Baulandes wird eine beſondere Vorlage ſ. 3. t unſerem Antrage folgen wir einem Be⸗ ſchluſſe der Tiefbau⸗Deputation. Charlottenburg, den 16. Juni 1910. Der Magiſtrat. Schuſt ehrus. IX E. 1030. Druckſache Nr. 100. Vorlage betr. Beaufſichtigung der Pflegekinder, Haltekinder und unter Generalvormundſchaft ſtehenden Mündel unter einem Jahre durch die Säuglingsfürſorgeſtellen. Wir hatten ſeinerzeit in den Etat Mittel einge⸗ ſtellt, um 2 beſoldete Waiſenpflegerinnen zur Über⸗ wachung der Pflegekinder, Haltekinder und unter Generalvormundſchaft ſtehenden Mündel unter 2 Jahren anzuſtellen. Veranlaſſung dazu gab uns die von allen Arzten, ebenſo wie von allen Kom⸗ munalpolitikern geteilte Uberzeugung, daß es ſich bei der UÜberwachung der Kinder in dieſem Alter nicht ſowohl um eine waiſenpflegeriſche, als vielmehr eine le diglichgeſundheitspfle⸗ geriſche Fürſorge handelt, die in einheit⸗ licher Weiſe, durch geſchulte, jederzeit zur Ver⸗ fügung ſtehende, mit den Grundſätzen der modernen Säuglingsfürſorge vertraute Kräfte erfolgen muß. Statt vieler Anderer ſei hier nur Prof. Schloßmann⸗Düſſeldorf, eine der erſten Autoritäten auf dieſem Gebiete, zitiert, der in ſeinem Aufſatze „Ziele und Wege der Säuglingsfürſorge“ auf Seite 14 ſagt, die häusliche Kontrolle durch entſprechend vorgebildete Pflegerinnen ſei uner⸗ lä ßliſch. In der Tat haben, wie eine nochmalige Umfrage ergeben hat, von den 42 deutſchen Städten mit über 100 000 Einwohnern bereits nicht weniger als 30 und daneben zahlreiche Mittelſtädte eine Fürſorge dieſer Art eingeführt. Für Charlotten⸗ burg kam für uns als zweiter Grund die auffallende Erſcheinung hinzu, daß die Sterblichkeit der e he⸗ lichen Kinder im erſten Lebensjahre ſehr gering, die der unehelichen dagegen trotz aller Be⸗ mühungen zur Abhilfe und trotz der verſchiedenſten von uns zum Schutz der Säuglinge getroffenen Maßnahmen ſtändig hoch iſt, obwohl doch die bei uns im allgemeinen günſtigen hygieniſchen Ver⸗ hältniſſe ihren Einfluß auf alle Säuglinge in gleicher Weiſe ausüben müßten. Dr Maier. Nachdem gegen unſere Abſicht einer Ergän⸗ zung der bisherigen Maßnahmen durch Anſtellung beſoldeter Pflegerinnen aus dem Kreiſe der Waiſen⸗ pflegerinnen wie aus der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung Widerſpruch laut geworden iſt, ſchlagen wir nunmehr, einem gemeinſam von der Depu⸗ tation für die Waiſenpflege und von der Deputation für die Geſundheitspflege e i n ſt immig gefaßten Beſchluß folgend, einen anderen Weg vor, der, wie wir hoffen, viel⸗ Iageſchehen. Am meiſten gefährdet ſind, wie bekannt, die leicht noch beſſer zum Ziele führen wird. Kinder im erſten Lebensjahre. Schon jetzt werden ſie alle den von uns eingerichteten Säuglingsfürſorgeſtellen überwie⸗ ſen, und die mit den Grundſätzen der modernen Säuglingsfürſorge vertrauten Schweſtern der Fürſorgeſtellen ſuchen ſie auch in der Wohnung auf und ſind neben den Für⸗ 327 mäßige Pflege zu beraten. ———— ſorgeärzten bemüht, ſie ſachkundig über die