1891 / 220 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

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Division sich auf dem rechten Flügel, die 8. Division im Centrum und die 7. von Go. ha kommend, auf dem linken Flügel befanden. Die taktische Aufklärung hatten dort die 7. Kürassiere, die 16. Ulanen und das kombinirte Reserve⸗ Kavallerie⸗Regiment übernommen. Das XI. Armee Corps, welches von Eschwege⸗Heiligenstadt in östlicher Rich⸗ tung im Anmarsch it, marschirte gleichfalls in drei Ko⸗ lonnen: rechts die 21., in der Mitte die Großherzog⸗ lich hessische 25. —, links die 22. Division. Den Meldedienst hier hatten das Dragoner⸗Regiment Nr. 23, das Husaren⸗Regiment Nr. 14, unter Befehl des General Majors von Massow, und die Mühlhauser Ulanen Nr. 6 zu ver—⸗

sehen. Die Kavallerie bewies auch an diesem Tage wieder,

daß sie dem Meldedienst voll und ganz gewachsen ist. Bei den Stäben und Kommandos liefen über alle Bewegungen und besonders bei dem General-⸗Kommando des XI. Armee⸗ Corps, das bis um 19 Uhr noch westlich Mühl⸗ haufen war, rechtzeitig Meldungen über den Rechts— Abmarsch des I.. Armee⸗Corps ein, welchen dasselbe, verdeckt durch die Bergkette, die sich zwischen Rothenheilingen und Bollstädt hinzieht, ausführte. Die beiderseitigen Kavallerie Divisionen befanden sich beim XI. Corps auf dem rechten, beim IV. Corps auf dem linken Flügel. In der elften Stunde stießen endlich die Teten der beiderseitigen Centren unmittelbar oͤstlich Nühlhausen zusammen, Artillerie fuhr auf, und begann den Infanteriekampf einzuleiten. Bald entwickelte sich ein intensives Gefecht auf den Höhen bei Bollstädt. Bataillon auf Bataillon der 25. Division griff in den Kampf ein und rang nach heftigem Gewehrfeuer, das viertelstundenlang und ununterbrochen andauerte und die Luft erschüttern machte, dem Feinde, der 8. Division, Position auf Pofition ab und zwang ihn zum Abzug. In den ersten Nachmittags stunden wurde die Uebung abgebrochen; die Truppen bezogen östlich und nördlich Mühlhausen Biwaks. Nach Beendigung des Manövers hielt Seine Majestät der Kaiser und König eine Besprechung der Uebung, worauf die kämpfenden Theile getrennt wurden. Seine Masestät übernahm darauf den Befehl über das XI. Armee Corps, das Allerhöchstderselbe heute führen wird und das durch Jafanterie und Artillerie verstärkt worden ist. Heute (Freitag) verließ Seine Majestät der Kaiser vor 7 Uhr Morgens Mühlhausen und begab Sich über Grabe nach Volkenroda, von wo das XI., heute von Seiner Majestät geführte Corps in drei Kolonnen auf Schlotheim marschirte. Nach derselben Richtung war das IV. Corps um 4 Uhr aus den Biwaks aufgebrochen. Bis 11 Uhr war, wie telegraphisch ,. wird, der Zusammenstoß beider Corps noch nicht erfolgt.

Im Deutschen Reich sind für die Zeit vom 1. April 1801 bis zum Schluß des Monats August 1891 von Einnahmen (einschließlich der kreditirten Beträge) an Zöllen und ge⸗ meinschaftlichen Verbrauchs steuern, sowie von anderen Einnahmen zur Anschreibung gelangt:

Zölle 158 559 071 S6 (gegen denselben Zeitraum des Vor⸗ jahres H 928 233 6), Tabacksteuer 3 7109 3930 (= 104874 6), Zuckermaterialsteuer 60 124032 46 C 334 404 6), Ver⸗ drauchsabgabe von Zucker 21 992 959 66 (4 1264 593 6), Salzsteuer 15 641 5355 6 C 436 441 46), Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 2 265 369 6 (4 644 955 M, Verbrauchsabgabe von ranntwein und Zuschlag zu der— selben 49 6068 506 MS * 143 107 „Me), Brausteuer 10 908 445 M 4. 114547 S6), Uebergangsabgabe von Bier 1357 4858 S6 (436 720 M); Summe 203 918 734 ( 4745 894 S6). Spielkartenstempel 4165 5563 M6 C s3858 286 M6), Wechselstempelsteuer 3 372376606 1649090 3 Stempelsteuer für a. Werthpapiere 1396979 M6 ( 911 81246, b. Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 4906 671 4 (= 394 254 M), e. Loose zu Privatlotterien 159 347 M ( 269 4654 M), Staatslotterien 2 722 458 S6 ( 298 006 M).

Die zur Reichskasse gelangte Ist-Einnahme ab⸗ züglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be— krägt bei den nachbezeichneten Einnahmen bis Ende August 1891: Zölle 144 09386 5385 Mƽ ( 9069 708 6), Tabacksteuer 3 436 385 S ( 376 755 A6), Zuckermaterialsteuer 14 874 685 9 5 341 985 6), Verbrauchsabgabe von Zucker 227 559 560 M * 175 620 6), Salzsteuer 15 597 285 6 ( 181 121 45), Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 7911 7150 40 451 980 M, Verbrauchsabgabe von Branntwein und

uschlag zu derselben 434 890 400 d Ce 2142 3091 M),

rausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 10 425 233 60 = 65 783 S6); Summe 263 7182 822 S (— 235 729 t). Spielkartenstempel 497 277 MS ( 45148 A5).

Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Baden, Commandeur der 4. Garde Infanterie⸗Brigade, ist vom Manöver zurückgekehrt und hat sich zur Theilnahme an den Kaisermanövern nach Gotha begeben.

Seine Hoheit der Erbprinz von Sach sen-Meinin⸗ gen, General-Lieutenant und Commandeur der 2. Garde—⸗ Infanterie Divison, ist zur Theilnahme an den Manövern des IV. und XI. Armee⸗Corps nach Kassel abgereist; im An⸗ schluß hieran wird Seine Hoheit einen längeren Urlaub nach Coburg und Süddeutschland antreten.

Der Königliche Gesandte in Weimar von Derenthall hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten.

