1887 / 33 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Feb 1887 18:00:01 GMT) scan diff

der die bestehenden Verhältnisse in den Reichslanden sachgemäß behandelt, die Stimmung der Bevölkerung schildert und die Frage erörtert, wie die schwierige Frage zu lösen wäre. Cin Aufsatz von Julius Meyer, dem Direktor der Berliner Gemälde Galerie, über die Florentinische Malerei und den Charakter der Kunst im Quattro⸗ cento“ bietet in kurzen Umrissen ein fesselndes und orientirendes Bild jener so überaus anregenden fünstlerischen Strömung. Ein hygienisch wichtiges Problem behandelt Professor Hermann Wasserfuhr in seiner Arbeit: Die Bevölkerungsdichtigkeit in den modernen Miethshäusern vom ärztlichen Standpunkte, mit besonderer Rücksicht auf Berlin“, in der er ausführt, wie mit der großartigen Entwickelung der Industrie und dem raschen Wachsthum der Bevöl⸗ kerung unsere größeren Städte ein wesentlich verändertes Aussehen bekommen haben, wie aber diese Veränderungen nur einer oberfläch— lichen Betrachtung als Fortschritte der Kultur, der Wohlhabenheit und des Geschmacks erscheinen, während das Urtheil ganz anders aus⸗ fällt, wenn man vom Standpunkte der öffentlichen Gesundheitspflege aus jene massenhaft entstandenen neuen Wohnhäuser einer Prüfung unterwirft. Besonders ist dies in Berlin der Fall; wir heben aus dem reichen Zahlenmaterial nur hervor, daß einzelne Häuser an 600 Menschen beherbergen, darunter 170 Kinder; 1889 wohnten mehr als 100090 Menschen in nicht heizbaren Räumen und 478 0 öMenschen oder 43,R8 o der Berölkerung in Wohnungen, welche nur ein ein ziges heizbares Zimmer enthielten Das Bild eines echten Ge— lehrten entrollt Professor Rudolf Eucken in der Gharakteristik Moritz Seebeck's, jenes hervorragenden Mannes, der in der langen Reihe seiner Aemter stets ideale Gesinnung und praktische Thätigkeit zu verweben wußte und in den Aufgaben der Gegenwart die Maßstäbe der klassischen Zeit festhielt. Aus dem Schatze persön2 licher Erinnerungen zeichnet Eliza Wille den Meister Richard Wagner während seines Aufenthalts in der Schweiz nach der Dresdener Revolution und stellt eine Anzahl wichtiger Briefe Meister Wagner's in Aussicht, die im nächsten Heft erscheinen werden Von bedeutendem historischen Interesse ist Albert Duncker's (nachgelassener) Auf atz: „»Das erste Schreibbuch Friedrich's des Großen und einige Briefe desselben aus seiner Knabenzeit“. Den belletristischen Theil des Heftes füllt der Anfang einer neuen größeren Erzählung Marie von Ebner⸗Eschenbach's: „Das Gemeindekind“, aus, der wieder glänzend die großen Vorzüge der beliebten Novellistin verräth; ferner der stimmungs—⸗ volle Schluß von Alexander Kielland's Roman: „Schnee. Selbst— verständlich fehlen auch nicht die „Politische“ und Literarische Rund—⸗ schau“ wie die literarischen und bibliographischen Notizen.

Joseph Baer & Co., Buchhändler und Antiquare in Frankfurt a. M. und Paris, haben wiederum 2 Kataloge, Lager— Katalog 183 und Antiquarischer Anzeiger Nr. 367, versandt. Der Lager-Katalog, Supplement zu Lager-Katalog 173 und zum Theil aus der Bibliothek des verstorb. Dr. Parthex in Berlin, enthält ein Verzeichniß von 273 Schriften über Numismatik und Sphragistik, unter welchen sich eine Menge werthvoller und zum Theil seltener wie z. B. Schultheß Rechberg's gänzlich vergriffenes ‚Thaler-Kabinet“ befindet. Dieselben beziehen sich auf verschiedene Länder, Städte, einzelne Personen u. s. w. Der Antiq. Anzeiger führt 364 Schriften (die Nrn. 24714 2838 umfassend), welche sich auf die deutsche Sprache theils im Allgemeinen, theils auf die verschiedenen Mundarten der— selben u. s. w.) beziehen, auf. Auch in diesem Katalog fehlt es durch— aus nicht an vielen interessanten und schätzbaren Schriften.

Gewerbe und Handel.

Der Cours für die hier zahlbaren Oesterreichischen Silber⸗ ö ist auf 153,50 „MS für 100 Fl. Oesterr. Silber festgesetzt worden.

In der gestrigen Generalversammlung des Börsen-Han—⸗— dels-Vereins wurden die Bilanz und die Gewinnvertheilung pro 138; genehmigt und Entlastung ertheilt. Die Dividende beträgt 6 ο und gelangt sofort zur Auszahlung.

