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Per sonalver änder ungen.
Königlich Prenßische Armee.
Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Neues Palais, 24. Oktober. v. Rogues, Gen. Major und Commandeur der 20. Inf. Brig., zum Kommandanten von Magde⸗ burg, Frhr. Boecklin v. Boecklins au, Oberst und Comman⸗ deur des 2. Thüring. Inf. Regts. Nr. 32, unter Beförderung zum Gen. Major, zum Commandeur der 20. Inf. Brig., Stoetzer, Oberst und Abtheil. Chef im Großen Generalstabe, zum Commandeur des 2. Thüring. Inf. Regts. Nr. 32, Frhr. v. Rechenberg, Oberst⸗Lt. mit dem Range eines Abtheil. Chefs vom Großen Gene⸗ ralstabe, v. Eichhorn, Oberst⸗Lt. vom Großen Generalstabe, — zu Abtheil Chefs im Großen Generalstabe, — ernannt. v. Wurmb, Oberst à la suite des 3. Großherzogl. Hess. Inf. Regts. (Leib⸗Regts.) Nr. 117 und Kommandant von Koblenz und Ehrenbreitstein, zum Gen. Major befördert. Knape, Hauptm. à la suite des Inf. Regts. Nr. 135 und Comp. Führer bei der Unteroff. Schule in Potsdam, als Comp. Chef in das Gren. Regt. König Friedrich Wilhelm ITV. (. Psocom.) Nr. 2, v. Vogel sang, Vauptm. und Comp. Chef vom 5. Bad. Inf. Regt. Nr. 113, unter Stellung à la suite dieses Regts., als Comp. Führer zur Unteroff. Schule in Potsdam, — versetzt. Ehrenberg, Hauptm. von demselben Regt., zum Comp. Chef ernannt. Miltenberg, Sec. Lt. vom Thüring. Ulan. Regt. Nr. 6, von dem Kommando als Lehrer im Telegraphendienst bei dem Militär⸗-Reit-Institut entbunden. v. Dewitz, Pr. Lt. vom Ulan. Regt. von Schmidt (1. Pofmm.) Nr. 4, in das Garde ⸗Train⸗ Bat. versetzt. Graf zu Doh na, Pr. Lt. à la suite des 1. Garde⸗ Drag. Regts. Königin von Großbritannien und Irland, zum Rittm. befördert und vom 1. November d. Is. ab auf ein Jahr zur Gestüts⸗ Verwalt. kommandirt.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Neues Palais, 24. Oktober. am Ende, Gen. Lt. von der Armee, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit Pension zur Disp. ge⸗ stellt. v. Strantz, Oberst von der Armee, mit Pension und der Uniform des Kolberg. Gren. Regts. Graf Gyeisenau (2. Pomm. ) Nr. 9, Dockhorn, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Herwarth von . (1. Westfäl.) Nr. 13, mit Pension, — der Abschied ewilligt.
Im Beurlaubtenstande. Neues Palais, 22. Oktober. v. Esbeck gen. v. Platen, Rittm. a. D., zuletzt Pr. Lt. von der 3. des jetzigen Leib⸗Garde ⸗Hus. Regts., der Charakter als Major derliehen.
Offiziere,
Beamte der Militär⸗Verwaltung.
Durch Verfügung des Kriegs Ministeriums. 1. Ok— tober. Schmitz, bisher Reßarzt im 2. Westfäl. Feld ⸗Art. Regt. Nr. 22, zum Ober⸗-Roßarzt bei dem Remontedepot Arendsee er- nannt.
17. Oktober. Schönberg, Rechnungs⸗Rath, Intendantur⸗ Sekretär von der Intend. IV. Armee ⸗Corps, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
19 Oktober. Kahlau, Zahlmstr. Aspirt, zum Zahlmstr. beim XVII. Armee-Corps ernannt. Kahmann, erster Revisions⸗ beamter und Fabriken Kommissarius der Gewehrfabrik Danzig, zum Betriebs ⸗Inspektor bei derselben Fabrik, Streicher, Ober ⸗Büchsen⸗ macher der Gewehrfabrik Spandau, zum erften Revisionsbeamten, unter Beleihung mit dem Titel Fabriken⸗Kommissarius und unter Belassung bei derselben Fabrik, Triebel, Titular⸗Ober⸗Büchsen⸗ macher beim Garde⸗Jäger⸗Bat.,, zum Ober⸗Büchsenmacher bei der Gewehrfabrik Danzig, — ernannt. öniglich Bayerische Armee.
Portepeefähnriche 2c. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere.
14. Oktober. Frhr, v Jun cker u. Bigato, Pr, i vhm 16. Inf. Regt. vacant König Alfons von Spanien, zum 19. Inf.
Regt. versetzt.
20. Oftober. Baumann, Pr. Lt. im 1. Feld⸗Art. Regt. Prinz⸗Regent Luitpold, unter Beförderung zum Hauptmann, zum Battr. Chef daselbst ernannt. Harlander, Sec. Lt. im 1. Feld Art. Regt. Prinz⸗Regent Luitpold, unter Belassung im Kommando zur Königl. Preuß. Art. Prüfungskommission, zum Pr. Lt. ohne Patent befördert.
Durch Verfügung der Inspektion des Ingenieur⸗ Corps und der Festungen. Klarmann, Hauptm. des Ingen. Corps, bei der Fortifikation Ingolstadt eingetheilt.
Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 20. Ok⸗ tober. Schmalz, Hauptm. und Battr. Chef im 1. Feld⸗Art. Regt. Prinz Regent Luitpold, unter Verleihung der Aussicht auf An⸗ stellung im Civildienst, mit Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform der Abschted bewilligt. Schmid, Port. Fähnr. des 10.
Offiziere,
des Kriegs
Gößel, einjährig ˖ freiwilliger
Tann, zum Unterarzt im 15. Inf.
Regt. König Albert von Sachsen ernannt und mit Wahrnehmung einer vakanten Assist. Arztstelle beauftragt.
15. Ok
tifikation Ingolstadt, zum Festungsbauwa meister der Fortifikation Ingolftadt, zum dieser Fortifikation, — befördert.
20. Oktober. Guth, Ober⸗
Ingolstadt, unter Verleihung des Titels gs Ratbes, Straßner, Lazareth⸗Verw. Insp. rn. Lazaretbhs Bayreuth, — in den erbetenen Ruhestand getreten.
