.... Dampfschiffahrts-Gesellschaften, Reedereien etc. 833 Norddeutscher Lloyd in Bremen. Auf Grund der Verordn. des Bundesrats v. 25./2. 1915 hat der Senat der freien Hanse- stadt Bremen dem Norddeutschen Lloyd Befreiung von der gesetzl. u. statutarisch vorge- schriebenen Vorlage der Jahresabschlüsse für die J. 1914–1918 u. der Einberufung der ordentl. Gen.-Vers. erteilt. Der Nordd. Lloyd hat demzufolge von der Aufstellung von Bilanzen für 1914–1918 sowie der Einberufung der Gen.-Vers. Abstand genommen. Die Ges. erstattet, wie oben vermerkt, bis auf weiteres keinen Geschäftsbericht. In ihrem Jahrbuch für 1917/18 aber finden sich einige Angaben aus dem Betrieb, denen folgendes entnommen sei: Die Beschäftigung beschränkte sich in der Hauptsache auf die für die Kaiserliche Marine übernommenen Verpflichtungen und in nicht geringem Masse auf Vor- arbeiten für die Zukunft, soweit sie bei den noch immer unsicheren Verhältnissen möglich waren. Mit Rücksicht auf die Wirkungen des Gesetzes betreffend den Wiederaufbau der deutschen Handelsflotte wurden mit einer Reihe der ersten deutschen Werften Ver- handlungen wegen Schiffsneubauten eingeleitet, um dem Norddeutschen Lloyd die Möglichkeit zu sichern, so schnell wie möglich seinen Schiffsraum wieder zu vermehren und an den der deutschen Schiffahrt nach dem Kriege harrenden Aufgaben den ihm gebührenden Anteil nehmen zu können. Im Laufe des Jahres wurden acht Schiffe, und zwar die Dampfer Schleswig, Frankfurt, Giessen, Kassel, Hannover, Scharnhorst, Chemnitz und Altenburg von der Kaiserlichen Marine gechartert, um als Transportdampfer bei der gegen die Inseln Oesel und Dagö gerichteten militärischen Unternehmung als Transportfahrzeuge Verwendung zu finden. Alle Schiffe sind nach Beendigung der Unternehmung in die Heimat zurückgekehrt und dem Lloyd zurückgegeben worden. Zur Teilnahme an der Expedition nach den Alandsinseln wurden aus der Lloydflotte abermals sieben Schiffe von der Marine angefordert. Auch diesmal handelte es sich mit Ausnahme der Scharnhorst um die genannten Dampfer. Der Lloyd konnte ferner im Wasserstrassenverkehr seine Kähne u. Schlepp- dampfer nutzbringend verwenden. Er kam mit verschied. Elbe-, Oder-, Oberweser- u. Rhein- schiffahrtsgesellschaften überein, den Durchfrachtenverkehr unter Benutzung der Wasser- strassen so viel wie möglich auszubauen. Der Durchfrachtenverkehr umfasst nunmehr den Verkehr zwischen dem Rhein, von Basel bis RotterdamAmsterdam, dem Rhein— Weserkanal einerseits, der Elbe bis Prag hinauf, dem Elbe–Travekanal und den Märkischen Wasserstrassen einschliesslich Oder mit Breslau und Stettin anderseits über Bremen und Hamburg. Die Beförderung erfolgt von Ost nach West und in der entgegengesetzten Richtung. Dafür sind besondere Durchfrachtsätze ausgearbeitet. In den Ver. Staaten wurden während des Krieges 29 Dampfer beschlagnahmt. In Brasilien büsste der Nordd. Lloyd durch Beschlagnahme Schiffe von zus. 41 637 Bruttoregistertonnen ein, in Peru wurde ein Lloyddampfer von 8226 Bruttoregistertonnen beschlagnahmt, in Siam 15 297 t, in chine- sischen Häfen lagen Lloydschiffe von 9872 t. Im ganzen verfielen also in den genannten Ländern Schiffe des Nordd. Lloyd mit etwa 309 000 Bruttoregistertonnen der Beschlagnahme. Insgesamt stellte sich die Flotte des Nordd. Lloyd am 1./1. 1914 auf 982 951 Bruttoregister- tonnen. II italienischen u. portugiesischen Häfen waren bereits im Jahre 1915/16 Schiffe mit ungefähr 58 000 bis 59 000 t beschlagnahmt worden, früher bereits eine Anzahl von Schiffen in englischen, französischen, belgischen etc. Häfen. Gegründet: 20./2. 1857; eingetr. 13./2. 1860. Zweck: Betrieb von Seeschiffahrt u. allen damit in Verbindung stehenden Geschäften wie Errichtung u. Betrieb von Anstalten zur Erbauung u. Reparat. von Schiffen Fluss- u. Seeversich.-Geschäft etc., sowie Passagier- u. Schleppdienst auf der Weser. Der Lloyd unter- hält jetzt einen regelmässigen Schleppschiffahrtsverkehr zwischen Bremen u. Hamburg mit Durchfracht auf direktem Konnossoment nach Berlin, Breslau, Stettin u. Lübeck. Der Lloyd unterhielt ausser den Reichspostdampferlinien (s. unten) bis zum Ausbruch des Krieges 1914 folgende regelmässige selbständige Linien: Bremen- New York (Schnell- u. Postdampfer- linien); Bremen-Baltimore; Bremen-Philadelphia; Bremen-Galveston; Bremen-Boston-New Orleans; Bremen-Kanada; Bremen-Brasilien; Bremen-La Plata; Bremen-Cuba; Bremen-Ost- asien (Passagier-Frachtdampferlinien); Bremen-Australien; Australien-Neuseeland; Genua- Neapel- New York; Marseille-Neapel - Alexandrien; Venedig- Alexandrien; Singapore- Bangkok: Singapore-Borneo; Singapore-Celebes-Molukken; Hongkong-Borneo; Bangkok- Swatow-Hongkong; Fahrten auf dem Yangtsekiang; verschiedene kleinere Zweiglinien in den ostindischen u. chinesischen Gewässern; vier europäische Linien nach den Nordsee- Bädern, Passagier- u. Schleppdampferverkehr auf der Unterweser u. nach Hamburg. Ver- gnügungsfahrten nach Westindien, Norwegen, Spitzbergen u. dem Mittelmeer. Ferner Be- förderung der Post von Deutschland, England, Frankreich u. Amerika, sowie nach Asien u. Australien. Seit Sept. 1913 Zweigniederlassung in Emden. Näheres über Reichspost- linien, Betriebsgemeinschaften, Beteil. etc. siehe dieses Handbuch, Jahrg. 1916/17. An Grundbesitz u. baul. Anlagen besitzt der Lloyd: Geschäftsgebäude, Proviantamt, Werkstätte, Waschanstalt, Gepäckschuppen, belegen an der Papenstrasse, Pelzerstrasse, Grosse Hundestrasse, Wegesende u. am Bahnhof in Bremen, Stationsgebäude, neue Warte- halle, Kantine, Schuppen, Dockanlage nebst Werkstätten, Maschinen etc., sowie Agentur- gebäude in Bremerhaven. Sanitäts-Kontrollstation an der deutsch-russischen Grenze, ferner Auswandererhallen in Emden. Die Werkstätten in Bremen wurden 1901 zur Fabrikation v. Schiffsausrüstungsgegenständen sowie von Hilfsmaschinen für Schiffe etc. Handbuch der Deutschen Aktien-Gesellschaften 1919/1920. I. 53