1886 / 206 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 02 Sep 1886 18:00:01 GMT) scan diff

Haushofmeister, Lord Mount⸗Edgeumbe . Antwort der Königin auf die Adresse des Hauses in Beantwortung der Thronrede verlesen. Dieselbe lautet: „Ihre loyale und unterthänige Adresse hat mir große Befriedigung bereitet, und ich baue mit Zuversicht auf 336 herzliche Mitwirkung in der Annahme solcher Maßregeln, welche Ihnen während der =, mn Periode des Finanzjahres unterbreitet werden ürften.“

Schnadhorst, der Leiter der liberalen Partei⸗Organi— sationen, ist Sekretär der Central⸗Liberal-Associa⸗ tion geworden, mit welchem Posten ein Jahresgehalt von 1200 Pfd. Sterl. verknüpft ist, und hat seine bisherige Posten

als Sekretär der National⸗Liberal⸗Association und Präsident

des liberalen Vereins von Birmingham niedergelegt.

Der radikale Klub des Londoner Wahlbezirks Mary⸗— lebone hat folgende, die Haltung Chamberlain's be— treffende Resolution gefaßt: „Die von Chamberlain eingenom— mene Stellung als Anhänger der Landlords und des Tory— thums macht es Seitens der Radikalen gebieterisch, ihn fortan nicht als ihrer Partei angehörig anzuerkennen..

General Sir Redvers Buller ist in Killarney eingetroffen, um von dort aus seine Maßnahmen zur Unter— drückung des Mondscheinlerwesens im Süden und Westen Irlands zu leiten. Es ist ihm ein Kanonenboot im Shannon zur Verfügung gestellt worden.

1. September, Abends. (W. T. B.) Im Unter⸗ hause beantragte Sexton bei der Fortsetzung der Adreß⸗ debatte ein Amendement, in welchem die Nothwendigkeit betont wird, schleunigst besondere Maßregeln zur Aufrecht— haltung der Ordnung in Belfast zu treffen. Der Staats⸗ sekretär für Irland, Hicks Beach, wies die Behauptung zurück, daß die Krawalle in Belfast durch Churchill's Reden hervor— gerufen seien; die Regierung werde Alles aufbieten, um die Ruhe in Belfast aufrecht zu halten, diese ihre Aufgabe werde aber durch die Rede Sexton's erschwert. Die Regierung müsse den Bericht der Untersuchungs-Kommission abwarten und könne erst, nachdem sie diesen Bericht in Erwägung ge— zogen, ihre Ansicht über den Ursprung der Ruhestörungen ab— geben. Die weitere Debatte wurde auf morgen vertagt.

Frankreich. Paris, 31. August. (Köln. Ztg.) Bei den Manövern des ersten Armee-Corps sind viele Fälle von Hitzschlag vorgekommen. In Capelle liegen 140 Kranke und 2 Todte. Auch in Landrecies und Cambrai wurden mehrere Reservisten vom Hitzschlag getroffen, in Tollignon fielen während eines Marsches bei 40 Grad Hitze zwei Reservisten todt nieder. Der Kriegs-Minister hat eine Unter— suchung angeordnet und durch Telegramm seine Anordnungen wegen der Gesundheit der Truppen in Erinnerung gebracht und den Befehlshabern im Hinblick auf die Hitze eingeschärft. Man läßt die Truppen jetzt vor der großen Tageshitze in die Quartiere einrücken. ;

Wadvdington, der französische Botschafter in London, traf estern kern in Paris ein, wird jedoch daselbst nur kurze

eit verweilen.

Die zu Neu⸗Caledonien gehörende „Fichten-Insel“ wird durch ein Dekret den zur gemeinschaftlichen Verbannung Verurtheilten zum Aufenthalt angewiesen. In seinem Bericht an den Präsidenten der Republik hob der Marine⸗Minister hervor, daß Guyana, welches seit einem halben Jahr am gelben Fieber gelitten, obschon in besserem Gesundheitszustand, noch nicht als Strafort benutzt werden könne.

Türkei. Konstantinopel, 2. September. (W. T. B.) Der Sekretär der russischen Botschaft, Nekliudoff, hat sich gestern nach Sofia begeben, um den dortigen russischen diplomatischen Agenten Boydanoff, der angeblich mit Urlaub abgereist ist, zu ersetzen.

Rumänien. Bu karest, 1. September. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Agence Havas“ meldet: Aus Sofia ein— getroffene Nachrichten besagen, daß Oberst Mutkuroff, welcher mit 6 Regimentern dort eingetroffen sei, Karaweloff, Ban ff Clement, Nikiforoff und andere bei dem Staatsstreich

etheiligte Personen verhaftet habe. Der Fürst habe be—

fohlen, Karaweloff und Zankoff freizulassen. Die übrigen seien jedoch in Haft behalten. Die beiden Regimenter, welche am Staatsstreich betheiligt waren, seien nach Kustendil zurück— geschickt worden; die dortige Bevölkerung habe auf die Nach— richt von der Rückkehr dieser Regimenter alle Munitions— vorräthe in Kustendil zerstört.

1. September, Abends. (W. T. B.) Die „Pol. Corr.“ meldet: Prinz Ludwig von Battenberg hat sich nach Singaja begeben, wo er vom Könige von Rumänien in Audienz empfangen werden wird.

Bulgarien. Sofia, 1. September. (W. T. B.) Fürst Alexander ist in Philippopel angekommen und von der Bevölkerung mit Enthusiasmus empfangen worden. Der Fürst wird wahrscheinlich am Freitag Abend hier eintreffen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. September. (W. T. B.) Der „Regierung s-Anzeiger“ veröffentlicht ein Telegramm des Fürsten Alexander an den Kaiser, welches letzterem am 18. August a. St. (30. August n. St.) durch Vermittelung des Leiters des russischen Konsulats in Rustschuk zugegangen ist, sowie die Antwort des Kaisers, welche dieser dem Fürsten telegraphisch nach Philippopel er⸗ theilt hat. Das Telegramm des Fürsten lautet: „Sire! Nachdem ich die Regierung meines Landes wieder über— nommen habe, wage ich es, Ew. Majestät meinen ehrerbie— tigsten Dank auszusprechen dafür, daß der Vertreter Ew. Ma— . in Rustschuk, durch seine offizielle Gegenwart bei meinem Emfange, der bulgarischen Bevölkerung gezeigt hat, daß die Kaiserliche Regierung den gegen meine Person gerichteten revolutionären Akt nicht billigen kann. Gleichzeitig bitte ich um die Erlaubniß, Ew. Majestät meinen vollen Dank aus— sprechen zu dürfen für die Entsendung des Generals Fürsten Dolgorukoff als außerordentlichen Gesandten Ew. Majestät. Indem ich die legale Gewalt wieder in meine Hände nehme, ist es mein erster Schritt, Ew. Majestät auszusprechen, daß ich die feste Absicht habe, jedes mögliche Opfer zu bringen, um die hochherzigen Intentionen Ew. Majestät unterstützen zu können, welche dahin gehen, Bulgarien aus der schweren Krise heraus ubringen, welche es gegenwärtig durchmacht. Ich bitte Ew. Majestät, den Fürsten Dolgorukoff zu ermächtigen, sich direkt und so bald wie möglich mit mir zu verständigen, und werde glücklich sein, Ew. Majestät den sicheren Beweis un— veränderlicher Ergebenheit gegen Ihre erhabene Person geben zu können. Das monarchische Prinzip hat mich genöthigt, den esetzmäßigen Zustand in Bulgarien und Rumelien wieder erzustellen. Da Rußland mir meine Krone gegeben, so bin ich bereit, dieselbe in die Hände seines Souveräns

