Kammgarnspinnerei Stöhr & Co. Aktien-Gesellschaft in Leipzig 1918 Während des Krieges wurde die Beteiligung an der Botany Worsted Mills in Höhe von $ 5 500 000.– von den Amerikanern sequestriert. 1923 wurde unbeschadet der Freigabeforde- rungen die frühere Tochtergesellschaft „Botany Wor- sted Mills, New- York-“, die größte amerikanische Kammgarnspinnerei, aus den Händen des Alian Property Custodian zurückerworben. An der neuen „Botany Consolidated Millsé“' war Stöhr mit 25 % be- teiligt, während der maßgebliche Einfluß bei der amerikanischen Stöhr-Linie und dem Bankhaus Blair & Co. lag. 1924 nahm Stöhr zum Erwerb dieser Beteiligung und zum Ausbau des deutschen Geschäftes einen größeren amerikanischen Kredit in Anspruch. Bei dieser Gelegenheit erhielten die Amerikaner eine Option auf je 50 % des Aktienkapitals der Stöhr-Ge- sellschaft und der „Etag' – Elberfelder Textilwerke A.-G. eingeräumt, die auch ausgeübt worden ist. Die Konvertierung des amerikanischen Kredites erfolgte später durch eine Anleihe von $ 4 000 000.—, für die Stöhr die volle Bürgschaft übernahm und die von der ,„Continentale Textile Company Ltd., New- York“, der 1926 gegründeten neuen Holdinggesell- schaft der Botany Consolidated Mills, herausgegeben wurde. In der Stöhr-Bilanz war die Beteiligung an der Botany Consolidated Mills mit rund RM 7 000 000.—– aktiviert. Diese Beteiligung hat sehr unbefriedigend gearbeitet; in 1926 ergab sich ein Verlust von § 4 500 000.—. 1927 kam es, trotz inzwischen eingetretener Besserung, ebenfalls nicht zu einer Gewinnaus- schüttung. Stöhr entschloß sich, den größten Teil seiner amerikanischen Beteiligungen abzustoßen. Diese Neuregelung kam im wesentlichen einer Liquidation der amerikanischen Interessen gleich. Es verblieb Stöhr lediglich eine Restbeteiligung von 5 % am Stammkapital der Botany Consolidated Mills, während als Gegenwert für den Verkauf sämtliche „Etag-'- Aktien sowie ein großer Posten eigener Aktien Stöhr wieder zuflossen und außerdem die Haftung für die 4-Mill.-Dollar-Anleihe der Continentale Textile Cy. entfiel. Die Bereinigungstransaktion ist für Stöhr mit kaum nennenswerten finanziellen Belastungen ver- bunden gewesen, dagegen brachte sie den großen Vor- teil, daß Stöhr jetzt von dem mit großem Risiko be- lasteten Geschäft der amerikanischen Kammgarn- spinnerei unabhängig ist. Die freundschaftlichen Beziehungen zur Botany Consolidated Mills und der amerikanischen Stöhr-Linie bleiben in vollem Umfange bestehen. 1927 wurde an der Vaterländischen Kammgarn- spinnerei und Weberei A.-G., Budapest, größeres Interesse durch Aktienerwerb genommen. Die Forderung an den Public Custodian für das beschlagnahmte Eigentum der Gesellschaft im Werte von rund $ 5 500 000.– ist in der Bilanz nicht aktiviert. Nach dem amtlichen Bericht über die Freigabe- verhandlungen im Jahre 1926 besaß die Gesellschaft ein bares Guthaben von rund $ 5 500 000.—. Die zurückbehaltenen 20 % des Freigabeguthabens von $ 1 100 000.– werden auch mit 5 % verzinst, was jährlich etwa § 50 000.– ausmacht, die der Gesell- schaft später zufließen sollen. Die bis zum 4. März 1923 auf das beschlagnahmte deutsche Eigentum an- gefallenen Zinsen fließen bekanntlich in einen Zinsen- fonds, der erst nach 24 Jahren freigegeben wird. Die Höhe dieser Zinsen kann man nur schätzen, sie werden aber sicherlich auch noch § 1 000 000.