— 489 Druckſache Nr. 318. Vorlage betr. Erweiterung des Rathauſes. Urſchriftliſch mit Akten und 1 Mappe enthaltend 12 Blatt Zeichnungen an die Stadtverordnetenverſammlung mit dem Antrage, zu beſchließen: 1. Der erſten Erweiterung des Rathauſes nach Maßgabe des Vorentwurfs des Stadtbaurats für Hochbau vom 20. Juni 1910 und des mit 3 Millionen Mark abſchließenden Koſten⸗ überſchlages wird vorbehaltlich der Vorlage des endgültigen Bauentwurfs ſowie eines genauen Koſtenanſchlages zugeſtimmt. 2. Die erforderlichen Mittel ſind aus den An⸗ leihen zu entnehmen. Zur Begründung des Antrages erlauben wir uns lediglich auf den mitabgedruckten Erläuterungs⸗ bericht Bezug zu nehmen, da in ihm die dringende Notwendigkeit, der Umfang und die Bauweiſe des aufzuführenden Erweiterungsbaues ausführlich niedergelegt ſind. Bezüglich der Koſten bemerken wir noch, daß dieſe einſchl. Bauzinſen auf 4300 000 geſchätzt ſind und hiervon 3 000 000 ℳÄauf die eigent⸗ lichen Baukoſten und der Reſt auf die Grund⸗ erwerbskoſten entfallen. Da in der 1908er Anleihe für den Erweiterungsbau nur 2 120 000 ℳ vorge⸗ ſehen waren, iſt der danach fehlende Betrag von 2 180 000 ℳ bereits in die neu aufzunehmende Anleihe 1910 eingeſtellt (vgl. Druckſache Nr. 177 von 1910 über die Aufnahme einer neuen Anleihe.) Mit unſeren Anträgen folgen wir einem ein⸗ ſtimmigen Beſchluſſe der Hochbau⸗Deputation. Charlottenburg, den 15. November 1910. Der Magiſtrat. Schuſtehrus. X 843. Seeling. Erläuterungsbericht zum erſten Erweiterungsbau des Rathauſes Charlottenburg. Hierzu 1 Mappe mit 12 Blatt Zeichnungen und ein Koſtenüberſchlag. 1. 3unahme der Bevölkerung, der Beamten und der Verwaltungs⸗ Geſchäfte. Die Notwendigkeit, das erſt vor fünf Jahren fertiggewordene neue Rathaus bereits weſentlich zu erweitern, wird am deutlichſten durch einen Rückblick auf die Entwicklung Charlottenburgs und ſeine Verwaltung erwieſen. Als im Jahre 1885 durch den damaligen Ober⸗ bürgermeiſter Fritſche die Errichtung eines Rat⸗ hausneubaues angeregt wurde, hatte Charlotten⸗ burg rund 42 000 Einwohner. Bei der Beratung über die erſten Skizzen im Jahre 1890 war die Zahl bereits auf 77 000 geſtiegen. Wegen der damals auftauchenden Eingemeindungsfrage ruhte die An⸗ gelegenheit einige Jahre, ſo daß erſt im Jahre 1895, als die Bevölkerung bereits auf 131 000 Einwohner angewachſen war, die endgültige Entſcheidung über die Wahl des Grundſtückes Berliner Straße 72/73 gefaßt wurde. — Infolge des Beſchluſſes, einen öffentlichen Wettbewerb zu veranſtalten, wurde mit den eigentlichen Bauarbeiten erſt um das Jahr 1900 begonnen, zu welchem Zeitpunkt Charlotten⸗ burg bereits wiederum etwa 60 000 Kövfe mehr, nämlich 189 000 Einwohner zählte. Als nach weiteren fünf Jahren, im Jahre 1905 der Rathaus⸗ bau vollendet war, hatte die Bevölkerung zwar etwas weniger ſtark zugenommen, wie in den