XIII. (Königlich Württembergisches) Armee / Corps.
Offiziere, Portepee⸗ Fähnriche ꝛc. Ernennungen,
Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. 23. Oktober. v. Steinheil, Gen. Lt. und Kriegs⸗Minister, mit Patent vom 18. Oktober 1891 zum Gen. der Inf, v. Schott, Frhr. von Watter, Oberst⸗Lts. und Flügel Adjutanten, mit Patent vom 18. Oktober 1891 zu Obersten, — befördert. 24. Ok⸗ tober. Sch ede, Königl. Preuß. Oberst ⸗Lt. à la suite des Hess. Feld⸗ Art. Regts. Nr. 11, beauftragt mit den Funktionen des etatsmäß. Stabsoffiziers im 2. Feld⸗Art. Regt. Nr. 29 Prinz⸗Regent Luitpold von Bayern, zum etatsmäß. Stabsoffizier ernannt.
Im Sanitäts- Corps. 24. Oktober. Dr. Stoll, zer⸗Stabsarzt 1. Kl. und Regts. Arzt im Gren. Regt. Königin Aga Nr. 119, beauftragt mit den Funktionen des Div. Arztes der
Königl. Württemberg,), als Gen. Arzt 2. Kl. mit Pension
d seiner bisher. Uniform der Abschied bewilligt. Dr Feuer⸗
n, Assist. Arzt 2. Kl. der Res. vom Landw. Bezirk Ehingen, der Abschied ertheilt.
—
Statiftik und Volkswirthschaft.
Armenypflege und Sozialgesetzgebung.
Der „Verein fur Armenxflege und Wohlthätigkeit“ hat, wie er⸗ innerlich, in seiner letzten Jahres versammlung ju Hamhurg die Ein—⸗ setzung einer Kommission jur Prüfung der Frage beschloffen, in welcher Weise die neuere soziale Gesetzgebung auf die Auf⸗ gaben der Armengesetzaubung und Armenpflege einwirkt. Jetzt wird in den bei Duncke bumblot in Leipzig erscheinenden Schriften des Vereins f 3,50 MÆ das Referat veröffentlicht, d der Magistrat ff Freund in Berlin bierüber in der Jahres versammlung t It. Es Gesickte punkte, ig bebandelt wird.
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theilt Dr. Freund doch schon einige Einzelbeiten aus Verwaltung mit, die einen Einblick in die Wirkung
8 gestatten, welche die Sozialgesetzgebung auf die Armerxrflege auszuüben d
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Nach den Ermittelungen des Statistischen Amts der Stadt Berlin betrug die Zabl der in Armenpflege befindlichen Hauskranken im Jahre 1875: 2,79 υο der Cirilbevölkerung. Diese Zahl steigerte sich allmählich von Jahr zu Jahr, bis sie im Jahre 1883/81 mit 4 66 9 ihr Maximum erreichte Von diesem Jahre an machte sich die Wirkung des Krankenversicherungsgesetzes geltend, indem der Prozentsatz allmählich zurückging: im Jahre 1884/85 betrug er 3,99, in 1885/86: 3,65, in 1886/87: 3,36 und in 183788: 2,93 6so.
Mit der geschlossenen Armenpflege, d. h. mit den in Anstalten untergebrachten, in Armenpflege befindlichen Kranken ist dieselbe Be⸗ obachtung gemacht worden. Im Jahre 1879/80 betrug die Zabl der neu aufgenommenen Kommunalkranken in Krankenhäusern 22,5 9G der überhaupt aufgenommenen Kranken; sie stieg bis auf 28,11 5/0 im Jahre 188485; alsdann nahm sie von Jahr zu Jahr ab: 1885/86 ging sie auf 20,10 9, herunter, 1886/87 betrug sie 26, 93 0/09; im Jahre 1887,ñ88: 17,65 υάη,; 188889: 15,77 0½υ und 1889. 90: 15, 15 0/0 Die Zabl hat sich offenbar durch die Einwirkung des Krankenkassengesetz es verringert.
Neben der Krankenpflege läßt sich auch eine Einwirkung der sozialen Gesetzgebung auf dem Gebiet des Almosenwesens fest—⸗ stellen; bier aber wird weniger die Krankenversicherung, als vielmehr die Unfallversicherung und mehr noch die Invaliditäts. und Alters versicherung eine Wirkung ausüben. Die Zabl der Almosenempfänger betrug im Jahre 1873: G.96 0G der Civilbevölkerung; sie stieg allmäh⸗ lich bis auf 1,28 S im Jabre 188384, während sie von da ab all mählich wenn auch nicht erbeblich, herunterging, bis sie im Jahre 1389, 90 L229 betrug. Einen starken Einfluß wird man auf diesem Gebiet von der Invaliditäts und Altersversorgung erwarten können, was aus fol gender Mittheilung ersichtlich. Von 104 zur Kenntniß der Armen Direktion gelangten Altersrentenempfängern waren 47 als Almosen— empfänger notirt. Von diesen 47 Personen haben in Folge dessen 11 Personen kein Almosen mehr bekommen, bei 5. Personen blieb das Almosen bestehen, und bei 25 Personen ist das Almosen ermäßigt worden; bei 6 Personen steht die Entscheidnng aus. Immerhin sind von 41 Altersrentenempfängern, die zugleich Almosenempfänger waren, 30 ganz oder theilweise in der Armenpflege geblieben. ;
Die anderen Nachweisungen über Waisenpflege, Begräbnißwesen
übergeben wir. Dr. Freund macht nun darauf aufmerksam, daß trotz der Entlastung, welche die Armenpflege zweifellos in Folge der Sozialgesetzgebung gehabt bat und voraussichtlich noch in höherem Maße baben wird, die Aufwendungen gestiegen sind. Während, wie wir soeben gesehen haben, die Zahl der Almosenempfänger seit 188384 relativ abgenommen hat, hat der Almosenbetrag pro Kopf und Monat von 1101 (S bis auf 11,91 M allmählich zugenommen. Ferner, obwohl die Zabl der Kranken in der Armenpflege, und zwar nicht nur relativ, sondern auch absolut zurückgegangen ist, sind die Kosten allmählich gestiegen. So auch haben sich die Gesammtaufwendungen für die gesammte Armenpflege nicht nur absolut, sondern auch relativ ver⸗ größert: im Jahre 1883/84 belief sich der Kommunalzuschuß für das gesam mte Armenwesen auf 6 656 586 4 (5, 54 M pro Kopf der Civil⸗ , im Jabre 1889,90 auf 824201 Æ (6,55 M pro Kopf). Es wird sich fragen — und das werden erst weitere Unter⸗ suchungen zu ergeben haben —, ob die gleichen Erfahrungen auch in anderen Kommunen gemacht worden sind. Dr. Freund glaubt diese in Berlin gemachte Beobachtung darauf zurückführen zu sollen, daß die Entlaftung. welche die Armenverwaltung durch Verringerung der Unterstützungsfälle thatsäcklich erfahren, dazu benutzt worden ist, um intensiver zu wirken: „»Die Verwaltung bekommt die Arme etwas freier, es steben ihr dieselben Mittel für eine geringere Zahl. Unterstützungsfälle zu Gebote; sie kann in Folge dessen ihre Thätigkeit auf ein höheres Niveau setzen. Diese Bestrebungen werden noch eine kräftige Anregung dadurch erfahren, daß auch die Anfor— derungen, die an die Armenpflege gestellt werden, größere werden. Man wird mit der Annahme nicht fehlgehen, daß gerade das gesteigerte Maß der Fürsorge, das durch die Ar⸗— beiterversicherungs ⸗Gesetzgebung den arbeitenden Klassen zu Theil wird, nicht ohne Einfluß auf die Lebenshaltung der breiten Massen der Bevölkerung bleiben kann, und daß dieser Einfluß sich auch bei der Armenpflege fühlbar macht. Sollte daher auch wirklich eine pekuniär vortheilhafte Einwirkung auf die Armenpflege nicht allgemein konstatirt werden können, so würde man trotzdem einen nicht gering zu veranschlagenden Gewinn feststellen müssen.