(B. Pol. N) Die deutschrostafrikanische Gesell⸗ schaft, deren Erwerbungen in Ost-Afrika durch das Abkommen jwischen Deutichland und England über die Abgrenzung des Sul— tanats von Sansibar auf eine sichere politische Grundlage gestellt sind, strebt behufs Erreichung der ihr durch den Kaiserlichen Schutz brief vom 27. Februar 1885 borgesteckten Ziele die Umbildung in eine juristische Korporation an. Zu diesem Zwecke hat sich ein besonderes Comité gebildet, welchem außer den bisherigen Leitern Dr. Peters, Graf Behr, Hrn. Karl von der Heydt aus Elberfeld auch noch u. A. die Geheimen Kommerzien⸗Räthe Oechel—⸗ häuser (Dessau) und Delbrück (Berlin), der Kommerzien« Rath Langen aus Köln, der frühere Abgeordnete Scipio (Mannheim) sowie Hr. Ernst Mendelssohn⸗Bartholdy (Berlin) und Fabrikant Duddenhofer (Württemberg) angehören. Dieses Comité hat einen Statutenentwurf aufgestellt, welcher in seinen wesentlichen Bestimmungen schon im Voraus die Genehmigung der zuständigen preußischen Ressortbehörden erhalten hat, und auf Grund dessen von den letzteren bei Sr. Majestät die Ertheilung der Rechte einer juristischen Person erwirkt werden soll. Nach diesen Statuten liegt der Schwerpunkt der Verwaltung in einem aus 21 bis 27 Mitgliedern bestehenden Direktionsrath. Von diesen Mitgliedern werden drei von dem Reichskanzler ernannt, während ein Mitglied von der Generaldirektion der Seehandlung, welche durch? Se. Majestät in den Stand gesetzt worden ist, sich mit einer halben Million Mark bei dem Unternehmen zu betheiligen, entsendet wird. Die Antheile an dem Vermögen der Gesellschaft bestehen aus Stammantheilen, Freiantheilen und neuen Antheilen. Die Stamm- antheile sind diejenigen, welche den früheren Betheiligten für ihre Kapitaleinlagen gewährt worden sind und die zusammen 1 171 700 . betragen. Die Freiantheile an 10000 Æ belaufen sich auf 15 und sind denjenigen Personen gegeben, welche der bisherigen Gesellschaft Rechte überlassen oder persönliche Dienste geleistet haben. Die neuen Antheile sollen jetzt aufgebracht werden, und zwar wird beabsichtigt, um die Antheile an dem Vermögen auf 5 Millionen Mark zu bringen, 355 Antheile über je 10 000 ½ auszugeben. Jede Verpflichtung zur Zahlung über diese Summe hinaus ist ausgeschlossen. Die Erthei⸗ lung der Korporationsrebte ist zugesagt, sobald 1500 000 und davon 50 06Y eingezahlt

neue Antheile gezeichnet

sind. Bedeutende Zeichnungen, und zwar aus Kreisen, welche nicht auf sosortige Renten von ihren Einlagen rechnen, sondern in richtiger Beurtheilung der in diesem nationalen Werke liegenden Chancen auf dessen zukünftige Entwickelung vertrauen, sind bereits zu— gesichert, so daß die endgültige Konstituirung der Gesellschaft dem— nächst wird erfolgen können. Seitens der General -Direktion der Königlichen Scehandlung-Sozietät, den Bankhäusern Mendelssohn u. Co in Berling, von der Heydt, Kersten u. Söhne in Elberfeld und Delbrück, Leo u. Co. in Berlin ist eine Zeichnungsaufforderung ergangen, deren Veroffentlichung durch die Zeitungen vorbehalten bleibt. Bei diesen Zeichenstellen werden nicht nur Zeichnungen ent— gegengenommen, sondern auch der Statutenentwurf sowie ein über die Vergangenheit der Gesellschaft und ihre Absichten Aufschluß gebender Bericht den Interessenten zur Verfügung gestellt.

Vom rheinisch⸗westfälischen Eisen⸗ und Kohlen⸗ markt schreibt man der . Voss. Ztg.“ aus Dortmund, u. d. 6. Februar. Das Eisengeschäft ist sich in der verflossenen Woche im Allgemeinen gleich geblieben, insbesondere haben sich die Preife nicht verändert. Nur die Roheisenpreise sind für sämmtliche Marken um 1 5 pro Tonne weiter erhöht worden, was aber bei der weiteren Abschwächung der Nachfrage in allen Geschäftszweigen von sehr zweifelhaftem Werthe zu sein scheint, da bei der Ünsicherheit der Lage Überhaupt wenig neue Abschlüsse zu Stande kommen. Was die ein— zelnen Bragchen betrifft, so ist dem heimischen Eisenerz— geschäft Tie eingetretene Besserung in der Eisenindustrie erst in ge— ringem Maße zu Gute gekommen und wird neuerdings wieder un— günstig von der spanischen Konkurrenz, welche die kürzlich erhöhten Preise wieder ermäßigt hat, beeinflußt. Im Roheisengeschäft ist das Gleichgewicht zwischen Nachfrage und Pioduktion wieder hergestellt

Einzelne Hochofenwerke beabsichtigen daher, demnächst stillliegende Hochöfen wieder in Betrieb zu nehmen. Bis jetzt hat die Hochofen industrie von dem besseren Geschäftsgange auf dem Eisenmarkt den meisten Nutzen gehabt, da sie ihre Preise um ca. 6 -= 10 140 pro Tonne erhöht hat, während Kohlen und Kokes, Eisenstein und Löhne noch nicht gestiegen sind. Die Eisen⸗ und Stahlwerke haben dagegen bisher noch wenig von der allgemeinen Besserung profitirt, da sie ihre Notirungen den gestiegenen Roheisenpreifen gegenüber nicht entsprechend erhöhen konnte. In der Walzeisenbranche dauert eine lebhafte Beschäftigung in Stabeisen, Trägern und sonstigem Fagoneisen, sowie auch in Feinblechen an, auch liegen noch belang⸗ reiche Auftraͤge zur Erledigung vor. Neue Abschlüsse sind aber seltener geworden, da die Käufer ihren Bedarf vorläufig gedeckt haben. Die Preise für genannte Walzfabrikate sind unverändert ge⸗ blieben, tendiren aber etwas matter. Für Grobbleche zeigt sich fortdauernd nur geringe Meinung und sind daher auch die kürzlich eingefübrten höheren Notirungen schwer zu erzielen. Im Walzdrahtgeschäft liegen anhaltend umfangreiche Bestellungen zur Effektuirung vor und neue Aufträge gehen noch immer regelmäßig ein, namentlich aus dem Auslande. Die Export preise für Stistdraht betragen ungefähr 105 , für das Inland werden die Notirungen aber höher gehalten und zwar bis 112 4M, stellenweise noch hoher. In der Stahlbranche sind die be⸗ treffenden Werke zwar besser beschäftigt als vor einem Vierteljahr, aber bei den meisten ist doch noch ein mehr oder weniger starkes Arbeitsbedürfniß vorhanden. Die Preise für Stahlschienen und sonstige Oberbaumaterialien für Eisenbahnen haben sich in der letzten Zeit nicht verändert. Die Waggonfabriken sind im Allgemeinen ziemlich befriedigend beschäftigt, jedoch zu unlohnenden Preisen. In den Eisengießereien und Maschinenfahriken, sowie auch in den Kesselschmieden und Konstruktions- werkstätten hat sich die Thätigkeit in nur geringem Maße erhöht, auch ist es noch nicht möglich gewesen, nennenswerthe Preiserhöhungen durchzusetzen. Im Kohlengeschäft läßt der Bedarf in Hausbrand— kohlen allmählich nach, erhöht sich jedoch in Industriekohlen und namentlich auch in Kokes, für welche auch die Notirungen fester sind. Die Verhandlungen wegen Wiederherstellung des Syndikats für Kokes⸗ kohlen und Kokes nehmen guten Fortgang und dürften zum erwünschten Ziele führen.

