— 261 — Außenleitungen, wodurch die Sicherheit gegeben iſt, das Gebäude bei eintretender Gefahr von außen her von jeder Gaszufuhr abzuſchneiden. Durch dieſe Aenderungen und Ergänzungen wird die Sicherheit im Betriebe bedeutend erhöht und außerdem die Leiſtung der Anlage weſentlich ge⸗ ſteigert. Die jetzt entſtehende verhältnismäßig geringe Mehrausgabe läßt ſich ſomit wirtſchaftlich rechtferti⸗ gen. Die in Ausſicht genommenen Ergänzungen und Aenderungen ſind auf der Zeichnung Blatt 71 dargeſtellt. 2 Mit unſerem Antrage befinden wir uns mit der Deputation für die Gaswerke in Uebereinſtimmung. Charlottenburg, den 29. Mai 1913. Der Magiſtrat. Dr. Ma ier. Caſſirer. XIII. 521 II1. Druckſache Nr. 185. Vorlage betr. Neubau einer Cyan⸗Waſchanlage auf Gaswerk II. Urſchriftlich mit den Akten betreffend Cyan⸗ waſchanlage auf Gaswerk II1 an die Stadtverordnetenverſammlung mit dem Antrage, zu beſchließen: Der Neubau einer Cyanwaſchanlage auf Gaswerk II wird genehmigt; die auf 180 000 Mark veranſchlagten Koſten werden aus An⸗ leihemitteln bewilligt. Das Cyan, eine chemiſche Verbindung von Waſſerſtoff, Kohlenſtoff und Stickſtoff (HN) bildet ſich beim Vergaſen der Kohlen in den glühenden Re⸗ torten. Es iſt eine läſtige Beimengung des rohen, ungereinigten Steinkohlengaſes; aber in ausgeſonder⸗ tem, möglichſt konzentriertem Zuſtande ein wertvoller Handelsartikel. Aus dem Steinkohlengaſe muß es wegen ſeiner giftigen Eigenſchaften und wegen ſeiner zerſtörenden Wirkungen auf die Gasleitungsröhren und die Gasmeſſer ſoweit als tunlich entfernt werden. Bisher bedient man ſich des Raſeneiſenerzes (Reinigungsmaſſe) zur Ausſcheidung von Cyan (und Schwefelwaſſerſtoff) aus dem Leuchtgaſe, indem das Gas durch ein Syſtem von ſehr umfangreichen eiſer⸗ nen Käſten, die mit Raſeneiſenerz gefüllt ſind, ſtreichen läßt und das Gas mit dieſer Reinigungsmaſſe in möglichſt innige Berührung bringt. Außer dem Schwefel wird hierbei das Cyan chemiſch gebunden und in der Reinigungsmaſſe als feſte Beſtandteile zurückgehalten. Die nicht mehr aufnahmefähige Reinigungsmaſſe bildet ſodann einen Handelsartikel, deſſen Wert ſich ausſchließlich nach ſeinem Cyangehalt (Berliner Blau) richtet. Der Gehalt an Schwefel wird hierbei gar nicht bewertet. Die Anreicherung der Reinigungsmaſſe mit Cyan iſt eine beſchränkte, weil eine mehrfach und längere Zeit benutzte Reini⸗ gungsmaſſe das Cvan nicht mehr in dem gewünſchten Maße aus dem Gaſe abſorbiert. Der Gehalt an Ber⸗ liner Blau, der von unſern Gaswerken zum Verkauf gelangenden alten Reinigungsmaſſe, beträgt daher im Durchſchnitt nur etwa 7—8 %. Es liegt auf der Hand, daß der Transport und die Verarbeitung der großen Maſſen mit ſo geringen werwollen Beſtand⸗ teilen den kaufenden chemiſchen Fabriken verhältnis⸗ mäßig ſehr hohe Unkoſten verurſacht, und daß die Gaswerke aus dieſem Grunde nur einen geringen Verkaufserlös erzielen. Insbeſondere aber iſt es nicht möglich, das Cyan vermittels des Raſeneiſenerzes in gleichmäßig vollkommener Weiſe aus dem Gaſe zu entfernen. Um die Nachteile, die