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choleraverdächtigen Erkrankungen, welche am 31. v. M. tödtlich verlaufen ist, als asigtische Cholera bakteriologisch festgestellt ist. — Ferner ist am 31. Oktober er. der Arbeiter Kolodzinski in Rothhof, Kreis Stuhm, und am 9. d. M. die Frau Peckruhn in Kurzebrack, Kreis Marienwerder, unter cholera⸗ verdächtigen Erscheinungen verstorben. In beiden Fällen ist bakteriologisch asiatische Cholera festgestellt Danzig, den 16. November 1892. Der Staatscommissar für das Weichselgebiet. Ober ⸗Präsident, Staats⸗Minister von Goßler.
Aichtamtliches.
Deutsches Reich. Breuß en. Berlin, 17. November.
Seine Majestät der Kaiser und König empfingen gestern um L/ Uhr zum Frühstück den General⸗-Adjutanten, General⸗Lieutenant von Lindequist und um 8 Uhr zur Abend⸗ tafel den Oberst-Lieutenant Freiherrn von Schele, den Adju⸗ tanten der Kaiserlichen 3 Lieutenant von Tetten⸗ born und den Wirklichen Geheimen Rath, Professor von Helmholtz. .
Heute empfingen Seine Majestät Vormittags um 101 / Uhr den Vice⸗Ober⸗Jägermeister von Heintze zum Vortrag, darauf um 11 Uhr den Kriegs⸗Minister von Kaltenborn⸗Stachau und den Chef des Militärcabinets, General von — 5 und um 12169 Uhr den württembergischen Militär⸗Attachs, Obersten und Flügel-Adjutanten Freiherrn von Watter.
Der Bundesrath genehmigte in der am Dienstag unter dem Vorsitz des Vice-⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boettich er abgehaltenen Plenarsitzung die Entwürfe zum Reichshaushalts-Etat für 1893,94: über den Reichs⸗Invalidenfonds, über die Einnahmen an Zöllen, Verhrauchssteuern und Aversen, über die Einnahmen an Stempelabgaben, der Post-⸗ und Telegraphenverwaltung, der Verwaltung der Eisenbahnen, der Reichs ⸗Justizverwaltung, für den Reichskanzler und die Reichskanzlei, des Auswärtigen Amts, des Reichsamts des Innern, des Reichs-Schatzamts, des Reichs-Eisenbahnamts, des Rechnungshofs und der Reichs⸗ druckerei. Der Antrag Bayerns, betreffend den Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung der Gewerbeordnung (Gewerbe⸗ betrieb im Umherziehen), wurde den Ausschüssen für Handel und Verkehr und für Justizwesen überwiesen. Dem An— trage, betreffend die Abänderung der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands, und dem Entwurf einer vom Reich mit der österreichisch-ungarischen Regierung zu treffenden Vereinbarung erleichternder Vorschriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen den Eisenbahnen Deuischlands einerseits und Oesterreichs und Ungarns andererseits rück⸗ sichtlich der bedingungsweise zur Beförderung zugelassenen Gegenstände wurde die Zustimmung ertheilt. Einer Eingabe wegen Herstellung einer Bezirks⸗Fernsprecheinrichtung für Köln ö. Umgegend beschloß die Versammlung keine Folge zu geben.
In der Provinz Hannever wird von den mit der Beauf— sichtigung des Feuerversicherungswesens betrauten Be— hörden bei der Einforderung von Gebäude-Taxen nicht gleichmäßig verfahren. Zwar wird in den meisten Kreisen die Vorlegung neuer Taxen nur dann verlangt, wenn seit deren Aufnahme ein größerer Zeitraum von etwa 10 Jahren verstrichen ist, oder wenn besondere Gründe die Anwendung erhöhter Vorsicht erheischen. In anderen Kreisen fordern die Behörden dagegen in jedem Falle von Gebäudeversicherungen bei Privatgesellschaften die Beibringung neuer Taxen. Dieses letztere Verfahren erscheint durch das Bedürfniß der Ueberwachung des privaten Feuer⸗ versicherungswesens nicht geboten. Vielmehr kann durch eine der— artig rigorose Ausübung der polizeilichen Präventivcontrole der Schein erweckt werden, als ob das staatliche Aufsichtsrecht gegen die privaten Feuerversicherungsgesellschaften zur Beqünstigung der
öffentlichen Feuerversicherungsgesellschaften gemißbraucht werde.
Um einer dahin gehenden unrichtigen Annahme der Betheiligten vorzubeugen, sind die Regierungs⸗Präsidenten der Provinz durch Erlaß des Ministers des Innern vom 8. November an— gewiesen worden, die ihnen unterstellten Behörden anzuweisen, bei der Feuerversicherung von Gebäuden bei einer Privatgesell⸗ schaft die Vorlegung neuer Taxen künftig nur in solchen Fällen zu verlangen, wo entweder die Taxen schon vor längerer Zeit aufgenommen find, oder besondere Gründe vor⸗ liegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der zeitige Werth der Gebäude dem durch die frühere Taxe ermittelten Werth nicht mehr entspricht.
Der Königlich großbritannische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Sir Edward B. Malet hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungirt der Erste Botschafts-Secretär Hon. P. le Poer Trench als Geschäftsträger.
Der französische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Herr Jules Herbette ist von Urlaub nach Berlin
zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Botschaft wieder über⸗ nommen.
Der Königliche Gesandte in Oldenburg Graf von der Goltz ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗ schaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Bürgermeister der freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli ist hier eingetroffen.
