1478 Nachträge. 0 0 = Actien-Gesellschaft für Trebertrocknung in Cassel. (n Konkurs.) (Siehe Bd. I 1901/1902, S. 1850.) In der Gläubigerversammlung v. 3./8. 1901 bezeichnete der Konkursverwalter die Lage der Sache als eine überaus traurige. Eine Klarstellung der Masse wird noch lange nicht möglich sein. Vorerst müsse die Auseinandersetzung mit allen Tochtergesell- schaften etc. vorliegen. Die Fusionen vom 28./2. 1901 sind überall beschlossen, aber nirgends vollständig ausgeführt, bei jeder von diesen geplanten Vereinigungen blieb man auf dem Wege stehen, jeder Fall verlangt eine Festlegung und juristische Beuf- teilung für sich. Es sei gar nicht abzusehen, wie, wenn das Vergleichen in Bausch und Bogen angestrebt wird, diese unendlich verwickelten Verhältnisse gelöst werden sollen und was daraus für die Masse an Werten gerettet werden kann, steht vollständig dahin. Ein grosser Teil dieser Tochter-Unternehmungen ist in besonderen Konkurs gegangen (siehe oben), weil ihnen durch den Zusammenbruch des Hauptunternehmens die Mittel entzogen waren. Ein anderer Teil hat sich vollständig vom Hauptunternehmen getrennt und will, als selbständig lebensfähig, von ersteren nichts mehr wissen. Bezüglich eines dritten Teiles ist die Position noch unklar. In jedem einzelnen Falle sind die Rechtsverhältnisse verschieden, in jedem einzelnen Falle sind Streitigkeiten bereits entstanden über Forderungen und Schulden. Prozesse in die Unendlichkeit stehen hier in Aussicht, wenn nicht überall Vergleiche erzielt werden. Wieviel für die Masse aus den Ansprüchen an das Schmidt'sche Vermögen und an die A.-R.-Mitglieder zu erlangen ist, sei natürlicher Weise jetzt noch sehr zweifelhaft. Die Buchhaltung sei weder übersichtlich, noch scheine sie zuverlässig zu sein. Die Buchungen sind derartig verwirrt und von einem Konto auf das andere durcheinander geworfen, dass es ausser- ordentlich schwer fallen werde, die Zahlen auf das richtige Verhältnis zurückzuführen. Besonders die Konti der Gründungen und Anlagen sind derart, dass sie kein richtiges Bild der wirklichen Sachlage ergeben. Es machte fast den Anschein, als sei es beab- sichtigt, das wirkliche Bild zu verwischen. Von dem ganzen grossen Betrage der Aussenstände, besonders soweit es die Tochtergesellschaften und sonstigen Gründungen anlangt, dürfte wohl nur wenig flüssig zu machen sein, sodass man sich noch kein Bild machen könne, was eigentlich in der Masse liegt. Nur als Beispiel für die ver- wirrenden Schiebungen wurde aufgeführt, dass ein sogenanntes Konsortialkonto der A.-R.-Mitglieder in einem der Geheimbücher des Vorstandes in den wenigen Monaten vom 29./12. 1900 bis zum 31./3. 1901 auf der Sollseite den Betrag von M. 32 563 279 auf- weist. Dieses Geheim-Hauptbuch zeige einen geradezu unheimlichen Hexentanz von Zahlen, welche sich in vielen Fällen in Millionen bewegen. Die Inventarisierung ergiebt, dass nach Abzug der auf Casseler Grundstücke eingetragenen Hypothek der Leipziger Bank ein Aktivbestand von ca. M. 1 680 000 bleibt. Die Ausstände der Ges. sind mit M. 38 000 000 aufgestellt, wovon aber nur rund M. 2 000 000 als wirklich in Betracht kommend und möglicherweise einziehbar in die Berechnung eingestellt sind. Die Gläubigerversammlung v. 3./8. 1901 fasste den Beschluss: „Der Betrieb soll so lange und in dem Umfange aufrecht erhalten werden, als es zur Erledigung vorliegender günstiger Lieferungsverträge und der damit etwa verbundenen weiteren Geschäfte notwendig ist, im übrigen aber soll auf eine möglichst baldige Beendigung der Arbeiten hingewirkt werden.“ Ende 1901 wurde eine weitere Einsch ränkung der Geschäfte vorgenommen. Am 23./10. 1901 wurde der Prüfungstermin für die Forderungen an die Konkurs- masse abgehalten. Der Konkursverwalter Justizrat Friess erstattete über den Verlauf des Konkursverfahrens Bericht. Danach sind 193 Forderungen mit Vorrechtsanspruch im Gesamtbetrage von M. 728 000 neben 619 nicht bevorrechtigten Forderungen im Um- fange von M. 177 000 000 angemeldet. Die Schulden der Masse und die Kosten der Konkursverwaltung werden gedeckt, die bevorrechtigten Forderungen berücksichtigt. Für die einfachen Konkursforderungen wird ein Bruchteil von 1 % zur Verteilung kommen. Im einzelnen führt der Bericht aus: Die Aufstellung einer Konkursbilanz habe sich als rein unmöglich herausgestellt. Die Verhältnisse liegen so verwickelt und sind so undurchsichtig, dass bei jeder Frage, die angeregt und erledigt wird, sich neue Verwickelungen ergeben und Rechtsfragen auftauchen, die das bisher mühsam Ermittelte umwerfen oder wenigstens zweifelhaft erscheinen lassen. Die meisten greifbaren Mittel sind so problematischer Natur, dass mit ihnen nicht zu rechnen ist. Verfügbare Aktiva sind wenig vorhanden, daher erfordern die Abwicklungen entsprechend den ausgedehnten Geschäftsbeziehungen und bei den durchaus verworrenen Verhältnissen grosse Unkosten. Die Sachverständigen haben im Widerspruch mit der bisherigen Annahme festgestellt, dass schon im Jahre 1894 die Ges. mit einem Fehlbetrag gearbeitet und trotzdem eine Div. von 10 % verteilt hat. Durch die Eintragung einer Reihe fingierter Verkäufe wurde nachgewiesenermassen ein künstlicher Nutzen von etwa M. 350 000 erbracht. Im nächsten Jahre wurden dann die fingierten Verkäufe wieder zurückgebucht und dadurch wieder ausgeglichen. Die späteren Bilanzen sind durch Schaffung künstlicher Gewinne in ähn- licher Weise aufgebessert worden, sodass ein erheblicher Überschuss ausgewiesen werden konnte. In den Jahren 1895 bis 1900 sind durch solche Buchungen für ungefähr