Der Großherzoglich hessische Gesandte am hiesigen Aller= höchsten Hofe, Wirkliche Geheime Rath Dr. Neidhardt ist vom Urlaub nach Berlin zutückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Die Regierungs-Räthe Buchholtz zu Schleswig und Maisan zu Oppeln sind an die Königliche Regierung zu Düsseldorf versetzt worden.

Der Regierungs Rath Heinke zu Marienwerder und der Regierungs⸗Ässessor von Ascheberg zu Merseburg sind der Königlichen Direktion für die Verwaltung der direkten Steuern zu Berlin zur weiteren dienstlichen Verwendung über⸗ wiesen worden. ;

Der Regierungs-Assessor Dr. jur. Richard Lucke zu Merseburg ist der Königlichen Regierung zu Posen und

der bisher bei der Königlichen Direktion für die Verwal⸗ tung der direlten Steuern zu Berlin beschäftigte Regierungs⸗ Assessor Dr. Friedheim ist der Königlichen Regierung zu ö zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Bahern.

München, 17. September. Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Reg ent wird sich der „Allg. Ztg.“ zufolge nach Beendigung der Algäu nach Berchtesgaden be⸗ geben und am 3. Oliober hierher zurückkehren.

Seine Königliche Hoheit der dessen Leitung die Manöver stattfanden, hat unter dem 12. d. M. folgenden Armeebefehl erlassen:

Der Armee wurde die Ehre und Freude zu Theil, in den letzten Tagen zeigen zu dürfen, was sie in unermüdlicher Friedensarbeit lernt bat. Ihre Haltung bei der großen Parade sowohl als auch kriegs mäßige Ausbildung im Manöver haben in hohem Maße die Aller⸗ Das Lob sowohl Seiner Königlichen Prinz · Regenten sowie dasjenige Seiner Majestät des Deutschen Kalsers. unter dessen Oberbefebl wir im Kriege stehen, den die Armee im Frieden erringen Indem ich die Oberleitung am beutigen Tage niederlege, be⸗ glückwünsche ich die Armee zu der ihr gewordenen Auszeichnung und erwarte, daß auch in Zukunft rüstig weiter gearbeitet werde, damit wir auch im nächsten Kriege den Sieg an unsere allzeit glorreichen Fahnen zu fesseln wissen.

) Prinz Leopold, General der Kavallerie

und kommandirender General des J. Baverischen Armee ˖ Corps.“

Die Reichs-Schulkommission beendigte heute Vor⸗ mittag um 11 Uhr ihre Sitzungen. Die Verhandlungen der Kommission betrafen in der Hauptsache die Frage, welche Mittelschulanstalten Befähigung? Freiwilligendienst ausstellen dür wurde von der Kommission bereits im Vorjahre behandelt und in diesem Jahre, nach Einholung näherer Informationen über die Leistungen verschiedener beanstandeter Anstalten, wieder⸗ Was die staatlich geleiteten An⸗ stalten in den deutschen Bundesstaaten be ifft, so soll es, nach Anschauung der Reichs⸗Schulkommission, zur Ertheilung von

rinz Leopold, unter

böchste Anerkennung gefunden. Hoheit des

bilden den schönsten Lohn,

eugnisse für den Einjährig⸗ Der gleiche Gegenstand

holter Berathung unterstellt.

i ihrer Berechtigung Ert Reifezeugnissen für den Einjährig—⸗ Freiwilligendienst selbstverständlich sein Verbleiben haben, ebenso mit der Berechtigung der städtischen Mittel schulanstalten. Den Privatanstalten dagegen wird nicht als solchen die ge⸗ nannte Berechtigung ertheilt, sondern dieselbe wird an die Person ihrer Direktoren oder Leiter geknüpft, deren Befähigung einer genauen Prüfung zu unterziehen ist; rechtigung nur auf je fünf Verlauf dieser dings um die

auch darf die Be⸗ r Jahre zuerkannt werden. eit hat der Direktor der Privatanstalt neuer⸗ 4 erechtigung zur Ertheilung des mehrgenannten Besähigungszeugnisses einzukommen.

Sach sen. Dres den, 17. September. Seine Majestät der König ist, wie das „Dr. J“ meldet, gestern Abend von Leipzig wieder in Pillnitz eingetroffen.

Renß ä. L.

C) Greiz. 17. September. Ihre Durchlaucht die Fürstin fühlte sich gestern recht matt, doch blieb der Zustand leichmäßiger, die Schwankungen im Befinden waren weniger he Die Nacht verlief ziemlich ruhig. ist normal.

Der Gesundheitszustand der jüngst geborenen Prinzessin

ist ein guter, die Entwickelung derselben eine erfreuliche.

Reuß j. L. Ihre Durchlaucht die

Die Temperatur

Gera, 17. September, prinzessin ist, wie die „Ger. Ztg.“ meldet, heute früh von einem gesunden Prinzen glücklich entbunden worden.

Oesterreich⸗Ungarn.

Wien, 18. September. Seine Majestät der Kaiser und König ist nach einem Telegramm des „W. T. B.“ gestern Mittag in Miramar eingetroffen und vom Erzherzog Lud⸗ wig Salvator am Bahnhof empfangen worden. grußung waren ferner der Statthalter Rr. von Rinaldini und der Stations⸗Kommandant anwesend

ungarischen Minister Dr. We kerle treffen heute hier ein, um an den gemeinsamen Minister-Konferenzen, welche sich mit der Feststellung des den Delegationen zu unterbreitenden Budgets zu befassen haben werden, theilzunehmen. Konferenzen unter den Ministern statt, am Sonntag beginnen die Schlußberathungen unter dem Vorsi Das „Fremdenblatt“ glaubt, daß nommenen zweiten Lesung des Handelsvertrages mit nicht unbesiegbare Schwierigkeiten es lasse sich deshalb erwarten, daß die weiteren Verhandlungen noch einen Zeitraum von drei Wochen beanspruchen werden.

Frankreich. Paris, 18. September.