zweck⸗ Dieſe Kinder wurden bisher außerdem auch durch die ehrenamtlichen Waiſenpflegerinnen beaufſichtigt. Der Direktor des Kaiſerin⸗Auguſte ⸗Viktoria⸗ Hauſes, Profeſſor Dr Keller, hat aber in einem Aufſatze im Maiheft der „Zeitſchrift für Säuglingsſchutz“ mit Recht auf den alten, ſo oft gerügten Fehler hingewieſen, daß die Familien durch dieſe vielfache Kon⸗ trolle nur beläſtiget werden, und daß auch ſonſt die Vielſeitigkeit der Kontrolle nur ſch aden kann: Dem ſei in der e inf achſten Weiſe dadurch abzu⸗ helfen, daß man die Fürſorge für dieſe Kinder und alles, was damit zuſammenhängt, die Aufſicht über die Pflegeſtellen, die Aufſicht über die Halte⸗ kinder, über die unter Vormundſchaft ſtehenden Kinder, den ſtäd tiſchen Säuglings⸗ fürſorgeſtellen überträgt, wie das bereits an einigen Orten geſchehen iſt. Damit iſt unſeres Erachtens tatſächlich die einfachſte und na⸗ türlichſte Löſung der Frage gegeben. Die Säug⸗ lingsfürſorgeſtellen haben ſich ſchon jetzt, a uch durch häusliche Beſuche, mit dieſen Kindern zu beſchäftigen. Nur ſind ihre Schweſtern ſo in Anſpruch genommen, daß es ihnen zurzeit nicht möglich iſt, auch die häusliche Aufſicht ſo zu führen, wie es der Fall ſein müßte. Daß eine mehrfache Kontrolle dieſer Kinder, wenn ſie bereits in ſachgemäßer Weiſe durch die Säuglingsfürſorge⸗ ſtellen exfolgt, nur von Nachteil ſein kann, bedarf keiner weiteren Ausführung. Es war ſomit nur nötig, die 3ahl der Schweſtern in den Säuglingsfürſorgeſtellen durch Neueinſtellung von zunächſt einer Sſch we ſter für je zwei Fürſorgeſtellen ſo zu vermehren, daß ſie die UÜberwachung ohne jede Schwierigkeit und ſo wie es geboten iſt, ausüben können. Die Mittel dazu ſtehen bei der als Pauſchal⸗ ſumme bewilligten Etatspoſition für die Säug⸗ lingsfürſorge zur Verfügung, ſodaß es der Bewilligung neuer Mittel nicht bedarf. Beide beteiligten Deputationen, die Depu⸗ tation für die Waiſenpflege und die Deputation für die Geſundheitspflege, haben ſich in gemeinſamer Sitzung mit dieſer Regelung einverſtanden erklärt. Die Regelung iſt inſofern nichts völlig neues, als die Deputation für die Waiſenpflege ſchon früher bei allen im Kaiſerin⸗Auguſte⸗Victoria⸗Haus ge⸗ borenen Kindern auf den Antrag dieſes Hauſes, das aus wiſſenſchaftlichen Gründen die Beauf⸗ ſichtigung ſelbſt ausüben will, auf die regelmäßige Aufſichtsführung bis zum 2. Lebensjahre der Kinder in ähnlicher Weiſe verzichtet hat. Die Waiſen⸗ pflegerinnen erhalten wie bisher von jedem Kinde Nachricht mit dem Erſuchen jedoch, di e Aufſichtführung möglichſt einzu⸗ ſchränken, da das Kind unter der Auf⸗ ſicht des Kaiſerin⸗Auguſte⸗Victo⸗ riahauſes ſteht. Genau ſo ſoll es hier Die Regelung entſpricht auch den Wünſchen, die gerade die der Anſtellung be⸗ ſoldeter Waiſenpflegerinnen wider⸗ ſprechenden Waiſenpflegerinnen ſel b ſt in der am 21. März 1910 abgehaltenen Verſammlung ausgeſprochen haben: die Schweſtern der Fürſorgeſtellen zu vermehren, damit ſie die Auf⸗ ſicht wirkſam übernehmen können.