4556 Verkehrs-, Transport- und Lagerhaus-Gesellschaften. Erwerb, Besitz u. Verwert. von Aktien, Anteilen, Genussscheinen u. Oblig. anderer Ges. insbes. solcher, die den vorher erwähnten Zwecken dienen, alle geschäftl. Transaktionen die zu den Zwecken der Ges. in Beziehung stehen, ebenso Eingehung von Interessen- Gemeinschaftsverträgen. Die A.-G. für Verkehrswesen ist eine Dach- u. Holdinggesellschaft. Mit Eisenbahnbetrieben befasst sie selbst sich ebensowenig wie mit Baugeschäften. Der Betrieb der Eisenbahnen liegt vielmehr den 5 Tochtergesellschaften: Lenz & Co. G. m. b. H., Allgemeine Deutsche Eisenbahnbetriebs-Gesellschaft, Ostdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft, Deutsche Eisenbahn-Gesellschaft Akt.-Ges. u. Vereinigte Kleinbahnen Akt.-Ges. Frank- furt a. M. ob. Entwicklung: In seinem Werdegang ist der Konzern Aktienges. für Verkehrswesen eines der deutschen Verkehrsunternehmen, in dem sich die Entwicklungsphasen des deut- schen Privatbahnwesens vom Bauunternehmertum bis zur Konzernbildung widerspiegeln. Bekanntlich herrschte um die Mitte des 19. Jahrhunderts in den grösseren Staaten des deutschen Bundes zunächst das Privatbahnsystem. Erst nach dem Scheitern des Bismarck- schen Projekts (1876), die privaten Eisenbahnen sowie die Staatsbahnen zu vereinheitlichen, erfolgten die grossen Verstaatlichungen in Preussen und Mecklenburg, sie wurden in den Jahren 1879–1895 gründlich durchgeführt. Schon während der Verstaatlichungs-Aktion wurden die Bahnunternehmen vor neue Aufgaben gestellt. Der Staat baute und betrieb nunmehr die Hauptbahnen selbst und überliess den privaten Unternehmungen nur Bahnen von untergeordneter Bedeutung, die als Kleinbahnen bezeichnet wurden. In diese Entwicklungsperiode fällt die Gründung der Lenz & Co. G. m. b. H. Es war den Baufirmen zu dieser Zeit nicht immer leicht wegen der unsicheren Rentabilität der meist nur lokalen Bedürfnissen entsprechenden Bahnunternehmungen, die Finanzkräfte zu mobilisieren. Banken und Baufirmen hatten somit ein Interesse daran, besondere Gesell- schaften zu errichten, deren Zweck es war, die Effekten der neuen Eisenbahnen zu über- nehmen. Demzufolge errichteten der Geheime Kommerzienrat Friedrich Lenz und ein Bankkonsortium unter Führung der Berliner Handelsgesellschaft am 30. Juli 1892 zu Stettin die Lenz & Co. G. m. b. H. Geheimrat Lenz brachte in die Gesellschaft seine bestehende Organisation und seinen reichen Schatz an Erfahrungen ein. Lenz hatte in den Jahren 1881–1887 in Pommern und Mecklenburg ein umfangreiches Bahnnetz ausgebaut. Lenz & Co. G. m. b. H., deren Sitz im Jahre 1899 aus Zweckmässigkeitsgründen nach Berlin verlegt worden ist, wurde als Baugesellschaft, Betriebsgesellschaft und Finanzierungsgesellschaft gegründet. Um eine breitere Basis für die Kapitalaufnahme zu schaffen, wurde in Ver- bindung mit der Berliner Handels-Gesellschaft am 4. Juni 1901 eine besondere Aktien- gesellschaft: Die Aktiengesellschaft für Verkehrswesen gegründet. Diese Tochtergesellschaft übernahm zunächst nur die Anteile ihrer Muttergesellschaft, entwickelte sich aber nach und nach zu einer Holdinggesellschaft, indem sie auch die in den Händen von Lenz & Co. G. m. b. H. befindlichen Effekten der Eisenbahngesellschaften aufkaufte. Als der Eisenbahn- bau in den deutschen Schutzgebieten begann, wurde das Tätigkeitsgebiet der Lenz & Co. G. m. b. H. auch auf die deutschen Kolonien ausgedehnt. Zur Durchführung des kolonialen Eisenbahnbaues und betriebes gründete die Aktiengesellschaft für Verkehrswesen am 31. Dezember 1904 die Deutsche Kolonial-Eisenbahn-Bau- und Betriebs-Gesellschaft zu Berlin. Von den bis 1914 insgesamt erbauten afrikanischen Kolonialbahnen – das sind 4348 km – hatten diese beiden Gesellschaften allein 1702 km gebaut u. 1588 km betrieben. – Die Übernahme der Leitung des Konzerns durch Dr. jur. Erich Lübbert im Jahre 1924 führte zu Neuerwerbungen und schliesslich zu straffen Konzentrationen im Konzern. — Der Eingliederung des zweitgrössten Eisenbahnkonzerns Deutschlands, der Allgemeinen Deutschen Eisenbahn-Aktien-Gesellschaft Berlin, diente die Kapitalserhöhung im Jahre 1927, der die Fusion des Konzerns Westdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft-Köln im Jahre 1926 vor- anging. Schliesslich wurde auch noch im J. 1929 die Deutsche Eisenbahn-Gesellschaft A.-G.- Frankfurt a. M. aufgenommen. Alle diese Gesellschaften gaben ihre Selbständigkeit auf. — Von dem Netz der Klein- und Nebenbahnen Deutschlands, das eine kilometrische Länge von 14 092 km aufweist, hatten Lenz & Co. allein 4590.3 km (das sind 30 %) gebaut. — Nach dem Kriege nahm die Lenz & Co. G. m. b. H. einen bis dahin von ihr nicht forcierten Zweig der Bauindustrie, den Hoch- und Eisenbetonbau, auf. Die Bau- geschäfte nahmen mit der Zeit einen Umfang an, der es ratsam machte, eine Arbeitsteilung zwischen Betrieb u. Bau vorzunehmen. – Zu diesem Zweck wurde der nach dem Verlust der Kolonien fast stillgelegten Deutschen Kolonial-Eisenbahn-Bau und Betriebs-Gesellschaft das gesamte Hoch- und Tiefbaugeschäft des In- und Auslandes abgetreten unter Erhöhung des Kapitals dieser Gesellschaft und gleichzeitiger Anderung der Firma in Allgemeine Bau-Gesellschaft Lenz & Co. (Kolonial-Gesellschaft). Der Sitz blieb in Berlin. Die Interessen des Konzerns umfassen in der Eisenbahngruppe folgende Betriebs- gesellchaften: 1. Lenz & Co. G. m. b. H.-Berlin (Betriebsabteilungen in Breslau und Halle a. d. S.). 2. Ostdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft-Königsberg. 3. Vereinigte Kleinbahnen- Aktiengesellschaft-Frankfurt a. M. (früher Westdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft). 4. Allge- meine Deutsche Eisenbahnbetriebs-Gesellschaft m. b. H.-Berlin. 5. Deutsche Eisenbahn- Gesellschaft, Aktiengesellschaft-Frankfurt a. M. Die Gesellschaften betreiben insgesamt 102 Bahnen mit 4036.06 km.