Danzig, 8. Februar. (W. T. B.) Die Einnahmen der Marienburg-Mlawkaer Eisenbahn betrugen im Januar d. J. nach provisorischer Feststellung 148 000 Æς gegen 175 7606 . nach definitiver Feststellung im Monat Januar 1886, mithin 28 706 M. weniger als im selben Zeitraum des Vorjahres.

London, 7. Februar. (W. T. B. Wol lauktion. Stim—⸗ mung fest bei lebhafter Betheiligung.

Glasgow, 7. Februar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 5706 gegen 5600 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 7. Februar. (W. T. B.) Wolle ruhig, Preise fest, Garne ruhig.

Submissionen im Auslande.

I. Dänemark.

24. Februar. Direktion der Gasanstalt zu Naestved. Bau eines Gasometers von 25 000 Kubikfuß Inhalt. Naͤheres beim Buchhändler Fir zu Naestved.

II. Spanien.

1) 7. März. Madrid. General⸗-Direktion der öffentlichen Ar⸗ beiten. Konzession einer Eisenbahn von Katalonien nach Teruel. Voranschlag 7600000 Pes. Kaution provisorisch 182814, definitiv 914070 Pes. Näheres an Ort und Stelle.

2) 10. März. Dieselbe Behörde. Kanalisirung des Ebro, für welche anfangs der 4. Februar als Termin festgesetzt war. (Vergl. Reichs⸗Anzeiger Nr. W von 1887.)

Verkehrs⸗Anftalten.

Hamburg, 7. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer Wieland? der Hamburg ⸗Amerikanischen Packetfahrt⸗A ktien⸗ gesellschaft ist, von Hamburg kommend, heute Morgen in New-YPork eingetroffen -

London, 7 Februar. (W. T. B.) Der Union⸗-Dampfer »Athenian“ ist am Sonnabend auf der Ausreise in Capetown angekommen.

Berlin, 8. Februar 1887.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der gestern fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse 175. Königlich preußischer Klassenlotterie fielen in der Nachmittags⸗Ziehung: ;

2 Gewinne von 15 000 M auf Nr. 53 150. 53 820.

6 Gewinne von 5000 M6 auf Nr. 24 469. 61 428. 76121. S4 294. 103 169. 128 461.

27 Gewinne von 3000 S6 auf Nr. 2604. 5120. 13080. 24142. 35 685. 48420. 65 662. 65930. 70 702. 79311. S0 507. S3 587. 93183. 96 558. 104066. 118 838. 121 413. 142 484. 142 923. 143 783. 155 656. 165 300. 178627. 183 304. 186180. 186 369. 189 364.

37 Gewinne von 1500 6 auf Nr. 913. 3170. 4655. 14 360. 16830. 17041. 18404. 20138. 29 1765. 36048. 45294. 49 058. 55 484. 65 669. 69 353. 77 867. 78 869. S2 545. S6 270. S8 279. 94238. 103 955. 113784. 13 801. 113990. 114589. 116217. 123052. 135591. 136 877. 145 592. 147 760. 151 824. 167 400. 178570. 184 552. 185881.

35 Gewinne von 500 S6 auf Nr. 6829. 17638. 17959. 20 806. 24971. 26028. 26299. 29 705. 41 795. 45730. 50 035. 50 157. 50 671. 54514. 67 315. 67 846. 68763. II S55. 72 659. 77013. 77561. 78 788. 89 160. 93088. 113955. 114426. 128 790. 149 786. 166012. 172171. 173022. 180214. 185 430. 185 765. 187281.

Bei der heute fortgesetzten Ziehung der 4. Klasse 175.

ö preußischer Klassenlotterie fielen in der Vormittags— iehung:

1 Gewinn von 150 000 S½i auf Nr. 22549.

1 Gewinn von 30 000 S auf Nr. 72986.

1ẽ Gewinn von 15 000 Sn auf Nr. 21 522.

3 Gewinne von 10000 „SV) auf Nr. 71 812. 93176.

131 480.

1 Gewinn von 5000 MυVV auf Nr. 84091.

23 Gewinne von 3000 66 auf Nr. 7092. 27630.

42149. 44 690. 51 966. 54 463. 62578. 65 168. 66 482.

84 145. 101 584. 112015. 116844. 129 273. 145977.

151 384. 152 367. 154 512. 155 025. 165 365. 167459.

174 327. 177013.

45 Gewinne 1500 S6 auf Nr. 4759. 7295. 10554. 14674. 28137. 33318. 37 102. 43 373. 54 280. 57 265. 59399. 59 781. 65 694. 66956. 74 055. 82881. 87394. 87 888. 94 140. 99 058. 99 306. 107 468. 109 787. 113458. 116886. 119911. 120669. 122 445. 128735. 128995. 133347. 138447. 138610. 139962. 140275. 142 135. 148 240. 152 095. 156512. 164737. 167069.

von

47 Gewinne von 500 M auf Nr. 3118. 6645. 8486. 731. 13 8364. 18651. 19004. 19707. 26826. 27111. 30513. 31 721. 31 876. 34017. 40 124. 41 154. 47 784. 55010. 56 755. 58 381. 85 574. 88 243. 88 255. 93 109. 9g3 256. 97 796. 98 949. 100 482. 129 601. 130 860. 131922. 136908. 137 653. 139009. 139983. 149297. 153065. l58 527. 160 152. 162199. 166292. 168272. 174019. 179582. 180 952. 181 463. 189 413.