S. M. Schiffsjungen⸗Schulschiff 2 Commandant
Capitän zur See Riedel, ist am 16. d. in Corfu ein⸗ getroffen und beabsichtigt, am 9. Januar 1893 nach Alexandrien in See zu gehen.
Sachsen.
Das „Dresdner Journal“ schreibt: „Es sind in letzterer Zeit in verschiedenen Tagesblättern Gerüchte in Umlauf gesetzt worden, daß an maßgebendster Stelle in Sachsen der Militärvorlage keinerlei Sympathien entgegengebracht würden. Diese Gerüchte entbehren, wie wir mit Bestimmtheit aussprechen können, jeder Begründung.“
Baden.
Karlsruhe, 16. November. Die außerordentliche Genergl⸗Synode hat gestern ihre Sitzungen beendigt. In der Schloßkirche fand sodann der feierliche Schlußgottesdienst statt, dem auch Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin beiwohnten.
Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwerin, 16. November. Der Landtag ist, wie die „Meckl. Nachr.“ melden, 5 Nachmittag 1 Uhr in her— kömmlicher Weise in Malchin eröffnet worden. Anwesend waren etwa 80 Ständemitglieder. Als Schwerinsche Com⸗ missarien waren erschienen der Staats-Minister von Bülow und der Staatsrath von Bülow, als Strelitzscher Commissarius der Kammer-Director von Engel.
Oldenburg.
(H) Oldenburg, 16. November. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog vollendet heute sein 49. Lebensjahr. Die Stadt hat zur Feier des Tages reichen Flaggenschmuck angelegt.
Sachsen⸗Altenburg.
Altenburg, 16. November. Der Landtag g ist gestern durch den Staats-Minister von Hellͤdorf eröffnet worden. Das von ihm dabei verlesene Propositionsdecret entwirft der Magd. Ztg.“ zufolge ein weniger günstiges Bild von der finanziellen Lage des Staats, als es die abgelaufene Finanz⸗ periode dargeboten hat. Der Ueberschuß der Herauszahlungen seitens des Reichs über die zu leistenden Matricular⸗ beiträge stellt sich wesentlich niedriger als bisher, während die Durchführung der neueren Reichsgesetzgebung, die noth— wendige Mehreinstellung von Beamten bei der Justizverwaltung, die Einstellung der in der letzten Session den Beamten der niederen Gehaltsklassen gewährten außerordentlichen Bei— hilfen als dauernde Gehaltsaufbesserungen, die beab— sichtigte Verbesserung der Besoldungsverhästnisse der Volks— schullehrer und akademisch gebildeten Lehrer erhöhte Auf— wendungen erfordern. Darauf bezügliche Vorlagen sind dem Landtag bereits unterbreitet; an sonstigen Gesetzentwürfen wurden vorgelegt eine Novelle zur Notariatsordnung, durch die rücksichtlich der Zuziehung von Zeugen bei Notariatsacten die Gesetzgebung mit den größeren Nachbarstaaten in Ein— klang gebracht wird, ferner Vorlagen wegen Gewährung von Entschädigungen für Viehverluste infolge von Milzbrand und Rauschbrand, über Neubauten für das Landkrankenhau und das Genesungshaus in Roda, und über Aufnahme der Geistlichen und Volksschullehrer zur Wittwensocietät mit ihrem vollen Einkommen.
Lippe.
Detmold, 15. November. Unter den dem Landtag bereits zugegangenen Vorlagen ist namentlich der Gesetz— entwurf über die staatliche Einkommensteuer zu er— wähnen. Es sollen danach, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die kleinsten Einkommen unter 400 s6 steuerfrei bleiben; die Steuer auf Einkommen bis 3000 6 bleibt ungefähr dieselbe wie bisher, die Einkommen über 3000 S6 werden stärker besteuert als bisher. Einzelsteuernde, die mehr als 1800 6 Einkommen haben, müssen sich einen Zuschlag von 10 Proc. gefallen lassen; da⸗ gegen werden bei Einkommen bis zu 3000 M für jedes Kind unter vierzehn Jahren 50 S des Einkommens abgezogen, bei drei oder mehr Kindern findet eine Ermäßigung um eine Stufe statt. Bei besonderen wirthschaftlichen Verhältnissen, welche eine Minderung des Einkommens zur Folge haben Krankheiten, Verschuldung, Unglücksfälle, Unterhalt der Kinder u. s. w.), kann eine Ermäßigung der Steuer um höchstens drei Stufen eintreten, und zwar bis zu einem Einkommen von 4800 S Die Selbsteinschätzung tritt schon bei 1800 6 ein. Das neue Gesetz soll zuerst bei der Veranlagung für das Jahr 1894 in Wirksamkeit treten. Eine weitere Vorlage betrifft die Aufhebung eines Theiles des Schulgeldes in der Weise, wie diese schon 1891 und 1892 bestanden hat. Endlich ist noch der Etat der Land⸗ kasse für die Jahre 1893 und 1894 zu erwähnen. Danach beläuft sich 1893 die Einnahme auf 1153 000 S, die Aus— gabe auf 1140 000 6, 1894 Einnahme und Ausgabe auf 1148000 (
Samburg.
Dem Senat sind anläßlich des Hinscheidens des Bürger— meisters Dr. Petersen folgende Beileids-Telegramme zu— gegangen:
An den Senat der freien und Hansestadt Hamburg.
Neues Palais, den 16. November 1892.
Zu dem Verlust, welchen Sie durch den Tod des Bürgermeisters
Petersen erlitten, spreche Ich Ihnen Meine herzliche Theilnahme aus. Wilhelm. I. R.