zurückzugeben.“ Die Antwort des Kaisers lautet: Ich habe das Telegramm Ew. Hoheit erhalten. Ich kann Ihre Rückkehr nach Bulgarien nicht gut⸗ heißen, da ich verhängnißvolle Konsequenzen für das Land voraussehe, das schon so sehr geprüft ist. Die Mission des Fürsten Dolgorukoff ist inopportun geworden. Ich werde mich jeder Einmischung in den traurigen ich aht der Dinge enthalten, welchem Bulgarien wieder überliefert ist, so lange Sie dort bleiben werden. Ew. Hoheit werden zu würdigen wissen, was Sie zu thun haben. Ich behalte mir vor, zu beurtheilen, was mir das geheiligte Andenken meines 36 die Interessen Rußlands und der Frieden des Orients gebieten.“

Amerika. Mexiko, 30. August. (Allg. Corr.) Prä⸗ sident Diaz hat, wie ein Reuter'sches Telegramm meldet, einen Befehl erlassen, worin er die Behörden in den verschie⸗ denen Staaten anweist, bei der Prozessirung von Aus— ländern mit Vorsicht zu verfahren und in jedem einzelnen Fall die Umstände dem mexikanischen Departement für aus—⸗ wärtige Angelegenheiten zu unterbreiten.

Zeitungsstimmen.

Die „Berliner Zeitungs-Correspondenz'“ schreibt zur Sedanfeier:

Wenn wir nach sechzehn Jahren wiederum das Fest des glor— reichen Tages von Sedan begehen, so ist es vor Allem die Person des erhabenen Fürsten, des greisen Kaisers und Königs, dem wir mit begeistertem Stolze unsere Huldigungen, die 8 unserer unwandelbaren Treue und Verehrung darbringen. Der Sedantag ist zu einem Nationalfesttage geworden; aber er ist ein Festtag, der vornehmlich den ruhmreichen Thaten der deutschen Kriegskunst, der Umsicht und Entschlossenheit der Feldherren und Generale, der Ausdauer und Tapferkeit der Offiziere, der unvergleichlichen Haltung, der bewundernswerthen Hingebung der Truppen des deutschen Heeres gewidmet ist. Mit freudiger Erregung gleitet die Erinnerung von der Person des obersten Kriegsherrn zu dem Sieger von Weißenburg und Wörth, zu dem großen Schweiger, dem ruhmreichen Schlachtenlenker, und sie umfaßt alle einzelnen Generale, Kommandanten, hohe und niedere Chargen, die ganze glor— reiche Armee der Jahre 1870/71, deren gewaltiger Arbeit wir in erster Linie die Erhebung aus Unterordnung und Demüthigung zu Ansehen und Macht verdanken. Das begeisterte Hoch, in welches wir heute nach sechzehn Jahren zum Ruhme der Siegesthaten der vereinigten Armeen des Deutschen Reichs einstimmen, wir zollen es aber nicht minder demienigen Manne, dessen staatsmännische Voraussicht, dessen gewaltige Energie, allen erbärmlichen Widersachern zum Trotze, nicht nur die glorreichen Siege vorzubereiten, sondern auch zu verwerthen verstand, zum dauernden Heile Preußens und des gesammten, geeinten deutschen Vaterlandes.

Kleinliche Parteimenschen, denen das Wohl der Allgemeinheit Nichts, der Vortheil ihrer Fraktion als das allein Wünschenswerthe erscheint, sind und waren stets bei der Hand, den Splitter in dem Auge des großen Staatenlenkers, der auf erhabener Höhe seine Per— sönlichkeit unverhüllt den Blicken der Untenstehenden aussetzte, zu ent— decken und den gewaltigen Balken im eigenen Auge niemals gewahr zu werden. Aber trotz Alledem und Alledem, oder vielleicht aus eben diesem Grunde ist die Einsicht, daß wir unter der Fürsorge dieses treuesten und unermüdlichsten Be⸗ rathers seines obersten Herrn und Gebieters sicher und geschützt auf der Erde wandeln, daß unsere Interessen, soweit menschliche Voraus⸗ sicht reicht, gefördert und gekräftigt werden, im weiten deutschen Lande eine durchgreifende und tiefgehende, und die gelegentlichen Selbstlob— versuche der ängstlich nach einer Dosis Ruhm lechzenden Gegner haben allüberall nur einen kläglichen Eindruck hervorgebracht. . . .

J eh ßisse wm ns, bettertt in ihrem Festartikel:

. . . Wir aber sollen die Einigkeit auch treulich pflegen und be⸗ wahren. Noch fehlt uns viel; das unselige Parteiwesen verbittert die Gemüther und hemmt oft die Entwickelung. Die Partei beherrscht zu sehr unseren Reichstag, und wie es geht, in dem Kampfe der Parteien ist der Ton der hohen Körperschaft bedenklich herabgesunken und der Respekt vor derselben vielfach abhanden gekommen. Das Vaterland muß uns mehr gelten als die Partei. Einigkeit macht stark, Zerklüftung schwächt, und wahrlich, wir bedürfen der Stärke in unseren Zeiten gar sehr. An Feinden fehlt es uns nicht; halten die deutschen Stämme aber fest und treu zusammen, so brauchen sie keine Furcht zu haben. . . .

