62 Inländische Staatspapiere, Fonds etc. Preussische Rentenbanken. Durch das Gesetz vom 2. März 1850 wurden alle beständigen, nicht öffentlichen Ab- gaben und Leistungen, welche auf eigentümlich oder bisher erbpachts- oder erbzinsweise besessenen Grundstücken oder Gerechtigkeiten haften (Reallasten), für ablösbar erklärt, und durch ein zweites Gesetz von demselben Tage zur Beförderung der Ablösung der Reallasten und zur vollständigen Auflösung des Rechtsverhältnisses zwischen den bisherigen Be- rechtigten und Verpflichteten für sämtliche (alte) Provinzen Preussens, die Rheinprovinz ausgenommen, Rentenbanken errichtet. Für das linke Rheinufer mangelte es an einem Bedürfnis; das rechte Rheinufer wurde der Rentenbank für Westfalen überwiesen. Zu gleichem Zwecke wurden Rentenbanken errichtet für die Hohenzollernschen Lande durch Gesetz vom 28. Mai 1860, für die Provinz Hannover durch Gesetz vom 3. April 1869, für Schleswig-Holstein durch Gesetz vom 3. Jan. 1873, für Hessen-Nassau durch Gesetz vom 23. Juli 1876, für den Kreis Herzogtum Lauenburg durch Gesetz vom 18. Mai 1874. Das Gesetz vom 26. April 1858 ermächtigte die Minister für Finanzen und Landwirt- schaft, die damals bestehenden 7 Rentenbanken zu schliessen, und durch Gesetz vom 10 Juni 1885 wurde die Rentenbank für Lauenburg aufgehoben unter Überweisung der Geschäfte derselben an die Rentenbank für Pommern. Demgemäss bestehen noch Rentenbanken für Pommern, Schleswig-Holstein und Lauenburg in Stettin, für Sachsen und Hannover in Magdeburg, für Brandenburg in Berlin, für Westfalen, die Rheinprovinz, Hessen-Nassau in Münster, für Hohenzollern in Sigmaringen, für Ost- u. Westpreussen in Königsberg i. Pr., f. Schlesien in Breslau. Die Ablös. durch die Rentenbanken erfolgt nach Umwandlung der Real- lasten in feste Geldrenten dadurch, dass die Rentenbank d. Berechtigten geg. Überlass. der Geld- rente für das zu deren Ablös. erforderl. Kapital durch zinsbringende, allmähl. zu amortisierende 4 % Schuldverschreib. (Rentenbriefe) abfindet, die Rente aber alsdann von dem Ver- pflichteten solange fortbezieht, als dies zur Zahlung der Zs. und zur allmählichen Amorti- sation der Rentenbr. erforderlich ist. Durch Gesetz yom 27. Juni 1890 wurde weiter die eigentümliche Übertragung eines Grundstückes gegen Übernahme einer festen Geldrente für zulässig erklärt. Die auf solchen Rentengütern von mittlerem oder kleinerem Umfange haftenden Renten können nach dem ferneren Gesetze vom 7. Juli 1891 auf Antrag der Beteiligten durch Vermittlung der Renten- bank soweit abgelöst werden, als die Ablösbarkeit nicht von der Zustimmung beider Teile abhängig gemacht ist. Der Rentenberechtigte erhält Rentenbriefe, und der Verpflichtete hat eine Rentenbankrente zu entrichten, welche ½ % mehr als der Zinsfuss der gewährten Rentenbriefe beträgt, und zwar während einer Tilgungsperiode bei Zahlung von 4 % von 60½ Jahren, bei Zahlung von 4½ % von 562 Jahren. Auch zur erstmaligen Einrichtun 0 eines Rentengutes kann die Rentenbank Darlehen in Rentenbriefen gegen Verzinsung und Tilgung in gleicher Weise gewähren. Die Rentenbeträge können auch abgelöst werden. Die Rentenbanken sind Staats-Anstalten, und Kapital und Zinsen der Rentenbriefe vom Staate garantiert. Die Rentenbriefe können behufs Belegung gerichtlicher oder vor- mundschaftlicher Depositalgelder, sowie der Fonds öffentlicher Institute angekauft oder als Unterpfand angenommen werden. Ein Erlass des Finanzministers hat seiner Zeit alle Renten- briefe der einzelnen Provinzen als im Werte einander völlig gleich erklärt. Nach dem Gesetze vom 7. Juli 1891 können auch 3½ % Rentenbriefe ausgegeben werden, ob und zu welchem Zeitpunkt bestimmen die Ressortminister. Solange der Kurs der 4 % Rentenbriefe an der Berliner Börse dauernd auf dem Nennwert oder darunter steht, dürfen 3½ % Rentenbriefe nur mit Zustimmung des Empfängers ausgegeben werden. Preuss. 4 % Rentenbriefe in Stücken à Thlr. 10, 25, 100, 500, 1000 = M. 30, 75, 300, 1500, 3000. Zs. für die alten auf Grund des Gesetzes vom 2./3. 1850 ausgegebenen: 1./4., 1./10., Lauenburger: 2./1., 1./7.; für die seit dem 1./4. 1909 auf Grund des Gesetzes vom 7./7. 1891 ausgegebenen: 1./4., 1./10 (für die Buchstaben A A– E), 2./1., 1./7. (für die Buch- stuben F F–K K). Tilg.: Jährl. je nach Verabredung ½ oder 1 % mit Zs.-Zuwachs durch halbj. Ausl. im Mai und Nov. per 1./10. und 1./4., nur Lauenburger im Eebr. und Aug. per 1./7. und 1./1.; Totalkünd. nicht vorgesehen. Zahlst.: Ausser an den eig. Kassen der Renten- banken bei der Rentenbankkasse in Berlin, Klosterstr. 76. Preuss. 3½ % Rentenbriefe in Stücken à M. 30, 75, 300, 1500, 3000. Zs.: 1./4., 1./10. oder 1./7., 2./1. Tilg.: ½ % mit Zs.-Zuwachs durch halbj. Verl. im Mai und Nov. oder Febr. und Aug. zum nächsten Coup.-Termin; Verstärkung der Tilg. nicht vorgesehen. 4 % Brandenburg. Rentenbriefe. Bis 1./10. 1912 ausgegeben M. 83 592 195, am 1./10. 1912 noch unverl. in Umlauf: M. 29 629 680. Kurs Ende 1890–1912: 102, 101.90, 102.80, 103.20, 105, 104.90, 104.20, 104, 102.60, 100.90, 100.60, 103.70, 103.40, 103.60, 103.10, 102.10, 101, 99.20, 100.75, 100.60, 100.50, 99.80, 98 %. Notiert in Berlin. 3½ % Brandenburg. Rentenbriefe. Bis 1./10. 1912 ausgegeben M. 6 516 060, davon noch unverlost in Umlauf am 1./10. 1912: M. 6 037 245. Kurs Ende 1892–1912: 98.80, 99, 101.40, 102.40, 100.60, 100.40, 99.20, 94.90, 95.25, –, –, 100.40, 99.80, 99.20, 96.60, 92.25, 93.25, 92.25, 91.50, 90.10, 87.50 %. Notiert in Berlin. 4 % Ost- u. Westpreuss. Rentenbriefe. Bis 1./10. 1912 ausgegeben M. 58 192 080, davon unverl. in Umlauf 1./10. 1912: M. 26 213 325. Kurs Ende 1890–1912: 102, 101.90, 102.80, 103.10, 105, 105, 104.20, 103.60, 102.60, 100.90, 100.60, 103.90, 103.10, 103.60, 102.90, 101.75, 101, 99.20, 100.75, 101, 100.50, 100, 97 %. Notiert in Berlin, Königsberg i. Pr.