1891 / 228 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches.

Belgien.

Wie der „Patriote“ aus guter Quelle wissen will, hätte der Generalstab der Armee beschlossen, daß, um Vor— sorge für den durch die Maasbefestigun gen erforderlichen Bedarf zu treffen, mehrere neue Regimenter errichtet werden müßten, und zwar ein Regiment Artillerie, zwei Re⸗ gimenter Infanterie und ein Regiment Kavallerie. Dem⸗ zufolge wurde die ihr des Jahreskontingents von 13000 auf 19000 Mann erhöht werden.

Türkei.

Von der „Agence de Constantinople“ wird auf Grund ꝛingetroffener offizieller Nachrichten der gegentheiligen Mel⸗ dung des „Standard“ gegenüber festgestellt, daß Sang, die Hauptstadt von Memen, von den Insurgenten nicht ein⸗ genommen worden sei und daß es nicht einmal belagert werde, wie daraus hervorgehe, daß die Stadt in vollkommen unge⸗ störtem Verkehr mit der Außenwelt stehe.

Die „Pol. Corr.“ theilt den Wortlaut der Cirkuhlar⸗ note mit, welche die Pforte in der Frage der Dardanellen—⸗ Durchfahrt an die Botschafter der Türkei im Auslande ge⸗ richtet hat. Die Note, welche vom Minister des Aeußern Said Pascha gezeichnet ist und das Datum des 19. September trägt, lautet in Uebersetzung folgendermaßen:

Es ist Ihnen bekannt, daß die Packetboote der Freiwilligen Flotte einen Bienst zwischen Odesfa und den russischen Besitzungen im außersten Osten besorgen. Diese Schiffe, welche die Handelsflagge tragen, genießen frtie Durchfahrt durch den Bosporus und die Dar⸗ danellen; da sie aber mitunter zum Transport von Soldaten und Sträflingen verwendet wurden, geschah es, daß sie irriger Weise am Eingange der Dardanellen aufgehalten wurden. Um der Wiederholung ähnlicher Mißverständnisse vorzubeugen, mußte die Pforte die Kommandanten des Bosporus und der Dardanellen mit genauen Instruktionen versehen. Es sind dies die Instruktionen, von welchen der russischen Botschaft Mitthei⸗ lung gemacht wurde, und welche Aeußerungen der ausländischen Presse über eine angebliche Verletzung der Verträge hervorgerufen haben. Nach dem Wortlaut der ertheilten Befehle werden die Schiffe der Freiwilligen Flotte, welche die Handelsflagge tragen, in gleicher Weise wie andere Handelsfahrzeuge die Dardanellen frei passiren. Wenn sie Deportirte oder Soldaten an Bord haben werden, wird ihre Durchfahrt, nach einer von der russischen Bot schaft erstatteten Anzeige, durch Kaiserlichen Irads gestattet werden. Was dagegen die Packetboote betrifft, die aus dem äußeren Osten mit dienstentlassenen Soldaten kommen, wird die Behörde der Dardanellen sie passiren lassen und die Hohe Pforte davon in Kenntniß setzen Sie sehen, daß hier nichts Neues vorliegt und daß es das alte System ist, welches man fortfahren wird anzuwenden. Wir haben nichts Anderes gethan, als daß wir dasselbe unseren Be⸗ hörden förmlicher erklärten, und dies, ich wiederhole es, zu dem . um für die Zukunft jedes Mißverständniß zu verhindern.

ch habe es für geboten erachtet, Sie über den wahren Stand der Dinge zu unterrichten, damit Sie in Ihrer Umgebung keinerlei . . 6 Hinsicht bestehen lassen. Genehmigen Sie n s w. aid.

Bulgarien.

Sofia, 27. September. Der Prinz Ferdinand von Coburg ist laut Meldung des „W. T. * heute Mittag aus Kula, wo er den Manövern der Garnison von Widdin beiwohnte, hier eingetroffen. Die Minister, die höheren Offiziere und der Buͤrgermeister waren demselben von hier entgegengefahren.

Das der Regierung nahestehende Blatt „La Bulgarie“ spricht sich anerkennend über die von Kiamil Pascha mit Genehmigung des Sultans namentlich Bulgarien gegenüber befolgte Politik aus und hofft, das neue Kabinet der Türkei werde in Nichts die Politik ändern, welche die guten Beziehungen zwischen dem Suzerän und seinen Vasallen herstellte. Das Blatt erwähnt sodann die Zusicherung des Sultans an Bulgarien, daß das Land von einer Aenderung des Kabinets nichts zu befürchten habe, und spricht schließlich das volle Vertrauen in das neue Kabinet aus.

Amerika.

Vereinigte Staaten. New⸗York, 25. September. Unter den „Boomern“, welche nach den neu eröffneten Ländereien im Oklahoma⸗Gebiet aufgebrochen sind, jedoch daselbst keine Heimstätten mehr für sich gefunden haben, herrscht, laut Meldung des „R. B.“, in Folge des Mangels an Nahrungsmitteln die größte Noth. Bei dem Kampf um den Besitz des Landes ist eine verhältnißmäßig hohe Zahl von Unfällen vorgekommen.

Die New⸗YJork⸗Central⸗Eisenbahngesellschaft hat sich ent⸗ schlossen, ihre aus ländischen Arbeiter zu entlassen. Be⸗ sonders hart ist dieser Beschluß für die in Diensten der Gesellschaft stehenden canadischen Arbeiter; das Schatzamt aber freut sich, wie die „A. C.“ dazu bemerkt, des Beschlusses der Gesellschaft, da es ihm bisher sehr schwer gewesen sei, das Gesetz über ausländische Arbeiter gegen canadische Arbeiter zur Durchführung zu bringen.

A sien.

