Fabriken für Chemikalien etc. 1029 Zweck: Übernahme, Fortführung u. Ausgestaltung der unter der Firma Th. Goldschmidt in Essen betriebenen chemischen Fabrik u. Zinnhütte. Die Ges. ist berechtigt, alle zur Er- reichung oder Förderung dieser Zwecke dienenden Anlagen u. Geschäfte jeder Art zu er- richten, zu erwerben, zu betreiben, zu pachten, zu verpachten u. zu veräussern, auch sich an anderen gleiche oder ähnliche Zwecke verfolgenden Unternehmungen in jeder zulässigen Form zu beteiligen. Die Ges. ist auch berechtigt, Zweigniederlassungen im In- u. Auslande zu errichten. Die chemische Fabrik u. Zinnhütte Th. Goldschmidt in Essen wurde 1847 in Berlin gegründet u. befasste sich urspr. mit der Herstellung von Chemikalien für die Kattun- druckerei, vornehmlich Zinnpräparaten. In den Jahren 1889–1891 erfolgte die Verlegung des Werkes nach Essen, wo inzwischen auf einem 42 500 qm grossen Grundstück umfang- reiche Anlagen errichtet worden sind. Die Fabrikationsgebäude bedecken ca. 14 000 dm, die Lagerräume ca. 3300 qm u. die Bureauräume ca. 2200 qm. Ausserdem sind 5 Wohnhäuser für Beamte u. Arb. Eigentum der Firma. Das Gelände des von dem Eisenbahnfiskus ange- pachteten Anschlussbahnhofes ist etwa 4000 qm gross. Innerhalb des Werkes dient zur Beförderung der Eisenbahnwagen ein Gleisnetz von ca. 1800 m Länge, auf dem die Eisen- bahnwagen mittels dreier elektrischer Lokomotiven verschoben werden. Den Dampf zu Heiz- u. Kochzwecken liefern 6 Flammrohrkessel von je 100 qm Heizfläche. Die für den Betrieb nötige Kraft bezieht das Werk in Form von elektr. Strom von dem Rheinisch-West- fälisechen Elektrizitätswerk. Der Verbrauch an elektr. Kraft betrug im Jahre 1910 etwa 1 500 000 Kwstd. u. im I. Halbj. 1911 etwa 900 000 Kwstd. Zur Kraftanlage gehören 4 Trans- formatoren à 220 Kw., eine Akkumulatorenbatterie, 2 Umformer u. 53 Elektromotore von zus. ca. 1000 Ps. Die Neuanlagen, auf welche im Jahre 1911 bis Sept. M. 884 398 verwendet sind, werden meistens in eigener Regie ausgeführt, für welche eine umfangreiche technische u. Bau-Abteilung besteht. Ferner besitzt die Firma Werkstätten für Schlosser-, Klempner- Schmiede-, Böttcher-, Bleilöter- u. Korbflechterarbeiten. Die Fabrikationsanlagen bestehen aus zwei Weissblechentzinnungen, verbunden mit Büchsenaufbereitung, mit einer jährl. Verarbeitung von ca. 85 000 t Weissblechabfällen. Eine dritte Anlage, die voraussichtlich insges. einen Kostenaufwand von M. 750 000 erfordern wird, von welcher Summe bisher nur M. 13 000 verauslagt sind, von gleicher Verarbeitungs- möglichkeit, ist im Bau begriffen. Die Firma behandelt die Weissblechabfälle mittels Chlor u. deckt mit dem gewonnenen Chlorzinn den bei weitem grössten Teil des Weltbedarfs in diesem Produkt, das vorwiegend in Seidenfärbereien Verwendung findet. Der entzinnte Eisenschrott findet Absatz bei den Stahlwerken des Industrie-Reviers. Seit 1899 hat die Firma auch die Verhüttung von Zinnerzen aufgenommen. Der Verkaufsumsatz der Zinn- hütte