Zur Bierstatistik. —⸗
Ueber die Bierproduktion bringt die „Sozial ⸗ Corr.‘ folgenden
Auszug aus der Bier⸗Welt Statistik der Brauer und Hopfenzeitung Gambrinus‘ in Wien für 1890:
Brauereien
in Betrieb:
Bierproduktion:
tali Liter per Hektoliter gopf 32189 415 865 14277070 285 1630976 98 3419080 240 797807 55 87 54 348 14 382 407 56 744 448 41059 950 9 889 ðõ6 97819 9365 640 3 954 392 2251580 1602356 220 900 1209 654 1146725
Staat:
Deutsches Reich: Reichẽsteuergebiet . Bavern
Baden. . Württemberg Elsaß ˖ Lotbringen
—— 00,
Ard O r — — C 0 ο,
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Summe Oesterreich Ungarn.. Großbritannien und Irland Vereinigte Staaten
Belgien
Luxemburg
Frankreich
Rußland.
Dänemark
Niederlande . , 70 111 425 1 360 11 47 726 663 1 132 185 400 Rumänien. w 17 108 000 . ⸗) 14 87000 w 13 28 000 . , 7 71 225 Indien (Britisch⸗ Indien) .. 19 231 965
Zur Arbeiterbewegung.
In einer sozialdemokratischen Versammlung in Gelsenkirchen wurde der Berliner „Volksztg.“ zufolge ein Antrag, der sich mit der bisherigen Parteitaktik einverstanden erklärte und das Vorgehen der Berliner Opposition ver⸗ urtheilte, abgelehnt.
Aus Mainz wird der „Köln. Ztg.“ über eine sozial⸗ demokratische Versammlung, in welcher die Vertreter auf dem Erfurter Parteitage Bericht erstatteten, Folgendes berichtet:
Ein „Genosse Wolf machte den Mainzer Vertretern zum Vor⸗ wurf, daß sie mit dem fertigen Urtheil über die Opposition nach Erfurt gereist seien; die Angeklagten seien ohne Verhör gerichtet worden, und das sei eine Unterdrückung der freien Meinungsäußerung. Der Zustimmungsbeschluß zu den Beschlüssen des Erfurter Partei⸗ tages und dem Verhalten der beiden Abgesandten wurde von fünf Anwesenden abgelehnt, ein bier noch nicht dagewesener Vorgang.
Aus Thüringen schreibt man dem „Chemn. Tgbl.“: Die Kostensumme, welche der in Erfurt abgehaltene sozial⸗ demokratische Parteitag erfordert hat, betrug, da rund 250 Abgeordnete anwesend waren, die für den Tag je 9 M Tagegelder bezogen und der Parteitag acht Tage gedauert hat, rund 18 000 M Zu diesem Betrage kommen noch die Kosten für
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die Reise der Abgeordneten, für Saalmiethe, für Drucksachen und Porto 2c.
n Leipzig wurde in einer Versammlung der Sozial⸗ demokraten, in welcher über den Parteitag in Erfurt Bericht erstattet wurde, folgende Resolution angenommen:
Die Versammlung erklärt sich mit den auf dem Erfurter Partei- tage gefaßten Beschlüssen einverstanden; besonders ist dies der Fall in der Angelegenheit Werner und Genossen, da derartige Leute das Ansehen der Partei nach Innen und Außen schädigen.
An den Stadtverordnetenwahlen werden sich, wie der „Vorwärts“ berichtet, die Sozialdemokraten in. Leipzig, Braunschweig, Brandenburg und Weißenfels durch Parteikandidaten betheiligen. ö.
Auf dem Schauplatze des jüngsten sozialdemokratischen Parteitages, im Kaisersaale zu Erfurt, fand am 23. d. M. eine von dem über 1700 Mitglieder zählenden Evangeli⸗— schen Arbeiterverein Erfurts aus Anlaß des Partei⸗ tages veranstaltete Protestversammlung statt, die sich einer außerordentlich lebhaften Theilnahme zu erfreuen hatte. Die „Köln. Ztg.“ berichtet über diese Versammlung Folgendes:
er Saal war prächtig geschmückt worden; sstatt der rothen Fahnen hingen schwarj⸗weiß⸗rothe Banner von der Decke herab und an Stelle des sozialdemokratischen Stichworts prangte die Losung der Erangelischen Arbeitervereine: Fürchtet Gott, ehret den König, habt die Brüder lieb! Von der Bühne leuchtete ein Transparent mit den Bildern des Kaiserpaares. Als Redner traten auf Professor Dr. Heinzelmann, Real Gymnasial⸗Direktor Professor Dr. Zange aus Erfurt und General Sekretär Wessphal⸗ Gotha. Der erste Redner sprach über „Die Sozialdemokratie und die Religion“, der zweite über „Die Sozialdemokratie und die Schule“ und der dritte über „Die Sozialdemokratie und das Vater land'. An jede der drei Reden knüpften sich Protestbeschlüsse, die einstimmig angenommen wurden Am Shlusse an die prächti! ver laufene Versammlung wurden Begrüßungstelegramme an Seine Majestät den Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin ge⸗ richtet. Das Telegramm an den Kaiser lautet: Der Evangelische Arbeiterverein. 1700 Mitglieder stark, hält heute Abend zum zweiten Mal seit dem sozialdemokratischen Parteitag eine aufs Zahlreichste besuchte Versammlung, um gegen die verwerflichen Ziele der sozialdemokratischen Partei energischen Protest einzulegen. Die Versammelten fühlen sich gedrungen, Eurer Majestät von Neuem unwandelbare Treue zu geloben, und bekennen sich ausdrücklich zu den von Eurer Majestät wiederholt kundgegebenen und machtvoll ver— tretenen sozialen Anschauungen.“ .
