=――――― I G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft Entwicklung und Aufbau Gründungsgeschichte: Am 9. Dezember 1925 verlegte die Badische Anilin- & Soda-Fabrik, Ludwigshafen a. Rhein, eine der großen Mitgliedsfirmen der Interessengemein- schaft der deutschen Teerfarbenfabriken, unter Aenderung ihres Namens in I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft und unter Erhöhung ihres Aktienkapitals auf Reichs- mark 646 Millionen (heute 800 Millionen) ihren Sitz nach Frankfurt a. Main. Ein Stück Geschichte der deutschen chemischen Industrie war damit zum Ab- schluß gekommen. Fünf Firmen gingen durch Fusion in der sechsten, der Badischen Anilin- & Soda-Fabrik, auf: die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co., Leverkusen, die Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brüning, Höchst, die Actiengesellschaft für Anilinfabrikation, Berlin, die Chemischen Fabriken vorm. Weiler-ter Meer, Uerdingen, und die Chemische Fabrik Griesheim-Elektron, Frank- furt a. M. Zwei weitere, die ebenfalls zur alten Interessen- gemeinschaft gehört hatten, die Firmen Leopold Cassella & Co. G. m. b. H., Frankfurt a. M., und Kalle & Co. Aktiengesellschaft, Biebrich, fusionierten nicht, da sie schon zum größten Teil im Besitz der übrigen I. G-Firmen waren. Sie wurden aber in die Organisa- tion und den betrieblichen Aufbau der I. G. Farben- industrie miteinbezogen. Die Namen der fusionierten Firmen blieben durch Eintragung als Zweignieder- lassungen erhalten. Alle die genannten Unternehmungen wurden kurz hintereinander Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts gegründet als Folge der umwälzenden Erfindungen auf dem Gebiet der Teerfarbstoffe. Von vornherein auf exakter wissenschaftlicher Arbeit auf- bauend und den ungeheuren Wert engster Verbindung zwischen Wissenschaft und Technik erkennend, waren sie mit der Fülle neuer chemischer Erkenntnisse bald über den Rahmen der ursprünglichen Teerfarben- herstellung hinausgewachsen. Es hatte sie zu immer neuen Gebieten geführt: zur Herstellung anorganischer Produkte und organischer Zwischenprodukte, zur Herstellung pharmazeutischer Heilmittel, photo- graphischer Artikel und dergl. mehr. Die alten Be- triebe waren den Anforderungen bald nicht mehr ge- wachsen. Soweit die Ausdehnungsmöglichkeit be- schränkt war, gründete man neue Werke mit guten frachtlichen und betriebstechnischen Vorbedingungen. Es entstanden Leverkusen am Niederrhein, neue Fabriken in Wolfen und Bitterfeld in Mitteldeutsch- land. Die Absatzgebiete wuchsen, führten über die Grenzen hinaus in alle Welt. Fabrikatorische Stütz- bunkte in Europa und Uebersee wurden geschaffen. Ein dichtes Vertreternetz knüpfte immer neue Fäden zwischen Deutschlands Teerfarbenindustrie und den Märkten von Europa und Uebersee. Die schnelle Ausdehnung führte sehr bald im In- und Ausland zu einem heftigen Konkurrenzkampf der einzelnen deutschen Firmen untereinander, der auf die Dauer die Entwicklung der deutschen chemischen Industrie als Ganzes nur hemmen und ihre Welt- geltung gefährden mußte. Schon im Jahre 1904 ent- schloß sich daher Carl Duisberg, angeregt durch eine Studienreise in die Vereinigten Staaten von Nord- amerika, in einer Denkschrift auf die Nachteile dieses Zustandes hinzuweisen. Er entwickelte dabei den 4226 Plan und die Organisation zu einer großen Interessen- gemeinschaft aller deutschen Teerfarbenfabriken, deren Endziel einmal der völlige Zusammenschluß in einem Gebilde sein sollte, in dem keine interne Kon- kurrenz und kein eigensüchtiges Gewinnstreben einzelner auf Kosten der anderen, sondern gemein- same Arbeit an gemeinsamen Problemen walten sollte. Drei Firmen brachte dieser Plan sofort zur ersten Interessengemeinschaft: die Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co., Elberfeld, die Badische Anilin- & Soda-Fabrik, Ludwigshafen, und die Actiengesell- schaft für Anilinfabrikation, Berlin. Diese I. G. sah den Austausch von Erfahrungen und weitgehende Ausschaltung gegenseitiger Konkurrenz vor und förderte so die Weiterentwicklung der drei Partner. Bald danach traten auch die Firmen des Maingau- bezirkes: Höchst, Cassella und Kalle in engere, aller- dings mehr kapitalmäßige Beziehungen azueinander. Der Weltkrieg schuf für die völlig unvorbereitete chemische Industrie eine Fülle neuer Probleme und Aufgaben, deren Lösung nur in gemeinsamer Arbeit möglich war. So wurde der Plan einer umfassenden Interessengemeinschaft aufgegriffen und es gelang im Jahre 1916, die Partner der kleinen I. G. des Jahres 1904 mit den übrigen Firmen zusammenzubringen. Ein großer Schritt war getan. Aber der Ausgang des Krieges und seine Folgen für die deutsche chemische In- dustrie ließen diese Interessengemeinschaft nicht zur endgültigen Ausdrucksform werden. Der stark ein- geengte Weltmarkt, die Notwendigkeit, Produktion und Absatz in ein gesundes Verhältnis zu bringen, neue Ge- biete mit gemeinsamer Kraft zu erschließen, brachten Carl Duisberg und Carl Bosch dazu, den Gedanken der Fusion vorwärtszutragen. Man zog freiwillig und vorzeitig die Konsequenzen und schloß trotz aller Schwierigkeiten in enger Zusammenarbeit mit den Leitern der übrigen großen Firmen die bisherigen Interessengemeinschaftsfirmen zu einer großen Aktien- gesellschaft zusammen, die, nach einheitlichen Ge- sichtspunkten geleitet, dem Eigenleben der einzelnen Produktionsgebiete freien Spielraum lassen sollte. Es dürfte interessieren, im folgenden kurz die Gründungsdaten der Stammfirmen zu verzeichnen, die zu dem neuen größeren Zweck freiwillig ihr Eigen- leben aufgaben, um in anderer Form auf gemeinsamer Grundlage den Zukunftsaufgaben der deutschen chemischen Industrie gewachsen zu sein. Stammfirmen: 1. Ba dische Anilin- & Soda-Fabrik, Ludwigshafen: hervorgegangen aus der 1861 als offene Handels- gesellschaft errichteten Chem. Fabrik Dycker- hoff, Clemm & Co., im Jahre 1863 umgewandelt in Sonntag, Engelhorn & Clemm Mannheim, als Aktiengesellschaft gegründet unter dem Namen Badische Anilin- & Soda-Fabrik am 6. April 1865 zu Mannheim, Fabrikanlagen zu Ludwigs- hafen am Rhein. Leiter des Direktoriums im Zeitpunkt der Fusion: Geh. Kom.-Rat Prof. Dr. Carl Bosch, Vorsitzender des Aufsichtsrats: Prof. Dr. Carl Müller. 2. Farbenfabriken vor m. Frie dr. Bayer & Co., Leverkusen: entstanden aus einem im Jahre 1850 von Friedr. Bayer sen. in Elberfeld gegründeten Geschäft zum Verkauf natürlicher Farbstoffe, Farbenfabrik seit 1863, Aktiengesellschaft seit .. =