7*= Die steuerlichen Aufwendungen bei der Gesellschaft und deren Organgesellschaften haben sich von RM 202,0 Mill. im letzten Friedensgeschäftsjahr auf RM 387,0 Mill. im Be- richtsjahr erhöht. 1944/45: Der Ablauf des Geschäftsjahres, des schicksalschwersten seit Gründung der Gesellschaft, wurde in seiner ersten Hälfte überschattet durch die ständig sich mehrenden Anzeichen des völligen militärischen, politischen und wirtschaftlichen Zu- sammenbruchs, von dem dann mit der gesamten Eisen schaf- tenden Industrie auch die Vereinigte Stahlwerke A.-G. in voller Schärfe erfaßt wurde. Auf allen Arbeitsgebieten gingen die Erzeugungs- und För- derleistungen mit den sich verstärkenden Luftangriffen auf das Ruhrgebiet schnell zurück. Von Monat zu Monat be- durfte es immer größerer Anstrengungen, um die Betriebe wenigstens einigermaßen in Gang zu halten. Gleichwohl nahm seit Beginn des Jahres 1945 mit dem Näherrücken der Front, den Zerstörungen auf den Werksanlagen, der Un- terbrechung der Verkehrswege und der Rohstoffzufuhren der Einbruch in die Produktionsleistungen ein immer schärferes Ausmaß an und führte schon Ende Januar zur Stillegung mehrerer Hüttenwerke. Bei der Besetzung des Ruhrreviers durch die alhierten Streitkräfte kam die Produktion auf allen Gebieten praktisch völlig zum Erliegen. Die im Zu- sammenhang mit der Anordnung zur totalen Räumung ver- fügte Sprengung von Hüttenwerken und Schachtanlagen unte verhindert werden. Gleich nach dem Zusammenbruch gingen die Werke und Schachtanlagen überall mit größtem Nachdruck an die Auf- raumung und Wiederinstandsetzung der zum Teil schwer be- schädigten Betriebsanlagen und ließen nichts unversucht, um die Voraussetzungen zum Anlauf der Produktion baldmög- Üchst wieder herzustellen. Ungeachtet der noch bestehenden völligen Ungewißheit über die Absichten der Militärregie- rung hinsichtlich des künftigen Produktionsumfanges und der wieder in Betrieb zu nehmenden Werke wurden diese Arbelten planvoll zunächst da angesetzt, wo man hoffen konnte, künftig wieder einigermaßen wirtschaftlich produ- zieren zu können. Der Wiederaufbau war mühseliger und ging aus mannig- tachen Gründen langsamer voran, als nach dem Zustand der Hutten- und vor allem der Bergwerksbetriebe zunächst er- wartet werden durfte. Erst allmählich erholte sich die Steinkohlenförderung im April wieder auf etwa zwei Fünftel der Förderleistung zu Beginn des Ge- schäftsjahres. Die Koksgewinnung hielt sich nach Wieder- inbetriebnahme einiger Kokereien in noch bescheidenen Grenzen und erreichte gegen Schluß des Geschäftsjahres erst wieder ein Siebentel der Erzeugung zu Beginn des Jah- res. Die Erzgruben lagen praktisch still. Auch von den Hüt- lenwerken kamen lediglich einige Teilbetriebe wieder in und zwar im wesentlichen mehrere Hochöfen aus ründen der Gas- und Energieversorgung; die Rohstahl- und Walzstahlerzeugung fiel fast völlig aus. Dagegen konnte ein Teil der Verarbeitungswerke schon in den Sommermona- die Produktion nach Erhalt der Betriebsgenehmigung in eidenem Rahmen wieder aufnehmen. Gungewönnlchen verhaltnlsse, die den Aplaut des Be- mal jahres bestimmten und eine auch nur annähernd nor- — ― und Betriebstätigkeit unmöglich machten, — sich in den Produktions- und Umsatzergebnissen Gegenüber dem vorhergehenden, trotz aller Kriegs- = in den Erzeugungsleistungen noch als verhält- Stela 6 normal anzusprechenden Geschättsjahre sanken die lenförderung und Koksgewinnung auf knapp ein bzw. ein Viertel, die Roheisenproduktion erreichte nur – ein knappes Sechstel, die Rohstahlproduktion ein 1. die Walzstahlerzeugung ein knappes Zehntel der vor- be = Produktion. Die Umsätze der Betriebsgesellschaften, nen Auslandsgeschäfte kaum noch eine Rolle spielten, ― nur noch stark ein Fünftel der vorjährigen; in der = Beendigung der Kampfhandlungen bis Abschluß M erichtsjahres lagen sie sogar bei nur ein Zwölftel des onatsdurchschnittes im Vorjahr. Die Gesamtla lage der Gesellschaft wurde durch diese Ent- Wicklung stärkstens beeinflußt. Zu dem mit den starken sseinbußen und völlig geänderten Produktionsbe- en sich steigerndem Mißverhältnis zwischen Kosten und Erlösen sowie den