1474 Nachträge. werden könne, wenn nicht gleich M. 500 000 beschafft würden. Für den Ausbau der Fabrik Wirges seien ca. M. 200 000 erforderlich. Der Ausbau der anderen Anlagen werde zunächst zurückgestellt. Trotz verschiedener Vorschläge blieb jedoch die Frage wegen Geldbeschaffung, sowie über die Sanierung der Ges. überhaupt, unerledigt. Die G.-V. beschloss nur die Annahme eines Antrages, dahin lautend, dem A.-R. zu ermög- lichen, mit dem früheren Vorst., A.-R. und anderen Personen (gemeint sind Banken) wegen ihrer Regresspflicht gegenüber der Ges. aussergerichtlich zu verhandeln, eventuell Verträge abzuschliessen, auch gegen den Antrag auf Verpachtung der Werke sprachen sich die meisten Aktionäre aus. Auch die am 4./10. bezw. 25./10. 1901 tagenden ausserord. G.-V. blieben resultatlos, da der Exdirektor Leo Otto Boeing, der noch über ein Viertel aller Aktien verfügte, es mit seiner hartnäckigen Opposition fertig gebracht hatte, dass die Sanierungsvorschläge, die dahin gingen, durch Herabsetzung des A.-K. und Ausgabe von Prior.-Aktien die Ges. von ihrer schweren Schuldenlast zu befreien und ihr Betriebsmittel zu verschaffen, nicht die notwendige Mehrheit erlangen konnten, ebenso wie er eine Auseinandersetzung wegen Verpachtung der Werke an die Akt.-Ges. für Glasindustrie vorm. Friedr. Siemens in Dresden vereitelte. Die Ges. sah sich deshalb gezwungen, am 11./11. 1901 beim Amtsgericht zu Ehrenbreitstein den Konkurs anzu- melden. Konkursverwalter: Rechtsanwalt Justizrat Sayn, Neuwied, Dir. Leonh. Scheid. Wirges. Gläubigerausschuss: Gerichtsassessor Dr. Mosler, Syndikus der Berliner Handels- Ges., Berlin; Konsul Hch. Stolle, Bonn; Bank-Prokurist Peter Krischer, Köln; Bankier Ernst Wallach, Berlin. Anmeldung der Forderungen bis 15./1. 1902; erste Gläubiger- versammlung am 29./11. 1901 (siehe hierüber unten). Auch nach der Konkurseröffnung fand der Betrieb in allen Abteilungen im vollen Umfang statt, wozu die Mittel zur Verf. gestellt wurden. Die Akt.-Ges. für Glasindustrie vorm. Friedr. Siemens in Dresden erwarb die Fabriken und den Grund- u. Bergwerksbesitz der Ges. von der Konkursmasse und nahm Anfang Jan. von den Werken Besitz (siehe hierüber unten). Das erste Angebot der Siemens-Ges. ging im wesentlichen dahin, alle Anlagewerte, Vor- räte, Ausstände etc. von Vallendar einschl. der Schulden zum Betrage von M. 7 000 000 zu übernehmen und den nach Abzug der Schulden verbleib. Rest, der nach dem Stande v. 15./11. 1901 etwa M. 3 000 000 betragen würde, nach Ablauf von 5 Jahren zu zahlen, bis dahin aber zur Verzinsung der Schulden und des Kaufpreises jährlich M. 300 000 zu zahlen (die neue Offerte der Siemens-Ges. siehe unten). Wie in der G.-V. v. 25./10. 1901 mitgeteilt wurde, hat sich der am 1./7. 1901 ausgewiesene Verlust von M. 4 669 481 bis zum 15./10. 1901 auf M. 4 392 639, also um M. 276 841 vermindert, infolge des Umstandes, dass der verlustbringende Betrieb der Schwefelsäurefabrik eingestellt worden ist und die Lage des Flaschengeschäfts sich ausserord. günstig gestaltet hat. Die am 15./10. vorhanden gewesenen Schulden betragen insgesamt M. 4 450661, die Ausstände M. 1 192335 und die Vorräte M. 1 189 034. Gegen den früheren Gen.-Dir. Leo Otto Boeing wurde seitens der Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren eingeleitet, auch derselbe Anfang Mai 1901 verhaftet, doch gegen eine Kaution von M. 250 000 auf freien Fuss gesetzt, dann Ende Juli 1901 wieder verhaftet; im Nov. 1901 wurde L. O. Boeing aber gegen Kaution von M. 150000 wieder enthaftet. Gegen die früheren Mitglieder des A.-R. sollen Regressansprüche erhoben werden, nachdem Vergleichsverhandlungen infolge Widerspruchs einiger Aktionäre scheiterten (Geh. Rat Dr. Tuchen, Dr. Th. Tuchen u. Baron d'Ablaing hatten sich bereit erklärt, M. 1 000 000 der Ges. zu schenken, wovon M. 660 000 bar und M. 340 000 durch Verzicht auf die Forderungen der Genannten an die Ges.). Geh. Justizrat Dr. Reatz lehnte jede Zahlung ab und erklärte, kein Vermögen zu besitzen, ebenso verweigern die L. W. Zier- vogelschen Erben jede Zahlung. Ubrigens bestreiten alle früheren Mitglieder des A.-R. jede Haftpflicht, auch der Exdirektor L. O. Boeing, gegen welchen ebenfalls Ersatz- ansprüche erhoben werden. Auch gegen Arthur Boeing und Ernst Boeing (ebenfalls frühere Vorst.-Mitgl.) wurden Ersatzklagen angestrengt. Die Redaktion giebt nachstehend den Stand der Ges. von ult. 1900 bezw. zur Zeit der Konkursanmeldung: Der Konkursverwalter Justizrat Sayn berichtete in der ersten Gläubiger-Vers. vom 29./11. 1901 Nachstehendes: Wegen des kurzen Termins sei es noch nicht möglich, voll- ständige Aufklärung über die Sachlage zu geben. Bei der Ges. habe stets Betriebs- kapital gefehlt. Sobald Geld vorhanden war, wurden immer wieder neue Bauten errichtet und diese mit hohen Werten in die Bilanzen eingestellt, um unberechtigte Tant. und Div. zu bezahlen und herauszurechnen. Der Wert der Aktiven sei höher eingestellt als er wirklich ist. Hohe Bankprovisionen verschlangen einen grossen Teil des Geldes, hohe Löhne brachten den Werken keinen Vorteil. Danach sei eine Sanierung unmöglich und der Vorstand nicht in der Lage gewesen, die angeforderten Schuldsummen zu zahlen. Es besteht die Frage, ob der Betrieb weitergeführt werden soll; wenn nicht, entstehe eine vollständige Entwertung, auch befürchtet man eine Arbeiterrevolte in Wirges, Ersatzklagen wegen Nichterfüllung der geschlossenen Lieferungsverträge stehen event. zu erwarten. Es wurde beschlossen, zwei Verwalter zu bestellen. Dir. Scheid besorgt die gesamte Leitung des Fabrikbetriebes bezw. der Gemeinschuldnerin, Justizrat Sayn