An den Senat der freien und Hansestadt Hamburg.
. Berlin, den 15. November 1892.
Den Ausdruck seiner aufrichtigen, warmen Theilnahme an dem Verlust, den Hamburg und mit ihm das Reich durch den Tod des Bürgermeisters Petersen erlitten haben, bittet freundlich entgegen⸗ zunehmen Der Reichskanzler.
Graf von Caprivi.
Der Senat hat der Bürgerschaft gestern das Budget für 1893 zugehen lassen, das mit einem Fehlbetrage
von 4278 886 60 abschließt.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Der König von Rumänien und der Prinz Ferdinand gaben gestern bei den auswärtigen Botschaftern und dem papf' den Nuntius ihre Karten ab. Der König verweilte nahezu 1 Stunden auf dem Auswärtigen Amte beim Grafen Kälnoky. Dem zu Ehren der rumänischen Häste in der Hofburg veranstalteten Diner wohnten der Erzherzog Karl Ludwig, die Minister Graf Kälnoky und Graf Taaffe sowie der rumänische Gesandte Ghika mit dem Personal der Gesandtschaft bei. Abends besuchten der König und der Prinz Ferdinand in Begleitung des Kaisers
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das glänzend beleuchtete Hofburg-Theater. Der Kaiser saß zwischen dem König und dem Prinzen Ferdinand.
In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses beantwortete zunächst der Justiz⸗Minister Graf Schönborn die Interpellation des Abg. Dr. von Plener wegen der durch das Prager Schwurgericht er folgten Freisprechung des Tischlergesellen Bosak. Der Minister erklärte, dieser zweifellos bedauerliche einzelne Fall gebe noch keinen Anlaß zu Ausnahme⸗-Verfügungen; diese würden in Erwägung gezogen werden, wenn Fälle vor kommen sollten, welche die Besorgniß einer augenscheinlich nicht objectiven Rechtsprechung der Gerichtsbehörden wachzurufen geignet seien. Hierauf wurde der Antrag des Abgeordneten Lueger, das Haus möge über die Antwort des Unterrichts⸗ Ministers Dr. von Gautsch auf die Interpellation des Grafen Hohenwart über das Schulgebet bezw. das Kreuzzeichen der katholischen Schulkinder in eine Debatte eintreten, mit 105 gegen 47 Stimmen abgelehnt. Alsdann begann die General—⸗ debatte über das Budget für 1893, 1894.
Großbritannien und Irland. Den „Daily News“ zufolge dürfte das Parlament im
Januar zusammentreten.
Die irische National-Conföderation hat vorgestern eine Sitzung abgehalten, der zahlreiche Abgeordnete und katholische Geistliche beiwohnten. Der Abgeordnete Sexton, der an Stelle Mac Carthy's den Vorsitz führte, bemerkte, wie die A. C.“ berichtet, bei Beginn der Sitzung, daß die Conföderation gewissermaßen ein unbestätigtes Parlament bilde, das sich vereinige, um den Mitgliedern Gelegenheit zu geben, ihren Pflichten dem Lande gegenüber nachzukommen. Die von der Versammlung angenommenen Beschlüsse besagen u. a, daß die unverzügliche Einbringung und schleunige Durchführung der Home Rule⸗-Vorlage nothwendig sei; daß, wenn sich die Grund⸗ besitzer weigern sollten, die Conföderation die Pächter aus Gründen der Selbsterhaltung zur gemeinsamen Action zwingen werde; daß der „frivole“ Versuch Lord Salisbury's, Balfour's, der unionistischen Partei und ihrer Presse, die mit der Lage der ausgewiesenen Pächter beschäftigte Untersuchungscommission zu discreditiren und einzuschüchtern, noch bevor sie im rechten Zuge gewesen sei, am besten darthue, in welchem Lager man ich erwartenden Resultate und die Wahrheit am meisten ürchte.
. Nach dem „Daily Chronicle“ wären die Gerüchte, wonach die Regierung beschlsssen habe, Uganda zu behalten, zwar verfrüht, doch seien Aussichten vorhanden, daß die Regierung sich demnächst in die Lage versetzen werde, eine genauere Kenntniß von den Zuständen in Uganda zu erhalten. Demnach scheint es, als solle ein mit besonderen Vollmachten aus⸗ gestatteter Commissar dorthin gesandt werden, um eine nähere Untersuchung der Verhältnisse vorzunehmen.
Frankreich.