Ueber den Verlauf der Lohnbewegung unter den deutschen Buchdruckern liegen neue Nachrichten von wesentlicher Bedeu⸗ tung nicht vor. Nach einer Zusammenstellung des „Cor— respondent für Deutschlands Buchdrucker“ haben die Gehülfenforderungen bewilligt in etwa 40 Städten ungefähr 120 bis 130 Druckereien. Gekündigt wurde in etwa ebensoviel Städten, soweit darüber Nachrichten vorliegen. Von Kündigungen größeren Stils sind zu nennen außer Berlin und Leipzig, die schon früher angeführt wurden: Dresden über 400 Gehülfen, Frankfurt a. M. und Offenbach etwa 400 (darunter 24 Nichtmitglieder), München 640, Stutt— gart 8560 (von 9090 Gehülfen haben nur 41 nicht gekündigt). Aus Bunzlau (Schlesien) wird telegraphisch berichtet, daß sich daselbst Gehülfen und Prinzipale auf Grund der neuneinhalb⸗ stündigen Arbeitszeit geeinigt hätten.
Wie die Londoner „Allg. Corr. berichtet, haben 8000 Nagel- macher von Staffordshire am Montag einen Ausstand begonnen, weil sie sich einer 10prozentigen Lohnherabsetzung nicht fügen wollten.
Schwedens Waarenumsatz mit dem Auslande.
Wie die soeben von der schwedischen General Zolldirektion ver⸗ öffentlichten Listen über die diesjährige Ein! und Ausfuhr bis Ende Oktober ersehen lassen, hat sich der Waarenumsatz mit dem Auslande auch im letzten Quartal im Vergleich zum Vor—⸗ jahre wesentlich vermindert. Was die Einfuhr betrifft, so sind besonders hervorzuheben: an Robbranntwein wurden 15 0099000 1 (gegen 22 727 000 1 gleichzeitig im Vorjabre) eingeführt, französischer Traubenbranntwein, direkt eingefübrt, 1460 000 1 (523 000 1), Speck 5 474 000 kg (6 455 000 kg), Dung stoffe 60 278 t (63 243 t), Maschinen und Geräthschaften im Werthe von 10087 000 Kronen (11 704 000 Kronen), Zucker, raff. 5 518 000 kg (10 095 000 kg), dto. unraff. 16549 000 Kg (23 454 000 Kg), Talg 1075 007 kg (1818 090 kg), Taback 2 080 000 kg (2317 000 kg), Wolle 1 899 600 kg (1 960 000 kg). Einige Artikel, wie Häute und Felle, Kaffee, Fleisch, Käse, Papier, Syrup u. J. w. zeigen fast gleiche Ziffern wie im Vorjahre oder nur wenig darüber. Be merkenswerth ist, daß trotz der guten Ernte die Einfuhr von Brot⸗ stoffen zugenommen bat; an Weizen wurden 55 126 t (31 801 t), Roggen 88 389 1 (83 224 t), Weizenmehl 10518 t (3967 t), Roggen⸗ mebl 8123 t (8979 t) eingeführt. Was die Ausfuhr betrifft, so weisen nur wenige Artikel eine Zunahme auf, wie z. B. Holz 3772 200 ebm (3584 000 cbm), Holzstoff 59 937 t (46 842 t), Zünd⸗ hölzer 96670 t (9186 t), Hafer 1527 628 t (14079 t), Papier 13780 t (10 976 t). Eine geringere Ausfuhrziffer zeigen fast alle Montan⸗ produkte: Eisenerz 145 4533 t (159 760 t), Zinkerz 21 887 t (23 423 t), Kupfer 1066 t (226 t), Eisen und Stahl 189 183 t (215 529 t). Die Ausfuhr von gereinigtem Branntwein betrug 13 475000 1 gegen 28 613 000 1 im Vorjahre.
Kunst und Wissenschaft.
Auf der hiesigen Königlichen Sternwarte wurde in der Nacht vom 27. zum 28. Oktober im Verlaufe der Be—⸗ obachtungen, die dort zur Ueberwachung der kleinen Veränder⸗ lichkeit der Lage der Erdaxe stattfinden, wiederum die Wir— kung eines entfernten Erdbebens wahrgenommen. Herr Dr. Battermann bemerkte zuerst um 11 Uhr 21 Minuten 9 Sekun⸗ den an der feinen Wasserwaage des Instruments eine Wellenbewe⸗ gung des Erdbodens, welche eine Periode von etwa 13 Se⸗ kunden zeigte und nach ungefähr 11. Minuten erloschen war. Der Verlauf war ziemlich ähnlich wie bei den entsprechenden früher beobachteten Wirkungen eines starken Erdbebens zu Taschkent in Mittel⸗Asien und zu Patras in Griechenland. Nach der Gesammtheit der Aufzeichnungen kann die beob⸗ achtete Wellenbewegung in Berlin nicht früher als um 11 Uhr 13 Minuten begonnen haben.
Aus Gurlitt's Kunstsalon.
4 Der Sonderausstellung der Bildwerke Bernhard Römer's in den oberen Räumen des Gurlitt'schen Kunst⸗ salons, die wir vor Kurzem an dieser Stelle besprachen, ist schnell eine vielseitigere gefolgt, welche gleichwohl eines ein⸗ heitlichen Charakters nicht entbehrt; eine gewählte kleine Sammlung älterer französischer Gemälde, vorzugs⸗ weise Landschaftabilder jener Schule umfassend, die sich um Corot und Millet gruppirt und der man von ihrem Studienheim, jenem idyllisch am Nordrande des Waldes von Fontainebleau gelegenenen Dörfchen Barbizon, den Namen der „Schule von Fontainebleau“ gegeben hat. Als im Jahre 1849 die Choleraepidemie Millet aus den Mauern von Paris nach jenem stillen Orte vertrieb, fand er bort bereits
heobore Rousseau und Leon Belly, die ihren Lanbschafts⸗ stubien in den reizvollen Wäldern von Fontainebleau oblagen.
