― I. G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft rung von Oel auch wichtige Erfahrungen für die Kohle- und Teerhydrierung aus der Hand gegeben wurden, da zwischen beiden Verfahren sehr enge Be- ziehungen bestehen. Bei der Beschränkung auf das Abkommen vom Jahre 1927 würde sich aber für die Kohlehydrierung ein vertragloser Zustand ergeben haben. Die Herstellung von Oel aus Kohle und Teer ist für diejenigen Länder, die selbst nur geringe oder keine Erdölvorkommen besitzen, aber über billige Kohle verfügen, von großem Interesse. Um dieser Sachlage Rechnung zu tragen und gleichzeitig die Weiterentwicklung der I. G.-Verfahren mit größtmöglichem Nutzen für die I. G. sicherzu- stellen, entschloß sich die I. G. im Jahre 1929, mit der Standard Oil Co. of New Jersey eine Holding- Gesellschaft, die „Standard-I. G. Co.“ zu gründen und dieser die Verwertung des gesamten Patentbesitzes der I. G. auf dem Gebiete der Hydrierung auf der ganzen Welt mit Ausnahme von Deutschland zu übertragen. Auch die Standard Oil verpflichtete sich, die Patente, die sie auf diesem Gebiet besitzt, in die Gesellschaft einzubringen. Die Verwertung ihrer Ver- fahren in Deutschland behielt sich die I. G. allein vor. Sie traf eine Sondervereinbarung über das von ihr hergestellte Benzin für den deutschen Markt, die die nationalen Interessen wahrte. 193 0 Ab 1. OÖktober 1930 bezogen die Farbenverkaufs- gruppen von Ludwigshafen, Leverkusen, Frankfurt, Feuerbachstraße, und Höchst sowie der gesamte Chemikalienverkauf das neue Verwaltungsgebäude in Frankfurt a. M., Grüneburgplatz. Damit hatten die Zentrale des Farbenverkaufs, die Zentrale des Chemi- kalienverkaufs sowie einige allgemeine Abteilungen wie Zentralbuchhaltung, Zentralsteuerabteilung u. a. ihren Sitz in dem neuen Verwaltungsgebäude. Im Farbengebiet kam es zu Besprechungen mit weiteren ausländischen Erzeugern über den fern- östlichen Markt, wodurch eine Besserung der Kon- kurrenzverhältnisse erreicht wurde. Die italienische Aziende Chimiche Nazionali Associate, die sogenannte ACNA, brach gegen Ende des Jahres 1930 zusammen. Sie wurde liquidiert und die I. G. gründete gemein- sam mit dem Montecatini-Konzern Anfang 1931 eine neue „ACNA'“' (Aziende Colori Nazionali Affini), die die Farben- und Chemikalien-Betriebe der alten Ge- sellschaft weiterführte. Im Wege freundschaftlichen Einverständnisses schieden die Vereinigten Glanzstoff-Fabriken A.-G., Wuppertal-Elberfeld, aus der Abeta. G. m. b. H, Lichtenberg, aus. Die I. G. übernahm die Anteile und wurde alleinige Inhaberin des Unternehmens. Der Verkauf der Aceta-Produkte erfolgt durch die I. G. Die durch die schlechte Lage der Landwirtschaft in der ganzen Welt einerseits und die übermäßige Eigenproduktion einzelner europäischer Nachbar- Hinder andererseits hervorgerufene Absatzkrise im Stickstoff führte zu internationalen Verhandlungen. Anfang August 1930 wurde zwischen den aus- ländischen Erzeugern, der chilenischen Salpeter- industrie und der deutsch-englisch-norwegischen Gruppe eine Convention de IIndustrie de L'Azote (CIA) abgeschlossen, die mehr als 98 % der euro- bäischen und ca. 80 % der Welt-Produktionskapazität umfaßte, Die Konvention lief nur ein Jahr und wurde 1931 nicht verlängert. Die gemeinsam mit der Standard Oil of New Jersey gegründete Standard-I. G. Co. übertrug ihren Patentbesitz in den Vereinigten Staaten von Nord- amerika zwecks Verwertung in U. S. A. auf die Hydro Patents Co.