2114 Chemische Industrie. Gegen diesen Sitzverlegungsbeschluß haben 2 Aktionäre Anfechtungsklage erhoben. Entwicklung: Bei der Gründ. übernahm die Ges. die 1861 errichtete Chemische Fabrik von Vorster & Grüneberg in Köln a. Rh. für 1 500 000 M, erwarb 1880 die Chlorkaliumfabrik von Towunsend in Staßfurt u. 1903 die Superphosphatfabrik von A. Schippau & Co. daselbst für 175 000 M. Zum Ausbau der Anlagen, zur Durchführ. technischer Verbesser. u. zur Sicherung des Rohstoffbezuges schloß die Ges. mit der Anhaltische Salzwerke G. m. b. H. in Leopoldshall ab 1./1. 1925 auf 15 Jahre eine Interessengemeinschaft, in die sie ihre gesamten Anlagen u. Vermögenswerte außer 237 Kuxen der Gewerkschaft Ludwig II in Staßfurt einbrachte, wogegen ihr nach Abzug von 55 000 RM als Amorti- sation der geleisteten Vorschüsse eine jährl. Pacht von 200 000 RM und ein Anteil von 27½ % aus dem den Anhalt. Salzwerken verbleibenden Reingewinn garan- tiert wurden. Im Laufe des Jahres wurden die Kuxe der Gew. Ludwig II für 415 000 RM an die Kaliwerke Aschersleben verkauft. Lt. G.-V.-B. vom 15./12. 1926 wurde der Interessengemeinschaftsvertrag mit den An- haltischen Salzwerken dahin geändert, daß diese von der Verpflichtung, eine feste Pachtsumme an die Staßfurter Werke zu zahlen, befreit wurden. 19 ging die Aktienmajorität der Ges. aus dem Besitz der Anhaltischen Salzwerke auf die Preußische Berg- werks- und Hütten-A.-G. (Preußag) in Berlin über. Nach Uebernahme der Verwaltung der Anhaltischen Salzwerke durch die neue, von der Preußag eingesetzte Geschäftsführung ergab sich bei eingehender Prüfung der Lage durch Sachverständige, daß die Fabrikanlagen der Staßfurter Chemischen Fabrik infolge der ein- getretenen wirtschaftlichen Strukturwandlung zu ren- tabler Produktion nicht mehr zu verwerten waren. Diese Fabriken waren nicht in der Lage, zu Preisen zu produzieren, die einen Absatz ermöglicht hätten. Diese Tatsache beruhte nicht auf einer vorübergehen- den Konjunkturerscheinung, sondern auf einer tief- gehenden Strukturwandlung. Eine Brauchbarkeit der Fabriken in der Zukunft war ausgeschlossen. Die Anlagen waren daher nicht höher zu bewerten, als durch ihren Abbruch und durch ihre Ausschlachtung zu erlösen war. Alle Versuche, die w-wirkung der wirtschaftlichen Strukturwandlung dadurch auszu- gleichen, daß neue Verfahren ausprobiert wurden, um billigere und bessere Produkte zu produzieren, waren erfolglos gewesen und erwiesen sich auch weiterhin als aussichtslos. Auch eine völlige technische Erneue- rung der Anlagen versprach keine Rentabilität. Daraus war die Folgerung zu ziehen, daß die Anlagen der Staßfurter Chemischen Fabrik A.-G. allmählieh auf den Schrottwert abgeschrieben werden mußten. Dieser Tatsache hat die Verwaltung nach eingehender Erörte- rung mit der Deutschen Revisions- und Treuhand-A.-G. dadurch Rechnung getragen, daß sie in der Bilanz für das Geschäftsjahr 1929/30 entgegen der bisherigen Uebung Abschreibungen vorgenommen hat. Durch Beschluß der G.-V. vom 20./10. 1931 ist die Liqu. der Ges. beschlossen worden. Dagegen sowie gegen eine Reihe weiterer Beschlüsse ist von einer Minderheitsgruppe der Aktionäre die Anfechtungs- klage erhoben worden. Außerdem sind verschiedene Anträge bei dem Registergericht gestellt worden, darunter auf Abberufung der von der Preußag ein- gesetzten Liquidatoren. Zur Begründung dieser An- träge hatten die freien Aktionäre außer Vorwürfen gegen die jetzige und frühere Verwaltung der Ges. geltend gemacht, daß bei den von der Preußag ein- gesetzten Ges.-Organen die völlige Objektivität nicht gesichert sei. Das Registergericht hat sich dem Stand- punkt der freien Aktionäre angeschlossen und die ein- gesetzten Ges.-Organe abberufen. Eine längere De- batte entspann sich um den mit der Anhaltischen Salz- werke G. m. b. H. geschlossenen I.-G.-Vertrag, der 1927 eine Abänderung erfuhr, die sich nach Ansicht der Oppo- sition ungünstig für die Ges. ausgewirkt habe. Nachdem von einer Oppositionsgruppe eine große Anzahl Posten der Bilanz bemängelt worden war, wurde auf Grund des Minderheitsverlangens dieser Gruppe und einiger Klein- aktionäre beschlossen, die Genehmig. der Liqu.-Eröffn.- Bilanz auf den 21./10. 