beträgt zurzeit etwa M. 17 500 000 jährlich. Einen weiteren Geschäftszweig der Firma bildet die Anwendung des aluminothermischen oder Thermit-Verfahrens, mit dessen Hilfe reine kohlenfreie Metalle, wie Chrom, Mangan, Ferrotitan, Molybdän, Ferrovanadium etc. hergestellt werden u. das ferner in der Eisen- u. Stahlindustrie Anwendung findet. Eine Besonderheit der Firma auf diesem Gebiete ist die Ausführung von Schienenschweissungen, u. zwar wurden bisher nach dem aluminothermischen Verfahren etwa 6000 km Strassenbahnschienen verschweisst. Seit einiger Zeit wird die Fabrikation von Essigsäure-Anhydrid nach einem neuen Verfahren betrieben, u. vor kurzem ist die Herstellung von Zinn-Oxyd aufgenommen worden. Auf dem Essener Werke wurden am 1./6. 1911 233 Kaufleute u. Bureaubeamte, 22 Chemiker, 10 Ingenieure, 29 Techniker, 39 Meister u. Laboranten u. 797 Arb. beschäftigt. Die Ges. unterhält in Deutschland u. im Auslande eine Reihe von Agenturen, die sich hauptsächlich mit dem Einkauf von Weiss- blechabfällen u. dem Verkauf der Produkte der Firma befassen. Die Firma Th. Goldschmidt hat im Laufe der Jahre eine Anzahl von ausländ. Gesell- schaften gegründet, teils zur Ausbeutung der ausländ. Patente der Firma, die die alumino- thermischen Verfahren betreffen, teils zur Entzinnung von Weissblechabfällen u. zur Be- arbeitung der ausländ. Märkte. Ein Teil der Anteile u. Aktien dieser Gesellschaften ist auf die Th. Goldschmidt Akt.-Ges. übergegangen, u. zwar: £ 7970 Shares der Batchelor & Co., Ltd., Birmingham, £ 1250 Shares der Th. Goldschmidt Ltd., London, £ 50 000 Shares der Thermit Ltd., London, Frs. 440 000 Aktien der Société Anonyme LAluminothermie, Paris, £ 26 000 Shares der London Electron Works Co., Ltd., London, Frs. 350 000 Aktien der Société Francaise des Etablissements Th. Goldschmidt, Paris, $ 8500 Shares der Australian Thermit Co., Sidney, Frs. 150 000 Aktien der Compagnie Metallurgique Francaise des Désé- tamage, Paris; ferner M. 50 000 Anteile der Essener Hotel-Ges. Kaiserhof m. b. H., Essen (mit 25 % Einzahlung) u. M. 10 300 festverzinsl. Staatspapiere. Verkaufsumsatz der Firma Th. Goldschmidt 1908–1910: M. 12 052 334, 19 193 374, 24 335 922. Der Reingewinn, d. h. das Ergebnis des Fabrik- u. Handelsgeschäfts sowie die Einkünfte aus den Beteiligungen u. Lizenzen, betrug nach Abzug aller Unk. u. Abschreib. sowie der Einkünfte aus den nicht übernommenen Beteiligungen 1908–1910: M. 735 154, 1 472 769, 1 994 544. Kapital: M. 10 000 000 in 10 000 Aktien à M. 1000, begeben zu 110 %. Die Nr. 1–6000 sind voll, die Nr. 6001–10 000 mit 25 % eingezahlt. Aktien nicht notiert. Hypoth.-Anleihe: M. 5 000 000 in 4½ % Teilschuldverschreib. lt. Beschluss des A.-R. v. 7./6. 1911, rückzahlbar zu 105 %. Stücke à M. 1000 lautend auf den Namen der Disconto- Ges. in Berlin oder deren Order u. durch Indoss. übertragbar. Zs. 1./6. u. 1./12. Tilg. lt. Plan ab 1917 bis spät. 1941 durch jährl. Auslos. im August auf 1./12. (zuerst 1917); ab 1917