2004 Verschiedene Spezial-Fabriken der Textil-Industrie. Vereinigte Kunstseidefabriken, Aktiengesellschaft Sitz in Frankfurt a. M., Bureau in Kelsterbach a. M. Gegründet: 28./2. bezw. 28./3. 1900; eingetr. 29./3. 1900. Gründ. s. Jahrg., 1900/1901. Die Gründ. verfolgte den Zweck, die bisher bestehenden nach verschied. Patenten arbeitenden 2 Ges., Chardonnetseidefabrik Spreitenbach u. Lehner Kunstseidefabrik Glattbrugg, zu ver- einigen und den Bau der von der letzteren in Angriff genommenen deutschen Fabrik in Bobingen bei Augsburg weiter zu betreiben. Die G.-V. der Ver. Kunstseidefabriken v. 3./7. 1900 genehmigte die geschlossenen bezügl. Kaufverträge mit Wirkung ab 1./1. 1900. Zweck: Erzeugung, Bearbeitung, Verwertung u. Handel in Kunstseide, ähnlichen Pro- dukten u. Nebenprodukten. Näheres über die Ges. in den Jahren 1900–1912 siehe Jahrg. 1912/13 dieses Handbuches. Bei Gründung der Firma war der Zweck des Unternehmens die Fabrikation von Kunst- seide nach dem Nitrocelluloseverfahren. Die diesem Verfahren bekanntermassen anhaftende Explosionsgefahr liess es damals wünschenswert erscheinen, die Fabrikation an getrennten Ortlichkeiten zu betreiben, um einen Stillstand des gesamten Betriebes bei Eintreten von Feuerschaden zu vermeiden. Aus diesem Grunde wurde die Produktion auf die 4 Fa- briken: Glattbrugg, Spreitenbach, Bobingen u. Kelsterbach, verteilt. Im Laufe der Jahre hat sich der Konsum in Kunstseide in solch unerwarteter Weise gesteigert, dass Kon- kurrenzunternehmen in allen Ländern entstanden. Es wurde der Ges. mehr u. mehr der Beweis erbracht, dass die deutschen Werke, die nach dem kostspieligen Nitrocellulose- verfahren arbeiten u. mit sehr ungünstigen gesetzl. Vorschriften zu rechnen hatten, in ihrer Rentabilität weit hinter den ausländischen zurückbleiben mussten. Dazu kam, dass die Konkurrenz, die nach anderen, billigeren Verfahren, z. B. dem Kupferoxyd-Ammoniak- oder Viscose-Verfahren mit grossem Erfolg arbeitete u. den Weltmarkt beherrschte, die Ges. dadurch zurückdrängte, so dass die Rentabilität des Unternehmens in zunehmendem Grade ständig ungünstiger beeinflusst worden ist. Die Ges. ist daher zu der Einsicht gelangt, dass ein Erfolg nur dann zu erwarten sei, wenn sie ebenfalls allmählich ihr altes Alkoholverfahren verlassen u. ein neues besseres Verfahren einführen würde. In Frage konnte nur das Vis- coseverfahren kommen, welches die Ges. in technischer Bezieh. schon jahrelang studiert und vor einigen Jahren in einer Versuchsabteil. aufgenommen hatte. Weniger die damit erzielten Resultate, als die von Tag zu Tag ungünstiger werdende Wettbewerbsfähigkeit mit Nitrocellulose zwang die Ges., diese Viscoseabteil. vorzeitig auszudehnen. Durch diese Aus- dehnung wurde die Viscoseide der Ges. im Markte immer mehr bekannt u. sie kam infolge- dessen bald in Patentstreitigkeiten mit den Fürst Henkel Donnersmarck'schen Werken, bezw. mit deren Rechtsnachfolgern, den Vereinigten Glanzstoff-Fabriken in Elberfeld, welche das bekannte Patent zur