227 — der Wohnungsaufſicht feſt, ſo erhält dieſe ihre geſundheitswidrigen Zuſtänden in den Wohnungen, materielle Grundlage in den „Grundſätzen über die Beſchaffenheit von Wohnungen und die Wohnweiſe“, auf die bereits der § 4 der „Organiſa⸗ tion“ hinweiſt und die, wie dort ebenfalls bemerkt iſt, in Übereinſtimmung mit der Königlichen Polizei⸗ verwaltung aufgeſtellt ſind. Die „Grundſätze“, die ebenfalls unten mit⸗ ha abgedruckt ſind, ſtellen Min deſtforderungen dar, die an eine ordentliche Wohnung geſtellt werden müſſen; wie ſich aus den ausführlichen Dar⸗ legungen im Anfang dieſer Vorlage ergibt, ſind ſie keineswegs als polizeiliche Z3wangsbeſtimmungen aufzufaſſen, laſſen vielmehr überall da, wo es ge⸗ boten erſcheint, eine nachſichtige Handhabung und allmähliche Durchführung zu. Sie zerfallen in zwei Hauptabſchnitte, nämlich in Abſchnitt 4, der das „Mindeſtmaß der an die Bauart und den baulichen Zuſtand einer Wohnung zu ſtellenden Anforderungen“, und in Abſchnitt B, der das Mindeſtmaß der Anforderungen feſtſtellt, die an die Ger ö nße und an die Art der Benutzung und Behandlung der Wohnungen zu ſtellen ſind. Der Abſchnitt A fußt auf den für Charlotten⸗ burg geltenden Baupolizeiordnungen, und dem⸗ gemäß ſind im § 2 diejenigen Beſtimmungen der Baupolizeiordnung hervorgehoben, die für die Ausübung der Wohnungsaufſicht beſonders in Be⸗ tracht kommen. Im § 3 wird dann eine Reihe von Forderungen an den baulichen Zuſt an d der Wohnhäuſer und Wohnungen geſtellt, die zwar nicht auf ausdrückliche baupolizeiliche Vorſchriften zurückgehen, deren Aufſtellung und Durchführung ſich aber aus dem Sinne der bau⸗ und geſundheits⸗ polizeilichen Beſtimmungen ſelbſtverſtändlich ergibt. Eine von den vorigen Paragraphen abweichende Formulierung zeigt § 4, wonach auf die Erreichung gewiſſer im Geſundheitsintereſſe zu erſtrebenden Ziele hinſichtlich der Beſchaffenheit der Abortver⸗ hältniſſe hinzuwirken iſt. Im Abſchnitt B wiederholt zunächſt der § 5 baupolizeiliche Vorſchriften über das Verbot des Wohnens und Schlafens in hierzu ungeeigneten Räumen, und erweitert im Abſatz 2 jene Vor⸗ ſchriften — ſelbſtverſtändlich nicht in der Form einer 3wangsvorſchrift — durch Beſtimmungen über das Schlafen in Räumen, wo gewiſſe Nahrungs⸗ und Genußmittel aufbewahrt werden, ſowie in Küchen. Der § 6 bildet dann den Kernpunkt dieſes Abſchnittes mit ſeinen Vorſchriften über den Mindeſtluftraum in Schlafräumen, deſſen Bemeſſung den übereinſtimmenden Mindeſtforde⸗ rungen der modernen Hygiene entſpricht, und über die Trennung der Geſchlechter in den Schlafräumen. Wir verhehlen uns nicht, daß die Durchführung dieſer Vorſchriften oft recht ſchwierig, ja angeſichts der wirtſchaftlichen Verhältniſſe vieler unbemittelter Familien in zahlreichen Fällen viel⸗ leicht ſogar unmöglich ſein wird. Das kann uns jedoch nicht hindern, dieſe Forderung eines idealen Zuſtandes aufzuſtellen und uns ihre Durchführung bis zur äußerſten Grenze des Möglichen vorzu⸗ ſetzen — zumal, da die Erfahrungen anderer Städte unzweifelhaft beweiſen, daß mit geduldiger und konſequenter Erziehung der Bevölkerung auf dieſe Gebiete recht viel zu erreichen iſt. Mit den Vorſchriften des § 7 ferner ſoll ver⸗ ſucht werden, einer