Szapary

Heute und morgen finden

des Kaisers. ei der gestern aufge⸗

Italien ernste aber woh erst hervortreten werden;

. Der Vorbeimarsch der In⸗ fanterie bei der gestrigen Revue in Vitry⸗le⸗Frangçois erfolgte, wie „W. T. B.“ berichtet, in Carréformation, die nach dem Defils zu einem

einer Stärke von 16000 nach der Tribüne aus rte

Kavallerie schlossenen Corps, eine Scheinattaque sich der Präsident befand, einer Distanz von 100 m vor der Tribüne kurz parirte. Dieses Manöver rief den besonderen Beifall des Publikums Nach Beendigung der Revue nahm der Präsident Vertheilung der or und kehrte darauf nach der Stadt Vitry Revue hatte eine wohl 506 000 zählende Zu— Bei dem Dejeuner, welches der besichtigten

Carnot die verliehenen Ordens ⸗Aus⸗ zeichnungen v zurück. Der schauermenge beigewohnt. Präsident Truppen gab, welchem er hervor schluß der Manöver bilde. was Frankreich von ihr z der Armee dankbar dafür, Liebe zu ihr gerechtfertigt habe. Ruhe, Fesligkeit, Besonnenheit und eine loyale Haltung nach Außen hin ihm aufrichtige Freundschaften erwerben könnten, das berechtigte Vertrauen sicheres Unterpfand des Friedens bilde, Land nicht gestört wissen wolle. dem Lande dieses Vertrauen. des gesammten Frankreich. Worte stehend an und be lebhaftem Beifall. dankte Namens der Armee und den Präsidenten Carnot. Die Militär⸗Attachss der auswärtigen

zu Ehren der einen Toast hob, daß die Revue einen würdigen Ab— Die Armee habe erneut gezeigt, u erwarten habe. daß sie sein Vertrauen und seine Das Land wisse, daß, wenn

Das Land s

auf seine Hülfequellen welchen das Die Armee gewähre

Er danke ihr im Namen Die Anwesenden hörten die leiteten die letzten Worte mit riegs⸗Minister de Freyeinet erwiderte mit einem Toast auf

Ueber die Ausschreitungen am Abend der „Lohengrin“ Aufführung auf dem Opernplatz meldet die „Köln. Ztg.“: Die Polizei hatte ungemein scharfe Weisungen, denen sie mit sichtbarem Vergnügen nachkam. Wer ihren Befehlen nicht augenblicklich folgte oder sich Widerreden erlaubte, wurde ver⸗ haftet. Selbst Blatter, die sonst dem scharfen Vorgehen der Polizei wenig günstig sind, billigen das gestrige Ver⸗ fahren und verspotten die Verhafteten, die theilweise mit zer⸗ rissenen Kleidern und arg mitgenommen auf die Polizeiwache geschleifst wurden. Meist waren es junge Burschen, die 22 ihre Skandallust als die Abneigung gegen den „Lohengrin“ auf den Opernplatz geführt haben dürfte. Der Deputirte Bourdeau versuchte mit einigen zwanzig Burschen, meist Elsässern, der deutschen Botschaft einen Besuch abzustatten, wurde aber von der Polizei verjagt. Alle Blätter sprechen ihre große Genugthuung darüber aus, daß der Abend so ver⸗ laufen ist, nur der „Intransigeant“ sucht den Spektakel als eine gewaltige Kundgebung von ganz Paris hinzustellen. Von der hiesigen spanischen Botschaft sind für die von den Ueberschwemmungen in Spanien Betroffenen Samm⸗ lungen eröffnet worden.

Rußland und Polen.

St. Petersburg, 18. September. Dem russischen Botschafter in Berlin Grafen Schuwalow ist laut Meldung des „W. T. B.“ der Wladimir⸗-Orden erster Klasse verliehen worden. Der Kaiser richtete gleichzeitig an den Grafen ein huldvolles Handschreiben, in welchem der Verdienste gedacht wird, welche der Graf in Erfüllung der ihm auferlegten wichtigen diplomatischen Pflichten fich um den Staat erworben.

Dem neuen Direktor im asigtischen Departement des Ministeriums des Auswärtigen, Graf Kapnist ist der Annen⸗ Orden J. Klasse verliehen worden.

Laut einer Meldung., der Petersb. Wed.“ sollen in nächster Zeit in Teheran die Verhandlungen des russischen Gesandten von Bützow mit der persischen Regierung über den Abschluß eines Handels vertrages beginnen.

In Paris, Marseille und Bordeaux bestehen schon russische General⸗Konsulate, jetzt soll, wie die „Köln. Ztg.“ er⸗ fährt, ein solches auch noch für Rouen und Havre er⸗ richtet werden. Das Vize- Konsulat in Cherbourg wird zum Konsulat erhoben, und die Konsulgte in Mentone, Villafranca und Nizza sollen in ein einziges Konsulat „Nizza“ zusammen⸗ gezogen werden.

Italien.

Der „Osservatore Romano“, dessen gegen den Drei⸗ bund gerichtete Artikel wir ebenso wie die von der Germania“ und anderen katholischen deutschen Blättern, sowie von dem Freiherrn von Schorlemer⸗Alst und dem Grafen Ballestrem dagegen erhobenen Proteste wiederholt erwähnt haben, hat jüngst wieder einen in dem ,,. Sinne gehaltenen Artikel gebracht, worin er Italien die Wendung von dem „sinkenden Gestirn des Dreibundes“ zu der „aufgehenden Sonne Frankreichs anräth. Hiergegen wendet sich die „Kölnische Volksztg.“ in einer ener⸗ gischen Betrachtung, welche darin gipfelt, daß die von dem „Osservatore Romano“ vertretene Politik eine Abenteurer⸗ politik sei und die kirchlichen Interessen, besonders in Deutsch⸗ land, schädige. Auch der „Westf. Merkur“ spricht sich in gleichem Sinne aus.

Aus Rom wird nun mit Bezug auf diese Kontroverse

von dem Depeschenbureau „Herold“ gemeldet: Betreffs der Sprache einiger deutschen Cenrrumsblätter über die franzosenfreundliche Politik des Osfervgtore Romano. wird in dati. kanischen Kreisen versickert, daß die in Deutschland durch diese Politik hervorgebrachten schlechten Eindrücke im Vatikan nicht unbemerkt geblieben sind. Jedoch seien die vom Osservatore Romano“ ent⸗ wickelten Ansichten von hohen vatikanischen Persönlichkeiten weder inspirirt, noch getheilt.