Vor Beginn der gestrigen Sitzung der Depu tirten— kammer, auf deren Tagesordnung der Gesetzent wurf über die Presse stand, fanden Fractionsberathungen mehrerer Gruppen statt, doch faßten, wie „W. T. B.“ berichtet, nur die royalistische Rechte und die liberale Union den be— stimmten Beschluß, gegen das Gesetz zu stimmen. Die Galerien waren bei Beginn der Sitzung überfüllt. Der Depu⸗ tirte Laguerre (radical) bekämpfte den Gesetzentwurf als unnütz und gefährlich. (Beifall auf der äußersten Linken.) Der Berichterstatter Lasserre wies auf die Nothwendigkeit hin, die in dem gegenwärtigen Preßgesetze vorhandenen Luͤcken auszufüllen. (Vereinzelter Beifall im Centrum) Der Depu⸗ tirte de Mun (Rechte) führte aus, daß die gegenwärtige Lage das Resultat der antireligiösen Erziehung sei, die der Be— völkerung gegeben werde. (Beifall auf der Rechten, Wider⸗ spruch auf der Linken) Der Conseil-Präsident Loubet bestritt dem Deputirten de Mun gegenüber, daß die Regierung den officiellen Atheismus predige und das religiöse Gefühl zu zerstören suche; die Republik unterdrücke die Religion nicht, sie respectire die Glaubensfreiheit. Nach einer Erwiderung des Deputirten Grafen Douville⸗-Maille feu, der die Deputirten der Rechten in heftiger und gröblicher Weise angriff und sich dadurch einen Srdnungsruf zuzog, nahm der Deputirte Deschapel (Nepublikaner) das Wort, um nachzuweisen, daß das Gesetz nothwendig sei. Die Sitzung wurde hierauf suspendirt. Nach Wiederaufnahme der Sitzung bekämpfte der Deputirte Robert Mitchell (Bona— partist) den Gesetzentwurf, der ein Attentat der Anarchisten in keiner Weise verhindern werde. Der Deputirte Clausel de Coussergues sprach für den Gesetzentwurf. Die Fortsetzung der Berathung wurde sodann auf morgen vertagt.
Die Budgetcommission berieth gestern Vormittag den Gesetzentwurf über die Reform der Getränkesteuer. Der Generalberichterstatter für das Budget Poincarrs erklärte, daß er das von Turrel eingebrachte Amendement bekämpfen müsse und daher seine Demission als Generalberichterstatter anbiete. Die Commission lehnte die Annahme der Demission einstimmig ab.
Im Monat Oktober betrug die Einfuhr Frankreichs 318 Millionen Francs gegen 428 Millionen Francs im Vor⸗ jahre, die Aus führ 290 Millionen Franes gegen 321 Millionen Francs im Vorjahre.
Der Polizeigerichtshof von Bow Street in London, dem der Anarchist Frangois gestern wieder vorgeführt wurde, hat nach längerem Verhör das Auslieferungsgesuch der französischen Regierung genehmigt. Frangçois hat gegen diesen Beschluß Berufung eingelegt.
Entgegen den in Nr. 270. des „R- u. StA.“ gebrachten Nachrichten des „Reut. Bur.“, wonach der Sultan von Marokko mit dem französischen Gesandten Grafen d' Aubigny nicht ferner unterhandeln wolle, ist jetzt in Paris die Meldung aus Tanger eingetroffen, Graf d'Aubigny habe von dem Sultan die Concession für Straßen- und Wasserleitungs⸗ bauten, sowie für die Errichtung von Schlacht⸗ häusern in Tanger erhalten. .
Der „Eclair“ versichert, der Marine-Minister habe am , eine Depesche des Generals Dodds erhalten, worin ihm dieser mittheile, daß er gezwungen sei, das Eintreffen von Verstärkungen abzuwarten, . er den Angriff auf die vor Abomey concentrirte Armee des Königs von Dahomey unternehmen könne. Diese Verstärkungen dürften aber kaum vor Mitte nächsten Monats an . Bestimmungsorte eintreffen, da die Transportschiffe „Tibet“ und „Pelion“, welche die „Ablösungstruppen“ nach Dahomey bringen sollen, erst am 18. November Bordeaux verlassen und voraussichtlich am 19. d. M. in Philippeville (Algier) die Fremdenlegion an Bord nehmen würden.
Spanien. Dem Kronprinzen von Portugal ist der Orden vom goldenen Vließ verliehen worden.
Belgien.
Der König hat gestern eine Deputation des Senats empfangen, welche die Antwort⸗Adresse auf die Thronrede überreichte. In seiner Erwiderung äußerte der König dem W. T. B.“ zufolge: „Die Sorge für die Größe und die Wohlfahrt des Vaterlandes hat Sie stets bei Ihren Arbeiten geleitet. Das Land kennt Ihre auf dieses Ziel gerichteten Bemühungen. Ich danke dem Senat für die von ihm gehegten loyalen Gefühle und für die Unterstützung, die er der Regierung zu theil werden läßt“.
Amerika.
Der Einwanderungs-Commissar hat, nach einem Telegramm des „W. T. B.“ aus New⸗-⸗York, angeordnet, keinen Einwanderer durchzulassen, der nicht mit einer Eisen⸗ bahnfahrkarte, einem Gepäckschein und 10 Dollars Geld ver⸗ sehen sei. Infolge dessen wurden vorgestern 200 Einwanderer nach der Controlstation auf Ellis Island gebracht. Die Ein—⸗ wanderer sowie die Vertreter der Eisenbahn- und der Dampf⸗ schiffahrtsgesellschaften protestirten energisch, jedoch vergeblich, dagegen. Die Gesellschaften beabsichtigen die Angelegenheit vor Gericht zu bringen.
Afrika.
.Die unter dem Befehl des Majors Benson am 10. d. M. von Suakim aufgebrochene Expedition ist, wie das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, am 15. dorthin zurückgekehrt, nachdem sie in Sinkat und Erkowiet gewesen, aber nirgends auf Derwische gestoßen ist Osman Digma steht jetzt in Amet, wo er einige Verstärkungen an sich gezogen hat. Er soll die Absicht haben, gegen die dortigen Araber, die sich weigern, sich ihm anzuschließen, Gewalt anzuwenden. General Kitchener ist am 15. von Tokar wieder in Suakim ein— getroffen.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Hause der Abgeordneten ist der Rechenschafts⸗ bericht über die weitere Ausführung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Consolidation preußischer Staats—⸗ Anleihen, zugegangen. Nach dem Rechenschaftsbericht vom No— vember 1891 belief sich der Betrag der älteren zu consolidirenden 4 00 Staats⸗Anleihen noch auf 12159 150 S Eine Consolidation hat seitdem nicht stattgefunden: es sind aber durch baare Einlösung von der Staats⸗Anleihe von 1868 X am 1. Januar 1892 1714 350 . und am 1. Juli 1892 1748 550 6, zusammen 3 462 900 M abge— gangen, wodurch sich der Betrag auf 8 696 2560 M ermäßigt hat.