Jahr⸗ fünften vorher, die Zunahme betrug aber trotzdem noch rund 50 000 Seelen. Auch in den letzten fünf Jahren ergab ſich wieder eine Zunahme von über 50 000 Einwohnern, ſo daß die Bevölkerungs⸗ ziffer jetzt rund 291 000 beträgt. Seit der Ausſchreibung des Wettbewerbes hat ſich alſo die Einwohnerzahl nahezu verdoppelt; da nun für die nächſten Jahre wohl eher eine Zunahme als eine Abnahme des Anwachſens anzunehmen iſt, ſo wird der Zeitpunkt, mit dem eine halbe Million erreicht ſein wird, vorausſichtlich keine 20 Jahre mehr dauern. Noch erheblicher gewachſen iſt die Zahl der⸗ jenigen Beamten, Privatdienſtverpflichteten und ſonſtigen im Vertragsverhältnis ſtehenden ſtändigen Bedienſteten, welche für das Rathaus in Betracht kommen. Im Jahre 1893 war für die 158 vorhandenen Beamten in den einzelnen Gebäuden eine Zimmer⸗ fläche von 2443 qm vorhanden. Demgegenüber ſtand im Jahre 1905 in dem fertiggeſtellten Rathaus allerdings eine Fläche von 6400 qm zur Ver⸗ fügung; die Zahl der Beamten war indeſſen bereits bei Beginn des Baues auf 343 und 1905 auf 588 ge⸗ ſtiegen. Mit Beginn des nächſten Jahres wird die Zahl derjenigen Beamten, welche für das Rathaus in Frage kommen, eine Höhe von 950 erreicht haben. Dieſes auffallende, außerordentliche An⸗ wachſen der Beamtenzahl hat ſeine Begründung darin, daß, abgeſehen von der naturgemäßen Er⸗ höhung der Beamtenzahl infolge Vermehrung der Bevölkerung eine ganze Anzahl neuer Verwal⸗ tungszweige hinzugekommen iſt, ſo das Kaufmanns⸗ gericht, das Elektrizitätswerk, die Waſſerwerke, die ſtädtiſche Polizeiverwaltung, der ſtädtiſche Preſſe⸗ dienſt und nunmehr noch das Wohnungsamt. Zweitens hat ſich in vielen Verwaltungszweigen der Umfang der Geſchäfte dadurch weſentlich erhöht, daß eine große Anzahl ſtädtiſcher Einrichtungen neu geſchaffen ſind, welche zwar in den ihnen zuge⸗ wieſenen Räumen verwaltet, aber doch vom Rat⸗ hauſe aus geleitet werden. Es ſind dies die Volks⸗ bade⸗Anſtalt, die Volksbücherei, das Bürgerhaus, die Fürſorgeſtellen, das Obdach u. a. Auch die Steuerzahlſtellen und Sparkaſſennebenſtellen ſind hier zu erwähnen, obgleich dieſe das Rathaus zu⸗ nächſt entlaſtet haben, während die 1903 einge⸗ richteten 7 Bauinſpektionen der Hoch⸗ und Tief⸗ bauverwaltung bisher durchweg im Rathauſe ge⸗ blieben ſind, und zwar in nicht mehr zulänglichen Räumen. Schließlich hat ſich auch der Geſchäfts⸗ betrieb bei vielen Verwaltungsſtellen in weit größerem Maße, als das Anwachſen der Be⸗ völkerung bedingt, gehoben, ohne daß wie bei den obigen Beiſpielen neue Zweige hinzugekommen wären. Am ſchlagendſten läßt ſich dieſes bei der Steuerverwaltung und der Sparkaſſe durch wenige Zahlen nachweiſen. Die Steuerverwaltung hatte nämlich: Steuer⸗ Einkommen⸗ pflichtige: ſteuerſoll: 4895.. 2 22 000 1 929 000 1900 36 300 4 054 000 4905. 56 600 6 145 000 1000 89 000 10 160 000.