China. Londoner Zeitungen bringen ein aus Peking vom 21. September datirtes Telegramm. Danach hat die chine sische Regierung den Vertragsmächten bestimmte Summen als Schadenersatz für den Verlust an Leben und Eigenthum in Wuhu, Wusueh, Tang⸗Yang und anderen Orten angeboten. 4 der Rädelsführer sind hingerichtet und 21 andere zur Verbannung für kürzere oder längere Zeit verurtheilt worden, während 5 Mandarinen, welche nicht die nöthigen Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung nn, haben, dem Thron zur Bestrafung angezeigt worden sind. Die chinesische Reichsregierung erkenne ihre Verantwortlichkeit zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den Vertragshäfen und der Beschützung der Missionäre im Innern an. Sie habe deshalb den Vize⸗Königen von Chihli und Nanking befohlen, das nördliche und südliche Geschwader der chinesischen Flotte abzusenden, um den YJangtse abzupatrouilliren und in allen Fällen, wo das Leben und Eigenthum der Europäer bedroht wird, Schutz zu gewähren. Die chinesische Regierung zweifelt nicht daran, daß sie alle Versuche, neue Ruhestörungen zu erregen, erfolgreich unterdrücken könne. 35 mit Gewehren gefüllte Kisten, welche an einen britischen Unterthan, einen Beamten des chinesischen Zollamts in Ching-Kiang, adressirt waren, sind von den Zollbehörden in Shanghai konfiszirt worden. Der betreffende Beamte wurde verhaftet und nach Shanghai ge— bracht, wo die britischen Behörden einen Prozeß gegen ihn einleiten werden. In seinem Besitz befand sich auch etwas Dynamit, das nach seinem eigenen Geständniß für eine geheime Gesellschaft in Ching-Kiang bestimmt war. Die Waffen kamen von Hongkong. Zwei andere britische Unterthanen und sechs aus⸗

ländische Bewohner Shanghai's sollen in die Angelegenheit verwickelt ee Der General⸗Inspektor der ging h, See⸗ zölle Sir Robert Hart und die britischen Konsuln in Shanghai und Ching⸗Kiang untersuchen jetzt die Sache.

Afrika.

Marokko. Einer von Kap Djubi am Freitag Abend in Gibraltar eingetroffenen Depesche des „R. B.“ zufolge ist daselbst ein offener Aufst and ausgebrochen und nehmen die Mauren gegen die englische Handelsniederlage eine drohende Haltung an. Das eng lische Kanonenboot „Goshawk“ ist zur Hülfeleistung abgesandt.

Bis zum 19. v. M. reichende Nachrichten aus Lagos in West⸗Afrika melden, daß sich eine britische Expedition, unter Leitung des geschäftsführenden Gouverneurs, nach einem Ort, Namens Illaro begeben hat und König und danyi ng; der Stadt sich unter britisches Protektorat stellten. Es heißt weiter, daß die Nachricht hiervon in Abeokuta große Bestürzung hervorgerufen habe, da Illarg von Abeokuta abhängig 6 und die Behörden kein Recht besessen hätten, sich so ohne Weiteres unter englischen Schutz zu stellen. Die Vertreter des Stammes traten sofort in Abeokuta zu einer Konferenz zusammen, zu welcher die Christen gleichfalls eingeladen wurden, wenngleich diesen die Annexion in die Schuhe geschoben wurde. Die Anwesenden faßten den Beschluß, die Ansprüche der Egta⸗ oder Abeokuta⸗Regierung zu begründen und in einer Denkschrift den Behörden von Lagos zu unterbreiten. Es sollte ferner ein neuntägiger Oro abgehalten und auf diesem die Angelegenheit zur Kenntniß des ganzen Landes gebracht werden. Inzwischen sind, der „A. C.“ zufolge, zwei Proklamationen ver⸗ oͤffentlicht worden, in welchen das en glische Protektorat über die Königreiche Addo und Illaro verkündet wird.

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutscher Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit.

Die von der Jahresversammlung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit in Hamburg am Freitag bejüglich des Zusammenwirkens zwischen öffentlicher Armen pflege und organisirter Privatwohlthätigkeit ange⸗ nommenen Thesen lauten:

1) Die im Wege freier Verständigung zu vollziehende Regelung eines ständigen Benehmen zwischen den Organen der öffentlichen und der privaten Armenpflege ist, zumal für größere Gemeinwesen, als ein Bedürfniß zu bezeichnen. ; ;

2) Die Centralisation der gesammten öffentlichen und privaten Armenpflege oder der letzteren allein ist nicht nur als ein ungeeignetes Mittel zur Herstellung solcher Verbindung zu erachten, sondern auch im Hinblick auf den Anlaß und die Zwecke der Armenpflege als schädlich zu verwerfen.

3) Es ist dagegen anzustreben: . .

a. Eine Zusammenfassung durchaus gleichartiger Wohlthätigkeits⸗ bestrebungen durch Verschmelzung nicht gleichartiger aber verwandter Bestrebungen durch Herstellung einer gemeinschaftlichen Oberleitung.

b. Die wechselseitige Vertretung der Organe der öffentlichen und privaten Armenpflege in der Leitung der öffentlichen und privaten Armenpflege Einrichtungen.

C. Die Herstellung eines geregelten Meinungsaustausches zwischen den sämmtlichen Organen der öffentlichen und privaten Armenpflege, insbesondere durch gegenseitige Kenntnißgabe der Zwecke der einzelnen Veranstaltung, durch Zusammenkünfte Behufs Besprechung über Er⸗ fahrungen und wichtige Fragen aus dem Gebiete des Armenwesens, durch gegenseitige Bekanntgabe der gewährten Unterstützungen.

d. Als ein geeignetes Mittel zur Förderung eines Meinungs austausches im vorberegten Sinne ist insbesondere eine überemn⸗ . Bezirkseintheilung der beiderseitigen Organisationen zu

ezeichnen.

e. Die Herstellung einer allen Organen der Armenpflege und Wohlthätigkeit zugänglichen Auskunftsstelle.

43) Es ist auf den Erlaß gesetzlicher Bestimmungen Bedacht zu nehmen, welche eine geeignete Aufsicht über die Armenpflege ⸗Einrich⸗ tung sicher stellen und vorbehaltlich der erforderlichen Garantien gegen willkürliche Handhabung der bezüglichen Befugnisse zur Umwandlung zweckwidrig gewordener Stiftungen ermächtigen.

Die von dem Verein eingesetzte Kommission zur Prüfung der Frage, in welcher Weise die neuere soziale Gesetz⸗ gebung auf die Aufgaben der Armengesetzgebung und Armenpflege einwirkt, besteht aus folgenden Mitgliedern: Dr. Freund Berlin, Freiherr von Reitzenstein⸗Freiburg, Zimmermann ⸗Köln, Röstel⸗Berlin, Dr. Rumpelt⸗Glauchau, Dr. Flesch⸗Frankfurt und Stadtrath Dr. Martins Breslau.

Die Berner Konferenz für Unfallversicherung.