– ausmachen. 4642 1928 Im August 1928 erwarb die Gesellschaft die Strickgarn- und Weftspinnerei A. F. Dinglinger, Wüste. giersdorf, welche als Zweigniederlassung des Leip- ziger Werkes fortbetrieben wird. Im November erfolgte die 80 %ige Freigabe der in Amerika beschlagnahmt gewesenen Vermögens- substanz der Gesellschaft. Zur Zeit der Freigabe be. trug dieses Vermögen ca. $ 6 300 000.–. Davon sind für Abgaben, Auslagen und Provisionen $ 1 300 000.— abzuziehen, worin auch eine Zinsentschädigung an die Bontany Consolidated Mills Inc. in New York liegt, welche der Gesellschaft die Herabsetzung des 10 %:1gen Zinssatzes des früher $ 4 000 000.— be- tragenden amerikanischen Darlehens zugestanden hatte. Von dem der Gesellschaft netto verbleibenden Betrag von ca. $ 5 000 000.– bleiben ca. § 1 100 000.— weiter in den Vereinigten Staaten beschlagnahmt. Dieser Betrag. ebenso wie ein noch strittiger Betrag von ca. $ 330 000.– aus Zinsverrechnungen sind in der Bilanz nicht bewertet. Bar zugeflossen sind der Gesellschaft ca. Dollar 3 600 000.– = RM 15 000 000.–, die wie folgt ver- wandt wurden: RM 1 750 000.– zur Ausschüttung eines Bonus von 10 % auf das bisherige Aktien- kapital; 350 000.– an die Mitarbeiter der Ges. für Auf. wertung der aus den Vorkriegs- und nachfolgenden Jahren stammenden Einlagen; RM RM 1 420 000.– für vertragsmäßige und sonstige Ver- gütungen und für satzungsgemäße Aufsichtsratstantieme an Aufsichtsrat und Beamte; RM 1 277 000.– an den Verwaltungs-Pensionsfonds, RM 3 000 000.– an den Werkerneuerungsfonds; RM 4 000 000.– zu Abschreibungen auf Wertpapiere und Beteiligungen; RM 2 000 000.– zu Abschreibungen auf Bestände; RM 1 000 000.– für allgemeine Zwecke. Im Zusammenhange mit der Freigabe beschloß die ao. Generalversammlung vom 28. Dezember 1928, das Stammaktienkapital um RM 4 500 000.– auf RM 22 000 000.– zu erhöhen. Die gleiche Generalversammlung genehmigte ferner einen Fusionsvertrag mit der Kammgarn. spinnerei Gautzsch Akt.-Ges., Gautzsch bei Leipzig, wonach das Vermögen dieser Gesellschaft als Ganzes unter Ausschluß der Liquidation mit Wirkung ab 1. Januar 1928 von der Gesellschaft übernommen wurde. Der Umtausch der Aktien erfolgte in der Weise, daß für je nom. RM 640.—– Gautzsch-Aktien nom. RM 250.– Stöhr-Aktien gewährt wurden. Der größte Teil des Aktienkapitals von Gautzsch befanl sich bereits im Besitze der Gesellschaft. Der Aus- tausch erfolgte beiderseitig ohne Dividendenschein für 1928, jedoch vergütete Stöhr den Aktionären von Gautzsch 8 % für den Dividendenschein von 1928. Die im Jahre 1927 aus Amerika übernommenen eigenen Aktien sind im Laufe des Jahres 1928 an be freundete Unternehmen abgegeben worden. Die 5 %ige Beteiligung an der Bontany Consolidated Vills Inc., New York, wurde abgestoßen. Verstärkt wurde der Beteiligungsbesitz am Amsterdamsch Wor Syndicaat, Amsterdam, der Maatschappij voor Textiel- ondernemingen, Amsterdam. Aus dem Interessenkreis der Elberfefder Textilwerke A.-G. (Etag) wurde ein Aktienpaket von F. W. Krause & Co. Bankgeschäft