Mit Recht sagt ein Geschichtsschreiber der modernen fran— oͤsischen 63 „Barbizon und der Wald von Fontainebleau . die Basis für die Begründung einer nationalen Land⸗ schaftsmalerei in Frankreich geschaffen.“ Zugleich dürfen wir in den Schöpfungen dieser Landschafter den Keim und das erste ö jener Richtung suchen, die unter dem Namen des Impressionismus heute die gesammte Malerei aller Schulen beherrscht. Das intime Naturstudium, die Stimmungsmalerei im besten Sinne des Wortes, überwand schnell die stilisirte heroische Landschaft, wie sie die ältere fran⸗ zöfische Kunst mit Vorliebe gepflegt hatte. Die Proben, welche wir bei Gurlitt vereinigt finden, sind freilich nicht die bedeu⸗ tendsten Schöpfungen jener bahnbrechenden Künstler, aber sie vermögen immerhin ein ansprechendes Bild jener kunst geschichtlich hochinteressanten Uebergangsepoche zu geben. Unter den Führern jener . sind namentlich Corot und Millet gut vertreten. Von Camille Corot (1796-1875), dem un⸗ bestrittenen Meister der zartgestimmten Frühlingslandschaft, sind zwei köstliche kleine Bildchen ausgestellt; anspruchslose Motive mit einem musikalischen Stimmungszauber umwoben, dem sich kein Beschauer entziehen kann: Weidenstämme am Bach⸗ rand, bei halbbedecktemn Himmel mit geringem Farbenwechsel, aber einer unerschöpflich reichen Abtönung der Tonwerthe dar— gestellt, sowie ein Bahnviadukt, der ein stilles Thal überspannt, eine ernste, fast öde Landschaft mit biblischer StAaffage. Der träumerische Ernst des Frühlingsabends mit seinen zarten Wiesennebeln und dem lichtblau verschwimmenden Horizont ist wohl selten stimmungs voller wiedergegeben worden. Gleich Corot hat auch Millet lange mit der Verständnißlosigkeit des Publikums zu kämpfen gehabt; mit Mühe gelang es diesem, bei Lebzeiten seine Familie vor Nahrungssorgen zu schützen; heute werden seine Bilder, wie der „Angelus“, dessen phantastisch hoher Preis noch vor Kurzem Aufsehen erregte, mit Gold aufgewogen. Von Millet's besonderer Begabung, die Poesie der emsigen Landarbeit wiederzugeben, legt von den ausgestellten drei kleinen Bildern nur das eine, eine Reisigsammlerin im Walde, bescheidenes Zeugniß ab. In einem Briefe an Alfred Sensier schreibt der Meister einmal: „Nie⸗ mals erscheint mir die heitere Seite (der Natur), ich weiß nicht, wo sie ist, und ich habe sie niemals gesehen. Das Heiterste, was ich kenne, ist die Ruhe, das Schweigen, welches man so Fköstlich in den Wäldern oder auf den beackerten Landstrichen genießen kann.“ Die Heuschober im Mondlicht in unserer Ausstellung mögen für diese Auffassung, die zugleich den Gegensatz zu der Ge— dankenwelt Corot's charakterisirt, einen Beleg geben. In einem anderen Bilde sehen wir düstere Gewitterwolken am Horizonte aufsteigen, gegen deren dunkle Töne sich die fahlen Heuschober des Vordergrundes stimmunge voll absetzen. Oder er schildert das geheimnißvolle Flirren der Abendnebel, in denen alle festen Umrisse verschwimmen. Seine Farbenfkala ist meist in einem so nebelhaften Grau erstickt, daß ein fein organisirtes Auge dazu gehört, die wohlüberlegte Ab⸗ stufung der einzelnen Tonwerthe zu erkennen. Aehnlich geht es dem Beschauer bei dem Erntebilde von Veyrassat, der die brütende dicke Luft eines Augusttages meisterhaft zu schildern verstanden hat. Mehr im Stile der Holländer des 17. Jahrhunderts archaisirend und eine reiche romantische Empfindungswelt verrathend, erscheinen uns die Landschaften Troyon's, der sich darin deutlich als Schüler Dupré's zu erkennen giebt, von welchem ebenfalls einige kleinere Arbeiten ausgestellt sind. Ihnen reiht sich als der Senior der Roman— tiker in Fontainebleu Narcisse Diaz an, dessen drei Bildchen indeß nur einen sehr ungenügenden Begriff von seinem Können geben, ebenso wie wir aus den beiden Werken Courbet's, einem blinden Lautenspieler yd einer kleinen keck beleuchteten Berglandschaft, keine Vor—
ellung von der bahnbrechenden Bedeutung des „ersten tealisten“ gewinnen können. Die kapriziösen Schöpfungen es jüngst verstorbenen Theodule Ribot, in denen ein an Giorgione's Einbildungskraft erinnernder Räthselinhalt sich mit der rußigschwarzen Farbengebung Ribera's vereint, machen selbst in dieser französischen Umgebung einen originellen Eindruck, dem sich nur derjenige eines strickenden Mädchens von Louis Deschamps an die Seite stellen läßt. Der träumerische weltverlorene Blick der in breitester Manier in graubraunen Tönen gemalten Strickerin, der die Arbeit in den Schoß gesunken, kontrastirt in wunderlicher Weise zu dem kecken Naturalismus der Darstellung. Auch hier sehen wir die französische Kunst auf dem ihr so gut liegenden Grenzgebiet zwischen Romantik und Wahrheit sich bewegen. Die impressio— nistische Richtung der Landschaftsmalerei läßt sich in unserer Aus— stellung von den Versuchen Daub igny's über die venezianischen Ansichten Ziem's mit ihrer zauberischen Lichtwirkung bis zu der in einförmig lichtgrauen Tönen gemalten Windmühlen— landschaft von Ca zin in gerader Linie verfolgen. Unter den nach Vernet's Vorgange in Frankreich besonders beliebten Drier=== n seien noch die Werke der beiden, Cerivains peintrese, Fromentin und Berchère, sowie der Beduine zu Roß“ von Adolf Schreyer erwähnt. — Diese kleine Auswahl französischer Bilder aus den vierziger und fünfziger Jahren darf um so dankbarer begrüßt werden, als in unseren öffentlichen und privaten Sammlungen für das Studium dieser so wichtigen Zeit, das für das Verständniß unserer neuesten malerischen Bestrebungen geradezu unerläßlich ist, fast gar kein nennens— werthes Material sich vorfindet.