Der . meint, der Sedantag müsse ein Tag nationaler Selbstprüfung sein, und sagt:

. .. . Kein Volk hat eine so große, so reiche aber auch so thränenreiche Geschichte wie das deutsche Volk. Was haben wir, um nur einiges anzuführen, erlitten in dem 30 jährigen Kriege, was in den französischen Kriegen unter Ludwig XIV. und unter Napoleon aber im letzten Grunde lag immer die Hauptschuld an der Uneinigkeit der deutschen Volksstämme. Sie ist der Fluch der deutschen Ge— schichte! sie sind die krächzenden Raben, welche das Haupt des schlafenden deutschen Heldenkaisers, in welchem

das deutsche Volksgemüth Einheit und Kraft verkör— pert sah, umschwärmten. Die deutsche Politik muß

deshalb immer in erster Linie diesen Erbfeind der deutschen Nation, ihren Hang zur Uneinigkeit, zur partikularistischen Absonderung, zur starrköpfigen Rechthaberei, die sich dem Interesse des Ganzen nicht unterordnen will, zu überwinden suchen. Auch hier darf man aber den Teufel nicht durch Beelzebub austreiben wollen, indem man auf den harten Klotz einen ebenso harten Keil setzt, sondern indem man bei aller Festigkeit und klaren Bestimmtheit die Herzen des Volkes für die großen Gedanken, die Blüthe des Vaterlandes, seines Wohles, seiner Macht, Größe und Ehre zu gewinnen sucht und indem man durch Hebung des Wohlstandes, Sicherung der wahren bürger— lichen Freiheit, insbesondere einer im christlichen Geiste geleiteten, das Wohl des armen und kleinen Mannes im Auge haltenden Sozial— politik auch dem Geringsten das Gefühl der Freude am Vaterlande, die Liebe zum Deutschen Reiche einflößt. Die Regierung unseres Kaisers hat diese Bahnen betreten. Die Macht, die Größe und das Ansehen des Deutschen Reiches ist von Jahr zu Jahr gewachsen, hat sich als Hort des Friedens für Europa bewährt. Auch der Wohl— stand hat sich, nachdem die tolle Zeit der liberalen Gründer— Aera mit ihren schlimmen olgen überwunden und eine gesunde, deutschen Verhältnissen entsprechende wirthschaft⸗ liche Reformpolitik eingeführt wurde, wieder allmählich gehoben. Die deutsche Industrie hat ihren Siegeslauf in den fremden Ländern gegenüber der Industrie anderer Staaten angetreten, und wenn der Konkurrenzkampf auch ein harter ist, so müssen wir uns doch ver— gegenwärtigen, was wohl geworden wäre, wenn wir noch in der früheren Abhängigkeit von anderen Ländern, namentlich England, ständen und das Deutsche Reich mit seiner Flotte unserer Industrie nicht die selbständigen Wege in die große Welt gebahnt hätte! Das sollten diejenigen bedenken, welche Unzufriedenheit zu säen suchen, weil noch 3 alles ist, wie es gewünscht wird, sondern es noch immer Klagen und Nothstände giebt. Das wird immer so sein. Ein Paradies kann auch das Deutsche Reich nicht werden; aber es kann ehrlich und redlich sich bestreben, immer bessere Zustände herbeizuführen. Und das geschieht. Dafür bürgt die Kaiserliche Bot⸗ schaft, deren Ausführung auch im nächsten Reichstage fortgeführt werden soll. Allein die Regierung und die Gesetze können nicht alles allein thun; das Beste und die Hauptsache muß das Volk selbst thun durch treue, fleißige Arbeit, Gewissenhaftigkeit, sittliche, gottes

fürchtige Haltung, Pflege echten Familiensinnes, gute Ki, ernstes Streben nach steten Fortschritten in allen Gewerbe M und Wissenschaften. . . . .. J ö.

Die „National-Zeitung“ nimmt aus dem . fest Veranlassung, auch auf die Vorgänge auf den Bas ländern hinzuweisen, und äußert: . =

Wir werden darüber ist wehl alle Welt einig keinen siebenwöchentlichen und keinen siebenmonatlichen Krieg mehr führen; bei der ungeheueren Vermehrung der Kampfmittel fast aller Staaten seit der Entscheidung von Sedan muß ein Krieg zwischen Großmächten ganz andere Dimensionen annehmen. Das ist einerlei für wen schließlich das Schlachtenglück den Ausschlag geben mag eine so ungeheuere Gefahr für alle Kultur, materielle und geistige, daß selbst die Armee⸗Budgets der europäischen Staaten keine unverhältnißmäßige Versicherungsprämie dagegen darstellen. Um so mehr bleibt eine kühle, nach den deutschen Interessen abgewogene Behandlung aller internationalen Fragen jener Gefahr gegenüber die erste Pflicht, und wenn dieselbe erfolgreich erfüllt wird, das höchste Verdienst der Leitung der deutschen auswärtigen Politik. Am Tage von Sedan aber pollte es nicht nothwendig sein, ausdrücklich zu betonen, daß Fürst Bismarck in dieser. Beziehung fe , Anspruch auf Ver⸗ trauen hat. Es scheint freilich nicht überflüssig! wenn man gerade jetzt Erörterungen über auswärtige Politik findet, in denen dem Kanzler ungefähr so der Text gelesen wird, wie 1864, als gewisse Politiker versicherten, Hr. von Bismarck stehe im Begriff, Schleswig= Holstein für immer an Dänemark zu ketten. Damals hatten sie doch wenigstens die Entschuldigung für sich, daß man Hrn. von Bismarck nicht kannte. Aber 16 Jahre nach Sedan! ..

Marine⸗Verordnungs⸗Blatt. Nr. 17. Inhalt: Disziplinar-⸗Strafgewalt. Löhnungszuschuß. Gericht des Schul⸗ geschwaders. Ergänzung des Personals für den höheren Marine Verwaltungsdienst. Schiffskassenreglement. Naturalverpflegung. Weiße Mützen. Kommandantur Kiel. Besatzungs-Etats. Werftdienstordnung. Labsalbe. Schiffsbücherkisten. Eil⸗- und Schnell- ꝛc. Züge. Personalveränderungen. Benachrichtigungen.

Veröffentlichüungen des Kaiserlichen Gesundheits— amts. Nr. 35. Inhalt: Gesundheitszustand und Gang der Volks⸗— krankheiten. Witterung. Volkskrankheiten in der Berichtswoche. Cholera-Nachrichten. Statistische Nachweisung über Sterblichkeits⸗ vorgänge in deutschen Städten von 40 990 und mehr Einwohnern. Statistische Nachweisung über Sterblichkeitsvorgänge in einer Anzahl

größerer Städte des Auslandes. Nachweisung der aus Berliner Krankenhäusern gemeldeten Erkrankungen. Nachweisung der aus deutschen Stadt- und Landbezirken gemeldeten Erkrankungen. Witte— rungs⸗-Nachweis. Allgemeiner Krankenbericht von der preußischen Armee ꝛc. für das 1. Quartal 1886. Die Cholera-Epidemie von 1885 in Spanien. Zeitweilige Maßregeln zur Abwehr und Unter— drückung von Volkskrankheiten. Stand der Thierseuchen. Vieh— seuchen in Ungarn. Schafräude in Spyk. Medizinalgesetz⸗

gebung ꝛc. Bekanntmachung des Berliner Polizei⸗Präsidiums, betr. die An⸗ und Abmeldung der Apothekergehülfen und Lehrlinge. Mecklen— burg⸗Schwerinsche revidirte Verordnung, betr. die asiatische Cholera. Bekanntmachung der Waldeckischen Regierung, betr. die Vieh— seuchenstatistik. Rechtsprechung. Erkenntniß des Reichsgerichts, betr. den Zusatz von doppelkohlensaurem Natron zum Bier. Einrichtun— gen zur Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege. Provisorische Instruktion des Statthalters für Mähren, betr. die sanitätspolizeiliche Untersuchung der gebrannten geistigen Getränke. (Fortsetzung.) Er— öffnung der Impfstation nach Pasteur'scher Methode in St. Peters— burg. Kongresse, Verhandlungen gesetzgebender Körperschaften re. 13. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheits— pflege in Breslau. Versammlung für öffentliche Gesundheitspflege in Big Rapids (Michigan).