Im Kunstgewerbe⸗Museum ist für kurze Zeit ein hervor ragendes Meisterwerk moderner Metallarbeit ausgestellt: ein Re⸗ liquienschrein, welcher im Auftrage der Königin Olga von Württemberg von dem Lehrer an der Kunstgewerbe⸗Schule zu Frankfurt a. M., dem Bildhauer und Ciseleur W. Widemann, aus⸗ geführt worden ist. Dieser Kasten ist in den Formen der Hochrenaissance gehalten: auf einem Sockel von Ebenholz steht der rechteckige Körper aus Ebenholz, mit Platten von Lapis Lazuli belegt und ganz um sponnen von vergoldeter, theilweise emaillirter Silberarbeit An den Ecken thronen die machtvollen Figuren der vier Evangelisten, auf dem hohen Deckel eine Caritas; an den vier Seiten sind Medaillons mit Bildern aus dem Leben Mariä angebracht. Alle Theile der Metall arbeit sind in Widemann's Werkstatt von dem Meister modellirt und in, ihrer unvergleichlichen Feinheit durchciselirt. Von demfelben Künstler ist ferner noch ein sehr anmuthiger Tafelaufsatz aus vergol— detem Silber, jetzt im Privatbesitz in Berlin, ausgestellt.

Stettin. 8. Februar. (W. T. B.) Eine gestern Abend in der Bockbrauerei hierselbst abgehaltene sozialdemokratische Wahlversammlung wurde polizeilich aufgelöst. Da die Menge sich der Polizei widersetzte, so requirirte dieselbe die Hülfe des Militärs. Beim Einschreiten desselben mit aufgepflanztem Seitengewehr wurden mehrere Personen verwundet, und soll ein Mann an den erhaltenen Wunden bereits erlegen sein. Das Ver⸗ sammlungslokal ist durch Steinwürfe demolirt.

Im Königlichen Opernhause eröffnete gestern die Königlich preußische Kammersängerin Frau Albany ihr auf mehrere Abende berechnetes Gastspiel, und zwar hatte sie als Antritts—⸗ rolle die Violetta in Verdi's La Traviata“ für ihr erstes Auftreten ausersehen. Die den Künstlerinnen so reichlich gebotene Möglichkeit, ihre Fähigkeiten mit denkbar größtem Erfolge in diefer, von rein ästhetischem Standpunkt aus betrachtet, recht wenig erquick— lichen Rolle darlegen zu können, sichert derselben nach wie vor einen dauernden Verbleib im Repertoire und die Gewißheit, mitziemlicher Sicher⸗ heit dann zur Verwerthung zu gelangen, wenn eine bedeutende Koloratur⸗ sängerin ein Gastspiel eröffnet. Erst vor Kurzem war die Violetta von Frau Marcella Sembrich in der hiesigen Oper gesungen worden, und so hatte die gestern auftretende Künstlerin einen Vergleich mit der ein stimmig als trefflich anerkannten Leistung der erstgenannten Dame auszuhalten. Wenngleich derselbe nicht ganz zu ihren Gunsten aus— fällt, so muß doch anerkannt werden, daß Fr. Albany eine bedeutende Fertigkeit im Vortrag der Koloraturen besitzt, daß ihr Gesang sich durch saubere und zarte Tonbildung auszeichnet und durch ein wirk— sames Spiel unterstützt wird. Der Beifall, welchen das zahl— reich erschienene Publikum der Gastin spendete, war daher ein aufrichtiger und dürfte derselben auch bei ihrem ferneren Auftreten gesichert sein. Die Besetzung der übrigen Rollen war dieselbe wie früher. Die Leistung des Hrn. Betz als Germont senior ist als tüchtig bekannt; auch der Alfred des Hrn. Kalisch darf zu den besten Rollen des jungen Sängers gerechnet wer— den. Im Ballet erntete Frl. Dell' Era für ihre graziösen Pas wohl⸗ verdiente Anerkennung und wurde durch den lebhaften Beifall zu einer Wiederholung veranlaßt.

Auch bei der vorgestrigen fünften Sonntagsvorstellung der Operette Der Hofnarr‘, war das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater wieder vollständig ausverkauft. Gleichwohl können nur noch zehn Aufführungen stattfinden, da schon vor Monaten abgeschlossene Verträge der Direktion die Verpflichtung auferlegen, die Rovität Carreau-König“ auf das Repertoire zu setzen. ‚Carreau— König“, dreiaktige komische Oper von Leterrier und Vanloo, deutsch von Julius Stinde, Musik von Lajarte, erzielte in dem Parifer Theatre des Nouveautés, eine Folge von 200 Aufführungen. Die Premiere im Friedrich- Wilhelmstädtischen Theater, übrigens der ersten Bühne Deutschlands, die das Werk zur Aufführung bringt, ist auf Freitag, den 18. d. M. angesetzt.

Das gestrige Montags⸗-Concert der Herren Dr. Hans Bischoff und W. Hellmich im Saale der Sing⸗Akademie brachte in gediegener Auswahl Stücke von Bach, Schubert, Kiel, Löwe und Beethoven, welche unter Betheiligung des Concertsängers Hrn. Max Friedländer der Königlichen Kammervirtuosen Herren Gantenberg (Flöte) und Willner (Horn), sowie der Königlichen Kammer⸗ musiker Hrrn. Müller (Violine), Schulz (Viola), Maneke (Cello), Sturm (Contrabaß), Huth (Klarinette) und Valerius (Fagott) in mustergültiger Weise zur Ausführung gelangten. Hr. Friedländer be— herrscht sein sonores Baßorgan technisch in hohem Maße und inter— essirt hierdurch sowie durch seine klare, bewußte Vortragsweise. Er sang vier Stücke aus der, Winterreise⸗ und 3 Löwe'sche Balladen und errang sich lebhaften Beifall. Hr. W. J spielte mit schön klingendem Ton und abgerundeter Technik zwei Solostücke (op. 76) für Violine von F. Kiel. Mit besonderem freudigen Danke wurden die beiden großen Ensemble⸗Stücke J. S. Bach: Suite H-moll für Flöte und Streich-Quintett, mit ausgeführtem Klavier— Accompagnement versehen von Robert Franz, sowie das Beethoven sche Septett, von dem Publikum aufgenommen. Hr. Dr. Hans Bischoff zeichnete sich in der Bach'schen Suite durch sein energisches und klangvolles Spiel, bei den Schubert'schen und Löwesschen Sachen dagegen, durch seine zurückhaltende und doch sicher führende Begleitung meisterlich aus.