Hierzu bemerkt die „Germania“:

Der letzteren Versicherung bätte es kaum bedurft, da es keinem vernünftigen Menschen einfallen wird, für die über die Maßen takt. losen und widersinnigen Auslassungen des Osservatore! und des „Moniteur de Rome“ irgend eine maßgebende Stelle im Vatikan verantwortlich ju machen. Gegen eine solche Unterstellung haben wir gleich vom Beginn, der unerquicklichen Diskassien an entschiedene Verwahrung eingelegt. Da aber die gegnerische Presse in ibrer, auch in den Endzielen bekannten böswilligen Tendenz fortwährend sich bemüht, den bl. Stuhl zu den böchst albernen Ärtikeln der genannten beiden Blätter mehr oder weniger in Be⸗ ziehung zu bringen, wäre es dringend wünschenswerth,. wenn diesen Blättern von autoritativer Seite ein für alle Mal untersagt würde, über Dinge, für die ihnen, wie sie reichlich bewiesen haben, nun einmal jedes Verständniß abgeht, zu phantasiren. Und zu diefen Dingen gehört im gegebenen Fall der Dreibund und das Verhältniß der deutschen Kaiholiken zu demselben.

Schweiz.

Lausanne, 18. September. Die Kassationskammer des Bundesgerichts hat, wie W. T. B. meldet, die Kassationsbeschwerde der Cwilpartei gegen das Urtheil der Kriminalkammer in Zürich in dem Tessiner Prozesse mit 3 gegen 2 Stimmen abgewiesen.

Schweden und Norwegen.

(E) Stockholm, 15. September. König Oskar empfing heute den hiefigen französfischen Gesandten Mr. R. Millet, der einen Brief überreichte, in welchem der Prä⸗ fident der Französischen Republik die Verleihung des Großkreuzes der Ehrenlegion an den Herzog von Nerike an⸗ zeigte. König Oskar überreichte dem Prinzen Eugen die Ordens⸗Insignien und verlieh dann dem französischen Gesandten das Großkreuz des Nordstern⸗Ordens.

Die von der Regierung eingeforderten gutachtlichen Aeußerungen über den in diesem Jahre zu erwartenden Ertrag der Staatseinnahmen werden heute auszugsweise in

zollverwaltun hält es auf Grund angestellter Be⸗ rechnungen sur sehr wahrscheinlich, daß die Einnahmen aus den Zöllen im Jahre 1891 den in das Budget eingestellten Ertrag von 38 000 000 Kronen erreichen werden, wagt aber nicht anzunehmen, daß sie diesen Betrag in wesent⸗ lichem Grade übersteigen werden. Die Staatseisenbahn⸗ Verwaltung vermeint, daß die Ueberschüsse aus dem Betriebe die Einzahlung des berechneten Betrages von 6 Hoh ho Kronen gestatten werden. Die Domänenverwaltung ist u dem Resultat gekommen, daß die Einnahmen aus den orsten zu 2200 090 Kronen berechnet werden können, während im Budget 2 500 000 Kronen vorausgesetzt sind. Die Ver⸗ anlassung zu den geringeren Einnahmen im Jahre 1890 betrugen die Einnahmen aus den Forsten 3150 M4 Kronen ist die herrschende schlechte Holzkonjunktur, die ver⸗

Mächte nahmen an dem Festmahl Theil.

ursacht hat, daß bedeutende Holzpartien in Norr⸗ und

der „Post och Inr. Tidn.“ veröffentlicht. Die Genergl⸗

Westerbotten unverkauft geblieben sind und auch die n fer mit mehrjährigen Kontrakten ihre Holzeinschläge

d beschränken. Der Chef des Kontrole⸗ und Justirungs⸗ Bureaus vermeint, daß die Branntweinsteuer den angenom- menen Betrag von 13 700 009 Kronen erreichen und die FRübenzuckersteuer auf I 550 909 Kronen sich belaufen werde oder 9050 000 Kronen mehr als der Voranschlag.

Dänemark.

Kopenhagen, 11. September. Die „Dagens Nyheder“ melden, dem Vernehmen nach beabsichtige die Regierung, dem alsbald zufammentretenden Reichs tage eine Vorlage zu unterbreiten, betreffend die Aufnahme einer größeren Totte rie⸗-Änleihe. Es verlaute, daß der Ertrag aus dieser Anleihe dem König und der Königin an deren goldenem Dochzeitstage als Ehren gabe überreicht und zur Wieder⸗ aufführung des Schlosses Christiansborg verwendet werden solle.

Amerika.

Mexiko. Der mexikanische Kongreß ist am 16. d. M, wie das „R. B. meldet, vom Präsidenten Diaz eröffnet worden. Der Präsident erklärte, daß die Beziehungen der Republik zu allen auswärtigen Nationen vortrefflich wären und die innere Entwickelung des Landes gleichfalls befriedigen de Fortschritte mache.

Asien.

China. Die innere Lage Chinas giebt, wie dem „Standard“ unter dem gestrigen Datum aus Shanghai gemeldet wird, zu großen Besorgn issen Anlaß; ein Aufstand im Thale des Yan⸗Tse⸗Kiang stehe bevor, und eine große Anzahl für geheime. Gesellschaften bestimmter Waffen sowie Dynamit seien in Shangai und Chin⸗ kiang mit Beschlag belegt worden.

Entscheidungen des eichsgerichts.