Statistische Nachrichten.

Das Statistische Bureau des Königlich Sächsischen Ministe— riums des Innern macht über die Erträge des Staats-Forst— wesens im Königreich Sachsen im Jahre 1884 nachstehende Angaben. Die Staatswaldungen umfaßten 173346 ba. Die Ge— sammtverschlagung an Derbholz betrug 806999 fm, mit Einschluß von 616269 fin oder 76 9 Nutzholz, was für das Hektar der Holz— bodenfläche (an 166 749 ha) 4,84 fim ergiebt. An Reinertrag gewährte das Festmeter Derbholz 9,60 „S, das Hektar des Gesammtareals aber 44,B,71 Ss. Die Schlägerlöhne haben sich auf 1423 096 S6, demnach für das Festmeter Derbholz (einschließlich des davon abgefallenen Stock- und Reisigholzes) durchschnittlich auf 1B 76 „te gestellt. Der Gesammtaufwand an Forstverbesserungs-, Betriebs- und Verwaltungse— kosten beziffert sich auf 41,86 cC der Einnahmen.

In Oesterreich (Cisleithanien) besteht das Institut der Gewerbe⸗Inspektoren erst seit dem 1. Februar 1884; während ursprünglich 9 Inspektoren eingesetzt wurden, erhöhte man 18865 ihre Zahl auf 12 und jetzt sollen wieder 3 neue Ernennungen erfolgen, so 1 demnächst 15 Inspektoren in Thätigkeit sein werden. Die ein— gehenden Berichte der 12 Gewerbe-Inspektoren des Jahres 1885 sind vor einiger Zeit erschienen, und das Wichtigste aus ihren Mittheilun— gen ist wieder, wie 1884, von dem Central-Inspektor in einem besonderen Resumé zusammengefaßt worden. Wir heben aus demselben folgende Angaben hervor. Während im Jahre 1884 im Ganzen 2564 Betriebe mit 227 9360 Arbeitern beiderlei Geschlechts und 3594 Motoren besichtigt wurden, konnten die diesjährigen Inspektionen auf 2661 Etablissements mit 225 863 Arbeitern (darunter 75 586 weiblichen Geschlechts) ausgedehnt werden. Von den männlichen Arbeitern standen 28 im Alter von 10—12 Jahren, 584 waren im Alter von 12—14 Jahren, 11 662 be— fanden sich im Alter zwischen 14 und 16 Jahren, d. s. zusammen 12274 jugendliche Arbeiter, während 138003 das 16. Lebensjahr bereits überschritten hatten. Von den weiblichen Arbeitern befanden sich 3 in einem Alter zwischen 10 und 12 Jahren, 457 im Alter zwischen 12 bis 14 Jahren, 8062 zwischen 14 und 16 Jahren, zusammen S522 jugendliche Arbeiterinnen; die Zahl der über 16 Jahre alten weiblichen Arbeiter betrug 67066. Unter den inspicirten industriellen und gewerblichen Betrieben arbeiteten 1313 mit 4230 Motoren von 111 666 Pferdekräften. Die stärkste Zahl der untersuchten Betriebe wies die Textilindustrie mit 647 und 99509 Arbeitern auf; nächstdem folgen 425 Betriebe der Industrie der Nahrungs- und Genußmittel mit 27 747 Arbeitern, 328 Betriebe der Metallindustrie mit 20 361 Arbeitern und 312 Be— triebe der Holzindustrie mit 8797 Arbeitern. Der Zahl der Arbeiter nach wäre nach der Textilindustrie in erster Linie die Maschinen— fabrikation mit 161 Betrieben und 27 750 Arbeitern zu nennen gewesen.

Die Anordnungen und Rathschläge, welche die Inspektoren zum Schutze des Lebens und der Gesundheit der Arbeiter gegeben haben, gehen schon in die Tausende. Dieselben betrafen die bauliche Anlage, die innere Einrichtung, die Heizung, Beleuchtung und Ventilation der inneren Räume, ferner die ite n, . an Motoren, Kesseln, Apparaten und Transmissionen, an Arbeitsmaschinen und Transportmitteln und Schutzvorrichtungen in gesundheitlicher Be— ziehung. An Unfällen waren im Berichtsjahre 1864 gegen 5bß im Jahre 1884 zu verzeichnen, eine Zunahme, die hauptsächlich der ge wissenhafteren Anzeige zuzuschreiben ist. Beschwerden Seitens der Gewerbe⸗Inspektoren an die Gewerbebehörden in Folge vergeblicher Mal= nung oder fruchtloser Vorstellungen sind ebenfalls häufiger vorge— kommen: wegen Nichtausführung von angeordneten Sicherheitsvor, lehrungen im Betriebe 56, wegen gesetzlich nicht zulässiger Verwendung von Kindern 38, wegen Üeberzeit, und Sonntahk, arbeit in Fabriken ohne Bewilligung 84, wegen Lohnzurüͤckha ltum

einandergreifen

3 und wegen Behinderung im Amt sowie wegen Verweigerung der Auskunft oder falscher Aussage 8, zusammen 189. In nicht weniger denn 526 Fällen. und zwar aus sehr verschiedenartigen Veran⸗ lassungen, wurde die Vermittelung der Gewerbe⸗Inspektoren Seitens der Arbeiter erbeten. In 328 Fällen (624 ) war das Einschreiten bezw. die unmittelbare schriftliche oder mündliche Vermittelung von dem gewünschten Erfolge begleitet, in 57 Fällen schafften die Gewerbe⸗ behörden Abhülfe und in 97 Fällen wurde das Ansuchen der Arbeiter als nicht vertretbar zurückgewiesen.

Auch die Wohnungsfrage der Arbeiter macht nach dem Bericht des Central⸗Gewerbe⸗Inspektors unter Mitwirkung von Industriellen und Gemeinden immer erfreulichere Fortschritte, ebenso die Frage der richtigeren Ernährung, wobei auf die immer zahlreicher werdenden Fabriksküchen ohne Zwang und ohne Kreditgewährung hingewiesen wird alles Thatsachen, welche zeigen, daß die segensreiche Institution sich in Oesterreich ebenso bewährt wie anderwärts.