Im Concerthause hat gestern der dänische Komponist Hr. Emil Hartmann unter vielem Beifall eine Reihe seiner eigenen Kompositionen dirigirt. Namentlich fanden ein „Andante“ für Streich⸗ guartett und -Skandinavische Volksmusik. in 4 Sätzen sehr günstige Aufnahme. Morgen wird das Meyder'sche Orchester diese Nummern des gestrigen Programms wiederholen und außerdem unter Leitung des Komponisten dessen zweite Symphonie „Aus der Ritterzeit“ zur Aufführung bringen.

Im Circus Renz gelangte am Sonnabend Abend vor voll— besetztem Hause die neu und luxuriös ausgestattete Pantomime Zarina und Attala“ zur Aufführung. Die einzelnen prächtigen Tableaux, besonders der 2. Akt, welcher im Reiche der Najaden und seines Beherrschers Kübleborn spielt, wurden mit rauschendem Beifall aufgenommen. Kommissionsrath Direktor C. Renz wurde am Schluß vom Publikum oftmals gerufen und durch Ovationen ausgezeichnet.

Redacteur: Riedel.

Verlag der Expedition (Sch ol). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags ⸗Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

und die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffentlichen Anzeigers Kommanditgesellschaften auf Aktien und Attiengesell schaften) für die Woche vom 31. Januar bis 5. Februar 1887.

Berlin:

und kennte letztere für das laufende Quartal glatt abgesetzt und auch für das nächste Quartal bereits belangreiche Posten verkauft werden.

170 050. 172087. 182 712. 183 2659.

M. 33.

G rßse Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Dienstag, den 8. Februar

Deutsches Reich.

Bescheide und Beschlüsse des Reichs-Versicherungsamts.

Ein Berufsgenossenschafts-Vorstand fragte an, ob bei Rückerstattung der für Rechnung der Berufsgenossen— schaften von Krankenkassen verauslagten Renten zc. (G. 5 Abs. 8 des Unfallversicherungsgesetzes; vergleiche auch 8. 8 daselbst) von der Beibringung der in der Geschäftsanweisung vom 27. September 1885, betreffend die Auszahlungen durch die Post (Amtl. Nachrichten des R.⸗V.⸗-A. Seite 224 ff.), beziehungsweise in den zugehörigen Formularen vorgesehenen Quittungs⸗ bescheinigungen abgesehen werden könne, und demgemäß die einfache Unterschrift der Krankenkassenvorstände genüge. Der Vorstand nahm dabei Bezug auf das die Dehling von Kur- und Verpflegungskosten an ein Krankenhaus betreffende Formular XI (a. a. O. Seite 242), in welchem gleichfalls eine Beglaubigung der Quittungsunterschrift nicht vorgesehen sei. Das Reichs-Versicherungsamt hat unter dem 8. Januar 1887 geantwortet, . daß, sofern die betreffende Pollanstalt auf Beibringung der Bescheinigung nicht benehe oder sich mit einer anderweiten generell erleichterten Form derselben begnüge, dem in dem Bericht geäußerten Wunsche, in derartigen Fällen von der erwähnten Bescheinigung absehen zu dürfen, ein Bedenken diesseits nicht entgegenstehe (vergleiche auch Amtl. Nachrichten von 1886, Seite S6 Ziffer 166, letzter Absatz).

276) In einer Unfallversicherungssache war durch Entscheidung des Schiedsgerichts dem in F. wohnenden Verletzten aufgegeben worden, sich behufs Kur und Verpflegung im Krankenhause zu K. zu gestellen. (Vergleiche 8. des Unfallversicherungsgesetzes. Amtl. Nachrichten des R.⸗V.-A. 1885, Seite 292, Bescheid 241.) Hinsichtlich der Kosten für die zu dieser Gestellung erforderliche Reise hat das Reichs-Versicherungsamt unter dem 21. Januar 1887 seine Meinung dahin ausgesprochen,

daß dem Verletzten die zur Reise von F. nach K. erforderlichen Mittel Seitens der Berufsgenossenschaft zur Verfügung zu stelen sind, zumal demselben nach der Entscheidung des Schiedsgerichts eine Rente nicht ferner gewährt wird, und bei einem in seiner Erwerbsfähigkeit beeinträchtigten Arbeiter weder der Besitz eigener Geldmittel anzunehmen, noch die Verpflichtung, solche für eine derartige Reise zu verwenden, aus dem Unfallversicherungsgesetz herzuleiten ist.

277) Ueber die Form der Zustellung von Feststellungs⸗ bescheiden an Entschädigungsberechtigte und üher, die Berechnung der Berufungsfrist hat das Reichs— Versicherungsamt unter dem 21. Januar 1887 einem Berufsgenossenschaftsvorstande Folgendes eröffnet:

Nach diesseitiger Auffassung bedarf es auch, für die stellung der Feststellungs- beziehungsweise ablehnenden Be— scheide (5. 59 Absatz 3 des Unfallversicherungsgesetzes) nur eines Posteinlieferungs- und nicht eines Nückscheines (ver—

gleiche Amtl. Nachrichten des R.⸗-V.⸗-A. 1886, Seite 276,

Bescheid 236).

fa * der Berufungsfrist (6. 62 Absatz 3 9. a. O.) beginnt mit der Zustellung des Bescheides, d. h. mit der durch den Postboten bewirkten Uebergabe desselben an den Empfangs⸗ berechtigten, und endigt mit dem Ablauf desjenigen Tages der vierten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tage ent— spricht, an welchem die Zustellung erfolgt ist, so daß in die

Berufungsfrist von vier Wochen der Tag der Zustellung nicht

eingerechnet wird. Eine Berufung gegen einen am Mon—

tag, den 3. Januar 1887, zugestellten Bescheid hat also als innerhalb der vorgeschriebenen Frist („binnen vier Wochen) erhoben zu gelten, wenn die Berufungsschrift am Montag, den 31. Januar 1887, bei dem Vorsitzenden des zuständigen

Schiedsgerichts eingegangen ist. .

Den Tag der Zustellung, welcher im Allgemeinen mit dem auf die Einlieferung des Bescheides zur Post folgenden nächsten oder zweitnächsten Tage zusammenfällt, genau zu er— mitteln, wird für die Berufsgenossenschaft in der Regel ohne

Interesse sein. Erforderlichen Falles aber wird die Fest⸗

stellung im Wege eines auf Grund des 8. 191 4. a. O. an

die betreffende Postanstalt zu richtenden Erfuchens zu be— wirken sein.

