2052 Verschiedene Special-Fabriken der Textil-Industrie. die bisher bestehenden nach verschied. Patenten arbeitenden 2 Ges., Chardonnetseidefabrik Spreitenbach u. Lehner Kunstseidefabrik Glattbrugg, zu vereinigen und den Bau der von der letzteren in Angriff genommenen deutschen Fabrik in Bobingen bei Augsburg weiter zu betreiben. Die G.-V. der Ver. Kunstseidefabriken v. 3./7. 1900 genehmigte die geschlossenen bezügl. Kaufverträge mit Wirkung ab 1./1. 1900. Zweck: Erzeugung, Bearbeitung, Verwertung u. Handel in Kunstseide, ähnlichen Pro- dukten u. Nebenprodukten, neuerdings auch Glühstrümpfen, Kunstleder, Celluloid, Cellu- loseplatten für die Farbenphotographie. Die Ges. betreibt die Herstellung von Kunstseide u. ver- wandten Produkten nach den Systemen von Chardonnet u. Lehner in ihren Fabriken zu Spreiten- bach und Glattbrugg bei Zürich, sowie in Bobingen u. Kelsterbach. Sie besitzt ferner ein eigenes Elektrizitätswerk bei Spreitenbach, das für ihre dortige Fabrik die erforderl. elektr. Kraft liefert. Die Ges. hat die folg. Patentrechte zur Herstellung von künstl. Seide u. ähnlichen Produkten zu Eigentum erworben: Die Patente nach dem System Chardonnet für Deutschland u. die Schweiz; die nach dem System Lehner für Deutschland, Schweiz, Österreich-Ungarn Frankreich, Belgien, Italien und England; ferner die Bronnert-Patente in Deutschland, England und Amerika. –— Die Fabriken haben namhafte Erweiterungen erfahren und wurden 1901 – 1902 für die Fabrik und das Elektrizitätswerk Spreitenbach, sowie für die Fabrik Glattbrugg Neuanschaffungen und Neubauten im Gesamtwert von rund M. 124 000, 210 000 gemacht. Die Fabrik Bobingen ist seit 1./6. 1902 im Betrieb. Zur Er- höhung der Produktion Ende 1903 Ankauf der Südd. Waggonfabrik Kelsterbach samt masch. Einrichtung für rund M. 770 000 gegen M. 337 500 bar und M. 250 000 neue Aktien, zu 175 % gerechnet. An das Arb.-Heim Kelsterbach G. m. b. H., dessen sämtl. Anteile im Besitz der Kunstseidefabriken sind, haben letztere jetzt insgesamt M. 205 000 überwiesen. Die Anlagen, deren Vollbetrieb Ende 1905 durchgeführt war, reichen für 1000 kg Tages- produktion u. sind seither bedeutend vergrössert worden. Grundbesitz der einzelnen Fabriken: Spreitenbach 24 664, do. Elektrizitätswerk 62 560, Glattbrugg 66 050, Bobingen 114 000, Kelsterbach 72 000 qm. Im ganzen sind 1904–1910 rund M. 1 200 000, 488 950, 265 545, 238 161, 162 004, 272 922, 109 475 für Neuanl. aufgewandt. Nachdem der gegen die Belg. Kunstseidefabrik Tubize schweb. Patentprozess zugunsten der Frankf. Ges. entschieden wurde, konnte mit dieser Ges. 1904 ein freundschaftl. Arrangement hinsichtlich einer Preiskonvention für einige Länder getroffen werden, dagegen wurde Anfang 1907 das gemeinschaftliche Kunstseide-Verkaufskontor in Cöln wieder aufgelöst. 