Im unteren Saale der Gurlitt'schen Kunsthandlung erregt namentlich ein größeres Bild des Ungarn Tihamer von Maxgitay, der den Besuchern der inter— nationalen Ausstellung dieses Jahres durch sein witziges Sittenbild „Flitterwochen“ bekannt ist, Aufmerksamkeit. Wenn auch der Gegenstand dieser neuen Arbeit ein wesentlich ernsterer ist, als der des genannten Ausstellungs⸗ bildes, so fesselt die geistreiche Ausführung und Charakteristik doch auch hier in weik höherem Maße als der ethische Grund— gedanke. Die von einem Schauspieler entführte Tochter eines Iösterreichischen Offiziers wird von ihrem greisen Vater auf der Flucht in dem Wartesaal einer kleineren Eisenbahnstation überrascht; der Schreck dieses unerwarteten Wiedersehens, die Scham über den leichtfertigen Schritt haben dem noch halb kindlichen Mädchen die Besinnung geraubt; bewußtlos ist sie in den Stuhl gesunken, während der Entführer in theatralischer Pose sich erhoben hat, aber Angesichts des väterlichen Zornes verwirrt den Blick senkt. Die Haltlosigkeit des Komödianten in dieser ernsten Situation ist vortrefflich gekennzeichnet. Nicht minder die Wirkung, die dies Üüber⸗ raschende Ereigniß auf die übrige im Wartesagal befindliche Gesellschaft ausübt. Neugier, Schadenfreude, Gleichgültigkeit wechseln in den Gesichtern der verschiedenen Zeugen des dramatischen Vorganges, unter denen namentlich die Ange⸗
hörigen der Schauspielertruppe, der der Verführer angehört, scharf charakterifirt sind. Die wüste Umgebung, die Unordnung des Warteraums, das unsaubere verknüllte Tischzeug, das fahle. Morgenlicht, welches durch die Scheiben des Saales hineinfällt, bilden einen wirkungsvollen Hinter— grund für die peinliche Scene, deren dramatische Zuspitzung allerdings leicht etwas zu absichtlich wirkt, ähnlich wie in den Sittenschilderungen des Düsseldorfer Bockelmann. Dadurch, daß der Künstler den Beschauer reizt, in allen Einzelheiten Besonderes zu suchen, geht der große einheitliche Zug des Ganzen verloren. Man empfängt den Eindruck, als versuche ein Redner durch gehäufte Einzelargumente etwas haarklein zu . ohne den Kern seiner These fest im Auge zu be⸗ alten.
Unter den übrigen Bildern des unteren Saales sei noch ein meisterhaftes Profilbildniß Ihrer Königlichen Hoheit der Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen von Angeli hervor— gehoben; es ist außerordentlich fein durchgeführt in der Mo— dellirung und zart in der Farbengebung. Gleich unerreichbar an Frische und Unmittelbarkeit des Ausdrucks und Vornehmheit des Farbenreizes ist ein Aquarell von Passini, das Brust= bild eines italienischen Mädchens. Ein Kinderporträt Kaul— bach's zeigt die Vorzüge und Schwächen des Münchener Meisters in keinem wesentlich neuen Lichte. Die zierlichen, geistreich pointirten italienischen Landschaften von C. Brancacectio laden zu einem Vergleich mit den Landschaftsstudien von Günther in Naumburg ein, unter denen besonders eine reiche An— zahl von Aufnahmen der an geschichtlichen Erinnerungen so reichen Hansestadt Wisby auf- Gotland und ihrer Ruinen Beachtung verdienen. Der geheimnißvolle stille Eindruck dieser Trümmer einer ereignißreichen Vergangenheit ist in ihnen überaus stimmungsvoll wiedergegeben. Mehrere kleinere italienische Arbeiten von Saporetti, Barbasan und Zezzos, sowie das gelungene Porträt des Admirals von der Goltz haben wir bereits in unserem letzten Berichte gewürdigt.
— Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenbeiten hat unter dem 15 Oktober einen Erlaß über die Bibliotheken der Universitäts-⸗Anstalten und deren Beziehungen zu den Universitäts Bibliotheken ergehen lassen. 5. 1 bestimmt: Die Bibliotheken der Universitäts⸗ Anstalten (Seminare, Institute, Laboratorien, Kliniken, Polikliniken, Museen, Sammlungen, Arparate u s. w.) sind Präsenzbibliotheken: die zu ihnen gehörigen Bücher sind beständig in den Anstaltsräumen zu belassen und dürfen insbesondere auch nicht ausgeliehen werden. Indeß steht es den Universitäts-Kuratoren frei, von dieser Regel aus gewichtigen Gründen Ausnabmen unter den von ihnen festzusetzenden Be— schränkungen zuzulassen. Für die Universität Berlin bleibt diese Befugniß dem Ministerium vorbehalten. Nach S 2æ2 sind die Direktoren der Universitäts-Anstalten verpflichtet, jedem Lehrer der Universität auf dessen Ersuchen die Benutzung der Anstalts⸗Bibliothek nach Maßgabe der für sie bestehenden Be⸗ nutzungsordnung zu verstatten. Nach §. 3 liegt die gleiche Ver pflichtung den Direktoren der Universitäts Anstalten mit Bezug auf diejenigen Studirenden der Universität ob, welche die Anstalis Bibliothek im Interesse einer wissenschaftlichen Arbeit (Preisarbeit, Dissertation, Prüfungsarbeit u. s. w) zu benutzen wünschen, und gegen deren Zulassung besondere Bedenken nicht obwalten. S. 4. Die Vorsteher der Unbersitäts⸗ Bibliotheken werden beauftragt, von der Bibliothek einer jeden Universi⸗ täts Anstalt einen alphabetischen Zettel katalog in zwei Exemplaren aufzu⸗ nehmen und durch jährliche Nachträge auf dem Laufenden zu erhalten. Dabei ist jede Anntalt durch ein besonderes Zeichen kenntlich zu machen. Das eine Exemplar des Katalogs verbleibt der Anstalt; das andere wird auf der Universitäts ⸗ Bibliothek aufbewahrt, um dort mit den Katalogen der übrigen Anstalten zu einem Gesammtkatalog vereinigt zu werden. §. 5. Es wird erwartet, daß die Leiter der Universitäts. Anstalten den Vorstebern der Universitäts⸗Bibliotheken bei Erfüllung ihres Auf— trages in bereitwilliger Weise entgegenkommen werden. S. 6. Die Vorsteher der Universitäts ⸗ Bibliotheken werden ermächtigt, Bücher, bezüglich deren ihnen dies unbeschadet der Aufgaben der Bibliothet zulässig erscheint, an Universitäts-Anstalten über die vorschriftsmäßige Benutzunggzeit hinaus, jedoch jedesmal nur bis zum Schluß des näͤchst⸗ folgenden Semesters, zu überlassen. Enibehrliche Doubletten können auch endgültig an diese abgegeben werden. 5 7. Von den Universitäts ⸗Anstalten dürfen Bücher nicht veräußert werden. Vielmehr sind diese, wenn sie entbehrlich werden, endgültig an die Universitäts-Bibliothek ab- zugeben. Vorstehende Bestimmungen sollen auch auf die König liche Akademie zu Münster und das Lyceum Hosianum zu Braunsberg Anwendung finden.
Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde am 16. Oktober sgl.