hohen Stillstandskosten bei einem Großteil der Werke traten die Nichtbezahlung aller Forde- rungen aus Lieferungen an das Reich, die Beschlagnahme aller Vermögenswerte im Ausland, das Einfrieren von Forde- rungen und Guthaben in der russischen Zone, die Ungewiß- heit über die Kriegsschädenforderungen und über die im Berliner Sammeldepot ruhenden Wertpapiere, schließlich der Ausfall an Schuldtiteln des Reichs. Die Gesellschaft hat den in Auswirkung des verlorenen Krie- ges eingetretenen Verlusten durch die Anpassung der Han- delsbilanz an die Steuerbilanz und durch weitgehende Inan- spruchnahme der Reserven Rechnung getragen. Die derzeis tigen, in mancher Hinsicht noch unklaren rechtlichen Ver- hältnisse, vor allem auch hinsichtlich des Kriegsschädenaus- gleichs, lassen eine endgültige buchmäßige Behandlung der Risiken jedoch nicht zu. Die Neubautätigkeit kam im Ver- laufe des Geschäftsjahres so gut wie ganz zum Erliegen. Nur noch im ersten Viertel der Berichtszeit wurden an einigen Neubauvorhaben nennenswerte Fortschritte oder ein gewisser Abschluß erzielt. Später mußten alle verfügbaren Kräfte und Materialien dafür eingesetzt werden, die durch Kriegsein- wirkung zum Teil schwer beschädigten Werksanlagen we- nigstens an den Schwerpunkten wieder instand zu setzen. = Der wechselvolle Ablauf des Berichtsjahres stellte mit seinen besonderen Schwierigkeiten an die Werksleitungen und Be- legschaften Anforderungen ganz außergewöhnlicher Art. Die Zahl der Arbeiter und Angestellten betrug am 30. September 1945 rund 114 000 gegenüber 241 000 am 30. September 1944. Die vor und nach der Kapitulation herrschenden außerge- wöhnlichen Zeitumstände führten zu einem starken Wechsel innerhalb der Belegschaften, vor allem auch beim Bergbau. Der Krieg riß gerade in seiner Endphase noch viele schmerz- liche Lücken in die Reihen der Mitarbeiter. Von den wäh- rend des Krieges einberufenen Angestellten und Arbeitern sind 11 061, d. h. etwa 15 % gefallen. Die soziale Betreuung der Belegschaften wurde im Rahmen des Möglichen aufrecht erhalten. Bei Abschluß des Krieges waren von den durch die Wohnungsgesellschaften betreuten etwa 70 000 Werkswohnungen 82 % zerstört oder mehr oder weniger beschädigt. Ein Viertel der Wohnungen war so mit- genommen, daß sie nicht mehr zu benutzen waren. Das Geschäftsjahr endete im Zeichen stärkster Depression auf allen Gebieten und völliger Ungewißheit über die wirt- schaftliche Weiterentwicklung im allgemeinen und die Zu-— kunft der Vereinigten Stahlwerke A.-G. im besonderen. Am 28. August 1945 war dem Vorstand durch die britische Militär- regierung mündlich mitgeteilt worden, daß die Gesellschaft aufgelöst werde. Auf Rückfrage erhielt die Verwaltung einige Monate später jedoch den Bescheid, daß die Angelegenheit jetzt nicht erörtert werden könne. Bemerkungen zur Bilanz per 30. September 1944: In dem Abschluß zum 30. September 1944 konnten die vern. mögenswerte, Verbindlichkeiten und das Ergebnis des frühe- ren Pachtbetriebes Differdinger Stahlwerke nicht mehr er- taßt werden, da die erforderlichen Unterlagen infolge der Anfang September 1944 erfolgten Räumung von Luxemburg nicht zur Verfügung standen. Die Auswirkungen des Krieges wurden in dem Abschluß nur zu einem Teil berücksichtigt; soweit am Bilanzstichtag be- reits Verluste eingetreten waren, insbesondere bei Auslands- werten, wurden Wertberichtigungen oder Rückstellungen ge- bildet. 8= Bei den Werksanlagen ergab sich ein Zugang an Neuanlagen von RM 76 359 000.–, wovon RM 13 031 000.– auf den Berg- bau, der Rest auf die Hüttenwerke und sonstige Betriebe entfallen. Die Abgänge von RM 7 770 000.– betreffen im we- sentlichen Anlagen, die durch Kriegseinwirkungen total zer- stört wurden. Dem Bruttowert der Werksanlagen von RM 1 741 999 000.– steht auf der Passivseite eine Gesamtwertberichtigung von RM 1 264 636 000.– (72, 6 %) gegenüber. Die bereitgestellten Baugelder werden unverändert mit RM 125 000 000.– ausge- wiesen. „ Bei den Zugängen an Beteiligungen in Höhe von Reichsmark 30 406 000.– handelt es sich im wesentlichen um den Erwerb einer Beteiligung an der Egerländer Stahlindustrie G.m. b. H, 1381