“' An ihr ist der weit überwiegende Teil der Oelindustrie der Vereinigten Staaten be- teiligt. Gleichzeitig wurde eine zweite Gesellschaft, die „Hydro Engineering & Chemical Co.“, gegründet, um die einzelnen Lizenznehmer in technischer Hin- sicht zu beraten. 33 Eine wesentliche Aenderung in der Höhe des dividendenberechtigten Aktienkapitals war schon in 1930 eingetreten. Die ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland und die rückläufige Ent- wicklung der Weltbörsen hatten außergewöhnliche Kurseinbrüche an den Aktienmärkten zur Folge, unter denen auch die I. G.-Aktien zu leiden hatten. Die I. G. hatte infolgedessen die Versuche der Banken, dieser Bewegung entgegenzuwirken, im Interesse ihrer Aktionäre unterstützt. Außer den aus dieser Ver- anlassung von der I. G. übernommenen Aktien wurden weiter größere Beträge von solchen Be- sitzern erworben, die den Wunsch hatten, den Gegen- wert in Aktien der Internationalen Gesellschaft für Chemische Unternehmungen A.-G. (I. G. Chemie), Basel, anzulegen. Am 31. Dezember 1930 befanden sich RM 49 916 800.– eigene Stammaktien im Besitze der I. G. Anfang 1931 hatte die I. G. von den Rheinischen Stahlwerken Essen-Ruhr nom. Reichs- mark 24 714 000.– I. G.-Aktien übernommen, und zwar gegen nom. RM 41 190 000.– der A. Riebeck'- schen Montanwerke Aktiengesellschaft Halle/Saale. Dieser Tausch wurde auf Grund des bekannten Um- tauschverhältnisses von 6: 10 vorgenommen. Im Laufe des Jahres 1931 kamen noch weitere Er- werbungen in Höhe von RM 39 717 000.– hinzu, so daß sich am 31. Dezember 1931 RM 114 347 800.—– eigene Stammaktien im Besitze der I. G. befanden. Die Generalversammlung der I. G. vom 10. Mai 1932 beschloß, von diesen eigenen Aktien auf Grund der Notverordnung über die erleichterte Kapitalherab- setzung vom 6. Oktober 1931 RM 110 000 000.– mit Wirkung per 31. Dezember 1931 einzuziehen und da- mit das Stammaktienkapital von RM 960 000 000.– auf RM 850 000 000.– herabzusetzen. Das Aktien- kapital der I. G. per 31. Dezember 1931 betrug da- mit RM 990 000 000.– und bestand aus Reichsmark 850 000 000.— Stammaktien, RM 100 000 000.– Vor- zugsaktien Serie A und RM 40 000 000.– Vorzugs- aktien Serie B. Die Verhandlungen zwischen den wichtigsten deutschen, holländischen, italienischen und schweize- rischen Herstellern von Viskose-Kunstseide zwecks Bildung eines Verkaufssyndikats für den deutschen Markt wurden zu Ende geführt. Die Dauer des neu gegründeten Syndikats wurde auf zehn Jahre fest- gesetzt. Der Verkauf der von den V ertragspartnern hergestellten Viskose-Kunstseide in und nach Deutsch- land erfolgte ab 1. Oktober ausschließlich durch die „Kunstseide-Verkaufs- Büro G. m. b. H., Berlin“. Gleichzeitig bildete sich das „Kupferkunstseide- Syndikat“ zwischen den Firmen J. P. Bemberg A.-G., Wuppertal-Barmen, I. G. Farbenindustrie Aktien- gesellschaft und Fr. Küttner A.-G., Pirna, dessen Geltungsbereich über den deutschen Markt hinaus- geht. Im Frühjahr 1931 übertrug die Standard-I. G. Co. die bei ihr vereinigten Patente zwecks Verwertung für die Welt, außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland, auf die International Hydrogenation Patents Co., Ltd.', Vaduz (Liechten- stein), während gleichzeitig zur Vermittlung der technischen Erfahrungen für diesen Teil der Welt die International Hydrogenation Engineering & Chemical Co.“ im Haag gegründet wurde. 4229