1905 ist die Errichtung einer Kunstseidefabrik in Italien in Gemein- schaft mit einer italienischen Gruppe beschlossen worden; die Fabrik ist Frühjahr 1906 in Betrieb gekommen. Die der Frankf. Firma von der italienischen Ges. für ihre Dienste ge- leistete Barzahlung von M. 324 000 ist im Gewinn- u. Verlust-Kto für 1905 verrechnet, der Aktienanteil an der Ges. von nom. L. 400 000 ist unter Effekten mit M. 1 verbucht. Das Gesamtresultat für 1908 wurde durch zwei längere Betriebsstörungen in Kelsterbach un- günstig beeinträchtigt. Im J. 1909 litt der Absatz unter der Ungunst der Mode u. unter den hohen Preisen der hauptsächlichsten Rohmaterialien, speziell für Alkohol u. Aether, ebenso 1910, wozu noch gedrückte Verkaufspreise, früher teuerer fabrizierte Ware musste billiger verkauft werden, auch machten sich auf diese Vorräte beträchtl. Abschreib. am Jahresschluss notwendig, sodass nach M. 343 099 Abschreib. auf Anlagen das Jahr 1910 mit M. 1 365 765 Unterbilanz abschloss, die aus den Res. Deckung fand. Nachdem nun alle Fabriken mit Anlagen für die Wiedergewinn. von Alkohol versehen sind, glaubt die Verwalt. zuversichtlich, dass die Fabrikation künftighin von den hohen Alkohol- u. Atherpreisen nicht mehr in demselben Masse wie bisher beeinflusst werden wird. Im August 1910 wurde der Betrieb der Fabrik in Glattbrugg bei Zürich eingestellt und mit demjenigen in Kelsterbach vereinigt. Kapital: M. 3 650 000 in 3650 Aktien à M. 1000. Die Aktionäre haben bei Neu-Em. ein Bez.-Vorrecht, falls die betr. G.-V. nicht ein Anderes bestimmt. Urspr. M. 2 500 000, beschloss die G.-V. v. 22./12. 1903 Erhöhung um M. 500 000 (auf M. 3 000 000) in 500 neuen, ab 1./1. 1903 div.-ber. Aktien; hiervon M. 250 000 übernommen von der Bank f. Handel u. Ind. zu 173 %, angeboten den Aktionären 10: 1 v. 2.–18./1. 1904 zu 185 % u. 4 % Stück-Zs. ab 1./1. 1904 nebst ½ Schlussnotenstempel; restl. M. 250 000, zu 175 % gerechnet, dienten zu Ankauf der Südd. Waggonfabrik in Kelsterbach (é. oben). Die G.-V. v. 2./12. 1905 beschloss Erhöhung um M. 500 000 (auf M. 3 500 000) zwecks Herstellung bis jetzt bezogener Rohstoffe u. zur Angliederung neuer mit der Fabrikat. der Ges. verwandter Produkte. Die neuen, ab 1./1. 1906 div.-ber. Aktien wurden von der Bank f. Handel u. Ind. in Darmstadt zu 300 % über- nommen und den Aktionären 6: 1 v. 11.–30./12. 1905 zu 305 % angeboten. Die G.-V. v. 29./8. 1906 genehmigte Erwerb des Gesamtvermögens der im August 1906 mit M. 400 000 A.-K. gegründeten A.-G. für Kunstlederfabrikation in Mannheim. Durch den Vertrag mit der Mannheimer Ges. gewinnt das Unternehmen einen Konsumartikel, der ganz unabhängig von den Einflüssen der Mode ist und der einen grossen Absatz und guten Ver- dienst verspricht. Die bislang in Mannheim betriebene Kunstlederfabrikation wurde nach Kelsterbach verlegt und für den Grossbetrieb ausgebaut; die Mannheimer Besitzung wurde veräussert, die Kosten für die Neu- und Umbauten sowie für Beschaffung der ziemlich grossen Anzahl der für den erweiterten Betrieb nötigen Maschinen wurden aus- den laufenden Mitteln gedekt. Die Halbfabrikate zur Herstellung der Kunstseide stellt die Ges. in einer neuen, seit Juni 1906 im Betriebe befindlichen Anlage jetzt selbst her. Weiter ist im Oktober 1906 die Fabrikation von Roh-Celluloid aufgenommen, wodurch dem.