Kunst und Wissenschaft.
In der Festsitzung der Königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften zu Ehren ihres Protectors, Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten Luitpold, am 15. d. M., ist, wie schon telegraphisch gemeldet, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Therese von Bayern, einzige Tochter des Prinz⸗Regenten, zum Ehrenmitgliede der Akademie ernannt worden. Der Präsident Geheime Medizinal Rath Dr. von Pettenkofer theilte diese Auszeichnung den versammelten Mitgliedern in folgender Form mit: „Ich habe heute zunächst als Präsident die Wahl eines Ehrenmitgliedes zu verkünden, und zwar — was bisher noch nicht dagewesen ist — eines weiblichen. Nach den zur Zeit gültigen Gesetzen können Frauen nicht Miiglieder einer der drei Klassen der Akademie werden, auch nicht wenn sie sich in einer Fachwissenschaft vor Männern hervorgethan haben. Anders liegt es bei den Ehrenmitgliedern. Die Constitutionsurkunde der Königlichen Akademie der Wissen⸗ schaften vom 1. Mai 1807 bestimmt, daß zu Ehrenmitgliedern Persönlichkeiten gewählt werden können, „welche nach ihren Verhält— nissen die Bedingungen zu ordentlichen Mitgliedern nicht erfüllen, aber sonst durch Rang oder andere äußere Verhältnisse, verbunden mit wissenschaftlichen Kenntnissen und Liebe zu den Wissenschaften, zur Beförderung der Zwecke der Akademie beitragen können. Es konnte uns nur erfreulich sein, eine Dame von hohem Range, aus dem Hause Wittelsbach zu wissen, welche alle diese Vor⸗ bedingungen in reichem Maße erfüllt hat. Sie hat durch ausgebreitete gründliche Sprachstudien, durch Anlage werth— voller naturwissenschaftlicher Sammlungen, wovon sie interessante Stücke auch den wissenschaftlichen Sammlungen des Staats ein— verleibte, nicht nur die große Liebe zu den Wissenschaften schon gezeigt, sondern ist auch literarisch unter dem Pseudonym Th. von Bayer durch Beschreibung ihrer Reisen nach Norwegen, in den Polar kreis und nach Rußland hervorgetreten. Gegenwärtig arbeitet die hohe Dame wieder an einem großen Reisewerk über Brasilien. Die Gesammt⸗Atademie wählte demnach Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Therese von Bayern zum Ehrenmitgliede.“ — Hierauf verkündeten die drei Klassensecretäre die (ebenfalls schon telegraphisch zum theil gemeldeten) für ibre Klassen vollzogenen und von dem hohen Protector bestätigten Wahlen, nämlich: A. Als ordentliche Mitglieder: Für die mathematisch -physikalische Klasse: Dr. Karl Göbel, ordentlicher Professor für Botanik an der Univer— sität München, Conservator des botanischen Gartens und des pflanzen⸗physiologischen Instituts daselbst, Dr. Walther Dyck ordent⸗ licher Professor für Mathemathit an der Technischen Hochschule in München, bisher außerordentliches Mitglied, Johann Bauschinger, ordent— licher Professor für technische Mechanik und graphische Statik an der Technischen Hochschule daselbst; B. als außerordentliche Mitglieder für die historische Klasse: Mofessor Dr. Alfred Dove, z. 3. Heraus— geber der „Allg. Ztg.“ in München, Professor Dr. Ludwig Qu idde, . der deutschen Reichsacten daselbst; 9. als auswärtige
öitglieder: für die philosophisch-philologische Klasse: Viggo Fausböll,
rofessor des Sanskrit an der Universität Kopenhagen, Dr. August Les ken, ordentlicher Professor für slavische Sprachen an der Universität Leipzig, Dr. Hermann Paul, ordentlicher Professor für deutsche Sprache und Literatur an der Universität Freiburg im Breisgau; D. als correspon- dirende Mitglieder; für die philosophisch philologische Klasse; hr. Bern- hard Suphan, Vorstand des Goethe⸗Schiller-Archivs in Weimar, Dr. August Luchs, ordentlicher Professor für classische hhilgeen, an der Universität Erlangen, Dr. Adam Flasch, ordentlicher Professor für Archäologie an der Universität Erlangen; für die mathematis . kalische Klasse: Dr. Wilhelm För ster, ordentlicher Professor für Astro⸗ nomie und Director der Königlichen Sternwarte zu Berlin, Dr, Alexander Rol let, ordentlicher Professor für Physiologie und Histologie an der Universität Graz; für die historische Klasse: Geheimer Hofrath Dr. Richard Schröder, ordentlicher Professor für deutsches Privatrecht, Handels. und Wechselrecht an der Universität Heidelberg, Hofrath Lr. Karl von Amira, ordentlicher Professor für deutsches Recht, 3 und Völkerrecht an der Universität Freiburg i. Br., Dr. Graf
rlo Cipollg, ordentlicher Professor der Geschichte an der Uni⸗ versität Turin, A. L. Hermingard, Herausgeber der ‚Correspon- dance des Reformateurs“ in Lausanne.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Königlich preußisches Lan des-Oekonomie⸗Collegium.