Nach dem Bericht des großbritannischen General— Poti e sterẽ über den Post⸗ und Telegraphenverkehr im Vereinigten Königreiche wurden in dem am 31. März 1886 beendeten Verwaltungs jahre durch die Post befördert: 1 403 547 900 Briefe (4 3,2 Co), 171 290 000 Postkarten (4 47 0), 324 207 400 Bücherpackete und Cirkulare (4 6,8 o/) und 147 721 100 Zeitungen ( 2,8 9m). Im Ganzen wurden 20641766 400 Postsendungen be⸗ fördert oder 4 „9 mehr als im Verwaltungsjahre 188485. Außer— dem wurden 26 417422 Packete aufgegeben, 15,3 cͤυ mehr als im Vorjahre. Im Durchschnitt kamen auf den Kopf der Bevölke—⸗ rung etwas mehr als 38 Briefe, etwas über 4 Postkarten, etwas über 9 Bücherpackete und Cirkulare, und etwa 4 Zeitungen. Von der Gesammtzahl der Briefe wurden 84 in England und Wales (davon 27,4 ,. im Londoner Postbezirk allein). 9,5 ½ in Schottland und 6,4 Go in Irland bestellt. Die Zahl der eingeschrie—⸗ benen Briefe betrug 11 129 960 oder 1,5 0 weniger als im Vorjahre. Der Postanweisungsverkehr im Inlande verminderte sich erheblich in— folge der Einführung der sogenannten „postal orders“, an denen 25 790 360 im Betrage von 10788 946 Pfd. Sterl. ausgestellt wurden, gegen 18831164 im Werthe von 7 885 347 Pfd. Sterl. in 1884185. Der Telegraphenverkehr hat seit der Einführung des Secht-Pence-Tarifs am 1. Oktober 1885 wesentliche Fortschritte gemacht. Während in den ersten 6 Monaten des verflossenen Ver— waltungsjahres unter dem Schilling-⸗Tarif 11314423 Depeschen be— fördert wurden, belief sich die Zahl der Telegramme in den letzt⸗ verflossenen 6 Monaten auf 165 787 549 Pfd. Sterl. Nichtsdesto— weniger blieben die Einnahmen hinter den vorjährigen um 22019 Pfd. Sterl. zurück. Die mit der Postanstalt ver— bundenen Sparbanken bekunden einen befriedigenden Fort— schritt. Die Gesammteinlagen in den Postsparbanken betrugen am 31. Dezember v. J. 47697 833 Pfd. Sterl. oder 2924 065 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre. Dazu kommen 2452 252 Pfd. Sterl., welcher Betrag für Depositäre in Konisols angelegt wurde. An Zinsen wurden den Depositären bis zum 31. Dejember v. J. 1 092 117 Pfd.

Sterl. gutgeschrieben oder 66 995 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahre

Kunst, Wissenschaft und Literatur. ;

Die Löfung der Arbeiterfrage durch Reichs Fürsorge unter Berücksichtigung der Arbeitseinstel⸗ Lungen. Von v. R. Berlin. Carl Heymann's Verlag 1886. Der Verfasser ein früherer Offizier, welcher auf dem Boden der

Allerhöchsten Botschaft vom 17. November 1886 steht, macht in dem.

vorliegenden. Schriftchen Vorschläge zur Einrichtung eines Reichs— Pensionsinstituts, welches jeden Bewohner des Reichs, nicht allein den „Arbeiter“, unter möglichster Mitwirkung des Einzelnen vor der aus der, Erwerbsunfähigkeit sich ergebenden Noth zu schützen hätte. Die Reichs-Fürsorge hätte sich zu erstrecken: a. auf solche, welche in Folge organischer Fehler von Geburt an erwerbsunfähig sind; b. auf Kinder unter zwölf Jahren, wenn diejenigen, welche berufen find, für sie zu sorgen, entweder außer Stande sind, ihre Pflicht zu er— füllen, oder derartig verwahrlost sind, daß sie nicht den guten Willen dazu haben; e. auf Mütter, welche mehrere kleine Kinder haben, sei es, daß üe mittellose Wittwen sind, sei es, daß die Männer trotz des besten Willens nicht in der Lage sind, den nöthigen Unterhalt für n und Kinder zu beschaffen; d. auf dauernd Kranke, falls nicht be— timmte Personen oder Institute in Folge eigener Verschuldung der Invalidität (Unfall) gesetzlich verpflichtet sind, für den Kranken oder Krüppel ausreichend zu sorgen; e, auf Alters schwache, welchen es nicht möglich war, Ersparnisse für das Alter in ausreichender Höhe zu machen. Durch diese Vorschläge will der Verfasser den Arbeitern klar— legen, was ihnen ganz besonders Noth thut, damit sie ihre Augen nicht auf Ziele richten, die ihnen überspannte Agitatoren vorhalten, und die sie niemals erreichen könnten. Durch Strikes sei, lokalen Verhältnissen entsprechend, wohl bisweilen eine kleine Aufbesserung der Löhne zu erzielen; aber niemals könnten durch dieselben Ergebnisse erzielt wer— den, welche mit den Handelskoniunkturen in Widerspruch ständen. Es liege also die Radikalkur für Aufbesserung der Löhne in einer Reor— ganisation der Handelsgesetzgebung, der Zollpolitik, und darum sei es nöthig, daß die Arbeiterpartei sich als Mitarbeiterin der Regierung bezüglich der Gesetzgebung ansehe. Winschenswerth wäre es, wenn das Schriftchen, das in jeder Zeile Arbeiter sreundlichkeit athmet, eine weite Verbreitung fände, damit die angeregten Fragen einer möglichst durchgreifenden Erörterung unterzogen würden. Die Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1876, nebst J. Gesetz, betreffend die Geschäftsfähig keit Min⸗ derjähriger und die Aufhebung der Wiedereinsetzung in Jen vorigen Stand. Vom 12. Juli 1875. 11. Hinker⸗ legungs ordnung. Vom 14. März 1879. Text ⸗Ausgabe mit erläuterndem Vorwort (K. Kurlbaum, Geheimer Ober— Justiz-Rath) und vollständigem Sachregister. Preis 50 . . Auflage. Berlin 18836. Verlag von Frz. Vahlen. Diese Ausgabe der Vormundschaftsordnung nebst den beiden anderen Gesetzen ist vorzugsweise für die Vormünder bestimmt, um ihnen auf die billigste Weise Gelegenheit zu der Belehrung zu geben, die jeder von ihnen suchen muß, so lange nicht diese in Kraft getretenen Gesetze durch längere Uebung in das Bewußtsein Aller gelangt sind. Im Uebrigen finden die Vormünder in den abgedruckten Gesetzen überall einen einfachen Aufschluß über ihre Stellung zu den bei der Vor— mundschaftsführung betheiligten Behörden und über die rechtliche Wir⸗ kung. welche ihre und der Minderjährigen Handkungen haben. Das beigefügte Register erleichtert die Benutzung der Gesetze für Jeder— mann, so daß diese Ausgabe auch Anderen als Vormündern empfohlen werden kann. Daß diefelbe allgemeinen Anklang gefunden, erhellt wohl schon daraus, daß für diefelbe bereits eine 27. Auflage erfor— derlich geworden. . Naturgeschichte des Menschen. Von Dr. Herm. H Norden. Diedr. Soltau's Verlag. 1855. Preis 6 & nhalt: Die Entstehung des Menschen. Die Bedeutung des Leibes. Die Trennung der Geschlechter und die Familie. Bie Wechsel⸗ wirkung zwischen Leib und Seele. Die Entfaltung des Geistes. Die Frage nach der Unsterblichkeit. Die Gntstehung' e natür— lichen Glaubens. Der Verfasser, beresss aufs Vortzeishafteste be= kannt durch „Ueber Naturerkenntniß“', „Die Hypothesen der Physik“, 33un modernen Naturbetrachtung⸗ ze, hat verfucht, in den vorliegen? 7 , von denen jede ein in sich abgeschlössenes Ganzes b ; innerer Zusammenhang und folgerichtiges In— Ergebnissen . . tz gan R e aftlichen Forschun ie alten Forderungen des Gemüthes in Einklang zu bringen. eder nur für ein beschränktes Gebiet wird hier dieser Versuch gewagt; nur

