3 porzellunfabrik Lorenz Drahtanschrift: „Elhaer“, Selbbayern. Fernruf: Werk A: 541, Werk B: 351. Postscheckkonto: Nürnberg 5030. Bankverbindungen: Bayer. Creditbank, Regensburg und Nürnberg; Bankgeschäft Karl Schmidt, Selb; Landeszentral- bank von Bayern, Hof a. S. Gründung: Die Gründung erfolgte am 1. Februar 1902 mit Wirkung ab 1. Januar 1902 unter Übernahme der seit 1856 bestehenden Firma „Lorenz Hutschenreuther' mit einem Grundkapital von M 1 200 000.—. Zweck: Herstellung und Vertrieb von keramischen Gegen- ständen und von Erzeugnissen benachbarter Fachgebiete, so- wie Auswertung von Rohstoffvorkommen für die keramische Industrie. In diesem Rahmen ist die Gesellschaft zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks notwendig oder nützlich erscheinen, insbesondere zur Errichtung von Zweigniederlassungen im In- und Auslande, zur Beteiligung an anderen Unterneh- men gleicher oder verwandter Art und zu deren Erwerb, sowie zum Abschluß von Interessengemeinschafts-Verträgen und ähnlichen Verträgen. Erzeugnisse: Qualitäts-Gebrauchs-Porzellane aller Art, Tafel- und Kaffee-Service, Frühstücks-, Obst-, Tee- und Dessert- Service usw., Hotel- und Wirtschaftsporzellane, weiß und dekoriert, Stapelartikel, Kunstporzellane in reicher Kollek- tion, feuerfeste Kochgeschirre und technische Porzellane. Vorstand: Dir. Dr. Rudolf Sies, Selb; Vorsitzer; Christian Modrack, Selb, techn. Direktor; Ernst Schwabach, Selb. Aufsichtsrat: Bankdirektor Hans Rummel, München-Allach, Vorsitzer; Dr. jur. Ottomar Benz, Staatsminister z. D. und Bankdirektor, Berlin; Heinz Kaiser, Schweinfurt; Dr. Her- mann Richter, Düsseldorf; Dr. Eduard Schamberg, Fürsten- feldbruck; Dr. Otto Seeling, Fürth; Viktor Ulbrich, Nürnberg. Abschlußprüfer: Treuverkehr, München, Filiale der Treu- vVerkehr, Deutsche Treuhand-Aktiengesellschaft, München- Thannhausen. Geschäftsjahr: 1. Juli bis 30. Juni. Stimmrecht der Aktien in der H.-V.: Je nom. RM 300.– Stammaktien = 1 Stimme, je nom. RM 100.– Vorz.-Akt. = 2 Stimmen, jedoch in den bekannten drei Fällen = 6 Stimmen. Satzungsgemäße Verwendung des Reingewinns: Der Reingewinn, der sich nach Vornahme von Abschreibun- gen, Wertberichtigungen, Rückstellungen und Rücklagen er- gibt, wird wie folgt verteilt: 1. Zunächst erhalten die Vorzugsaktien eine Vorzugsdividende von 5 % und die für vorhergehende Jahre etwa nach- zuzahlenden Fehlbeträge; 2. sodann werden auf die Stammaktien bis zu 4 % als Ge- winnanteil ausgeschüttet; 3. hiernach erhält der Aufsichtsrat den ihm satzungsgemäß zustehenden Anteil am Jahresgewinn; 4. der Rest wird, sofern die H.-V. keine andere Verwendung bestimmt, auf die Stammaktionäre verteilt. Zahlstellen: Südwestbank, Mannheim; Bayerische Creditbank, München, Nürnberg; Bayerische Staatsbank, Nürnberg. Aufbau und Entwicklung Die „Porzellanfabrik Lorenz Hutschenreuther Aktiengesell- schaft“ in Selb in Bayern ist aus der Firma „Lorenz Hut- schenreuther“ hervorgegangen, die im Jahre 1856 am glei- chen Ort gegründet worden war. Diese Firma beschäftigte sich mit der Herstellung von Tafel- und Kaffeegeschirren und eröffnete ihren Betrieb in zwei Gebäuden mit etwa 60 bis 70 Personen. Bereits damals war in der Fabrik eine Dampfmaschine und Wasserkraft vorhanden, wodurch eine fabrikmäßige Herstellung der Erzeugnisse von Anfang an gsewährleistet war. Der Begründer Lorenz Hutschenreuther leitete die Fabrik und das ganze Unternehmen bis zum Jahre 1875; bereits im Jahre 1864 hatte er indessen in der Person des später zum Königlichen Kommerzienrat ernannten Hans Pabst einen Teilhaber mit aufgenommen, der bis zum Jahre 1888 mit an der Spitze des Unternehmens stand. Victor Hutschenreuther, der gleichfalls den Titel eines Königlichen Kommerzienrates erhielt, stand in den Jahren 1878 bis 1902 Hutsch ((/ // /// .. ......... %366.. enreuther Aküengesellschaft Sitz der Verwaltung: (13a) Selb in der Leitung der Firma, Eugen Hutschenreuther von 1884 bis 1899. Im Jahre 1894 wurde Alfred Pabst mit in die Firma aufgenommen und verblieb bis 1904. 