Bei einer Hasenjags im November 1884 hatten K. und zreei andere Jäger auf einen durch den Gastwirth D. ibnen zugetrie benen Hasen je einen Schuß abaegeben. Durch ein Schrotkorn aus einem diefer drei Schuüfse wurde Frau Sch verletzt, und wegen der Folgen dieser Verletzung klagte der Ehemann der Verleßten gegen R. auf Schadengersatz. Obgleich nicht festgestellt werden konnte, durch welchen der drei Schüsse die Verletzung ver⸗ urfacht worden, so verurtheilte das Berufungsgericht dennoch den Beklag⸗ zen, indem es annahm, daß das ganze Verfahren der Jäger beim Aufstell en, Zutreibenlassen und Schießen ein fabrlässiges gewesen sei, und daß Jeder Einzelne, soweit gemeinschaftlich gebandelt worden, durch seine Verbindung mit den Anderen auch ihre Wirksamkeit zu der seinigen gemacht habe. Auf die Revision des Beklagten hob das Reichs gericht, III. Civilsenat, durch Urtheil vom 19. Juni 1891, das Berufungsurtheil auf, indem es begtündend ausfũhrte: „War wie bier der gemeinschaftliche Wille nur auf Erleguag des Hasens, nicht auf Verletzung der Ehefrau des Klãgers gerichtet, so können aus diesem Grunde nur für jene, nicht für diefe alle Theilnehmer der Jagd verantwortlich gemacht werden. Wer fahrläffig handelt, mag strafrechtlich, auch ohne Ver letzung eines subjektiven Rechte, nach dem positiven Rechte verant⸗ wörtlich fein. Daß er zum Schadensersatz verpflichtet ist, setzt noth⸗ wendig vorgus, daß feine Fahrlässigkeit kausal war für den ent- standenen Schaden. Dabei ist gewiß möglich, daß der Schaden auf mehrere selbständige fabrläffige Handlungen verschiedener Personen als Urfache zurückzuführen, oder daß die eine den Schaden erzeugende Handlung von Mehreren gemeinschaftlich fabrlässig ausgeführt ist; dann haften allerdings die Mehreren solidarisch, aber nicht deshalb, weil der Eine für die Handlungen des Anderen haftet, sondern trotzdem dies nicht der Fall ist, seine eigene fahrlässige Handlung aber kausal war für den Eintritt des Schadens. Im vorliegenden Falle war nun nicht das gemeinschaftliche Aufftellen der Schützen am Roblfelde kaufal fär die Verletzung; die Mitwirkung der beiden den verletzenden Schuß nicht abfeuernden Schützen war vielmehr völlig gleichgültig für den eingetretenen Erfolg, mag auch ihr gleichzeitiges Schießen eine Beweisschwierigkeit hervorgerufen haben. Ursache der Verletzung war auch nach Annahme des Berufungsgerichts nur der eine Schuß, welchem das verletzende Schrotkorn angehörte. Die Ver⸗ ürtheilung des Beklagten seßt daber unter den vorliegenden Umftãn 8 ö voraus, daß dieser fabrlässige Schuß von ihm

errũhrt.

Kunsft und Wissenschaft.

neber den Fortbau des Doms zu Köln enthält das „Centralbl. L Baur. einen Bericht, dem Folgendes zu entnehmen sst: Im Taufe des Betriebe jahres 1890/91 ist mit der Legung des Mosalkbodens im füdlichen Chor ⸗Umgange begonnen worden; die fertiggeftellten fünf Felder, durch farbige Marmorfriese getrennt, sind mit den Wappen und Namen von Kölnischen Kurfürsten und Erz- bischöfen verfehen worden. Das Feld von der Achskapelle des Cbor— Umganges ist dem Andenken des Stifters des Kölnischen Doms, Eribischof Kontad' von Hochstaden, die Fußbodenfelder des nördlichen Chor- Umganges sind dem Andenken der Kölner Erzbischöfe von Hildebold bis Konrad von Hochstaden gewidmet; die Ausführung dieses Theils des Cborbodens wird noch im Laufe des Jahres 1891 erfolgen. Der Molsaikboden im Innern des Chors, darstellend die menschlichen Be— schäftigungen und Thätigkeiten, das menschliche Leben, die christliche Gemeinde, die kirchlichen und weltlichen Stände, die Personifikationen der einzelnen Nationen und Länder, der Haupftflüsse und Städte wird im Jahre 1892/93 vollendet werden und damit die Neubeflurung des Domchors mit farbiger Stiftmofaik zum Abschluß gelangen. Im Mai 1391 wurde auch das i5ß 4m große Vierungsfeld mit reicher Mosaikbeflurung verfehen, nachdem der Pfarraltar provisorisch nach Westen in das Langfchiff verlegt war. Nach den Entwürfen des Direktors von Essen⸗ wein bildet den Mittelpunkt der Darstellungen in der Vierung die Sonne, umgeben von den Mondphasen und den Tageszeiten (Bilu- culum, MNeridies, Grepusculum und Medis Nox), Das grohe Duadrat enthält außerdem die zwölf Zeichen des Thierkreises, die vier Himmelsgegenden, die vier Hauptwinde, die vier Temperamente und die vier Glemen te. Die nach den Entwürfen und Modellen des Prof. Schneider in Kaffel in der Kunftgießerei von C. E Becher in Iferlobn gegossene Probethür zum westlichen Seiteneingange des Sidportals (Arfula Pforte) wurde im Herbst 1890 fertiggestellt und an Srt und Stelle verfetzt. Der festslebende Obertheil enthält die vier Wappenschilte mit dein deutschen Reichs wapven, dem preußischen Wapden, dem alten Stiftzwappen und dem Kavitelswappen. wãhrend auf den Thürflügeln die Inschrift „O felix Germania tam decoro germine virginum ornata Beata Colonia pretioso sanguine mar. tyrum dieata“ in reich verzierter Majuẽ kelschrift angebracht ist. Als Jeitvunft der Vollendung der beiden Mittelthüren des Sudportals ist der Herbst 1891 in Aussicht genommen. Gleichzeitig wird auch die nach den Entwürfen des Bildhauers Mengelberg in Utrecht angefer · tigte Bronzethür ihrer Vollendung entgegengeben und in die westliche Mittestbür des Nordportals eingefügt werden. Als bildlichen Schmuck erbält diese Probethür die Reliefs mit den Darstellungen der ibõörichten Sui genf wie der vier Menschenalter und der vier Jahreszeiten. Ber in Folge der Abtragung des Domhofes von der