Zur Charakteristik der Gegensätze, welche sich auf der Berner internationalen Konferenz geltend machten, bringt der Berner „Bund“ folgende orientirende Mittheilung:

Die zwei sich bekämpfenden Tendenzen haben ihren Ursprung in nationalen Eigenthümlichkeiten und wurden denn auch bezeichnet als ,,, Tendenz und Tendenz der lateinischen Völker, peziell Frankreichs. Völkerpsychologisch merkwürdig ist es, daß die Franzosen mit sehr centralisirter Regierungsform dem Individualis⸗ mus, die Deutschen, deren Hang zu starker Geltendmachung der Individualität so oft hervorgehoben worden ist., mehr dem Ein ö der Gesammtheit und deren Organ, des Staats, das Wort redeten.

Einig sind alle Redner darin, daß die Arbeiterversicherung eine Nothwendigkeit ist, daß sie das beste Mittel bildet, den Pauperlsmus einzudämmen, und daß sie sich nach nnd nach die Welt erobern werde. Die Franzosen gaben sogar von Anfang an zu, daß diese Versicherung eine allgemein verbindliche sein müsse.

Aber die französischen Redner schieden sich scharf von den deutschen Rednern darin, daß sie nicht nothwendigerweise das Obli⸗ gatorium der Versicherung mit der Einmischung des Staats in die⸗ selbe in Verbindung brachten. Im Gegentheil, sie fürchten von jeder Einmischung des Staats in dieses Gebiet, daß die Ver— sicherung sich schließlich auf alle, Unfälle und dann auch auf alle Invaliditätsfälle erstrecken müsse, daß dann aber damit die Priratinitiative völlig lahmgelegt werde und die von den Arbeitgebern freiwillig gegründeten Einrichtungen hinstechen ober verschwinden müssen. Die Gefahr bei einer solchen Einmischung des Staats sei die, daß man wohl wisse, wo diese anfange, nicht aber, wo sie aufhöre; der Staat wolle Alles an sich reißen und Niemand anders mehr neben sich dulden. Viel richtiger sei es also, die Be⸗ stimmungen über den Lohnvertrag im Code civil einer Revision zu unterwerfen und zwar im Sinne der Aufnahme des Begriffes der Betriebsgefahr.

Dem gegenüber machten die Deutschen geltend, daß die Arbeits bedingungen in der Jetztzeit so veränderte geworden sind, daß der Staat mit Nothwendigkeit zu deren Regelung eintreten müsse. Das heiße aber nicht, daß der Staat Alles selber thun und sämmtliche Privatthätigkeit absorbiren müsse. Der Staat veranlaßt nur die vor⸗ handenen , , , nicht wie bis dahin nur einem gewißsen Bruchtheil von Arbeitern, sondern allen Arbeitern sich zur Verfügung zu stellen. Die berufsgenossenschaftlichen Organisationen bleiben selbstaͤndig bestehen, und damit ist eine große Decentralisation geschaffen. Deshalb ist denn auch die Privatthaätigkeit auf diesem

= —— .

9 in Deutschland nicht zurückgegangen, sondern hat sich mächtig erhalten.

Die französischen Redner werfen nun aber den in Deutschland und Oesterreich angewandten Systemen vor, der Staat werde ver⸗ möge derselben selbst zum Versicherer, denn er garantire ja in ge⸗ wissen Fällen das Versicherungskapital, worauf die Deutschen ant⸗ worten, der Staat sei, wenn er die Versicherung obligatorisch mache, auch verpflichtet, eine gewiffe Garantie für dieselbe zu über⸗ nehmen, um die Arbeiter ju beruhigen und ihnen Vertrauen einzu⸗ flößen. Die Franzosen meinen hinwieder, es würde völlig genügen, den Versicherungszwang, ähnlich wie die Schulpflicht, gesetzlich zu sanktioniren, dagegen aber die Art und Weise, wie diesem Zwang nun nachgelebt werde, dem Einzelnen zu überlassen; sonst komme man zur Schablone, zur Uniform“. .

9 Ueber den Verlauf der Verhandlungen schreibt dasselbe

att:

Man dachte, es würden die Anhänger der beiden Hauptrichtungen individuelle Versicherung und Staatsversicherung ziemlich hart auf einander vlatzen. Als Anhänger der freien Versicherung oder individuellen Initiative wurden die Franzosen, Belgier, Holländer und Amerikaner genannt; ihre schriftlichen Berichte bestätigen im Großen und Ganzen, daß diese Voraussetzung zutreffe; immerhin konnte man schon herausfühlen, daß in den betreffenden Ländern in jüngster Zeit ein Umschwung in der Stim⸗ͤ mung zu Gunsten der Staaisversicherung sich geltend macht. 26 Umschwung ist nun durch die Verhandlungen des Kongresses wesentlich gefördert worden und wir glauben, man dürfe die vornehmste Bedeutung des Kongresses mit den Worten verzeichnen: Der Gedanke der staatlichen Versicherung hat einen großen Fortsch ritt gem acht. Viel dazu beigetragen hat das zielbewußte Vorgehen von Deutsch land und Oesterreich⸗Ungarn, um von der Schweiz nicht zu reden, und das Auftreten der Delegirten der vorgenannten Staaten, welches auf die Versammlung sichtlichen Ein⸗ druck machte. Wir erwähnen nur der Reden des Präsidenten des deutschen Reichs · Versicherungsamts Bödiker, und können bei⸗ fügen, daß die Anwesenheit dieses hervorragenden Fachmannes im schwelzerischen Bundesrathhause besonders vermerkt wurde und ihre Früchte getragen hat.

War schon der Ton der Verhandlungen ein würdiger und ver⸗ söhnlicher, so berührte es doppelt angenehm, daß die Anhänger der individuellen Initiative auch in der Sache erhebliche Zugeständnisse machten. Der Vertreter der Vereinigten Staaten Amerikas, Hr. Gould, vertrat den Standpunkt der individuellen Versicherung, welcher in Amerika Kurs hat. Er schloß aber seinen Vortrag mit den Worten: Die Amerikaner sind praktische Leute; sie werden zusehen, ob die verschiedenen Länder, so Deutschland, Desterreich, die Schweiz ꝛc., mit der stgatlichen Versicherung gute Er⸗ fahrungen machen, und wenn dies der Fall sein sollte, so würden sie nicht zögern, dieselbe auch anzunehmen. Die Amerikaner sind überhaupt in der glücklichen Lage, sich die Beispiele, welche die alte Welt giebt, zu Nutze zu machen, und werden auch in der Frage, die Gegenstand unserer Berathungen bildet, sich dem Vorgehen anderer Staaten anschließen, sobald dasselbe sich be⸗ währt haben wird. Ich bin hier in offizieller Mission, als Delegirter meiner Regierung, und ich bekenne, daß ich auf diesem Kongreß viel gelernt habe und daß ich mit Erstaunen und Bewunderung zu dem Gebäude aufblicke, das einzelne Staaten für die Versicherung ihrer Angehörigen aufgerichtet haben. Es ist das ein gewaltiges, gemein⸗ nütziges Werk, welches da unternommen wurde.

