Chemische Fabrik von Heyden Aktiengesellschaft Gründung: Die Gründung der A.-G. erfolgte am 15. Mai 1899 unter Uebernahme der Firma Chemische Fabrik von Heyden G. m. b. H. in Radebeul mit einem Grund- kapital von M 5 000 000.—. Gegenstand des Unternehmens: Errichtung und Betrieb von chemischen Fabriken im In- und Auslande und Erwerbung von Grundbesitz hierzu im In- und Auslande sowie Errichtung von Zweigniederlassungen und Beteiligung an anderen Unternehmungen ähnlicher Art innerhalb wie außer- halb des Deutschen Reiches. Erzeugnisse: Pharm. Spezialpräparate (Acetylin, Adsorgan, Chloramin, Clorina-Heyden, Coffetylin, Collargol, Eldoral, Expit, Gastro-Sil, Gyneclorina, Noviform, Peremesin, Salit, Silargetten, Sulfoderm-Puder, Xeroform u. v. a.), pharm. Großpräparate und Fein- chemikalien (Salicylsäure, Acetylsalicylsäure, Phenol, Argentum proteinicum, Wismutverbindungen, Guaja- kolverbindungen, Kaliumpermangat, Kreosot, Salol u. a.), Kolloide, technische Großchemikalien (anorga- nische Säuren, Aetzkali, komprimierte Gase, Chlor- benzol, Diphenyläther, Chlorate usw.), Süßstoff, Des- infektions- u. Konservierungsmittel, Weichmachungs- mittel, chemisch-technische Artikel wie Röntgen- zubehör, Zigarettengoldmundstücke, Brolon-Flaschen- kapseln (Viskose-Schrumpfkapseln), Kunstbraunstein, Verguß- und Imprägniermassen. Vorstand: Geh. Regierungsrat Dr. jur. H. Julius Jungel, Vor- sitzender; Dr. H. Ludewig; Ferdinand Strubberg, Dresden. 1874 wurde von Dr. Friedrich von Heyden das Stammhaus gegründet als erste Fabrik zur syntheti- schen Herstellung der Salicylsäure. Mit dem Sieges- lauf der Salicylsäure, deren Verwendung immer mannigfaltiger geworden ist, wurde die Firma Heyden bald zu einem Unternehmen von Weltruf. 1885 ging die Fabrik dazu über, in ihren wissen- schaftlichen Laboratorien Arzneistoffe, wie Salole, Carbonate und Wismut-Phenole, auszuarbeiten und in den Handel zu bringen. In den späteren Jahrzehnten wurde dieses Gebiet bedeutend erweitert. Bahn- brechend waren vor allem die Arbeiten auf dem Gebiete der Kolloid-Chemie für Medizin und Technik. 1892 wurde die Herstellung künstlicher Süßstoffe aufgenommen. 1901 wurde auf dem in Nünchritz b. Riesa a. E., Bahnstation Weißig, erworbenen Terrain eine Schwefel- säurefabrik errichtet mit der Bezeichnung ,Werk Weißig. Im gleichen Jahr wurde in Garfileld bei New York eine Fabrik zur Herstellung von Salicyl- saure und künstlichem Süßstoff erbaut. 1903 wurde eine weitere Süßstoff-Fabrik in Nidau (Schweiz) in Betrieb genommen. Die Schwefelsäurefabrik wurde im Jahre 1908 durch Erbauung von Chlor-Elektrolysen vergrößert. Während des Krieges wurde je eine Fabrik zur Herstellung von Chlorat und Karbid in Kostuchna (Oberschles.) und Hirschfelde/Sa. errichtet. Erstere mußte nach Beendigung des Krieges stillgelegt werden. Das Fabrikgrundstück in Hirschfelde wurde im Jahre 1923 an die Elektrochemische Gesellschaft m. b. H., Hirschfelde, verpachtet. 317 Handbuch der Deutschen Aktiengesellschaften 1936, IV Sitz der Verwaltung: Radebeul bei Dresden. Aufsichtsrat: Bankdirektor a. D. Konsul Max Reimer, Vorsitzender; Major a. D. Freiherr Wilhelm Greifenhagen (Pommern); Kommerzienrat Robert Vorländer, Radebeul; Erwin Dircks, Generaldirektor der Maizena- Werke, Hamburg; Hugo Zinßer, Direktor der Dresdner Bank, Berlin. Dresden, von Buddenbrock, Bilanzprüfer für das Geschäftsjahr 1936: Treuhand-Vereinigung A.-G., Dresden. Geschäftsjahr: 1. Januar bis 31. Dezember. Generalversammlung (Stimmrecht): je nom. RM 100.– Stammaktien 1 Stimme, je nom. RM 100.– Vorzugsaktien 50 Stimmen in bestimmten Fällen. Reingewinn-Verwendung: 1. zur Abführung von mindestens 5 % an den gesetz- lichen Reservefonds (bis 10 % des Aktienkapitals); 2. zur Zahlung einer Dividende von 7 % an die Vor- zugsaktien; zur Zahlung einer ordentlichen Dividende bis zu 4 % an die Stammaktien: 4. zur Gewährung einer Tantieme von 10 % des über 4 % hinaus zur Verteilung kommenden Rein gewinnes an den Aufsichtsrat; der hiernach verbleibende Restbetrag wird an die Aktionäre als Superdividende verteilt, soweit nicht die Generalversammlung eine andere Ver- teilung beschließt. Zahlstellen: Gesellschaftskasse in Radebeul; Dresdner Bank, Berlin, Dresden, Leipzig. Ött * Aufbau und Entwicklung des Unternehmens. In der Zwischenzeit ist das Produktionsprogramm auch in der Hauptfabrik bedeutend erweitert worden, nicht nur auf dem Gebiet der Herstellung von pharmazeutischen Spezialitäten, sondern auch durch Aufnahme der Fabrikation von Bobinen als Mund- stücksbelag für Zigaretten und Brolon-Flaschen- kapseln. Ende 1925 erlangte die Gesellschaft wieder Ein- fluß auf die zwangsweise verkaufte Fabrik in Gar- field U. S. A. (The Heyden Chemical Works, die nun- mehr Heyden Chemical Corporation firmiert). 1926* Inbetriebnahme der neuen Kohlensäure- anlage sowie Vornahme verschiedener Verbesserungen und Erweiterungen in der Fabrikation. 1927 wurden die bereits früher angestellten Ver- suche zur Kunstseidefabrikation wieder aufgenommen und in den Betrieben Verbesserungen und Erweite- rungen vorgenommen. Die nom. RM 1 136 200.– Vorratsaktien wurden verkauft; der Erlös ist nach Abzug der Steuern und Sspesen mit RM 1 377 702.75 dem gesetzlichen Reservefonds überwiesen worden. 1928 Aufnahme der Fabrikation von Acetyl- cellulose, Erweiterung und Modernisierung der Salicyl-, Acetylsalicylsäure- und Natronsalicylat- Apparaturen, Vergrößerung der Schwefelsäure-, Chlor- und Chloramin-Anlagen. Die bei einer Tochter- gesellschaft errichtete kleinere Anlage zur Her- stellung von Kunstseide wurde in laufenden Betrieb genommen. 1929 Die Gesellschaft erhielt den größten Teil des beschlagnahmten Amerika-Vermögens in Höhe 5057