1931 und der Bilanz nebst Ge- winn- und Verlust-Rechnung auf den 20./10. 1932 sowie einer Verjährung etwaiger Regreßansprüche der entschieden bestritten die Entlastung der Verwaltung zu vertagen. —– Un gegen frühere A.-R.- und Vorstands-Mitglieder beugen, wurde am 18./3. 1932 vorsorglich Feststellun = Ö 88- klage gegen die in Frage kommenden Personen bef Landgericht Dessau erhoben. Der Prozeß ruht fedack mit Zustimmung beider Parteien bis zur Entscheidun über Parallelprozesse. 8 In der neuen ao. G.-V. vom 19./5. 1933 18 Punkte auf der Tagesordnung, die u. a. den Sfreit um die Rückgängigmachung des geänderten Interessen- gemeinschaftsvertrages mit der Anhaltische Salzwerke A.-G. zum Gegenstand hatten. Die Opposition gab zu Beginn der Versammlung eine Erklärung ab, in der die praktische Ergebnislosigkeit der bisherigen H in denen die Preußag die Mehfrheit vertrat, charak- terisiert wird. Die Minderheit will sich deshalb von der Vorlegung und Erläuterung ihres Materials in der G.-V. zurückhalten und das Schwergewicht auf die richterlichen Entscheidungen in den laufenden Pr— zessen verlegen. Sie erstrebt aber nach wie vor die Wiederherstellung des I.-G.-Vertrages in seiner ur- sprünglich für Staßfurt günstigeren Form. .— Pl Preußag als Mehrheitsvertreterin unterbreitete der Versammlung gleichzeitig eine Gegendenkschrift gegen das bisher von der Opposition vorgebrachte Material, worin die Schädigung der Interessen der Aktionäre wird. Ferner wird Mitteilung davon gemacht, daß nach dem seinerzeitigen Erwerb der Staßfurter Aktienmehrheit durch die Anhaltische Salzwerke A.-G. der A.-R. der letzteren erfahren habe, daß) der damalige Geschäftsführer der Anhaltische Salzwerke A.-G., Bergrat Rohrlich, von einem Vor- standsmitglied von Staßfurt Bestechungsgelder ange- nommen habe. Im Zusammenhang damit sei der A.B. der Anhaltische Salzwerke A.-G. über die Wirtschaft- lichkeit der Staßfurter Chemischen getäuscht worden, und dies genüge, um den Gesamtvertrag für niehtig zu erklären. Nach stundenlangen Debatten über den Liqu.-Bericht und den I.-G.-Vertrag bzw. den Mack- tragsvertrag wurde ein Aktionärantrag angenommen, wonach die Liquidatoren beauftragt werden, mit der Großaktionärin, der Preußag, wegen Abfindung der Minderheitsaktionäre in Verhandlungen einzutreten. Bei der Abstimmung über die Punkte der Tagesord- nung wurden die Anträge der Verwaltung mit 18 90 Stimmen gegen 3902 Stimmen angenommen, die Anträge der Opposition abgelehnt. Gegen fast sämtliche Be. schlüsse gab die Opposition Protest zu Protokoll. Es ist also die Liqu.-Eröffnungsbilanz am 21./10. 1931 sowie die Bilanz und Gewinn- und Verlust-Rechnung am 20./10. 1932 genehmigt, der Verwaltung Entlastung erteilt und die Verlegung des Sitzes nach Berlin be- schlossen. Abgelehnt wurde die Herabsetzung dss Stimmrechts der Vorz.-Akt. von 13 333 Stimmen auf 240 Stimmen sowie die Abberufung sämtlicher VBitglie. der des A.-R. Dadurch erübrigte sich der Punk. „Wahlen zum A.-R.. Zu den von der Opposition ge- wünschten Auskünften gab die Verwaltung bekannt, daß eigene Aktien seit Juli 1930 sich nicht im Besitz der Ges. befunden hätten. Zweck: Fabrikat. chem. Produkte. Die Ges, stell. Cyansalze mit ihren vielen Nebenprodukten, Pottasche, Schwefelsäure, Superphosphate u. Mischdünger, Chüor. calcium sowie verschiedene andere Präparate her. EBesitztum: Grundstücke von 13.70 ha Gröbe. be bauf mit 3 getrennt liegenden Fabriken u. 6 Wohnham, Interessengemeinschaft: Die G.-V. vom 0/2 1925 genehmigte den Interessengemeinschaftsvertrü mit der Anhaltische Salzwerke G. m. b. H., weleber auf die Dauer von 15 Jahren geschlossen ist. Die Ges. bringt ihre gesamten Anlagen und Vermögens werte in die Interessengemeinschaft ein. Hiergegen haben die Anhaltische Salzwerke es übernommen, die Anlagen der Staßfurter Chemische Fabrik mit erbeb lichem Kostenaufwand auf einen modernen Stand 16 Technik zu bringen und weiter auszubauen, um de verschiedenen Verfahren der Staßfurter Chemische m Gesamtinteresse nutzbar zu machen. An dem der Interessengemeinschaft ist die Staßfurter 6 derart beteiligt, daß sie jährlich mit 27 % am Ceben schuß des Gesamtunternehmens teilnimmt. — Lt. G.-V. vom 15./12. 1926 wurde der Vertrag dahin geänder, Standen