In der Schlußsitzung am Sonnabend wurde folgende Resolution einstimmig angenommen:

JI. Der Kongreß und das permanente Comits werden sich künftig nennen: Kongreß und permanentes Comits betreffend Betriebsunfälle und Sozialversicherung.“ ;

II. Verhütung und Entschädigung von Betriebs⸗ unfällen. Es ist eine gebieterische Pflicht unserer Zeit, die Betriebsunfälle und Berufskrankheiten durch geeignete Vorbeugungs⸗ , so viel wie möglich zu verhüten und deren Folgen gut⸗ zumachen.

a. Was die Vorbeugungsmaßregeln betrifft, so ist es wünschens⸗ werth, die Privatthätigkeit mit derjenigen der Genossenschaften und des Staats zu verbinden.

b. Was die zu gewährenden Entschädigungen anbelangt, so ist es um dieselben unter allen Umständen sicher zu stellen, nothwendig, . sie auf dem Wege der Versicherung erfolgen, die in jedem Lande na dessen Eigenthümlichkeit einzurichten ist.

C. Dabei weist der Kongreß auf die Zweckmäßigkeit einer Ver⸗ bindung der Versicherung für die leichten Unfälle (mit vorübergehender Erwerbsunfähigkeit) mit der Krankenversicherung im Allgemeinen hin.

Fuͤr die Länder, welche eine Invaliditäts und Alters versicherung einführen wollen, erscheint es vortheilhaft. dieselbe mi der Versicherung für schwere Unfälle (mit dauernder Erwerbsunfähig⸗ keit) und Berufskrankheiten zu verbinden.

III. Stati stik. Ueberzeugt von der Nothwendigkeit, durch gute Statistiken der Gesetzgebung. uͤber Sozial versicherung eine Grund lage zu schaffen, sowie von der Nützlichkeit, diese Statistiken für jeden Staat auf einer Basis anzulegen, welche internationale Ver⸗ gleichungen erleichtert:

a wünscht der Kongreß, daß die verschiedenen Staaten, sofern dies nicht bereits geschehen ist, in methodischer Weise und so um⸗ fassend wie möglich Erhebungen über die Betriebzunfälle veranstalten , n, eine zuverläͤssige Berufsstatistik zu Grunde legen möchten;

b. der Kongreß bestätigt seinem permanenten Comits den Auf⸗ trag, das Studium über die einheitliche Anlage einer internationalen Unfallstatistik fortzusetzen, und verbindet damit die Einladung, diese Anlage, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem internationalen statistischen Institut, dem internationalen Ausschuß für Gesundheits⸗ pflege und Demographie und anderen üblichen Korporationen, dem nächsten Kongresse vorzulegen, um dadurch eine internationale Ver⸗ ständigung über die jener Statistik zu Grunde zu legenden Normen, wie beispielsweise die Namensbezeichnung der Todesursachen und der Berufsarten, herbeizuführen.

IVI. Nächster Kongreß. Der nächste Kongreß, betreffend Betriebsunfälle und Sozialversicherung wird frühestens in zwei und spätestens in vier Jahren stattfinden. Zeit und Ort der Zusammen⸗ kunft werden vom permanenten Comits festgesetzt werden.

In der Schlußrede warf Bundesrath Droz einen kurzen Rück blick auf den Verlauf der Berathungen des Kongresses Der Geist des Entgegenkommens und das Bestreben, sich gegenseitig zu belehren, hätten zu dem ersprießlichen Resultate des Kongresses wesentlich bei⸗

etragen, auch die Verschiedenheit der Sprachen veranlaßte keine Kon⸗ usion. Die Beschlüsse bedeuteten einen wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiet der Arbeiterfürsorge; sie bekundeten, daß man einem internationalen Einverständniß in dieser Richtung allseitige , . und Sympathie entgegenbringe. Es gebühre der beste Dank allen Rednern, welche durch ihre gehaltvollen Referate oder durch spezielle Mittheilungen über einschlägige Fragen um die Förde⸗ rung der Sache sich verdient gemacht haben. Mit angenehmen Ge⸗ fühlen, in vollständiger Harmonie könne man sich trennen, mit dem Bewußtsein, daß die Arbeiten des Kongresses zur Verbesserung des Looses der arbeitenden Klasse beitragen dürften; immerhin sei es nun Sache jedes einzelnen Mitgliedes, in seinem Lande und in seinen Kreisen auch weiter für die Durchführung der vom Kongreß als zweck⸗ mäßig erachteten e n mn, zu wirken. Damit erklärte Redner den Kongreß als geschlossen, mit dem Wunsche auf Wiedersehen beim nächsten Kongreß.

Darauf ergriffen noch Präsident Or. Bödiker aus Berlin und Cheyßon aus Paris das Wort. Es gebühre sich, den beiden Prä⸗ sidenten des Kongresses, Droz und Linder, den Tribut tiefsten Dankes abzustatten und ihnen die höchste Verehrung auszusprechen für ihre Verdienste bei der Vorbereitung des Kongresses und dem gelungenen Verlaufe desselben. Nachdem noch Droz für diese sympathischen Worte gedankt, löste sich der Kongreß auf.

1881633

Zur Arbeiterbewegung.