wenige Züge des, menschlichen Lebens werden dazu verwendet, den

achweis zu erbringen, daß es für die menschliche Erkengtniß immer

nothwendig bleibt, neben der unmittelbar gegebenen sinnlichen An⸗

chauung eine ideale Auffasfung der Welt festzuh Freri ie ide der juhalten. Frerichs hat den Nachweis dieser Nothwendigkeit geistvoll in aher gndetet und

ansprechender Form erbracht, so daß sowohl das wissenschaftliche

Denken, als guch das Gefühl Befrledi inder i ö Be gung finden. Ueberall zeigt sich der Verfaffer als ein Mann der Wissenschaft.

Dr. Karl Ruß schildert in der 4. Lieferung seines Werks Vögel der Deimath‘ (Leipzig, G. Freitag) in anziehenden Lebensbildern die Sing⸗ Mistel Wachholder⸗ Roth⸗, Ring⸗, Schwarz-, Stein. und Blaudrossel, die Wasserschwätzer, Fliegen ˖ schnãpper. Würger und Stagre. In sauberen Buntdrucken sind bei⸗ gegeben die Abbildungen der Feldlerche, des Sczars, de- Schnee ammer, Nachtigall, des Sprossers und des Sumpfrobrsängers. Die Lieferung des ansprechenden Werkes kostet nur 1 410

„-Illustrirtes Gesundheits-Lexikon. Ein populäres Handbuch für Jedermann zur Belehrung und Berathung in gefunden und kranken Tagen, mit besonderer Berücksichtigung der Gesundheits⸗ lehre und Krankenpflege in der Familie, sowie der Unterweisung in den von Laien ausführbaren Hülfsleistungen, leichten Sperationen, in der Behandlung, von Verletzungen, in Änlegen von Verbänden und Bandagen und in der Bereitung von Hausmitteln nebst deren An— wendung u. s. wi, bearbeitet von Dr. med. Josef Ruff, Badearzt in Karlsbad. Mit 430 Abbildungen“ ist der Titel eines Werkes, das in 22 Lieferungen 40 3 im Verlage von R. Schultz u. Co. zu Straßburg bereits in 4. Auflage erscheint. Das Werk, von dem bis jetzt 12 Lieferungen vorliegen, die auf 512 S. bis zu „Nerven—⸗ krankheiten“ reichen, hat sich besonders die Aufgabe gestellt, die Krankenpflege in der Familie zu förden. Es ist hierzu die bequeme lexikographische Form gewählt, sodaß es nur des Rachschlagens eines Wortes bedarf, um sich über den betreffenden Fall rasch zu unter⸗ richten, was bei plötzlich eintretenden Krankheitsfällen bekanntlich meistens so wichtig ist. Das Werk will übrigens keineswegs den Arzt ersetzen, es soll ihn vielmehr vertreten, wo er nicht zur Stelle sein kann, und soll durch Belehrung das Anrufen seiner Hüsfe recht— zeitig geschehen und seine Anordnungen pünktlicher und ziel bewußter ausgeführt werden lassen. Die ersten drei Auflagen haben eine überaus freundliche Aufnahme und ebenso auch in der Presfe Anerken— nung gefunden.

Land- und Forstwirthschaft.

Lon don, 31. August. (Allg. Corr.) Allem Anschein nach dürfte sehr bald englischer Taback im Markte sein. In der letzten Session versprach die Regierung, Versuche zu erlauben. Sie hatte gewisse Ländereien dazu bestimmt, ihr Versprechen auszuführen, und in einigen Fällen ist das Experiment bereits von Erfolg gekrönt gewesen, soweit dies die Pflanze im Grund und Boden betrifft. In Noxfolk und Kent haben einige Pflanzen eine Höhe von 5 Fuß erreicht, mit Blättern von 3 Fuß Länge und 18 Zoll Breite. Der erste Schnitt der Blätter soll in Kurzem stattfinden.

Gewerbe und Handel.

2 Gestern Vgrmittag hat die Sitzung der Finanzkommission des Berliner, Magistrats stattgefunden, in welcher über Begebung von 15 Millionen Mark neuer Berliner 3, Stadt-ÄAnkeihe Beschluß gefaßt wurde. Es waren drei verschiedene Gebote ein— gegangen, von welchen dasjenige der Königlichen Seehandlung und des mit ihr verbundenen Konsortiums zum Kurse von 1025607 den Zu⸗ schlag erhalten hat.

= Die Po mmersche Hypotheken-Aktien-Bank kündigt sämmtliche noch zirkulirende 43 Cοige Pfandbriefe erster Emifsion und sämmtliche 5 Co Hypothekenbriefe zweiter Emission (rückzablbar mit 11096υ ) litt. H. à 150 4 (umfassend die Nummern 1665 bis 1559) zur. Rückzahlung auf den 1. März 1887. Gleichzeitig theilt die Direktion des Instituts mit, daß ee . weiteren größeren Kündigungen H oiger Hypothekenbriefe zweiter Emission und vierter Emission vorzugehen beabsichtigt. Sie bietet indessen den Besitzern von Stücken dieser Emissionen zunächst die Konvertirung ihrer Titres in 4 0 ige Hypothekenbriefe (rückzablbar à 110 6) an. Bei Rückgabe der abgestempelten Hypothekenbriefe wird eine Konvertirungsprämie von 1466 gezahlt. Sie Stuͤcke sind behufs Konvertirung in der Zeit vom 15. September bis 160. De— zember er. hier hei Wilhelm Ritter, Beuthstraße 2, einzureichen.

Frankfurt a. M., 1. September. (W. T. B.) Der Ueber⸗ nahmspreis der neuen Hprozentigen portugiesischen Anleihe im Nominalbetrage von 70 bis 71 Millionen Francs beträgt etwa sö3 (o. Die Emission ist Anfang Oktober in Aussicht genommen, soll unter Umständen aber schon fruher stattfinden. Die Titres werden in Reichsmark, Franes und Pfund Sterling ausgestellt.