Reihe von allzu verbreiteten Wohnungsſitten entgegenzutreten, die zu Feuchtig⸗ keit, Unſauberkeit, verdorbener Luft und ähnlichen oder endlich zu unzweckmäßiger Benutzung der Wohnung (§ 5) führen. Gerade auf dieſem Gebiete erwarten wir viel von weiblichen Mitgliedern der Wohnungsausſchüſſe und rechnen nicht zuletzt auch auf die Hilfe der Hausbeſitzer, die gerade an der Durchführung des § 7 ein unmittelbarſtes Intereſſe ben; — wie denn an dieſer Stelle allgemein be⸗ merkt werden mag, daß die Wohnungsaufſicht keine Spitze gegen die Hausbeſitzer kehrt, wie oft fälſchlich angenommen wird, ſondern daß ſie in ge⸗ meinſamer Arbeit mit Hausbeſitzern und Mietern die Schaffung anſtändiger, menſchenwürdiger und geſunder Wohnungsverhältniſſe anſtrebt. In den Städten, wo bereits eine Wohnungsaufſicht beſteht, haben die Hausbeſitzer dies auch erkannt und fördern die Arbeit der Wohnungsaufſicht in der richtigen Erkenntnis, daß deren Früchte auch ihnen un⸗ mittelbar zufallen. 2. Die Wohnungsmeldungen und der Wohnungsnachweis. (§ 11 der „Organiſation“). Im engſten Zuſammenhang mit der Wohnungs⸗ aufſicht ſteht das Wohnungsmeldeweſen. Will die Wohnungsaufſicht eine Familie veranlaſſen, eine für ſie ungeeignete Wohnung aufzugeben, ſo muß ſie in der Lage ſein, dem Betreffenden an Stelle der ſchlechteren eine beſſere Wohnung nach⸗ zuweiſen. Dazu iſt eine genaue Kenntnis des Wohnungsmarktes nötig. Dieſe kann aber ſchlechter⸗ dings nur erreicht werden durch lückenloſe Mit⸗ teilungen der freien Wohnungen durch die Haus⸗ eigentümer. Ebenſo notwendig iſt es dann aber, daß die Wohnungsaufſicht auch Mitteilung erhält, wenn eine der zuvor angemeldeten Wohnungen in⸗ zwiſchen vermietet worden iſt. Mit dieſer zweiten Meldung iſt zweckmäßigerweiſe eine Mitteilung über die Art der neuen Belegung der vermieteten Wohnung zu verbinden: dieſe ermöglicht es, daß bedenkliche Überfüllungen von Wohnungen auf dem ſchnellſten Wege bekannt werden, und daß man gegen ſie vorgehen kann, ehe ſie ſich ein⸗ gewurzelt haben. — Eine lückenloſe Erſtattung der beiden Arteit von Meldungen iſt nur gewährleiſtet, wenn die Meldungen allgemein polizeilich angeordnet werden. Der Königliche Polizeipräſident hat ſich denn auch bereit erklärt, eine entſprechende Polizeiverordnung zu erlaſſen, die zugleich mit der Einrichtung des Wohnungsamtes in Kraft treten ſoll. Die Melde⸗ pflicht kann ſich entſprechend der Ausdehnung der Wohnungsaufſicht nur auf ein⸗ und zweizimmerige Wohnungen erſtrecken. Die wenn auch nur unbedeutende Laſt, die den Hausbeſitzern mit der Meldepflicht auferlegt wird, dürfte in reichlichem Maße ausgeglichen werden durch die Einrichtung eines Wohnungs⸗ nachweiſes für die der Meldepflicht unter⸗ liegenden kleinen Wohnungen, der mit Hilfe der Meldungen betrieben werden und Vermietern und Mietern unentgeltlich zur Verfügung ſtehen ſoll (§ 11 Abſ. 2 der „Organiſation“). Die Organiſation des Wohnungsnachweiſes behalten wir uns vor: insbeſondere wird dabei zu erwägen ſein, ob zur Ermöglichung eines Wohnungsnachweiſes auch für die der Meldepflicht nicht unterliegenden Wohnungen (von 3 und mehr Zimmern) freiwillige An⸗ und Abmeldungen der Hausbeſitzer entgegengenommen werden ſollen. 2 210 4