2 —— 469 —— Ausnahmevorſchriften dem Statut jede zu berück⸗ ſichtigende Härte genommen iſt und daß auch vom Standpunkt der Bauintereſſenten, insbeſondere aus dem Geſichtspunkt wirtſchaftlicher Erwägungen gegen die Anwendung des Ortsſtatuts in keiner Weiſe Bedenken erhoben werden können. E. Wir haben, wie wir ſchon oben erwähnten, dem Geſetz entſprechend im § 9 die Prüfung der Bauvorlage als zur Zuſtändigkeit der Baupolizei⸗ Behörde gehörig bezeichnet. Wir haben aber in allen Fällen, auch in denen nach dem Geſetz eine Anhörung des Gemeindevorſtandes nicht erforder⸗ lich iſt, — das ſind die Fälle des § 4 des Geſetzes — trotzdem eine Anhörung eines zur Prüfung der Bau⸗ vorlage beſonders einzuſetzenden Ausſchuſſes vor⸗ geſchrieben. Wir ſchlagen vor, dieſen Ausſchuß ſo zu bilden, daß er eine ſachgemäße Handhabung des Ortsſtatuts ſicherſtellt, indem er auf der einen Seite alle zu berückſichtigenden wirtſchaftlichen Geſichts⸗ punkte würdigt, auf der anderen Seite die kon⸗ kurrierenden äſthetiſchen Intereſſen ſicherſtellt. Dieſer Ausſchuß ſoll nämlich aus 3 Magiſtratsmit⸗ gliedern, 3 Stadtverordneten und 3 aus der Bürger⸗ ſchaft zu wählenden Mitgliedern beſtehen. Wir ſind uns klar, daß eine rechtliche Notwendigkeit für die Baupolizei zur Anhörung dieſes Ausſchuſſes nur in den Fällen der §§ 1 und 2 des Ortsſtatuts vorliegt. Wir legen aber Wert darauf, daß auch in den Fällen der §§ 3—6 der Gemeinde Gelegenheit zu einer Außerung gegeben wird, da wir gerade bei der Hand⸗ habung der Vorſchriften der §§ 3—6 eine beſonders wirkungsvolle Tätigkeit ausüben zu können glauben. Wir zweifeln nicht daran, daß auch in den Fällen der Anwendung der §§ 3 ff. des Statuts uns Ge⸗ legenheit zu einer Außerung für die Dauer des Be⸗ ſtehens des Ortsſtatuts gegeben wird. Das König⸗ liche Polizei⸗Präſidium hat an der Geſtaltung des Ortsſtatuts durch ſeine Herren Baupolizeiünſpek⸗ toren tätigen und erfolgreichen Anteil genommen und keinerlei Bedenken gegen die Faſſung des Statuts geäußert. Schon heute wird das Hochbau⸗ amt auf Grund einer Übereintunft bei allen Dispensfragen äſtſhetiſcher Natur gutachtlich gehört. Die Vorſchriften des § 9 über die Vorlegung der zur Prüfung des Bauvorhabens erforderlichen Vorlagen entſprechen im weſentlichen den An⸗ forderungen, die bereits heute auf Grund privat⸗ rechtlicher Verträge geſtellt werden. Um etwaige Bedenten zu beſeitigen, die ſich gegen das Orts⸗ ſtatut aus den Geſichtspunkten richten könnten, daß durch Schaffung neuer Prüfungsgegenſtände das an und für ſich ſchon langwierige Konzeſſions⸗ verfahren verlängert wird, haben wir eine Be⸗ ſtimmung aufgenommen, wonach der Magiſtrat verpflichtet iſt, nötigenfalls nach Anhörung des Ausſchuſſes ſchon vor Einreichung von Bauvorlagen bei der Baupolizei gutachtliche Außerungen über Bauvorhaben in Anſehung der Erfüllung der ſtatutariſchen Vorſchriften abzugeben. Hierdurch wird verhindert, daß unnötige Verzögerungen bei