In Spie sen (Saarrevier) fand am Mittwoch eine öffentliche wi, , , ,, statt, welche von etwa 69 Personen besucht war und von dem Vorsitzenden des Rechtsschutzvereins Wark en eröffnet wurde. Dem orsitzenden des Deutschen Bergarbeiterverbandes Schröder, der gleich⸗ falls anwesend war, wurde der „S. und Bl. 55 zufolge von dem Wirth des Versammlungslokals der Zutritt ver⸗ weigert. Ueber die Verhandlungen der Versammlung ent⸗ nehmen wir dem erwähnten Blatte Folgendes:

Hr. Thome, dem zunächst das Wort ertheilt wurde, el in längerer Rede über die St. Johanner Volkszeitung! und das Neun⸗ kircher Glück auf- her. Bas letztere Blatt habe es verstanden, Schröder fo herunterzumachen, daß alle Welt vor ihm zurückschrecke. Der Redner sprach ferner über die Wahl der Vertrauensmänner und des Borstandes, sowie über Gemeinde⸗ und Reichstags wahlen. Bel Gemeindewahlen müsse darauf hingewirkt werden, daß möglichst viele Arbeiter im Gemeinderath vertreten seien. Dann tbeilte er mit, daß Kamerad Schröder sechs Monate lang seinen Wohnsitz im Saarrevier zu nehmen gedenke. Der zweite Redner, Rikolaus Berwanger aus Bildstock, bedauerte den mangel haften Besuch der Versammlung und, sprach dann über die Parteiangehörigkeit des Kameraden Schröder, wobei er be. merkte, daß es einerlei sei und im Verein nicht darauf gefehen zu werden brauche, welcher Partei er angehöre. Schröder als Sozialdemokrat vertrete ihre gemeinsame ge⸗ rechte Sache, wie sonst Giner im Verein. Alles arbeite darauf hin, die Bergarbeiter in das frühere Elend zurückzustoßen. Der Präsident Warken bezeichnete die als Schurken, die früher für und jetzt gegen den Verein resp. Vorstand seien ;

In . auf diese Bergarbeiterversammlung in Spiesen wird der S. u. Bl. Ztg. noch geschrieben: Recht lebhafte Anstrengungen machen die Sonlaldemokraten, um unter den Bergleuten Anhang zu gewinnen. Für die Versammlung am Mittwoch hatten sie nicht' nur Hrn. Schröder aus Westfalen, sondern auch den von früher her in der Umgegend bekannten Hrn. Dullens verschrieben, der aber ebenso wenig wie jener zum Wort kam. Hoch muß man es der großen Mehrzahl unserer Bergleute anrechnen, daß sie mit dieser Gesellschaft nichts zu schaffen haben wollen, und alle Anerkennung verdienen auch die Wirthe, daß sie für solche Leute ihre Säle nicht hergeben. Im Sagrrevier soll die Sozialdemokratie nicht festen Fuß fassen, dazu möge Jeder nach besten Kräften mitwirken.

Der Delegirtentag der 5 sterreichischen Berg und Hütten⸗ arbeiter ist auf den 13. und 19. Oktober d. J. verschoben worden, da, wie der Vorwärts“ meldet, die getroffenen Vorbereitungen nicht genügten. Der Kongreß der 6sterreichisch⸗ungarischen Mühlenarbeiter, welcher Mitte August in Prag tagte, war von 284 Delegirten aus allen Theilen Oesterreich˖⸗ Ungarns besucht. Es wurde u. A. beschlofsen, ein Fachblatt in deutscher und ezechischer Sprache herauszugeben. Die erste Nummer dieses Blattes erschien am 11. September in ezechischer Sprache, während die deutsche Nummer am 9. Oktober erscheinen wird.

Aus Reichenberg wird der Köln. Ztg.“ telegraphirt, daß der Theilausstand der Glasarbeiter im Isergebirge be—

det ist. ö. Wie demselben Blatt aus London berichtet wird, haben sechs⸗ hundert Arbeiter des Waunddyk⸗Bergwerks, Ebbio Vale, Monmouth, am Donnerstag die Arbeit eingestellt, weil einige ihrer Gefährten sich weigerten, in die Miners Federation, der die Mehrzahl angehört, einzutreten.

Ein heutiges Pariser Telegramm des „Wolff'schen Bureaus“ theilt mit, daß ein von der Arbeiterpartei (Richtung Guesde) vorbereiteter Antrag auf Errichtung eines nationalen Arbeits sekretariats die Thätigkeit des letzteren dahin feststellt, daß das Sekretariat die statistischen Berichte bezüglich der Arbeiterorganisation und Arbeiterbewegung zu be⸗ arbeiten und zu centralisiren, sowie die Korrespondenz mit den aus ausländischen Arbeits Sekretariaten zu führen habe. Dem nationalen Arbeits ⸗Sekretariat sollen Delegirte der Arbeitsbörsen, der Syndikate und einzelnen sozialistischen Parteigruppen angehören. Der Antrag Guesde dürfte voraussichtlich von allen sozialisti⸗ schen Gruppen angenommen werden. Letztere legen auf die Errichtung eines Sekretariats großen Werth; da dieses in den Fällen eingreifen soll, wo französische Arbeitgeber sich fremder Arbeitskräfte gegen die einheimischen bedienen wollen und viee versa; ferner soll dem Sekretariat die Veranstaltung der Mai ⸗Manifestation

obliegen.

Ostindiens Getreideausfuhr.

Die schlechte Ernte Rußlands verleiht der Beisteuer des britisch⸗ indischen Kaiserreiches zur Ernährung Europas eine doppelte Wichtig keit. Die ‚Statist. Corr.“ entnimmt deshalb dem letzten Blau⸗ bande“) eine Anzahl darauf bezüglicher Nachrichten. Ein Blick auf den gesammten Handelsumsatz macht kund, welche Stellung dem Getreide darin zukommt; im Jahresdurchschnitte betrug der Werth: Lak (d. h. 100 000) Rupees zu 192,132 deutschen Reichspfennigen der