Nürnberg, 1. September. (Hopfenmarktbericht von Leopold Held) Der Markt zeigt immer noch kein rechtes Leben. Während 85 er gänzlich außer Frage stehen, ist auch in Folge des Fehlens größerer Zufuhren das Geschäft in neuer Waare ein sehr mäßiges. Die Zufuhren von Auswärts betrugen in der ersten Hälfte dieser Woche 160 = 150 Ballen pro Tag. Markthopfen sind zum ersten Mal gestern in größerer Menge, nämlich etwas über 1060 Ballen, eingetroffen, heute kamen aber wieder nur wenige Säcke. Die Kundschaftshändler kaufen langsam gute Mittelhopfen (Prima sind selten) zu 10 75 66, während Export die Markthopfen vorzieht. Die wenigen zum Markt gekommenen wirklichen Prima⸗-Hallertauer, Badische und Württemberger werden mit 85 960 466 bejahlt. Schöne gute Mittelhopfen, gleichviel welcher Herkunft kosten 68— 55 . Markthopfen erzielten in bester Qualität 58 = 65 M, Mittelqualität brachte 54-57 und Geringe 48 52 (.

London, 31. August. (Allg. Corr.) Der ständige Ausschuß des Schitdsgerichts zur Schlichtung von Lohnstreitig? keiten zwischen den Eisenarbeitern und deren Arbeitgebern im Norden Englands wurde benachrichtigt, daß die Fabrikanten demnächst eine Herabsetzung der Arbeitslöhne beanspruchen würden, über deren Aus— dehnung sie noch nicht völlig einig seien. Die Eisenarbeiter hatten die letzte, von Dr. Spence Watson, dem Schiedsrichter, im Oktober festgesetzte Lohnherabsetzung energisch beanstandet aus dem Grunde, daß dadurch ihre Löhne niedriger werden würden, als sie jemals ge— wesen wären. Seitdem sind die Preise von fabrizirtem Eisen um 5 Sh. 4 P. pro Tonne ermäßigt worden, daher ist das Verlangen nach einer weiteren Lohnherabsetzung entstanden.

Washington, 1. September. (W. T. B.) Die Staats—⸗ schuld der Vereinigten Staaten hat im Monat August um L910 000 Doll. abgenommen; im Staatsschatze befanden sich ult. August 474 270 000 Doll.

Sanitätswesen und Quarantänewesen.

Griechenland.

. Die Königlich griechische Regierung hat die Provenienzen der italienischen Westküste von Ventimiglia bis Reggio von Neuem mit einer elftägigen Effektivquarantäne belegt.

Es haben jetzt sonach die Provenienzen der gesammten italienischen Halbinsel sich in Griechenland einer elftägigen Effektivquarantäne zu unterziehen.

Bosnien.

Die Landesregierung zu Sarajevo hat aus Anlaß des Auftretens der Cholera die ärztliche Untersuchung der Reisenden und des Ge— 3 . in der Einbruchstation Bahnhof Metkovich an— geordnet.

Berlin, 2. September 1886.

Die heutige Sedansfeier gestaltete sich besonders bedeutungs— voll für das Frie drich⸗Werdersche Gymnasium, galt sie 3 zugleich der Weihe der neuen Marmorbüste Friedrich's des Großen, welche, der Meisterhand Professor Lürsseus entstammend, bestimmt ist, einen Hauptschmuck der schönen Aula zu bilden, an deren Westwand zu Seiten der Tribüne und gegenuber der Büste des großen Kurfürsten sie ihren dauernden Platz finden ward.

Nat Ztg.) Der Finalabschluß der Kanalisationswerke ist jetzt dem Magistrat zugegangen und wird sofort für die staäͤdtischen

Behörden gedruckt werden. Derselbe ergiebt, daß an dem etats— mäßigen Zuschuß aus der Stadt ⸗Hauptkasse von 2119 M 4 348 140 M (mehr als 16 ½υ) erspart worden sind, so daß dieser Zu— schuß, trotzdem die Kanalisation sich erheblich ausgedehnt hat, gegen das Vorjahr 1884 / 85 nicht gewachsen ist. Das Resuftat wäre noch viel günstiger⸗ wenn es möglich gewesen wäre, so viel Häuser anzuschließen, als der Etat voraussetzte. Bei Radial⸗ system VI sollten beispielsweise 500 Häuser zum Anschluß ge⸗ langen, es wurden indeß nur 72 angeschlossen, weil die Inbetrieb⸗ setzung dieses Systems in Folge von langwieriger Regultrung der alten Blücherstraße und der Durchführung des Druckrohrs unter den Bahnkörpern sehr verzögert wurde. Es läßt sich nicht bezweifeln, daß die gewonnenen guten Resultate in Bezug auf die jetzt voll⸗ endeten sieben Radial-Systeme sich in der Zukunft noch weiter ver⸗ bessern werden. Besonders günstig haben sich die finanziellen Re— sultate der Rieselfelder herausgestellt. Im Publikum ist man vielfach der Ansicht, der große Zuschuß zur Kanalisation werde Durch die Rieselfelder veranlatzt. Das ist aber gar nicht der Fall. Der Etat für das Jahr 1885 146 nahm für die Riefelfelder nur einen Zuschuß von 185 673 M an, etwa den elften Theil des ganzen Zuschusses Thatsächlich haben nun aber die Rieselfelder gar keinen Zuschuß nöthig gemacht; der Finalabschluß weist sogar einen Ueberschuß von 26724 M nach, obwohl das Jahr 1885.86 für die Landwirthschaft und besonders die Rieselwirthschaft gar nicht günstig war. Beides zusammen ergiebt ein Ergebniß von 212397 6 zu. Gunsten der Rieselfelder über den Statsansatz hinaus, Und dabei sind die Rieselfelder für die ersten fieben Radial⸗Systeme noch nicht einmal in allen Theilen ganz vollendet. Stadtrath Marggraff hat in der Stadtverordneten⸗Versammlung wiederholt ausgeführt, daß vielleicht später einmal die Riefelfelder einen Reinertrag von etwa 20! geben können. Und in der That ist dieser Ertrag vielleicht noch in diesem Dezennium zu erreichen.

Malta, 1. September. (W. T. B.) Der Kapitän eines heute hier eingetroffenen englischen Dampfers hat den Hafen— behörden angezeigt, daß er am 36. v. M. Nachmittags bei klarem Himmel und ruhiger See, 14 Meilen von der Nordspitze der Insel Galita (lam Ostende der Küste von Algerien) entfernt, im Osten letztgedachter Insel einen feuerspeienden Berg in Thätigkem ge⸗ schen und mehrere, vulkanische Dämpfe ausströmende Erdöff nungen (Fumarolen) bemerkt habe, denjenigen ähnlich, die man beim Aerna wahrnehme.