der Erledigung der Bauvorlagen entſtehen. Bei dieſer Gelegenheit mag aber noch darauf hin⸗ gewieſen werden, daß auch heute ſchon die Faſſaden⸗ prüfung überall dort ſtattfindet, wo vertragliche Abreden in dieſer Beziehung beſtehen. Die kommunale Prüfung der Baugeſuche erfolgt, ſoweit die allgemeinen ſtädtiſchen Intereſſen, insbeſondere in Anſehung der Straßenbenutzung und Ent⸗ wäſſerung in Frage kommen, parallel mit der Faſſadenprüfung. Es werden deshalb eingehende Baugeſuche gleichzeitig den betreffenden Dienſt⸗ ſtellen mitgeteilt, ſo daß eine Verzögerung nicht notwendig aus dieſem Geſchäftsverfahren ſich ergibt. Wir erhoffen vielmehr eine glattere Er⸗ ledigung infolge der ſicheren Rechtsgrundlage, die das Ortsſtatut für die zur Prüfung der Bau⸗ geſuche berufenen Organe ſchafft. Hiernach beantragen wir in Übereinſtimmung mit der Tiefbaudeputation den Erlaß eines Orts⸗ ſtatuts auf der beigefügten Grundlage. Der geſetz⸗ lichen Vorſchrift, wonach vor Erlaß derartiger Statute eine Anhörung Sachverſtändiger voraus⸗ zugehen hat, haben wir dadurch genügt, daß wir dem von der Tiefbau⸗Deputation zur Vorberatung des Statuts eingeſetzten Ausſchuß Sachverſtändige hinzugewählt haben, und zwar haben an dieſem Entwurf mitgewirkt das Mitglied der Königlichen Akademie des Bauweſens, Herr Geh. Baurat Otto March, der Herr Königliche Baurat und Stadt⸗ verordnete Wolffenſtein, Herr Architekt Albert Geßner, Herr Architekt und Stadtverordneter Harniſch, Herr Architekt und Stadtrat Schliemann, Herr Architekt und Stadtrat Mittag und außerdem unſere beiden Stadrbauräte für den Hochbau und den Tiefbau. Aus dem Kreiſe der Grundſtücks⸗ intereſſenten hat als Sachverſtändiger mitgewirtt der Herr Baumeiſter Fritz Flatow. Charlottenburg, den 26. Oktober 1910. Der Magiſtrat. Schuſte hrus. Bredtſchneider. Dr Maier. Seeling. IX A. 71. Entwurf eines Ortsſtatuts. Auf, Grund der §§ 2, 4 ff. des Geſetzes gegen die Verunſtaltung von Ortſchaften uſw. vom 15. Juli 1907 wird für die Königliche Reſidenzſtadt Char⸗ lottenburg folgendes Ortsſtatut erlaſſen: § I. Die baupolizeiliche Genehmigung zur Aus⸗ führung von Privatbauten und baulichen An⸗ derungen an privaten Bauten an folgenden Straßen und Plätzen von geſchichtlicher oder künſtleriſcher Bedeutung: Auguſte⸗Viktoria⸗Platz, Hardenbergſtraße, Berliner Straße zwiſchen Knie und Bahnhof — Tiergarten, Berliner Straße zwiſchen Wilhelmplatz und Luiſenplatz, Luiſenplatz, Schloßſtraße iſt zu verſagen, wenn dadurch die Eigenart des Orts⸗ und Straßenbildes beeinträchtigt wird. Die neue bauliche Herſtellung muß ſich unbeſchadet ihrer künſtleriſchen Selbſtändigkeit dem Geſamtbilde der Straße oder des Platzes einordnen. § 2. Die baupolizeiliche Genehmigung zur Aus⸗ führung von Privatbauten und baulichen An⸗ derungen an privaten Bauten in der Umgebung folgender Bauwerke: 45 1. des Königlichen Schloſſes, 2. der Kaiſer⸗Wilhelm⸗Gedächtniskirche, 3. der techniſchen Hochſchule,