dem bisherigen Gas⸗ reinigungsverfahren anhaften, zu beheben, ſind von Gaswerken und Fachmännern ſeit einer Reihe von Jahren verſchiedene Verſuche gemacht worden, die ins⸗ beſondere zum Ziele hatten, den Cyan⸗Gehalt aus dem Gaſe möglichſt vollkommen auszuſcheiden und in konzentrierter Form zu gewinnen. Bei dem in vielen Gasanſtalten Deutſchlands eingeführten Cyanwaſch⸗ verfahren nach Dr Bueb geſchieht das Auswaſchen des Cyans vor den Ammoniakwäſchern, ſo daß ein großer Teil des ſehr wertvollen Ammoniaks mit dem Cyan zuſammen ausgeſchieden wird. Dieſer mit dem Cyan verbundene Teil des Ammoniaks wird dadurch erheblich entwertet oder muß in beſonderen Appa⸗ raten koſtſpielig wieder zurückgewonnen werden. Eine Rentabilität iſt daher bei dieſem Verfahren nirgends erzielt worden. In neuerer Zeit iſt nun aber ein Verfahren erprobt worden, das ſich in techniſcher ſowohl als auch in wirtſchaftlicher Beziehung aufs beſte bewährt hat. Nach dieſem Verfahren erfolgt die Reinigung des Gaſes von Cyan erſt hinter den Ammoniak⸗ wäſchern unter Zuhilfenahme von Eiſenſalzen und Kalkmilch und es wird — nicht wie bei dem Bueb⸗ ſchen Verfahren ein Cyanſchlamm⸗, ſondern eine Lauge von Ferrocyancalium gewonnen. Nach der Cyanwäſche wird die Ausſcheidung des Schwefel⸗ waſſerſtoffes vermittels Raſeneiſenerzes in den ſchon jetzt gebräuchlichen Reinigerkäſten vorgenommen. Eine der beſten Cyanwaſchanlagen iſt in dem Hamburger Gaswerk in Tiefſtack in Betrieb. Nach den eingeholten Auskünften hat ſich dieſe Anlage in techniſcher ſowohl als auch in wirtſchaftlicher Hinſicht bewährt. Wir haben daher unſern Betriebsleiter Dr. Funk zur Beſichtigung dieſer Cyanwaſchanlage nach Hamburg geſandt und nehmen auf ſeinen Bericht vom 18. März 1913 auf Seite 27 R bis 29 und vom 9. Mai 1913 auf Seite 33 R der beifolgenden Akten Bezug. Die Ausführungen des Betriebsleiters Dr Funk ſind von berufenen Mitgliedern unſerer De⸗ putation für die Gaswerke geprüft und in jeder Hin⸗ ſicht gut geheißen worden. Es wird bei dem Ver⸗ fahren in einfacher dem Gasanſtaltsbetriebe leicht an⸗ zupaſſender Weiſe in der Ferrrocyancalciumlauge ein Produkt von verhältnismäßig großer Reinheit er⸗ zeugt, deſſen Weiterverarbeitung auf reine End⸗ produkte leicht und ohne große techniſche Einrichtun⸗ gen vielen chemiſchen Fabriken möglich ſein wird. Da⸗ durch wird der Markt für das Nebenprodukt erweitert und eine ſichere günſtige Preisgeſtaltung erzielt werden. Wenn auch mit Rückſicht auf die ſtarken Kon⸗ junkturſchwankungen der Cyanprodukte die wirtſchaft⸗ lichen Ergebniſſe der Anlage ſchwankende ſein werden, ſo iſt doch, wie auch die Hamburger Reſultate zeigen, mit einem guten Gewinnüberſchuß zu rechnen und zwar 1. durch die Mehrgewinnung an Cyan gegen⸗ über dem jetzigen Gasreinigungsverfahren, 2. durch die Tatſache, daß das Cyan in der Ferrocyancalcium⸗ lauge erheblich höher bewertet wird, als in Gas⸗ reinigungsmaſſe, 3. durch die Erweiterung des Marktes. Es ſind aber auch indirekte wirtſchaftliche Vor⸗ teile zu erwarten dadurch, daß durch die weitgehende