86 Inländische Staatspapiere, Fonds etc. Stadtschaft der Provinz Brandenburg in Berlin W. 10, Viktoriastr. 20 (bisher Brandenburgisches Pfandbriefamt für Hausgrundstücke). Errichtet am 1./4. 1912 mit Genehmigung vom 5./2. 1912 u. Ministerialerlass vom 10./2. 1912. Die Angelegenheiten des Pfandbriefamts, das die Rechte einer juristischen Person hat, werden unter Aufsicht des Brandenburgischen Provinzialausschusses u. unter Oberaufsicht des Staates verwaltet durch den vom Provinzialausschusse zur Beaufsichtig. der Geschäftsführung ernannten Provinzialkommissar, den Vorstand als Vertretungsorgan nach aussen hin und den Verwaltungsrat. Zweck: Die Stadtschaft hat den Zweck, den Hausbesitzern in der Provinz Branden- burg und in den zu Berlin geschlagenen früheren Gebietsteilen einen dauernden Realkredit durch Gewährung von Hypothekendarlehen mittels Ausgabe von Stadtschaftsbriefen zu cchaffen. Jeder eingetragene Eigentümer eines in der Provinz Brandenburg gelegenen Haus- grundstückes ist zum Beitritt zur Stadtschaft berechtigt u. kann den Antrag auf Gewährung eines Darlehens stellen. Ausgenommen sind nur die Eigentümer von Grundstücken, welche der Beleihung bei dem Kur- u. Neumärkischen Kraditinstitut u. dem Neuen Branden- burgischen Kreditinstitute unterliegen. Die Beleihung des Grundstückes kann erststellig bis 60 %. zweitstellig bis 75 % beim Kleinwohnungswesen bis 80 % des Grundstückswertes erfolgen. Zur Feststell. des Wertes hat eine Abschätz. des Hausgrundstückes durch einen oder niehrere Sachverständige oder, soweit öffentl. Schätzerstellen eingerichtet sind, durch diese zu erfolgen. Von der Aufnahme einer förmlichen Schätzung kann abgesehen werden, wenn das zu bewilligende Darlehen den 12½ fachen Betrag des staatlich ermittelten Gebäude- steuernutzungswertes nicht übersteigt. Wird in diesen Fällen eine Schätzung nicht vor- genommen, so hat der Vorstand den Beleihungswert auf Grund zuverlässiger Unterlagen festzusetzen u. die Festsetzung schriftlich zu begründen. Ferner ist ohne die Aufnahme einer besonderen Schätzung die Beleihung bis zur Hälfte der Feuertaxe einer der öffentlichen Feuersozietäten zulässig, wenn der Geschäftsführer oder ein vom Vorstand ersuchtes Mit- glied der Stadtschaft bescheinigt, dass die Gebäude sich in gutem baulichen Zustande befinden u. ihr zeitiger Bauwert der Taxe noch entspricht. Werden auf einem beliehenen Grundstücke Neubauten errichtet, so ist der Vorstand befugt, ein neues Pfandbriefdarlehen nach Massgabe des Mehrwertes des Grundstückes zu gewähren, sobald die Neubauten versichert u. zur Gebäudesteuer veranlagt bezw. angemeldet sind. Der Schuldner hat beim Empfang des Darlehens 12 % desselben als Beitrag zu der zu bildenden Sicherheitsmasse der Stadtschaft zu zahlen u. das Darlehen bei einer ersten Hypothek mit jährlich ½ %, bei einer zweiten Hypothek mit 2 % mehr zu verzinsen, als der Zinsfuss der gewährten Pfandbriefe beträgt. Hiervon fliessen bei ersten Hypotheken ¼ %, bei zweiten Hypotheken ½ % in die Betriebs- masse hehufs Bestreitung der Verwaltungskosten u. bei ersten Hypotheken ¼ %, bei zweiten Hypotheken 1 %, bis das Guthaben des verpfändeten Grundstückes an der Sicherheitsmasse 5 % bezw. 10 % des Stadtschaftsdarlehens erreicht, in die Sicherheitsmasse u. von da ab in die Tilgungsmasse, das restliche ½ % fliesst in eine Sonderrücklage zur Sicherstellung der zweiten Hypotheken. Überschüsse, die sich für die Betriebsmasse beim jährlichen Abschluss ergeben, werden bis zur Erreichung eines Bestandes von 10 % des Stadtschaftsbriefumlaufes zur Hälfte, von da ab vollständig an die Sicherheitsmasse abgeführt. Den Inhabern der Stadt- schaftsbriefe wird für alle aus diesen Schuldverschreib. entspringenden Forderungen vom Provinzialverband von Brandenburg in voller Höhe u. unmittelbare Sicherheit gewährt. Der Vorstand ist befugt, mit Zustimmung des Verwaltungsrates von den Mitgliedern, die für alle Verbindlichkeiten u. Hypothekenausfälle haften, nach Verhältnis ihrer ursprüngl. Stadtschaftsbriefdarlehen Zuschüsse bis höchstens 5 % bei ersten Hypotheken bezw. 10 % bei zweiten Hypotheken, ihrer Darlehen einzuziehen. Die Zuschüsse können aus den baren Beständen der Tilgungsmassen entnommen werden. Im übrigen dienen zur Befriedigung der Stadtschaftsbriefinhaber die Hypotheken der Stadtschaft u. deren sonstiges Vermögen. Der Gesamtbetrag der im Umlauf befindlichen Stadtschaftsbriefe muss in Höhe des Nennwertes jederzeit durch Hypoth. von mindest. gleicher Höhe u. mindest. gleichem Zinsertrage gedeckt sein. Aus der Tiigungsmasse erfolgt die Tilg. der Stadtschaftsbriefe entweder durch Kündig. oder duréh freihändigen Ankauf. Die Kündig. geschieht auf Grund einer Auslos., die je einmal im Laufe jeden Halbjahres stattfindet. Die Rückzahlung erfolgt 3 Monate später. Die Stadtschaftsbriefe sind nach den Bestimmungen des Preussischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerl. Gesetzbuch Art. 73 Abs. 2 u. 74 Nr. 3 mündelsicher. 4 % Stadtschaftsbriefe, Reihe I. M. 5 000 000 in Stücken à M. 100, 200, 500, 1000, 2000, 5000. Zs.: 2./1., 1./7. Tilg.: Die Stadtschaftsbriefe können seitens der Stadtschaft nur behufs del satzungsmässigen Tilg. gekündigt werden. Zahlst.: Berlin: Kasse der Stadtschaft, Branden- burgische Landeshauptkasse, Deutsche Bank u. deren Filialen. Aufgelegt 21./8. 1912 M. 3 000 000 zu 99 %. Kurs für Serie I/V Ende 1912–1920: In Berlin: 98.70, 95.10, 96.20*, –, 86, –, 93, 97, 96.75 %. 4 % Stadtschaftsbriefe, Reihe II. M. 5 000 000 in Stücken à M. 100, 200, 500, 1000, 2000, 5000. Is.: 2./1., 1./7. Tilg wie Reihe I. Zahlst.: Kasse der Stadtschaft, Brandenburgische Landes- hauptkasse, Commerz- u. Privat-Bank u. deren Niederlassungen, Deutsche Bank u. deren Fil., Potsdamer Credit-Bank. Eingeführt in Berlin 23./11. 1912. Kurs mit Reihe I zus. notiert. ――――