Stadt Köln auszuführende Umbau der Südportaltreype ist im April Iss i enifpred end dem von der Dombauverwaltung ausgearbeiteten Ent. wurfe jur Autführung gekommen. Eine Verlögerung des Beginns der Arbeiten wurde durch die von der städtischen Verwaltung in Vor⸗ schlag gebrachten baulichen Abänderungen des Entwurfs. bestehend in der Anlage einer Rampe an der Westfeite und die Beschränkung des Podefteß und der Seilentreypen auf eine Breite von zwei Meter, Ferbeigefübri. Durch Ministerial. Erlaß ist eing. endgültige Entscheidung dabin getroffen. daß von den Abänderungen, welche tie Stadt Köln dem Entwurfe des Dombaumeisters Veigtel gegenüber vorgelegt kat, Abstand zu nebmen, und mitkin an Stelle der Rampen Anlagen eine Treppe au szufübren, desgleichen die Breite des großen Podestes nebst Seiten. treppen auf mindestens 3 m zu bemessen sei. Nachdem durch Ministerialerlaß eine entsprechende Beschränkung der Breite des Treppenpodefles am Sütportale Behufs Anlage eines 1440 m breiten Trotioirs genthmigt war, konnte der Bau der Südportaltreppe in Angriff genommen werden. und erhielten der Treppenpodest wie die Seitentreppen bei der Ausfübrung eine Breite von 2,885 m. Auf Grund des feftgesetzten Aligremente planes zur Freilegung des Domes an der Süd und Westseite find wei Häuser niedergelegt, ein weiteres durch den Gentral⸗ Dombauverein angekauft worden. Die Erben des in Köln verftorbenen Dr. med Piecg, Mitgliedes des Central ⸗Dombau—⸗ vereins, hoben die Abtbeilung eines Fensters in der südlichen Thurm⸗ balle zum Andenken des Verstorbenen gestiftet; bisher sind im Ganzen vier Abtheilungen der Glasgemälde in den Thurmhballen von Gef enkgebern gegen Zahlung eines Geldbetrages von 1950 4 k und mit den Wappen und Donatoren-⸗Inschriften ver sehen.

ck In der Baverischen Gewerbe Zeitung“ wird die Aufmerk⸗ samkeit auf einen neuen Stoff für das Bau. und Kunstgewerbe ge⸗ lenkt. Unter dem Ramen . Vitrit' bringt nach der Gew; Sckau. die Glasfabrik zu Burzlau in Schlesien ein ibr in Deutschland patentirtes eigenartiges Material in den Handel, welches geeignet sein durfte, die Aufmerkfamkeit weiterer Kreise in Anspruch zu nehmen. Das Vitrit kennzeichnet sich als eine innige Vereinigung einer Glasschicht mit einer Unterlage aus zäbem Kunststein; es sind also die beiden Aufgaben, welche der aus Glas und Stein zusammengesetzte Körper erfüllen foll das Ansehen und die Festigkeit zwei verschiedenen Trägern jugewiesen, indem die dünne Glasschicht durch ibre Schön . beit glänzen und die Hauptschicht durch ibre Festigkeit wirken soll. Die änßere Fläche, welcher alle die , . Verzierungen des Glases verlieben werden können, giebt dem Vitrit nach außen bin die monumentale Wirkung, den passiven Widerstand gegen Wetter, Feuchtigkeit und Frost. .

Der Vorsteher des an interessanten Funden. namentlich aus der Altmark, reichen Museums des Altmärkischen Vereins für vater⸗ ländische Geschichte ꝛc. in Salzwedel Gymnasiallehrer K. Gaedcke und der Apotheker Zechlin unternabmen nach einem Bericht der N. A. 3. vor Kurjem auf dem nächst der altmãrkischen Grenze gelegenen Urnengräberfeld von Rebensdorf Aus⸗ grabungea, welche von außerordentlichem Erfolge gekrönt waren. Sie fanden außer vielen anderen Urnen eine solce mit Männderoerzierung. wie sie, wenn auch selten, auf Gräberfeldern der späteren römischen Kaiserzeit vorkommen, ferner ein höchst feltenes Fundfiück, vänlich eine Fensterurne-, eine Urne, in deren Boden bei der Herstellung ein Stuͤck Glas eingesetzt ist, und zwar in den feuchten Thon, also vor dem Brennen des Gefaͤßes Von diefen kostbaren Urnen birgt das Museum in Oldenburg eine, welche bei Lüerte, Amt Wildbaufen, gefunden ist; zwei bei Berstel, nabe Stendal gefundene befinden sich im Stendaler Museum. Im Rufcum zu Hannover stebt eine Fensterurne von Hohenwedel bei Stade; ferner wurde eine solche bei Brockenwalde nahe Rützebüttel gefunden, fowie eine angeblich bei Mogilno in Posen. Die bon Hrn Gaedcke gefundene Fensterurne ist somit die iebente, welch? Überhaupt aus Deutschland bekannt wird; sie ist eine der schönsten, da sie außen reich vernert und außerdem das Fenster, das aus einem Brucstück eines römischen. Becherglases her⸗ gestellt ist, von besonderer Größe und kreisrund ist, Diese Fenster urnen entftammen sämmtlich der späteren römischen Kaiserzeit; bei den oben genannten Stücken aus Borstel wurden unter Anderem als befonderer Beweis dafür eine römische Schale aus Terra sigillata gefunden mit dem Stempel 9IXTVGNATV, sowie sogenannte pro- vinzialrömische Bronzefibeln (Gewandnadeln). Außerhalb Deutsch⸗ lands sind drei Fensterurnen, eine aus Norwegen. eine aus Schweden und eine aus England bekannt, im Ganzen also eff, davon sieben dentsche. Ueber den Zweck dieser eigen. artigen Vorrichtung an Urnen, Die stets mit Leichenbrandresten gefüllt gefunden wurden, geben die Ansichten der Gelehrten weit auseinander. Das letzte Wort dürfte auch wohl noch nicht zu sprechen sein, da erst so wenige derartige Funde bekannt geworden, auch bei den meisten die näheren Fundumfstände nicht genügend beobachtet sind. Einige Forscher nehmen an, daß diese Fenster, wie auch die an einigen anderen, meist älteren Urnen bei der Verfertigung hergestellten kleinen runden Löcher im Boden oder der Bauchwandung als ein neuer Beweis für den Glauben an ein Fortleben nach dem Tode, eine Auferstehung, an⸗ zufeben feien, wofür ja die ganzen mythologischen Vorstellungen der alten Germanen, namentlich die lichterfüllte, bimmlische Ruhmeg⸗ halle für die gefallenen Krieger, die Walballa. sowie die Mitgabe der Waffen und Schmucksachen bei der Bestattung auf das Deutlichste Zeugniß ablegen. Es wären dann die Fenster und absichtlich angebrachten Locher der Weg für die Seele, um zu den irdischen Resten des Todten zurückzugelangen. Bei den mit Löchern versehenen Urnen würde für diese Ansicht der Umstand sprechen, daß sie mit der Mündung nach unten über die Knochen gestülpt sind. Die Fensterurnen stehen indessen mit dem Boden, also auch bem darin befindlichen Fenster, nach unten; letztere bätten also für den angegebenen Zweck keinen rechten Sinn, da die nach oben stebende Mündung des Gefäßes einen bequemeren Zugang gewãhrt. Andere Gelehrten halten die Fensterurnen für Lampen oder Ampeln; doch feblen dafür die Aufbängungsvorrichtungen, auch würden die sehr kleinen Fenster am Boden nur eine sehr geringe Lichtmenge. und zwar nur nach unten, durchlassen, was gegen einen derartigen Ge⸗ brauch spricht. Die Lösung diefes Räthsels aus der Vorzeit steht also noch aus.