1902 wurde die Firma in eine Aktiengesellschaft umgewan- delt mit einem Anfangskapital von M 1 200 000.–. Im Laufe der Jahre hat sich das Unternehmen durch Um- und Erweiterungsbau, durch Erwerb der Jägerschen Fabrik, welche als Filialbetrieb „Abteilung B*“ betrieben wird, ganz bedeutend vergrößert. 1917 erfolgte der Ankauf der „Porzellanfabrik Paul Müller“ in Selb mit 6 Öfen. Seit Gründung der Aktiengesellschaft ist ferner eine eigene Kaolingrube mit Schlämmerei in Fischern bei Karlsbad vorhanden, die den Betrieb mit erstklassigem Material versorgt. 1926 fand ein Aktienaustausch mit der „Porzellanfabrik Tirschenreuth A.-G.“ statt, wonach die Dreiviertel-Majorität des RM 2 000 000.— betragenden Aktienkapitals auf die „Lorenz Hutschenreuther A.-G.“ überging. Der Austausch erfolgte im Verhältnis 4:5 in Hutschenreuther-Aktien. 1927: Fusion mit der „Porzellanfabrik Tirschenreuth Aktien- gesellschaft“' in Tirschenreuth (A.-K. RM 2 000 000.–‒) und der „Aktiengesellschaft Porzellanfabrik Weiden Gebr. Bau- scher' in Weiden. A.-K. RM 4 000 000.– (siehe Kapitalent- wicklung). Durch diesen Zusammenschluß wurde die Gesellschaft eine der bedeutendsten in der Qualitätsgeschirrindustrie. Der Be- stand an Brennöfen erhöhte sich dadurch auf 60 Stück mit 3 600 cbhm Inhalt sowie auf 10 Muffelöfen. Die zur Fabrika- tion benötigten hauptsächlichen Rohmaterialien werden nun- mehr aus eigenen Vorkommen gewonnen. 1931/32: Kapitalherabsetzung in erleichterter Form (S. Kapi- talentwicklung). Die in der Folgezeit eingetretene Aufwärtsentwicklung, die sich auf Grund der erhöhten Absatzmöglichkeit, insbesondere in einem gesteigerten Beschäftigungsgrad und durch Anstieg von Umsatz und Lohnsumme äußerte, ermöglichte erst vom Geschäftjahr 1937/38 ab die Wiederaufnahme einer Dividen- denzahlung. 1939/40: Besonders erwähnenswert ist die in diesem Ge- schäftsjahr begonnene Errichtung einer neuen Brennhaus- anlage bei der Werksabteilung B in Selb. 1941/42: Abschluß des Neubaues der Brennhausanlage in der Werksabteilung B. – Erwerb verschiedener Gebäude. 1942/43: Trotz der kriegsbedingten Erschwernisse konnte der Gesamtumsatz auf etwa gleicher Höhe des Vorjahres gehal- ten werden. Die Rohstoffwerke der Gesellschaft erhöhten so- gar ihre Förderungs- und Versandleistung. – Im Pegmatit- werk des Unternehmens wurde mit einer Betriebserweite- rung begonnen. Außerdem wurden vordringliche Reparatu- ren an den Betriebsanlagen durchgeführt. 1943/44: Im 5. Kriegsjahr haben sich die Versandleistungen der Porzellanfabrik trotz der bestehenden Schwierigkeiten ungefähr auf gleicher Höhe wie im Vorjahre gehalten. Die Umsätze der Rohstoffwerke weisen einen geringen Rückgang auf. Zu den vorhandenen Arbeiter- und Beamtenwohnhäu- sern wurden Baracken-Unterkünfte geschaffen. Außerdem wurde eine neue Schmelzmuffelanlage angeschafft. 1944/45: Die außerordentlichen Verhältnisse des 6. Kriegsjah- res und der ersten Nachkriegsmonate brachten mit gestei- gerten Erschwernissen einen erheblichen Rückgang an Um- satz und Lagerbestand. Die Unmöglichkeit weiterer behörd- licher Kohlenzuteilung und die Beschlagnahme vorhandener Bestände führten bereits im März 1945 zur Einstellung der Produktion. – Die Produktionsstätten der Gesellschaft in Selb und Tirschenreuth sind intakt geblieben. Dagegen haben die Dekorationsabteilungen und Fertigwarenlager des Wer- kes Weiden durch Kriegseinwirkung schwere Beschädigun- gen erlitten. – Durch Abtrennung des Sudetengebietes ver- fiel das Kaolinwerk in Fischern bei Karlsbad der Enteig- nung. – Diese durch Kriegseinwirkung hervorgerufenen An- lagen-Abgänge, sowie auch verschiedene Positionen des Um- laufvermögens, die betroffen worden sind, erscheinen in der Bilanz unter „Fragliche Vermögensobjekte“. In den seit März stillgelegten Werken: Lorenz Hutschenreuther A.-G. in Selb“', „Porzellanfabrik Tirschenreuth in Tirschenreuth' und „Porzellanfabrik Wei- den Gebr. Bauscher in Weiden“ ist die Produktion ab Mai- Juni 1945 in geringem Umfange wieder angelaufen. Eine nennenswerte Erzeugung von Porzellangeschirr konnte je- 653 „Porzellanfabrik .- 3 . =―― 8 = =