Nachdem wie schon mitgetheilt, der erste Absatz der Vorlage wegen Errichtung von Län , rf fch? ksta nm ern in der
gestrigen Sitzung des Landes⸗Oekonomie Collegiums genehmigt worden war, gelangten nach längerer Specialdkscussion auch die weiteren Theile in folgender Fassung zur Annahme:
Für diese Gesetzgebung empfieblt das Landes⸗Oekonomie⸗Collegium, von nachfolgenden grundlegenden Gesichtspunkten auszugehen:
Unter Landwirthschafteékamn er ist eine solche staatlich anerkannte Gesammtvertretung der Land⸗ und Forstwirthe eines bestimmten Be⸗ zirks verstanden, welche, aus Wahlen hervorgegangen, dazu berufen ist, bei allen landwirthschaftlichen Gesetzen gehört zu werden, die Gesammt⸗ interessen der Land⸗ und i erf. ihres Bezirks zu vertreten und durch zweckentsprechende Einrichtungen zu fördern. ;
Die Errichtung von Landwirihschaftskammern muß sich der be— stehenden landwirthschaftlichen Vereinsorganisation anschließen. Die Rechte und Pflichten einer Landwirthschaftskammer können solchen landwirthschaftlichen Centralvereinen übertragen werden, welche den Bezirk einer Provinz umfassen. Aus besonderen Gründen können ausnahmsweise bestehende landwirthschaftliche Centralvereine, welche sich nur auf Theile einer Provin; erstrecken, in Landwirthschafts⸗ kammern umgewandelt werden.
Die Umwandlung eines landwirthschaftlichen Centralvereins in eine Landwirthschaftskammer darf nur auf Antrag desselben erfolgen. Dem Antrage ist ein den Vorschriften des Gesetzes entsprechendes, ordnungsmäßig beschlossenes Verfassungsstatut anzuschließen. Der Entwurf des neuen Vereinsstatuts muß mindestens drei Monate vor der Beschlußfassnng dem angeschlossenen Haupt⸗ und Zweigvereine mitgetheilt und auf geeignetem Wege zur öffentlichen Kenntniß ge— bracht werden.
Ueber den Antrag des landwirthschaftlichen Centralvereins be⸗ schließt der Minister für Landwirthschaft. Das Statut und alle späteren Aenderungen desselben bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Be—⸗ stätigung des Ministers.
Durch das bestätigte Statut werden die Verfassung der Land— wirthschaftskammern und ihre Rechte und Pflichten festgestellt.
Die Mitglieder der Landwirthschaftsfammer werden gewählt. Die Wahl ist eine directe. Indirecte Wahlen sind ausgeschlossen. Jeder Landwirth, welchem durch das Statut eine Beitragspflicht auf— erlegt wird, ist, vorbehaltlich der in analogen Fällen üblichen Aus— nahmen, passiv wählbar und berechtigt, bei den Wahlen mindestens eine Stimme zu führen. Durch das Statut kann die passive Wähl⸗ barkeit auch nicht beitragspflichtigen Personen beigelegt werden.
Die Wahlbezirke für die Landwirthschaftskammern bilden die ihrem Bezirke angehörigen Kreise. Jeder Kreis soll in der Kammer durch mindestens ein Mitglied vertreten sein. Aus besonderen Gründen können ausnahmsweise mehrere Kreise zu einem Wahlbezirke verbunden oder einzelne in mehrere Wahlbezirke getheilt werden.
Die den vorstehenden Bestimmungen entsprechend errichteten Landwirthschaftskammern sollen ermächtigt sein, die Berufsgenossen innerhalb der gesetzlich festgestellten Grenzen zur Deckung der aus ihrer Thätigkeit entspringenden Kosten im Wege der Besteuerung heranzuziehen. Die Gesammtsumme der in einem Jahre zu erhebenden Beiträge darf ohne ausdrückliche Genehmigung des Ministers 5 0,9 der im Bezirke der Landwirthschaftskammer aufzubringenden Grundsteuer nicht übersteigen.
Mit der Verwandlung eines landwirthschaftlichen Centralvereins in eine Landwirthschaftskammer gehen das gesammte Aetiv⸗ und Passivpermögen des Vereins zu bestimmungsmäßiger Verwaltung und Verwendung auf die Landwirthschaftskam mer über.