Wenn

Hu⸗

das Reichs-Versicherungsamt die Schieds—

gerichtsvorsitzenden ersucht hat, die Zustellung der schieds⸗

gerichtlichen Urtheile stets gegen Rückschein zu bewirken, so ist diese besondere Anordnung nicht von grundsätz⸗ licher Bedeutung, vielmehr nur durch die praktische Erwägung bedingt, daß es wünschenswerth sei, im Falle der, Ein legung des Rekurses an das Reichs Versicherungsamt (8. 63 Abjatz 1 a. a. O.) bei Eingang der schiedsgerichtlichen Akten die Inne⸗ haltung der vierwöchentlichen Rekursfrist durch das Datum des Rückscheines sofort aus den Akten zweifellos feststellen zu können. Die bei fehlendem Rückschein eventuell erforderliche diesseitige Ermittelung behufs Feststellung des Tages. der Be⸗ händigung würde nicht in einem angemessenen Verhältniß zu der geringen Kostenersparniß stehen.

278) Ueber die Form, in welcher die Ablehnung ver⸗ meintlich ungerechtfertigter Entschädigungsansprüche von Verletzten, beziehungsweise die Anfechtung der betreffenden Bescheide der Genossenschaftsorgane zu er— folgen hat, sind mehrfach Zweifel hervorgetreten.

Das Reichs-Versicherungs amt hat unter dem 16. Ok—

tober 1886 sich dahin ausgesprochen: . Wenn ein Unternehmer in das Kataster einer Berufs⸗ genossenschaft aufgenommen ist und ein von demselben beschäf⸗ ligter Arbeiter einen Unfall erleidet, so kann streitig werden, ob der Verunglückte in dem der fraglichen Berufsgenossenschaft laut Katastereintrag (68. 37 des Unfall-Versicherungsgesetzes)

zugehörigen versicherten Gesammtbetriebe beziehungsweise Be⸗

jahendenfalls, ob der Unfall sich bei dem versicherten Betriebe ereignet hat. Beide Fragen sind Fragen der Aus— legung des Inhalts und des Umfangs der erfolgten Katastrirung des Betriebs (5. 37 a. a. O.) und beziehungsweise der Trag⸗ weite der gesetzlichen Bestimmungen über die Versicherung. Herrscht Streit hierüber, so ist derselbe durch förmlichen Be⸗ scheid des zuständigen Genossenschaftsorgans (55. 57 ff., ins⸗ besondere 8. 62 Abs. 4 a, 4. O.) und eventuell, im schieds— richterlichen Verfahren, nicht aber im Wege des 5§. 59 Absatz 4 a. a. O. zum Austrag zu bringen. Die letztere Bestimmung in Verbindung mit 5. 62 Absatz 1 a. 4. O. kann nur dann Anwendung finden, wenn feststeht, daß der Betrieb, in welchem der Verunglückte beschäftigt gewesen, zwar vielleicht zu den gesetzlich versicherten Betrieben (3 34 a. a. O.) zählt, aber jedenfalls in kein Genossenschaftskataster, insbesondere auch nicht als Bestandtheil eines größeren einheitlichen Betriebes 83. 9 Abs. 3 a. a. O. aufgenommen ist. Vgl. die Bescheide I5 und 138, Amtl. Nachrichten des R⸗-V.-A. 1885 S. 371

und 1886 S. 55.

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 8. Februar. Nach dem Gesetz vom 29. Juni v. J. erfolgt vom 1. April 1887 ab die Heranziehung der im Offiziersrange stehenden Militärpersonen zu Abgaben für Gemeindezwecke, und liegt nach 8. 4 desselben die Feststellung des der Abgabe unterliegenden Einkommensbetrages, die Ermittelung der Steuerstufe, die Mit— theilung an die betreffenden Steuerpflichtigen sowie die Be—

Einkommensteuer⸗-Einschätzungskommissionen ob. Der Finanz— Minister hat unterm 2. d. M. den Königlichen Regierungen Exemplare der nachfolgenden Anweisung zur Ausführung dieses Gesetzts mit dem Veranlassen, übersandt, die⸗ selbe durch das Amtsblatt schleunigst zur öffent— lichen Kenntniß zu bringen und die Vorsitzenden der Einkommensteuer⸗-Einschätzungskommissionen sowie die Kom— munalbehörden mit entsprechender Instruktion zu versehen, damit die Feststellung des für Gemeindezwecke von den steuer⸗ pflichtigen Militärpersonen zu zahlenden Abgabebetrages recht⸗ zeitig stattfinde. Die Kommunalbehörden sind namentlich darauf hinzuweisen, daß die Regelung der im Laufe des Steuerjahres eintretenden Ab- und Zugänge bezw. die Ueber— weisung und Inabgangstellung der betreffenden Abgabebeträge ihrerseits ohne Mitwirkung des Vorsitzenden der Ein— kommensteuer⸗-Einschätzungskommission zu erfolgen habe, ü daß zn dem 3 die diesen Gemeinde— abgahen unterliegenden Militärpersonen von dem Kriegs⸗ Minister angewiesen seien, bei der Verlegung des Wohnsitzes aus einem Gemeindebezirk in den anderen, sowie bei einer Versetzung innerhalb Preußens von einer solchen Veränderung sowohl der bisher empfangsberechtigten Gemeinde, als auch der Gemeinde des neuen Wohn— bezw. Garnisonortes unter Be— zeichung des Monats, mit desse! Ablauf die Empfangs— berechtigung der ersteren erlischt, ohne Verzug Mittheilung zu machen. Die für die Veranlagung der Gemeindeabgabe erforderlichen Formulare sind nach den für die klassifizirte Einkommensteuer in der Cirkular-Verfügung vom 19. Oktober 1877 gegebenen Bestimmungen zu beschaffen und den Vor— sitzenden der Einkommensteuer-Einschätzungskommissionen zuzu— stellen. A n wei fn

für die Vorsitzenden der Eintommenstener« Ein⸗ schätzungskommissionen zur Ausführung des Gesetzes vom 29. Juni 1886 (Gesetz⸗ Samml. S. 181), betreffend die Heranziehung von Militärpersonen gaben n Gemeindezwecke.