Der Vorsitzende Or. W. Reiß wies bei Eröffnung der Sitzung darauf bin, daß die Herausgabe in Faesimilereproduktion der in Breslau aufgefundenen Karten Gerhard Mercator's nunmebr beendet sei, sprach bei dieser Gelegenbeit dem Magistrat der Stadt Breslau den Dank für die leibweise Ueberlassung der Driginalkarten aus und gedachte dankbar der Mithülfe, die Herr Professor Röse, Vorsteher der chalkographischen Abtbeilung der Reichsdruckerei, dem Werke bat zu Tbeil werden lassen. Weiter gedachte der Voifitzende u A. des äußerst wertbvollen Geschenks des Heirn Karl Künne in Charlottenburg, welcher der Gesellschaft seine namentlich an Americana reiche Büchersammlung, 504 verschiedene Werke in 602 Bänden, als Geschenk überwiesen hat.
Dr. Erich von Drygalskisprach sodann über seine Vorexpe⸗ dition nach Grönland im Sommer 1881. Grönlands Inlandeis und seine Gletscher bieten den nächsten Vergleich ju den Verdältnissen dar, wie sie noch in der jüngsten geologischen Vergangenheit für den größten Theil Deutschlands vorausgesetzt werden müssen, als die Gletscher Skandinaviens bis zum Harz und dem Riesengebirge vor— gedrungen waren. Will man die näheren Umstände erforschen, unter denen die Bewegung so gewaltiger Eismassen erfolgte, so wird man seine Studien nicht an den verbältnißmäßig so kleinen unzu— sammenhängenden Gletschern der Alpen, sondern an denen Grönlands machen müssen, die in direktem Zusammenbange mit der ca. 30 00 Quadratmeilen großen Eisbedeckung des Innern stehen und in ibrer Bewegung, die eine in den Alpen unerbörte Geschwin⸗ digkeit von 10, 20 ja 30 m am Tage erreicht, die Kraftäußerung des Inlandeises selbst darstellen.
Die Hauptaufgabe der Expedition, die wit Unterstützung der Gesellschaft für Erdkunde, der Karl Ritter ⸗ Stiftung und des Herrn General Konsuls Schönlank geplant ist, und zu der auch Seine Majestät der Kaiser Wilbelm II. einen nambaften Betrag zu spenden gerubt hat, war also, die Bewegungkverhältnisse der Eismassen Grön⸗ lands und ihre vhysikalischen Grundbedingungen ein Jabr lang zu studiren. Da es aber unmöglich war, auf den Schiffen des . Grön— ländischen Handels“, die von Kopenhagen aus den Verkebr mst der Kolonie unterbalten, bereits in diesem Jabr die für eine Ueberwinterung in polaren Gegenden notbwendige umfangreiche Ausrüstung zu befördern, und weil es ferner wünschenswerth er— scheint, zunächst an Ort und Stelle eine Entscheidung über den Ott der anzulegenden Station zu treffen, um später obne Zeitverlust vorgehen zu können, wurde beschlossen, im Sommer 1891 für diesen Zweck zu nächst eine Vorexpedition zu unternebmen. Diese verließ Kopen hagen mit Segelschiff am 3. Mai und erreichte Jacobsbavn am 16. Juni. Nach einem kurzen Besuch des dortigen großen Gletschers, dessen Rand seit den 1879 vorgenommenen Messungen keine welent lichen Verschiebungen erlitten bat, brach die Expedition am 20. Juni durch das Vaigat nach dem Umanakfsord auf. Umanak wurde am 29. Juni mit einem grönlän dischen Weiberboot erreicht, und von bier
auß wurden verschiedene Seitenfjorde besucht und die dort mündenden
Gletscher zum Theil bi zum Rand des Inlandeises bestiegen. Als beste Stelle für die im Sommer 1892 zu errichtende Station wurde der Store Karajaks Isbrae erkannt. Am 28. Juli wurde von Umanak aus auf einem Dampfer die Rückreise angetreten und am 18. September Kopenhagen wieder erreicht. Redner knüpfte an die Schilderung seiner Beobachtungen und Erlebnisse eine interessante Darstellung der jetzigen Bewohner Grönlands, die eine starke Mischung mit europäischem Blut erkennen lassen. Die Grönländer sind genügsame, willige Leute, denen Kaffee und eine Pfeife Taback der höchste Genuß ist.
Dr Bageßler sprach sodann über seinen kurzen Besuch von Atjieh In Folge des fortdauernden hartnäckigen Widerstandes, den die Atjiehleute den Holländern entgegensetzen, und namentlich auch in Folge der enormen Verluste, welche die Beri⸗Beri⸗Krankheit den holländischen Truppen alljährlich zufügt, haben die Holländer in neuerer Zeit diesen Feinden gegenüber eine mehr abwartende Stellung eingenommen; an Stelle der früheren Militärgouverneure sind Civil“ beamte getreten; und man sucht mehr den jetzigen Besitz zu erhalten, als neue Eroberungen zu machen. Manche der früberen Forts, Bentings genannt, sind aufgegeben, und die übrigen werden den jetzigen Anforderungen der Hygiene entsprechend umgebaut. Luftige Baracken hinter festen Zäunen aus Planken und Drabtgittern werden errichtet, nirgends fehlt ein vortrefflich eingerichtetes Lajareth, Lauf— gräben umziehen die befestigten Plätze, auf den erböhten Bastionen drohen Geschütze, und mächtige Blendlaternen beleuchten ia der Nacht das Vorterrain. Redner besuchte die Orte Analabu an der Westküste und Oleh leh an der Nordküste Atjtehs und fuhr von letzterem Ort mit der kurzen Eisenbahn in 10 Minuten nach Kota-⸗Radjah, der ebe—⸗ maligen Hauptstadt der Sultane von Atjieh, die noch ihre beiligen Gräber birgt Diese sind das Ziel vieler wallfahrenden Atjiebleute, denen die Regierung gegen Erlaubnißschein auch jederzeit den Eintritt in den Kraton gestattet
Charakteristisch für die Sicherheitszustände ist es, daß die Fenster der Waggons der genannten Eisenbahn aus Stablplatten mit Luft— löchern bestehen, da auf die Zuge häufig geschossen wird, und daß selbst der Verkehr der Holländer mit den sogenannten befreundeten Atjiehdörfern ein ungemein vorsichtiger ist. Nur unter starker Be— deckung und unter den größten Vorsichtsmaßregeln wagen es die Be— amten, die in der Nähe der Korts belegenen Kampongs der befreun—= deten! Häuptlinge die zuweilen sogar mit holländischen Orden ge— schmückt sind, auf kurze Zeit zu betreten Die „befreundeten“ Dörfer sind ihrerseits wieder in beständiger Gefahr, von den eigenen, den Holländern offen feindlich gesinnten Landsleuten, aus Rache für ihre friedlichere Haltung den Stammesfeinden gegenüber angegriffen zu werden. Diese Kampongs sind daher stark befestigt, auf Wachthürmen srähen Tag und Nacht Posten auf herannahende Feinde aus, und oft sind die einzelnen auf Pfäblen stehenden Häuser der Dörfer wieder besonders befestigt. Da die sog. befreundeten Atjiehleute sich in ibrer Tracht und Hausratb als schon sehr von der Kultur beleckt erwiesen und sich jeder Versuch, ins Innere vorzudringen, als undurckführbar zeigte, verließ Dr. Baeßler nach wenigen Tagen dieses ungastliche Land, das für seine ethnographischen Studien keine Aussichten bot und wo ein mit unfehlbarer Sicherheit geführter Hieb mit dem Klewang, dem einhbeimischen kurzen Schwert, schon manchem Europäer die Rück reise nach Europa erspart hat.