Das Collegium richtet an den Minister schließlich die Bitte, in vorstehendem Sinne die Bildung von Landwirthschaftskammern ins Auge fassen zu wollen.“
Den folgenden Gegenstand der Tagesordnung bildete ein Antrag des Landwirthschaftlichen Vereins für Rheinpreußen auf gesetzliche Einführung landwirthschaftlicher Schiedsgerichte. Ritter— gutsbesitzer von Bem berg (Flamersheim, Rheinprovinz) befürwortete folgende Resolution: „Die gesetzliche Einführung von mit Land— wirthen zu besetzenden Sachverstäͤndigen⸗Gerichten zur Entscheidung in erster Instanz über landwirthschaftliche Streitigkeiten, ins— besondere über die aus nachbarlichem Besitzverhältnisse sich ergebenden Grenz⸗, Wasser⸗, Wegestreitiakeiten, entspricht dem Bedürfniß der Landwirthschaft. Der Herr Minister wird ersucht, den Erlaß eines entsprechenden Gesetzes mit möglichster Berücksichtigung der aus land⸗ wirthschaftlichen Berufskreisen hervortretenden Wünsche zu befördern.“ Der Präsident des Ober⸗Landesculturgerichts Glatzel (Berlin) be⸗ kämpfte den Antrag weil er dem Gerichtsverfassungsgesetz widerspreche und gegen den Grundsatz der Einheit der Rechtsprechung verstoße. Die verlangten Schiedsgerichte seien keineswegs mit den Gewerbe⸗Schieds—⸗ gerichten zu vergleichen. Letztere hätten nur thatsächliche Feststellungen zu treffen, d. h. zu entscheiden: ob das Arbeitsvertragsverhältniß ver⸗ letzt oder erfüllt sei. Zur Entscheidung von landwirthschaft— lichen Streitigkeiten, wie Grenz, Wege,, Wasserstreitigkeiten u. s. w. bedürfe es der Kenntniß des gesammten Rechts— gebiets. Laienrichter könnten durchaus in solchen verwickelten Streitigkeiten keine Entscheidung treffen. Er ersuche daher, den An— trag abzulehnen, bemerke aber: Wenn zahlenmäßig nachgewiesen wäre, daß es häufig vorkommende rein landwirthschaftliche Schwierigkeiten gebe, die gebildete Landwirthe entscheiden könnten, dann würde sich darüber discutiren lassen. — Die Fortsetzung der Debatte wurde als— dann auf heute vertagt.
Bei der Fortsetzung der Discussion in der heutigen Sitzung nahm zunächst Landrath König⸗-Lennep das Wort. Redner hielt die Einsetzung solcher Gerichte für zweckmäßig, auch wenn man ihnen nicht die endgültige Entscheidung übertrage, sondern in allen Fällen die Berufung zulasse, denn es würde in den meisten Fällen ein Vergleich zu er⸗ zielen sein. Daß das Gerichtsverfassungsgesetz geändert werden müsse, komme dabei nicht in Betracht. Daß auch juristische Fragen vorkommen könnten, sei kein Hinderniß; das komme bei den Gewerbe— gerichten auch vor, ohne daß daraus Schwierigkeiten entständen. Daß aus einem Vergleiche, der abgeschlossen ist, ohne daß die Rechtslage übersehen werden konnte, neue Streitigkeiten entstehen könnten, sei richtig; aber man könnte ja bestimmen, daß in einem solchen Falle die Sache an das ordentliche Gericht verwiesen werde. Director Bokelmann-⸗Kiel schlug vor, den Antrag dahin zu erweitern, daß auch die Streitigkeiten über Einfriedigungen diesen Gerichten unterstellt werden sollten. Freiherr von Hammerstein—⸗ Loxten führte aus: Die Wege⸗ und sonstigen Streitigkeiten seien deshalb so theuer, weil dabei meist Localtermine nothwendig seien, die sehr hohe Kosten verursachten. Vor solchen . sollte jeder bewahrt werden. Die Zahl der Grenz⸗ und
egestreitigkeiten vermehre sich mit der Zertheilung des Besitzes, die namentlich im Rheinlande weit vorgeschritten sei, sodaß es begreiflich erscheine, daß der Antrag vom Rheine komme. Vielleicht n , es sich, um solche Streitigkeiten zu vermindern, die Vorschrift zu erlassen, daß jeder, der eine Servitut auf fremdem Grund und Boden beanspruche, dies in das Grundbuch eintragen lassen müsse. Wenn man nicht allgemein solche er n gr, einsetzen wolle, dann solle man wenigstens da, wo sich das K heraus⸗ stelle, Vergleichsbehörden einsetzen. Bei Streitigkeiten auf dem Gebiete des Wasserrechts sollten zur ntscheidung eigentlich immer sachverstaͤndige Richter hinzugezogen werden. Deshalb wäre es bedauerlich, wenn die landwirthschaftliche Verwaltung diesen Antrag ohne weiteres ablehnen wollte. Der Antrag aus dem Rheinlande sei zu weitgehend; man möge sich einigen auf einen Antrag, der die Mißstände dem Minister vorführe und ihn um Er— wägung bitte, wie denselben abgeholfen werden könne.
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Stand der Saaten.
Die Ernteaussichten für das nächste Jahr sind im Regierungs⸗
bezirk Potsdam bis jetzt günstig. Die Herbstbestellung konnte zeitig beginnen und infolge des günstigen Wetters gut befördert werden, sodaß sie zum größten Theil vollendet ist. Der Stand der Saaten kann als ein erfreulicher bezeichnet werden.
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Nonne.
In den Forsten des Regierungebezirks Potsdam ist die Nonne fast ganz verschwunden. Dieser günstige Erfolg ist wohl einestheils dem Umstande zu verdanken, daß zahllose Raupen unter den Leimringen verhungert sind. Anderntheils war ein neuentdecktes Vertilgungsmittel, die Impfung mit einem vom Professor Pr. Hofmann in, Regensburg entdeckten Bacillus, dem Krankheitserreger der Schlafsucht', angewendet worden. Ob dieses Mittel wirklich den erwarteten Erfolg gehabt hat, ließ sich infolge des erwähnten Hungertodes der Raupen nicht sicher feststellen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungsẽ⸗ Maßregeln.