Nr. 1. Die dem Vorsitzenden der Einkom mensteuer⸗Einschätzungs⸗

kommission durch das Gesetz vom 29. Juni 1886 übertragenen Ob— iegenheiten bestehen in: w des der Abgabe für Gemeindezwecke unter— liegenden Einkommens und der diesem entsprechenden jährlichen Ab— w des Abgabepflichtigen und der berechtigten Gemeinde von der Feststellung zu 2 (8. 5), . .

C. der Entscheidung über etwaige Erlaßanträge (8. Sy)

d. der Mitwirkung bei etwaigen Beschwerden an die Bezirks— Regi ö Betheiligung des Vorsitzenden in Bezug auf die Erhebung der Abgabe, die, Veränderungen, welche im Laufe des Jahres in Folge von Garnison, oder Wohnungewechsel, Abkomman— dirung, Versetzung. Ausscheiden aus dem Dienst u. s. w. eintreten, findet nicht statt. Jedoch sind im Falle der Anzeige don der Ver⸗ legung des Wohnsitzes des Abaabepflichtigen in den Bezirk einer anderen Einschätzungskommission dem. Vorsitzenden der Letzteren die auf die Feststellöng der Abgabe bezüglichen Mittheilungen zu machen.

„Nr. 2. Der Abgabe unterliegen die Offiziere, Sanitäts⸗Offiziere und oberen Militärbeamten des Friedensstandes, welche innerhalb des preußischen Staates in Garnison stehen und zur preußischen Klassen⸗ be iehungsweise klassifizirten Einkommensteuer veranlagt sind. -

Wird diese Veranlagung im Laufe des Jahres auf Rekla— mation oder aus anderen Gründen aufgehoben, so zieht dies auch die Aufhebung bezw. das Erlöfchen der Veipflichtung zur Entrichtung der Gemeindeabgabe nach sich. Andererseits wirs bei nachträglich im Laufe des Jahres erfolgender Heranziehung zur Staats steuer damit auch für dieselhe Zeit, für welche letztere erfolgt, die hier in Rede stehende Bedingung für die Heranziehung zur Gemeindeabgabe . 3. Die Abgabe wird nicht erhoben vom Diensteinkommen, sondern lediglich von dem Privateinkommen und auch von diesem nur insoweit, als dasselbe nicht bereits nach den bestehenden gesetz— lichen Bestimmungen der Kommunalsteuerpflicht unterliegt ö.

Nur diejenigen Personen sind also zur Abgabe heranzuziehen, welche außer dem dienstlichen und außer etwaigem Einkommen aus Grundbesitz und Gewerbebetrieb ausweislich der Einkommennachwei⸗ sung noch aus anderen Quellen fließendes Einkommen beziehen. (JZinsen von Kapital ien, Renten, Nutzungen u. s. w 3 . .

Nr. 4. Für die Ermittelung der Gemeindeabgabe ist es uner— heblich, ob bei der Veranlagung der Staatssteuer wegen besonderer wirthschaftlicher Verhältnisse und dergl. eine geringere als die dem

triebstheile beschäftigt und demnach zu den versicherten Arbei⸗ tern (C8. 11 und 35 a. a. O.) zu zählen ist, und be⸗

nachgewiefenen Einkommen entsprechende Steuerstufe festgesetzt ist

nachrichtigung der berechtigten Gemeinden den Vorsitzenden der

ggeefügten

Wohnsitz s

Einschätzungskommission dieser

pflichtigen Einkommens vorzunehmen und die entsprechende

es vom 25. Mai 1873 und §. 2 des Gesetzes vom

Feststellung der Gemeindeabgabe etwa i, Remonstration oder des Rekurses erzielten ir die Gemeinde⸗

der Abgabepflichtige au eingelegt hat, iese Beschwerde

le

im Wege der R

abgabe an sich wirkungslos. W de gegen die Feststellung der Gemeindeabgahe Bescht bleibt der Regierung überlassen, die Entschidung i bis zur Erledigung der Beschwerde gegen die Staatsste ranlagung auszusetzen und letztere demnächst zu berücksichtigen, falls im Rekla⸗ mations⸗ bezw. Remonstratiensverfahren das E nkommen aus anderen Ouellen als aus Grundbesitz, Gewerbebetrieb oder dem Dienstverhältniß zu einem geringeren Betrage angesetzt worden itt. - . . Die Bewilligung eines Erlasses an der Staatssteuer im des Jahres ist indeß ohne Bedeutung für die Gemeindeabgabe. Nr. 6. Von dem bei der Veranlagung der Staatssteuer für das betreffende Steuerjahr zum Grunde gelegten, aus der Einkommens— nachweisung zu ersehenden Jahresbetrage des steuerpflichti⸗ gen Einkommens ist in Abzug zu bringen: a. das gesammte Diensteinkommen, . J . b.. das Einkommen aus Grundbesitz oder Gewerbebetrieb bei Militärärzten das Einkommen aus einer Civilpraris. Hierbei muß jedoch beachtet werden, daß der betrag des steuerpflichtigen Einkommens, von welchem die züge gemacht werden, nur sich aus den Nettoerträgen der verschiedenen Quellen zusan mensetzt, nachdem die Schulden— zinsen, Steuern, Renten, Leibgedinge und sonstige Lasten von den in der Eintommennachweisung aufgeführten Pächten, Miethen und sonstigen Brutto-Einnahmen in Abzug gebracht sind. (Vergl. die

** CEause

sowie

den Verfügungen vom 1. Juli 1875 und vom 29. August 1877 bei⸗

Formulare zu Einkommennachweisungen. Mittheilungen Heft 2 S. 12 u. Heft 7 S. 25.) Die das Einkommen aus Grundbesitzund Gewerbebetrieb vermindernden Zinsen, Steuern, Renten u. . w. müssen deshalb zuvörderst, soweit es nicht schon bei Aufstellung der Ein—2— kommensnachweisung geschehen, von den nachgewiesenen Erträgen dieser Quellen abgezogen werden, ehe diese wiederum geeignet sind, von dem Betrage des steuerpflichtigen Jahrestinkommens abgezogen zu werden.