Thalerwährung eingeführt ausgeführt

baumw. andere Edel Ge⸗ Baum⸗Opi⸗ andere Edel⸗

für den Garn u ; Zeitraum Baaren Waaren metall treide wolle um Waaren metall

1843/4— 473 390 534 319 92 183 521 594 1848/9— 23 461 589 466 83 294 615 847 185314— 783 613 733 968 248 286 701 1046 18658/9— 62/3 1049 1240 1506 3560 921 1062 1166 1863/4— 5743 1436 1557 1918 463 2912 1091 1372 1868/9—, 2/3 1777 1570 1014 464 1880 1160 2083 1873/4—77,8 1907 1850 960 732 1258 1178 2740 1878/9— 32/5 2239 2426 10501295 1266 1297 3506 1883/4 378 2612 3256 1343 1654 1327 1081 4622 1888.9. ... 3151 3793 1384 1594 1504 1051 5556 178. Unter den Artikeln der Einfuhr zur See sind 45 hervorgehoben und alle übrigen, davon auch Getreide, in eine einzige Zeile zu— sammengefaßt; aus dem Abstract erfährt man alfo nicht, wie viele Frucht dem indischen Reiche von fremden Ländern geliefert worden ist. Anderseits giebt die Tabelle der Ausfuhr zur See 33 Artikel einzeln und neben der Reihe alle anderen Artikel“ (indischer Herlunft) noch fremde Erzeugnisse oder Fabrikate! an, worunter natürlich das zur Wiederausfuhr bestimmte fremde Getreide mitbegriffen ist. Die Handelsbewegung über trockene Grenzen ist bekanntlich gering. Indem wir noch 'erwähnen, daß die indische Statistik vom Getreide die Sämereien (seeds) durchweg unter— scheidet, worauf man leider nicht überall achtet, stellen wir die Tabelle der seewärtigen Ausfuhr auf; dieselbe betrug (ein Hundredweight Avoirdupols von 112 Pounds 50, soꝛs r Eg) an Getreide und

dülsenfrüchten: ö. . im eis: eizen: Reis: Weizen: andere: Jahre Tausende Rupien Werth 84 028 11 243

Tausende Cwts. 1879/80 .... 271656 2262 3395 go 757 32 775 37665 68?

1880/1 27 266 7444 S8 696 3329 84 763

28 888 19901 31 2598 14194 60 888 3197 27040 21 001 83 621 88 958 3652 22052 15 851 71 923 63 160 3871 28 223 21 069 92 471 S0 053 3599 1335 26 879 22 264 88 368 S6 260 5648 15 . ... 28 533 43538 92 917 55 624 6864

88 8. . .. 7 145 47 611 5 is64 1715 355 566 z 1 die britische Regierung den Anbau des Weizens zu be⸗ ordern sucht, haben mangelhafte Ernten doch zeitweise die Ausfuhr

Statistical Abstract relating to British India from 187 / 8o0 to 1888/89. Twenty -fourth number. London 1890.

15533. 188364 ... 163435 iSsß6 1888

*

dieser Frucht beträchtlich verringert, und es bleibt fraglich, ob die unter der Gunst eines anbaltenden Friedens stark wachsende Bevölke⸗ rung nicht den möglichen Mehrgewinn bald selber aufzuzehren genöthigt ist, wenn der Weizenanbau sich nicht beträchtlich vermehren läßt.

unst und Wissenschaft.

Bremen ist durch die Freigebigkeit eines seiner Mitbürger um ein hervorragendes Kunstwerk reicher geworden. Es handelt sich um einen prachtvollen Monumentalbrunnen, welchen der be⸗ kannte Großkaufmann Heinrich Gildemeister seiner Vaterstadt verehrt hat. Das sehr werthvolle Kunstwerk, welches an der Kreuzung der Bismarckstraße und Schwachhauser Chaussee Aufstellung gefunden hat, ist am 23. d. der Oeffentlichkeit übergeben worden. Schöpfer des Werkes ist der in Rom lebende bekannte Künstler August Sommer. Seit der Vollendung der Treppe der Güldenkammer ist, nach Arthur Fitger's Ausspruch, in Bremen kein Kunstwerk aufgestellt worden, welches gleich dem neuen Brunnen so einwandslos und frei von allem Wenn und Aber anzuerkennen wäre. Die Brunnen⸗ statue stellt, wie der Hann Cour.‘ berichtet, einen Centauren dar, der, von einer riesigen Schlange vielfach umwunden, diese mit gewaltiger Faust dicht unter der Kehle gepackt hält und so tödtlich zusammenpreßt, daß sie ihren Geifer in hohem Strahl gen Himmel spritzt. Die zurückgebeugte, 9. einen Felsblock sich stemmende Gestalt ist in anderthalbmal Lebensgröße aus Bronze hergestellt. Das Wasser⸗ becken besteht aus edlem rothen Granit; der Boden desselben ist mit einem Ornament von Delphinen und sonstigem Wassergethier in reicher Mosaikausführung bedeckt. Der Felsblock trägt die Inschrift: Seiner Vaterstadt Heinr. A. Gildemeister. Entworfen und aus⸗ geführt von A. Sommer, Rom 1890.“

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ernte.

Nach den der italienischen Regierung über den Ausfall der dies⸗ jährigen Weizenernte in Italien aus den verschiedenen Landes theilen auf telegraphischem Wege zugegangenen vorläufigen Mit theilungen sind in Italien geerntet worden in

Piemont 3 538 100 hl oder 96 / einer Durschnitisernte Venetien 3 556 600. , 80060 ö. Lombardei , ö. Ligurien. .... 9296909 ö.

5 519 500 S7 0. ö

4 653 300 g8o/

3 798 200 96 9so Latium 1 850 000 1100iso Süditalien Ost) 5 901 900 89 o /o Süditalien (West) 5 028 100 93 O/o Sizilien 6 282 000 96 0 iC Sardinien. 1421 500 139 0s0 ö

zusammen .... 45 942 900 hl oder g4 SMo; einer Durchschnittsernte, wovon S4 0/ο gute Qualität.