Verkehrs⸗Anustalten.

Die Königliche Eisenbabn Direktion zu Berlin macht zugleich Nameng der übrigen betbeiligten Verwaltungen bekannt, daß die Main⸗Neckarbahn noch nicht, wie früher angegeben war, dem allgemeinen Ausnahmetgrif für Getreide, Hülsenfrüchte und Mehlfabrikate beigetreten ist, da die Bahn die Genehmigung bierzu noch nicht von allen betheiligten Regierungen erhalten hat.

Der beutigen Nummer dieses Blattes liegen die Winter⸗ Fahrpläne der den Königlichen Eis enbabn · Direktionen zu Mag de⸗· burg, Erfurt und Elberfeld unterstellten Eisenbahnlinien bei.

Bremen, 17. September. (W. T. B.) Norddentscher Llovd. Der Schnelldampfer Kaiser Wilhelm II.“, von New. Jork kon mend, vassirte beute früh Lizard. Der Schnell⸗ dampfer Trg ve“ Pat vorgestern Nachmittag und der Schnell, dambfer „Elbe“ gestern Nachmittag die Heimreise von New Jort nach der Weser angetreten. Der Schnelldampfer Havel ist von New. Jork gestern Morgen in Norden bam eingetroffen. Der Schnelldampfer Lahn“ ist gestern Nachmittag von Sou⸗ töampton nach New Jork weltergefahren. Der Dampfer Habsburg“ ist gestern in Baltimore angekommen. Der Dampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm, vom La Plata , hat gestern von Vigo die Heimreise nach der Weser fort esetzt. gesezt. ., September. (B. T. B) Der Post da mpfer Obo. nach dem La Plata bestimmt, hat am 16. September Nachmittags

Quessant passirt.

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Ham burg, 18. Scptember. (W. T. B) ,

Ameritanifche Vacketfabrt Aktie ngesellschaft. Der Po dampfer Fürst Bismarck‘ ist, von New -⸗Jork kommend, beute Morgen 5 Ubr auf der Elbe eingetroffen.

Sondon, 17 September. (W. T. B) Der Union Dampfer

German“ ist aaf der Ausreise heute ron den Canarischen Inseln abgegangen.

Theater und Mufsik.

Deutsches Theater. Das gestern Abend zur ersten Aufführung gelangte Lustspiel

„Der blaue Brief‘ errang im Allgemeinen einen sogenannten Achtungserfolg. welcher aber nach den beiden letzten Akten durch einigen Widerspruch etwas beeinträchtigt wurde. Der Verfasser Rudolf Stratz, dessen Name als dramatischer Dichter hier zum ersten Male erscheint, hat seinen? Stoff dem Soldatenleben entnommen, welches schon manchem modernen Lustspiel zu einem durchschlagenden Erfolge verholfen kat; man erinnert sich gern des Moser-⸗Schönthan⸗ schen Lustfriels Krieg im Frieden“, der Schumann ⸗Woljogen'schen Kinder der Excellenz‘, ganz abgeseben von dem „hors coneours“ stebenden klaffischen und freilick schon mebr als hundertjährigen Vorbild, welches Lessing mit seiner Minna von Barnhelm“ ge⸗ schaffen hat.

Die gestrige Novität erbebt den Anspruch, der vornebmeren Gattung des Lustspiels, welches in seinen ernsteren Konflikten sich dem gehaltvolleren Schauspiel anreiht, zugezählt zu werden. In der Seele der Heldin srielt sich der alte Kampf zwischen Reichthum und Liebes- glück ab; schon bereit, ihre Hand obne ibr Herz zu verschenken, wird sbr dies Opfer durch eine Reibe ebenso tbeatralischer wie unnatürlicher Vorfälle erspart, und die von jedem jungen Menschenkinde heiß er⸗ sehnten Güter, Liebe und Reichthum, fallen ibr in den Scho.

Der Verfaffer verdient lebhafte Anerkennung für das erfolgreiche Bestreben, seinem Luftspiel einen eigenartigen, durch den Rang und Stand der handelnden Personen bedingten Stempel aufzudräcken. Das Personenver;eichniß weist mit einer einzigen unbedeutenden Aus— nahme nur Offiziere und Offizierstöchter auf, deren Kümmernisse durch die Anschauungen der Standesgenossen und die Rücksichten auf sie entstehen, aber auch gehoben werden. Eine lebendige überzeugende Wirkung übte eigentlich nur der erste Akt aus, welcher das Leben und Treiben in einem Militär⸗Casino schildert; bier treten die einzelnen Figuren jzumeist nur CEpisodenfiguren plastisch hervor; mit bebaglicher Breite werden humorvolle Persön⸗ lichkeiten und ihre soldanischen Scherze und Witze vorgefübrt, fodaß man zeitweise an die harmlose und liebenswürdige Heiterkeit der Hacklander'schen Soldatengeschichten gemabnt wird. Weniger günstig für das Luftspiel erweist es sich freilich, daß der novellistische Eindruck des ersten Aktes sich in den folgenden Akten eher steigert als abschwächt. Die Handlung entbebrt der Einheitlichkeit, des straffen Zusammenfassens; sie zerflattert in viele einzelne Fäden, welche, anstatt lebendig in einander einzugreifen, lose nebeneinander ber laufen. Wenn der Verfasser, der auf dem Gebiete der dramatischen Dichtung hier den ersten Schritt thut. in künftigen Arbeiten den Vorgängen auf der Bübne, den hier noch mangelnden inneren logischen Zusammenhang zu geben vermag, so wird dadurch auch die Charakterschilderung an Tiefe und Lebens feische gewinnen; daß er Anlagen dazu hat, die komischen und beiteren Seiten des menschlichen Gemuͤths mit knappen Strichen zu zeichnen, bewies der erste Akt.