New-JYork, 1. September. (W. T. B.) Gestern Abend gegen 10 Uhr wurden in dem ganzen Küstengebiete von Alabama an Pis nach NewYork hin heftige Erderschütterungen wahrgenommen; am stärksten traten dieselben in Washington, Savannah, Richmond, Augusta und Raleigh auf, in Augusta wurden Jehn verfchiedene Erd— stöße gezählt. In mehreren Städten verließ die Bevölkerung die Häuser, und brachte die Nacht unter freiem Himmel zu.

Eine aus Charleston (Süd-Karolina) hier eingegangene De⸗ vesche meldet, daß in Folge des dort sehr heftigen Erdbebens Tie Straßen durch die Trümmer der eingestürzten Häuser ver sperrt, mehrere Feuersbrünste ausgebrochen und etwa S0 Perfonen ums Leben gekommen sind. e 1. September, Abends. (W. T. W.) Weitere aus Charlest on eingegangene Depeschen melden, daß die Stadt buch⸗ stäblich zum Trümmerhaufen geworden sei. Drei Stadtviertel müßten von Grund aus wieder aufgebaut werden. Die Bevölkerung verbleibe noch unter freiem Himmel. Die meisten bei dem Erdbeben Umgekommenen seien Reger; die Leichname lägen noch unbeerdigt auf der Straße. Eine telegravhische Verbindung sei nur theitweife wiederhergestellt worden. Es sei bis jetzt unmöglich, den erlittenen Schaden der Stadt zu schätzen. Von ähnlichem Schaden melden auch

Berichte aus Nord- und Süd-Karolina, aus Nord⸗ und Süd⸗ Georgia.

Das Deutsche Theater eröffnete am gestrigen Abend seine neue Saison und hatte mit Rücksicht auf die Sedanfeier das Gutz kow'sche Lustspiel Zopf und Schwert“ für die erste Vor⸗ stellung ausgewählt. Es braucht wohl kaum hervorgehoben zu werden, daß diese Wahl eine durchaus glückliche war und der Stimmung, in welcher sich das Publikum befand, durckaus entsprach. Die tüchtige Besetzung verhalf dem alten und doch stets wieder gern gesehenen Werke zu dem gewohnten Erfolge. Hrn. Förster's joviale' Art des Spiels läßt ihn wie keinen zweiten Künstler für die Rolle des derben, unter dem rauhen Aeußern ein echt deutsches, warmes Gemüth ver— bergenden Königs geeignet erscheinen, und all die kleinen Züge, mit denen der Dichter diese Figur ausgestattet hat, fanden in Hrn. Förster einen aufmerksamen Beobachter, der eine präch⸗ tige Figur aus dem gestrengen Fürsten zu schaffen verftand. Hr. Kainz spielte den Erbprinzen von Baireuth und zeigte sich hierin als eine schätzenswerthe Kraft für das Luftspiel. Tüͤchtig wie immer war der Hotham des Hrn. Schönfeld, und des Erfolges sicher durfte Hr. Engels als Evermann fein. In den Damenrollen verdient vor allen Frs. Sorma lobend hervorgehoben zu werden; vielleicht hätte sie die Rolle der Prinzessin Wilhelme wirkungsvoller ausgeführt, als dies durch Frl. Alice Politzer geschah; diefe junge Dame stand ersichtlich unter dem Einfluß einer bei ihrem ersten Auftreten im Deutschen Theater erklärlichen Befangenheit; hoffentlich hat sie Gelegenheit, noch in anderen Rollen ein bedeuten deres Können an den Tag zu legen, als es am gestrigen Abend der Fall war. Die Königin wurde von Fr. Trautmann gespielt.

Gestern Abend wurde im Wallner-Theater die eigentliche Saison mit einem Moser'schen Schwank, Mein Alfred“, eröffnet. Der Erfolg der Novität war im Allgemeinen ein guͤnstiger, wenn auch angenommen werden muß, daß der Beifall mehr der Regie und den Darstellern galt, als dem Verfasser des Stückes. Das Einzige, was an der Handlung komisch wirken kann, ist eine endlose Reihe von Mißverständnissen und Verwechselungen, da jede auf der Bühne erschei— nende Person grundsätzlich die andere mißversteht und derselben nie die Zeit zu Erklärungen läßt. Dieses Mißverständniß erstreckt sich natüͤr⸗ lich auch auf die Gefühlsregungen zweier jungen Liebesleute, welche erst nach mancherlei Irrungen ihre gegenseitige Herzensneigung ent⸗ decken. Auf einen ansprechenden Dialog, auf eine kräftige Schürzung des Knotens, auf gefällige Charakterzeichnung und ähnliche In⸗ gredienzien eines unzweifelhaften Erfolges scheint der Verfasser diesmal keinen besonderen Werth gelegt zu haben Trotzdem amüfirte der vorzüglich dargestellte Wirrwarr das Publikum und gab zu wiederholten lauten Bei⸗ fallsäußerungen Veranlassung. Die alten bewährten Mitglieder des Wallner⸗Theaters: Hr. Blencke (Privatgelehrter Schröder), He. Meiß⸗ ner (Krause), Hr. und Fr. Schmidt spielten prächtig, ebenso Hr. Guthery als enthusiastischer Feinschmecker. Frl. v. Meersberg (Friederike) lieferte ein stark aufgetragenes Bild einer vorzüglichen und deshalb tyrannisirenden Köchin, obgleich für manche Geschmacks— richtungen die äußere und innere Gestaltung des Charakters etwas zu derb gehalten war. Als Naive bekundete Frl. Kramm ein recht hübsches, entwickelungsfähiges Talent; auch Frl. Leonhard spielte die komische alte Schwester ansprechend. Weniger gefällig zeigte sich Frl. Bock (Selma) im Mienenspiel und in ihren Bewegungen. Hr. Barthold (Doktor Franke) gab den Liebhaber frisch und mit Humor. In

bemerkenswerther Weise stellte Hr. Homann (Lehrer Schmidt) einen

energielosen, von seiner ältlichen Braut beherrschten Schwachkopf dar, und Hr. Hertzer einen leichtsinnigen Primaner. Der wohlverdiente Beifall blieb den Darstellern treu bis zum Schluß.

Der Dirigent der zur Zeit im Belle Alliance-Theater concertirenden Kgl. niederländischen Schuttery⸗Kapelle welche gestern, am Paradetage, Sr. Majestät dem Kaifer beim Vorbei⸗ passiren vor dem Theater eine Ovation darbrachte, ist der ehemalige Stabshautboist der Kaiserlichen 2. Matrosen⸗Division zu Wilhelms⸗ haven, E. Latann, der seinem ehemaligen obersten Kriegsherrn durch diese Kundgebung beweisen wollte, daß seine Verehrung, trotz der Entfernung aus deutschem Dienst, unverändert geblieben ißt. z