Während der vergangenen sieben Jahre wurden geerntet

1884: 40 993 894 hl oder 88 υ einer Durchschnittsernte,

1885: 38 858 590. , 383,40 /

1886: 39 799 503

1887: 42 048 421 90, 2 0 /o

1888: 36739 208 78, S Oso

1889: 36 592 900 78 o/o

1890: 46 562 100 9h, 8 0 /

1891: 43 942900 ,

Die Gersten ⸗Ernte lieferte in Italien 3 294 700 kl, d. h. etwa s5 Oo des vorjährigen Ertrages.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 26. d. M. gestellt 10 363, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 25 d. M. gestellt 4181, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen, am 26. d. M. sind gestellt 4057, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Berlin, 26. September. (Wochenbericht für Stärke, Stärke fabrikate und Hülsenfrücte von Max Sabers ky.) Ia. Kartoffelmehl 263-27 , La. Kartoffelstärke 264 275 4, Ha. Kartoffelmehl und Stärke 45 26 , gelber Syrup 294 368 K, Cavpillair⸗ Export 31— 315 „, Capillair Syrup 305 31 4, Kartoffelzucker gelber 294— 305 S, do. Capillair 3034— 31 4, Rum ⸗Couleur 38 - 39 M, Bier⸗Couleur 37— 38 MÆ6. Dextrin, gelb und weiß, Ia. 33 35 ½ , do. sekunda 29—33 4, Weizenstärke (kleinst.) 46 48 M, Weizenstärke (großst.) 14 524 4A, Hallesche und Schlesische 513 523 Ss, Reisstärke (Strahlen) 47 48 6, do. (Stücken) 44 —- 45 S6, Mais⸗Stärke 34— 36, Schabe⸗ stärke 35 37 M, Victoria⸗Erbsen 22 26 S, Kocherbsen 22 25 4, grüne Erbsen 22 25 S, Futtererbsen 183 —191 4, Leinsaat 27 283, Linsen, große 48 - 64, do. mittel 38 48, do. kleine 28 38 A, gelb. Senf 24 32 M, Kümmel 34— 40 M, Mais loco 15 17.106, Pferde⸗ bohnen 18— 195 M, Buchweizen 17—19 4, inländische weiße Bohnen 23—25 AÆ, weiße Flachbohnen 24 27 ½, ungarische Bohnen 20— 22 M, galizische und russische Bohnen 18— 20 46, Wicken 15 4 —17 4, n,, . 23— 25 4M, Leinkuchen 185 —195 M, Weizenschale 13 13M,

oggenkleie 14— 145 S6, Rapskuchen 14I 155 AK, Mohn, blauer 18 54 M, do, weißer 60— 72 MK, Hirse, weiße 22 25 Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.

Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt berichtet die ‚Schles. Ztg.: Die Roheisenproduktion blieb weiter eingeschränkt; die Bestände haben sich gelichtet und das frisch erblasene Roheisen kam flott zur Abfuhr an die Werke. Für Walzeisen, besonders Handels und Baukonstruktionseisen, gehen die Spezifikationen noch ziemlich zahlreich ein, sodaß der Betrieb bis jetzt ungeschwächt erhalten werden konnte. Diejenigen Walzwerke, welche bevorzugte Qualitäten liefern, sowie alle Stahlwerke, welche e fe bah e fe. Material herstellen, sind sogar nach wie vor stark beschäftigt und mit Aufträgen auf Wochen hinaus versehen. Auch die Blechwalzwerke sind in vollem Betriebe und namentlich Feinbleche stark begehrt. Der Betrieb sämmtlicher Walzwerke läßt sonach nichts zu wünschen, die Preise sind jedoch Angesichts der ausländischen und westfälischen Konkurrenz keine nutzbringenden. Die Eisengießereien haben mit m ,, . von Bau⸗ und Maschinenguß, Röhren, Platten und Ofengarntturen vollauf zu thun; es ergeht ihnen jedoch ebenso wie den übrigen Werken, da sie in Folge der herabgedrückten Preise nur wenig Nutzen erzielen können. Dagegen befinden sich die Maschinen⸗ und Kesselfabriken . die Eisenkonstruktions ˖ Werk⸗ stätten in günstigerer Lage; dieselben arbeiten noch zu lohnen den . namentlich gilt dies von den letzteren, welche für Brückenbauten, Herstellung von massiv eisernen Gebäuden mit Well blechbedachung 2c. lohnende Aufträge auf längere Zeit besitzen. Draht⸗ und Nägelfabriken sind gut beschäftigt, und finden ihre nach dem In und Auslande starken, bei der westfälischen

onkurrenz jedoch wenig lohnenden Absatz, Das Geschäft in gewalzten und geschweißten Röhren, roh wie verzinkt, ist bei guten Preisen sehr lebhaft; neue Aufträge können nur unter Ausbedingung von Liefer fristen entgegen genommen werden. Der Zinkmarkt tendirte ruhig, aber fest. Blei und Bleifabrikate unverändert.

Wie die „Köln Zig.“ meldet, hat der westdeutsche Grob—⸗ blechverband in seiner vorgestrigen Hauptversammlung beschlossen, an den bisherigen Preisen festzuhalten. Die Bestrebungen nach einer festen Verbandsform werden fortgesetzt.

Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“, heraus⸗ gegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart, hat in Nr. 39 des 43. Jahrgangs vom 27. September

Toskana

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des gewerblichen Eigenthums. Ventilation für Aufenthaltsräume von Menschen. Ueber Celluloid. Verschiedene Mittheilungen. Neues im Landes⸗GewerbeMuseum. Thätigkeit des chemischen Laboratoriums.

Nach Depeschen aus Buenos -⸗-Aires, welche der Hamb Börs-Stg.' vorliegen, hat der argentinische Kongreß ein soeben von' der Regierung veröffentlichtes Gesetz beschlossen, nach welchem die fünfprozentigen Gold ⸗Cedulas der National⸗Hypothekenbank in acht⸗ prozentige Papier ⸗Cedulas umgewandelt werden sollen. Zum Zweck dieser Konvertirung soll eine Anleihe von 5 Millionen Papiergeld aufgenommen werden. Die Zinsen sollen übrigens am 1. Oktober und auch fernerhin pünktlich bezahlt werden.

Leopolds hall, 26. Seytember. (W T. B.) In der heutigen Sitzung des Aufsichtsraths der Vereinigtenchemischen Fabriken zu Leopolds hall wurde beschlossen, von dem Gewinne von 807 253 4A einen Betrag von 444 000 S abzuschreiben und der Generalversamm⸗ lung vorzuschlagen, Ho /g Dividende auf die Stamm -⸗Prioritäten und 24 0o auf die Stammaktien zu vertheilen.

Leipzig, 26. September. (W. T. B.) Kam mzug-Termin⸗ bandel. La Plata. Grundmuster B. per September M, per Oktober 3,57 „, per November 3.60 „M, ver Dezember 3,627 * per Januar 3,57 , per Februar 3, 0 . ver März 3,72 A, ver April 3,123 , per Mai 3,75 A, per Juni 3,7 , per Juli 3,774 ½ , per August 3775 1 Umsatz 290 000 ig. Ruhig.

Hamburg, 26. September. (W. T. B.) Wie die „Hamb. Börsh.“ meldet, wurde heute die erste Sendung amerikanischen Schweinefleisches durch den Generalvertreter Deutschlands für Swift u. Comp in Chicago hier eingeführt.

Wien, 28. September. (W. T. B) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 17. September bis 25. September 901 248 Fl., Mindereinnahme 379094 Fl.

