ſogenannten Chambregarniſten empfunden werden. Doch hat die Schwierigkeit, dieſe Wohnungen richtig zu erkennen und wirkſan