Herstell. von Viscoseide erworben hatten. Es bot sich dann An- fang 1913 die Möglichkeit, mit den bisher. Prozessgegnern, den Vereinigten Glanzstoff- Fabriken in Elberfeld, in Meinungsaustausch bezügl. der gegenseit. Patentdifferenzen zu treten. Diese Unterhandl. haben zum Abschluss eines Vertrages geführt, der die Ges. zwar einerseits eine angemessene Lizenzabgabe bis 1921 auferlegt, aber andererseits den grossen Vorteil in sich schliesst, dass die Ges. alle auf ihre Fabrikation bezügl. Patente von Elber- feld benutzen darf u. durch den ständigen Austausch aller Fabrikationserfahrungen u. Ver- besserungen zur Annahme berechtigt ist, nach einer entsprechenden Übergangsperiode nun- mehr zu einer gewinnbringenden u. einwandfreien Fabrikation zu gelangen. Aus diesen Gründen sah sich die Ges. verpflichtet, der G.-V. v. 19./3. 1913 eine Sanier. der Ges. bezw. eine Zus. legung des bisher. Kap. von M. 3 650 000 vorzuschlagen u. gleichzeitig eine Erhöh. des A.-K. auf M. 3 000 000 zu beantragen. Die G.-V. beschloss dementsprechend folgendes: Herabsetz. des A.-K. von M. 3 650 000 um M. 2 190 000 durch Zus. legung von je 5 Aktien zu 2 Aktien, also auf M. 1 460 000. Erhöh. des A.-K. um M. 1 540 000 cauf M. 3 000 000) in 1540 Aktien mit Div.-Ber. ab 1./1. 1913, begeben zu pari. Die Aktien wurden der Vereinigte Glanzstoff-Fabriken A.-G. zu Elberfeld überlassen mit der Verpflicht., davon M. 730 000 Aktien den Aktionären zum Kurse von 103 % zuzügl. Stückzs. durch die Bank für Handel u. Ind. u. das Bankhaus E. Ladenburg in Fft. a. M. etc. zum vorzugsweisen Bezug anzubieten u. zwar derart, dass auf je 2 zus.gelegte bezw. 5 alte Aktien eine neue entfällt; Angebot er- folgte vom 7.–23./4. 1913. Der durch die Herabsetz. erzielte Gewinn wurde zur Beseitig. der Unterbilanz (Ende 1912 M. 680 816) u. zur Abschreib. verwendet. Infolge notwendiger Ab- schreib. ergab sich für 1913 ein neuer Verlust von M. 996 550. Die G.-V. v. 17./3. 1914 beschloss deshalb Zus. legung des A.-K. 3:2, also Herabsetz. des A.-K. auf M. 2 000 000. Kapital: M. 2 000 000 in 2000 Aktien à M. 1000. Die Aktionäre haben bei Neu-Em. ein Bez.-Vorrecht, falls die betr. G.-V. nicht ein Anderes bestimmt. Urspr. M. 2 500 000, beschloss die G.-V. v. 22./12. 1903 Erhöhung um M. 500 000 (auf M. 3 000 000) in 500 neuen, ab 1./1. 1903 div.-ber. Aktien; hiervon M. 250 000 übernommen von der Bank f. Handel u. Ind. zu 173 %, angeboten den Aktionären 10: 1 v. 2.–18./1. 1904 zu 185 % u. 4 % Stück-Zs. ab 1./1. 1904 nebst ½ Schlussnotenstempel; restl. M. 250 000, zu 175 % gerechnet, dienten zu Ankauf der Südd. Waggonfabrik in Kelsterbach (s. oben). Die G.-V. v. 2./12. 1905 beschloss Erhöhung um M. 500 000 (auf M. 3 500 000) zwecks Herstellung bis jetzt bezogener Rohstoffe u. zur Angliederung neuer mit der Fabrikat. der Ges. verwandter Produkte. Die neuen, ab 1./1. 1906 div.-ber. Aktien wurden von der Bank f. Handel u. Ind. in Darmstadt zu 300 % über- nommen und den Aktionären 6: 1 v. 11.–30./12. 1905 zu 305 % angeboten.