London, 26. September. (W. T. B.) Wollauktion. Leb⸗ haftere Betheiligung. Preise unverändert.

An der Küste 3 Weizenladung en angeboten.

28. September. (W. T. B) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 19. September bis 25. September: englischer Weizen 38258, fremder 69 889, englische Gerste 1047, fremde 22 732, englische Malzgerste 16340, fremde englischer Hafer 10979, fremder 94 733 Qrts., englisches Mehl 16 977, fremdes 44 033 Sack und 10 Faß.

Marseille, 26. September. (W. T. B.) Die Einfüh⸗ rung russischer Hammel ist in beträchtlicher Steigerung be— griffen; gestern trafen hier zwei Odessaer Dampfer mit 4700 Stück ein.

Mailand, 26. September. (W. T. B) In einer heute Nachmittag stattgehabten Sitzung des Aufsichtsraths der „Banca generale“ erstattete die Direktion einen eingehenden Bericht über die Lage des Instituts, aus welchem hervorgeht, daß trotz der herrschenden Krise der Geschäftsgang bisher ein befriedigender gewesen und daß die Bank über bedeutende flüssige Mittel verfüge.

Kaag, 26. September., (W. T. B) Zum Pröäsidenten und Direktor der niederländischen Bank wurde N. P. Van den Berg ernannt.

New⸗ York, 22. September. (W. T. B) Nach anfänglicher Festigkeit der Börse trat später eine theilweise Abschwächung ein, der Schluß gestaltete sich bei indeß wenig belebtem Geschäft, wieder fest. Der Umsatz der Aktien betrug 289 000 Stück. Der Silber vorrgth wird auf 4100 000 Unzen geschätzt. Die Silber ver käufe betrugen 55 000 Unzen.

Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Waaren betrug 10370 969 Dollars gegen 7326 575 Dollars in der Vorwoche; davon für Stoffe 2121 554 Dollars gegen 2324 084 Dollars in der Vorwoche.

Submissionen im Auslande.

Rumänien. 27. November (neuen Stils). Galatz, Bürgermeisteramt (Pri- maria): Bau und Betrieb einer Pferdebahn in der Stadt Galatz. Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrõ⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Aachen ist die erste englische Post über Osten de vom 26. d. M. ausgeblieben. Grund: Verspätete Landung des Schiffes von Dover in Ostende wegen stürmischen Wetters und Zugverspätung auf belgischer Strecke.

Bremen, 26. September. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Elbe ist heute morgen von New⸗ Vork kommend, auf der Weser, der Reichs⸗Postdampfer Bdyern“ auf der Ausreise nach Ost ⸗Asien heute in Singapore, der Post— dampfer Nürnberg auf der Heimreise von AÄustralien gestern in Genua eingetroffen. Der Postdampfer Weimar“, nach Baltimore bestimmt, hat heute Lizard passirt. Der Schnelldampfer Werra“ ist gestern Mittag in New - NYVorkt eingetroffen.

Ham burg, 26. September. (W. T. B.) Hamburg Amerikanische Packetfahrt⸗ Akftiengesellschaft. Der Schnelldampfer Columbia ist, von Hamburg kommend, heute Morgen in New-⸗JVork eingetroffen, der Postdampfer „Fürst Bis⸗ marck heute Nachmittag von Southampton abgegangen.

27. September. (W. T. B.) Die Postdampfer Russia“ und ‚Rugia“ sind, von Hamburg kommend, heute Morgen in New-⸗JYork eingetroffen.

Triest, 26. September. (W. T. B.) Der Lloyddampfer Thalia ist heute Nachmittag hier eingetroffen.

28. September. (W T. B.) Der Lloyddampfer Aurora“ ist, von Konstantinopel kommend, gestern Nachmittag hier eingetroffen.

London, 26. September. (W. T. B) Der Union ⸗Dampfer „Spartan“ ist auf der Ausreise gestern von Southampton abgegangen.

Theater und Musik.

Lessing⸗Theater.

Der bekannte Erzähler Karl Emil Franzos trat am Sonn abend zum ersten Male mit einer dramatischen Arbeit, dem Drama „Der Präsident“ vor das Publikum. Die Lorbeeren des Dramen⸗ dichters scheinen auf die Novellen, und Romandichter in jüngster Zeit einen besonders starken Reiz auszuüben, denn es sind in den letzten Jahren viele gewesen, die sich von dem ihnen durch ihre besondere Begabung empfehlenden Felde der erzählenden Dich⸗ tung abwandten, um entweder nach neuen Ideen sich im Schau— spiel zu versuchen oder wenigstens eine besonders gelungene und durch die Konflikte packende Erzählung in ein dramatisches Gewand zu stecken. In der Regel sitzt das neue Kleid nicht so schmuck und glatt wie das alte, welches Form und Stoff in enger Zusammenfassung zeigte; so ist es auch K. E. Franzos mit der Um⸗ formung seiner vor einer langen Reibe von Jahren erschienenen Er— zählung „Der Präsident' ergangen. Der Stoff behandelt Schatten seiten des menschlichen Lebens, welche zumeist Furcht und Grausen erwecken, aber zuweilen auch ergreifen und rühren.

Der Präsident, ein hoch gestellter Beamter und makelloser von edler Menschlichkeit getragener Charakter, muß eine dunkle Stunde seines Lebens mit den fürchterlichsten Seelenqualen und schließlich mit dem L ben büßen; er soll Richter seiner beinahe unverschuldet in Sünde und Verbrechen gerathenen natürlichen Tochter sein; er entzieht sich dem qualvollen Zwiespalt der Seele, indem er seinem Kinde vor der Verurtheilung zur Flucht aus dem Gefängnisse verhilft, und sühnt diese wider das Recht streitende Handlung mit dem Tode. Viele, oft unwahrscheinliche Zufälle müssen zusammen treffen, um diesen schauerlichen Konflikt zu erzeugen, und die handelnden Personen haben ein kräftiges eigenartiges Gefühls⸗ leben zu entwickeln, damit man die so streng gezogenen letzten Kon⸗ sequenzen ihrer Handlungen glaubhaft findet. In dem breiteren Rahmen der Erzählung können solche Zufälle und Charakterseiten

1891 folgenden Inhalt: Die neuen deutschen Reichsgesetze zum Schutz intim begründet, forgfältig geklaͤrt werden; in dem engeren Kreis des