— Seine Königliche Hoheit der Prinz Max uzvon Sach sen, Sohn Seiner Königlichen Hoheit des General -Feldmarschalls Prinzen Georg, hat, wie die ‚Lpz. Itg' meldet, gestern Nachmittag auf der Universität Leipzig sein juristisches Doktorexamen glänzend bestanden
Land- und Forstwirthschaft.
Das Königlich preußische Landes-⸗-Oekonomie⸗Kollegium, das demnächst zu seiner diesjährigen Plenarversammlung zusammen⸗ tritt, wird sich u. A. mit einem Antrage des landwirthfchaftlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen beschäftigen, der eine Umwandlung der landwirthschaftlichen Centralvereine oder ihrer Vorstände in Landwirthschaftskammern mit dem Recht begrenzter Besteuerung der Landwirthe ihres Be— zirks, nach Analogie der Handelskammern, verlangt. Ueber diefen Antrag, dem auch der Vorstand der Vereinigung der Steuer— und Wirthschaftsreformer sich angeschlossen hatte, haben sich jetzt auf Ersuchen des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten die landwirthschaftlichen Centralvereine geäußert, und zwar der Mehrzahl nach in ablehnendem Sinne.
Einen weiteren Gegenstand der Berathung wird die Förderung der Viehzucht bilden. Es hat in dieser Sache unter dem Vorsitz des Unter⸗Staatssekretärs, Wirklichen Geheimen Raths Dr, von Marcard eine Sachverständigen-⸗Kommisston getagt, die zu folgendem Ergebniß gelangt ist: „Es empfiehlt sich, die Verwendung staatlicher Mittel, jedoch selbstredend unter Berücksichtigung der besonderen Ver hältnisse und Bedürfnisse in den einzelnen Landestbeilen und vor— bebaltlich einzelner besonderer Verwendungszwecke auf folgende Punkte zu konzentriren: 1) zu Prämiirungen, 2) zum Ankauf von Zuchtoieh, 3) zur Unterstützung zielbewußter Züchtung einheitlicher Rassen durch Beihülfen zum Ankauf und zur Unterhaltung von Stationsbullen, durch Unterstützung der Zuchtverbände, durch Bei⸗ hülfen jur Abhaltung von Zuchtmärkten und Zuchtverbandfchauen, 4) zur Unterstützung der landwirtbschaftlichen Vereine Behufs Tragung der Kosten der Ausstellung von Kollektionen guten Zuchtviebs auf größeren nicht im Vereinsgebiete liegenden Ausstellungen, 5) zur Prämiirung verbesserter Stalleinrichtungen und zur Gewätrung von Prämien für rationelle Aufzüge und Pflege des Viehs, 6) zur Er— richtung von Bullenstationen, 7) zur Bildung von Stammbeerden, 8) zur Anlage von Handbüchern und 9) zur Unterstütz ung des Molkerei⸗ wesens.“
Einen ferneren Gegenstand wird die Lungenseuche⸗ Im pfung bilden. Die technische Deputation für das Veterinätwesen hat sich in einem Gutachten vom 26. Juni d. J. dafür ausgesprochen, daß die Polizeibebörden gesetzlich ermächtigt werden, nach Ausbruch der Lungenseuche bei den der unmittelbaren Gefahr der Ansteckung ausgefetzten gesunden Thieren die Langenseuche⸗ Impfung in der durch besondere Vor— schriften geregelten Art anzuordnen und durch geeignete Sachverständige ausfübren zu lassen. Außer diesem Gutachten haben sich noch Geheimer Regierungs- Rath. Müller, Regierungs⸗Rath Röckl und Geheimer Medizinal⸗ Rath Professor Dr Virchow zutachtlich geäußert. Der Gebeime Regierungé-Rath Müller kommt zu dem Ergebniß: den Viebbesitzern zu empfeblen, von der Nothimpfung der Lungen— seuche nach dem durch die Versuche ermittelten Verfahren Gebrauch zu machen, von einer volizeilichen Anordnung der Noth impfungen jedoch bis zur Sammlung eines reicheren Er— sahrungsmaterials über die Erfolge dieses Verfabrens in der Praxis Abstand zu nebmen. Die Ausfübrung von Präkautions—⸗ Impfungen dürfte in allen Fällen dem Ermessen der Viebbesitzer zu überlassen sein. Der Regierungs⸗-Rath Roeckl vermag in der obli— gatorischen Impfung ein veterinär - polizeilibes Mittel zur Be⸗— kämpfung der Seuche nicht zu erblicken und auch gegen die Impfung selbst gewisse Bedenken nicht zu unterdrücken. ‚„Abgesehen von den Verlusten an Thieren, Schwanzenden und dergleichen, so bemerkt der Gutachter, wird bei der Impfung nicht verseuchter Bestände ein Krankbeitsstoff in eine Oertlichkeit bineingetragen, die vorber vielleicht frei davon war. Der anscheinend gelungene Impfungsversuch an 25 Thieren mit kalter Lymphe genügt nicht, um weitergebende Schlüsse binsichtlich der absoluten Schutzkraft der Impfung zu rechtfertigen. Der Umstand, daß es nicht gelang, geimpfte Thiere durch absichtliche Ansteckung seuchenkrank zu machen, bildet gleichfalls keinen Beweis
für die Schutzkraft der Impfung, weil negatigen Versuchsergeb⸗ nissen eine Beweiekraft nicht zukommt.!‘ Der Geheime Medtzinal⸗ Rath Dr. Virchow äußert sich in seinem Gutachten: Ich neige mich dem Schlußgutachten des Herrn Geheimen Re⸗ gierungs Raths Müller zu: vorläufig die Benutzung der neuen Er⸗ fabrungen den betheiligten Besitzern zu empfehlen und sie darin von Staatswegen soriel als möglich zu unterstützen, dagegen von dem Erlaß obligatorischer Polizeiverordnungen abjusehen, inzwischen aber die bisherigen Bestimmungen über das Tilgungeverfahren mit größter