Die vortreffliche Darstellung, welche dem Stück zu Theil wurde, half über manche Schwächen des Luftspiels glücklich hinweg. Die weibliche Hauptrolle Valeska spielte Frl. Heinsdorf mit treffendem Ausdruck für schmerzliche Entsagung und schwermüthige Empfindung. Frl. Lebmann als Ellv war voll liebenswürdiger Schelmerei, aber oft zu un genirt und derb für ein Edelfräulein, während Frl. Me ver in ihrer einfachen. soliden Anmuth den Typus einer leichtherzigen Operetten sängerin nicht darzustellen vermag. Durch Frische und Natürlichkeit des Spiels trat Frl. Retty (Käthe von Herg) erfreulich bervor. Einen tollen, durch eine ernste Liebe umgewandelten Ulanen Lieutenant Wolfsteyn spielte Hr Kadelburg mit Verve und Geschmack. Hr. Rifsen als Excellenz von Lindow erfreute durch die maßvolle Sprache und vornehme Haltung, die er allen seinen Figuren zu geben vermag. Einen köftlichen, volternden Rittmeister 4. D. schuf Hr. Engels in der Rolle des Freiherrn Kunz.

Lebbafter Beifall veranlaßte den Verfasser, nach allen Aktschlüssen dankend vor der Gardine zu erscheinen.

Berliner Theater.

Gestern Abend wurde das Schauspiel, Die Neu vegmählten« von Björnson, aus dem Norwegischen von Wilhelm Lange in das Deutsche übertragen, zum ersten Male gegeben. Das im Jabre 1872 entstandene und von seinen Auffübrungen im Deutschen Theater ber bier wohlbekannte Stück ist unnatürlich in seiner Anlage, indem es eine junge Frau vorführt, die, ganz von der Liebe u den Eltern eingenommen, sich an die Gattenliebe nicht gewöbnen kann, darin von den Eltern unterstützt wird und ein volles Zahr dazu braucht, um durch die Eifersucht auf die in ibrem Haufe lebende edle, derselben Mann unglücklich und entsagungsvoll liebende Freundin zur Erkenntniß ihrer eigenen Liebe zu kommen. Die geistvolle Bebandlung dieses Gegenstandes durch den nordischen Dichter und das voll endete Spiel sämmtlicher Darsteller verhalfen dem Stück auch an dieser Bübne zu einem guten Erfolge. Die Auf⸗ führung bot ein besonderes Interesse dadurch, daß die beiden beliebten Künstlerinnen Agnes Sormag und Nuscha Butze als Laura, die Reuvermäblte, und als Mathilde, ibre Freundin, zum ersten Mal gemeinschaftlich auftraten. Das Elternpaar wurde von An ton ie Baumeister und Ferdinand Suske, der junge Ehemann, die einzige glückliche und natürliche Rolle dieses Stuͤckes, von Ludwig Stahl dargestellt. .

Das darauf folgende auch bereits von früher bekannte Lustspiel Die Jugendliebe“ von Adolf Wilbrandt bot Agnes Sormaà in der Rolle des übermüthigen Backfisches Adelheid Ge⸗ segenheit zur Entfaltung ihres ganzen Talentes. Die ihr zu Theil gewordene Rolle in diesem fein angelegten Lustspiel entspricht vollstãndig der Eigenart der geschãtzten Künstlerin. Im böchsten Grade ergötzl ich zeigte sie sich in dem Na Ton, den sie in ibrer unreifen Liebe dem Jugend⸗ gespielen gegenüber annimmt, und roll unübertrefflichen Humors war sie im Verkehr mit dem fremden Mann, der es sich herausgenommen hatte, ihr nach dem Sturz vom Pferde aus dem Graben zu belfen und fie auf ibre Schwächen aufmerksam zu machen. Das Abstreifen ihrer unreifen Jugendliebe und die allmähliche Entstehung der Liebe zu dem verhaßten Lebensretter und Lehrmeister wurde meisterhaft von ihr dargestellt. Auch die übrigen Rollen waren gut besetzt. Antonie Baum eister als die kaube Tante des kene hten Back⸗ fisches, Frau von Rosen; Ida Bauer als seine Freundin, die Gärtnerstochter Betty; Albert Schindler als der Jugendgesriele Heinrich Roller; Sud wig Stahl, dem es als Ferdinand von Bruck gelingt, die Liebe der Adelbeid zu erringen, und Theodor Weiß als Gärtner Hildebrand fanden mit Agnes Sorma durch den leb⸗ haften Beifall des gut befetzten Hauses die wohlverdiente Anerkennung.

Concerthaus.

Das Eröffnungs- Concert, welches gestern stattfand, war ungemein zahlreich besucht. Außer beliebten Quvertüren von Weber, Wagner und Thomas führte die Kapelle noch die Introduktion und den Frauen or aus Lohengrin‘, eine Fantasie aus „il Trovatorę“, das Vorspiel, die Siciliana und das Intermezzo aus der neuen Oper „Cavalleria rusticang“ bon Mascagni aus. Diesen reihten sich noch ein neuer Waljer von Waldteufel, eine Balletmusik von Tschaikoweky, zwei neue Märsche des Dirigenten rn. Meyder und einige Solovortrãge¶ des Frl. M. inzer (Harfe), des Hrn. JT. Smit (Cello und des Hrn. Böhme (Cornet) an. Die Lelstungen der Kapelle wie die der Solisten, unter denen nur die Harfenistin durch das Springen einer Saite im Vortrag gehemmt wurde, erfreuten sich lebhaften Beifalls, Einen ganz besonderen An⸗ ziehungspunkt bildete der neu erbaute Wagner ⸗Saal. Die wenig