Außerdem ist in Abzug zu bringen: ;

e. bei denjenigen vor dem 1. April 1887 in den Ehestand getretenen Militärpersonen, welche einer Charge angehören, für die die Ertheilung des Heirathskonsenses an den Nachweis eines bestimmten Vermögens geknüpft ist, derjenige Einkommensbetrag, welcher nach den zur Zeit der Nachsuchung des Heirathskonsenses maßgebend gewesenen Vor— schriften für die Charge, welcher sie zur Zeit der Veranlagung an— gehören, vorschriftsmäßig nachzuweisen war. ö

Die etwa nach Feststellung der Abgabe eintretende Beförderung zu einer höheren Charge bleibt im Laufe des Jahres unberücksichtigt.

Nr. J. Die Abgabepflicht beginnt mit dem 1. April 1887, für diejenigen Offiziere ꝛ6. deren Ernennung erst vom 1. April 1887 oder später datirt, oder welche erst zum 1. April 1887 oder später in eine preußische Garnisoa versetzt werden, vom Ersten des auf die Ernennung oder auf die Verlegung des nach der preußischen Garnison folgenden Monats. mit dem Ablauf desjenigen Monats, in welchem der

Sie endet

Abgabepfächtige stirbt, aus dem aktiven Dienst ausscheidet oder in

eine nicht zur preußischen Monarchie gehörende Garnison versetzt wird. Inwieweit ein Kommando einer Versetzung gleich zu achten, ergiebt sich aus den dieserhalb bestehenden Bestimmungen (vergl. die Cirkular⸗Verfügung vom 16. Februar 1875, Mittheilungen DPeft 2 S. 4 und §. 8 der Anweisung zur Veranlagung der klassifizirten Einkommensteuer vom 4. März 1377). . . Nr. 8. Berechtigt zur Erhebung der Abgabe ist regelmäßig die Gemeinde des Garnisonortes; erstreckt sich aber die Garnison auf mehrere Gemeindebezirke, oder wohnt der Abgabepflichtige in dem Bezirk einer benachbarten Gemeinde, so steht die Abgabe, derjenigen Gemeinde zu, in deren Bezirk der Abgabepflichtige thatsächlich wohnt. Bei der Verlegung des Wohnsitzes aus einem Gemeindebezirk in den andern, sowie bei einer Versetzung innerhalb Preußens geht die Be⸗ rechtigung zum Bezuge der Abgabe mit dem Ersten des auf die Ver— legung des Wohnsitzes folgenden Monats auf die Gemeinde des neuen Wohnorts über. J Nr. 9. Nach Vorstehendem (Nr. 7 und 8) hat der Vorsitzende der Einkemmensteuer-Einschätzungs kommission, bevor er die berech⸗ tigte“ Gemeinde von der Feststellung der Gemeindeabgabe benach⸗ richtigt (5. 5 al. ] des Gesetzes), die Berechtigung derselben zwar zu prüfen und die Vermeidung von Weiteruggen sich thunlichst an— gelegen sein zu lassen, auch nach Bedürfniß die zuständigen Bebörden um die zu diesem Zwecke nothwendige Auskunft zu, ersuchen ö Wird gleichwohl, demnächst ermittelt. daß die Benachrichtigung an eine nicht berechtigte Gemeinde erlassen ist, so hat der Vorsitzende, da der Abgabepflichtige nur an eine Gemeinde die Abgabe für rie— selbe Zeit zu entrichten verpflichtet ist, seine Benachrichtigung zu be⸗ richtigen, sodann aber an die berechtigte Gemeinde eine anderweite Benachrichtigung, bezw. wenn diese Gemeinde außerhalb seines Ge— schäftsbezirkes belegen ist, an den Vorsitzenden der Einkom mensteuer⸗ Gemeinde die erforderliche Mit zeilung gelangen zu lassen. ‚— ö 9 Behufs Festsetzung der Abgabe hat nach?; der Einkommenstener für das Steuerjahr der Vorsitzende E schätzungskommissien die der Gemeinde-Abgabe unterliegenden Ein kommensteuerpflichtigen in eine Nachweißsung einzutragen, auf Grund der Einkommensnachweisung die Ermittelung des abgabe— t Steuer einzutragen. . . ö Ein Muster zu dic er, demnächst. mit dem Fest stel kung! vermerk zu versehenden Nachweisung ist unter A beigefügt. Dieselbe kann nach Bedürfniß gemeindeweise geführt, auch se eingerichtet werden, daß sie für mehrere Jahre zu gebrauchen ist. In Betreff der der Gemeindeabgabe unterliegenden Klassensteuerpflichtigen. hat der Vorstand der zur Erhebung der Abgabe berechtigten Gemeinde,

nachdem die Klassensteuerrolle von der Regierung festgestellt ist, für jedes Steuerjahr ein Verzeichniß nach anliegendem Muster B

aufzustellen und dem Vorsitzenden der Einkommensteuer-Einschätzungs— kommission zu übersenden. Für diejenigen in dem Vereich ni ein getra⸗ genen Personen, bei denen die Einkommensnachweisung. außerdienst liches Einkommen aus anderen Quellen als aus Grundbesitz oder Femerte⸗ betrieb angiebt, ist, wenn, dies Einkommen mehr als E60 „6 be⸗ trägt, eine beglaubigte Abschrift der bezüglichen Eintragungen in der Einkommensnachweisüng beizufügen. Beträgt das fragliche Einkommen nur 660 c, oder weniger, so bedarf es keiner weiteren Be⸗ rechnung in der Nachweisung des Vorsitzenden, indem der Steuer⸗ fatz von 3 S eintritt. Für diese Abgabepflichtigen ann deshalb auch das Verzeichniß wo es zweckmäßig erscheint— gleich so eingerichtet werden, daß die Feststellung der Abgabe in demselben erfolgen kann ohne Eintragung in die Nachwei ung Master A). Beträgt das fragliche Einkommen aber über 660 c, so sind die betreffen⸗ den Spalten der Nachweisung (Muster A) von dem Vorsitzenden aus— zufüllen. . . k ; ö Die Feststellung der Abgabe ist lediglich nach den für die Klassen⸗ und Einkommensteuer gültigen Steuerstufen und jährlichen Steuer sätzen zu bewirken, mit der Maßgabe, daß der Steuersatz der ersten Klassensteuerstufe 3 ƽ auch dann festzusetzen ist, wenn das

abgabepflichtige Einkommen auf weniger als 420 ermittelt ist.