z Cholera. * ANeber den gestern erwähnten, mit Erfolg ausgeführten Versuch, Kommabacillen zu verschlucken, ohne dadurch an Cholera zu erkranken, über den der Geheime Medizinal⸗Rath von Pettenkofer in einem am Sonnabend im ärztlichen Verein zu München gehaltenen Vortrage berichtet hat, wird noch folgendes Nähere mitgetheilt:
Der Redner (Pettenkofer) hat, wie er ausführte, als Vertreter der Localisten, bereits vor vielen Jahren die Ansicht ausgesprochen, daß die Cholera durch das Zusammenpirken mehrerer Factoren, welche er als specifischen Cholerakeim, als Einfluß der örtlichen und zeitlichen Verhältnifse und als individuelle Disposition bezeichnete, verursacht werde, während die Anhänger Koch's, die Contagionisten, mit diesem selbst annehmen, daß der Cholerakeim, jetzt als Kommabacillus gefunden, nur mit der individuellen Disposition zusammen für sich den Choleraanfall veranlasse, den Einfluß der örtlichen und zeitlichen Disposition aber in Abrede stellen. Der Einfluß der örtlichen und zeitlichen Disposition auf die Entstehung der Cholera ergiebt sich aber ganz unzweifelhaft schon aus der Thatsache, daß es Orte giebt, welche stets oder zu gewissen Zeiten unempfänglich für Cholera sind, obwohl der Cholerakeim nachwe slich oft in dieselben eingeschleppt wurde und disponirte Individuen genug in denselben leben.
Daß der Kommabacillus für sich allein, wenn er mit Wasser oder Nahrungsmittel in den Magen und von da in den Darm ge⸗ langt, daselbst die Erkrankung hervorruft, welche wir als Cholera bezeichnen, ist durch Experimente bisher nicht bewiesen, weil Thiere, welche man zu solchen Experimenten gewöhnlich verwendet, für Cholera nicht empfänglich sind. Unanstreitbare, einwurfsfreie, expe⸗ rimentelle Infectionsversuche mit Kommabacillen können nur am Menschen gemacht werden, da dieser einzig von allen Geschöpfen auf der Erde an Cholera erkrankt. Sie dürfen aber nur an einem Orte gemacht werden, der entweder stets cholera⸗immun ist oder wenigstens augenblicklich cholera⸗ unempfänglich ist, weil sonst der Ein⸗ fluß der örtlichen und zeitlichen Dispositionen nicht beseitigt ist. Da München im Oktober dieses Jahres von Cholera frei blieb, obwohl viele Menschen aus Hamburg und. Paris dahin gereist waren, also zweifellos für Cholera nicht empfänglich war, entschloß sich Petten⸗ kofer, an sich selbst einen Infectionsvemrsuch mit Komma⸗ bacillen vorzunehmen, und nahm einen Kubikeentimeter einer frisch bereiteten Bouilloncultur von Komma baeillen, welche Professor Gaffky wenige Tage vorher aus Hamburg geschickt hatte, in einer Lösung von 1 Gramm doppeltkohlensauren Natrons in 100 cem Wasser zur Neutralisation der den Kommabaecillen gefähr⸗ lichen Magensäure zu sich. Pettenkofer sagt über dieses Experiment wörtlich: 5 . „Diesen Choleratrank, der wie reinstes Wasser schmeckte, nahm ich am 7. Oktober Morgens vor Zeugen zu mir. Einige waren bange für mich und erboten sich, wenn ich überhaupt durchaus wollte, sich für ihren alten Lehrer zu opfern: — aber ich wollte nach dem alten ärztlichen Grundsatze handeln: fiat experimentum in corpore vili. Selbst wenn ich mich täuschte, und der Versuch lebensgefährlich wäre, würde ich dem Tode ruhig ins Auge sehen, denn ich stürbe im Dienste der Wissenschaft, wie ein Soldat auf dem Felde der Ehre. Aber die Sache erschien mir gar nicht tragisch, denn ich war fest überzeugt, daß mich die Kommabacillen nicht umbringen können.“ Der Stuhlgang wurde darauf häufiger, zeitweilig stellte sich Gurren und Kollern in den Gedärmen ein, kein Brechdurchfall; sonst befand sich Pettenkofer wohl. Jede medicamentose Behandlung lehnte er ab. Die bakteriologische Untersuchung der Abgänge ergab, daß die Kommabacillen nicht nur in den Darm gelangt waren, sondern sich auch dort gewaltig vermehrt hatten. Am 17. Oktober trank Pro⸗ lessor Emmerich ebenfalls 0,1 cem einer 24 Stunden alten Komma⸗ bacillencultur in 190 cem 1 0 Natriumbicarbonat-Lösung, machte hinterher absichtlich Diätfehler und zeigte zwar eine etwas stärkere Diarrhö, aber sonst ein gutes Allgemeinbefinden. Wenn nun beide Versuchspersonen trotz der ungeheueren Menge von Bacillen, welche sie zu sich genommen hatten und welche in Wirklichkeit kein Mensch, der Kommabaeillen mit Speisen und Getränken in den Mund bringt, jemals aufnimmt, keine anderen Erscheinungen zeigten, als lediglich dünnflüssige Ausleerungen, während Cholerakranke die schwersten Krankheitssymptome aufweisen, die man sich denken kann, so sei man berechtigt zu folgern, daß der Kommabacillus wohl Diarrhöen, aber keinen Brechdurchfall, weder einen europäischen noch einen asiatischen erzeugen kann.
Belgrgd, 16. November. Gestern ist hier eine Person, die am 12. d. M. unter verdächtigen Symptomen erkrankte, an asiatischer Cholera gestorben. Außerdem ist noch ein zweiter verdächtiger Todes⸗ fall vorgekommen. Aus dem Barackenhospital sind die drei letzten Kranken als geheilt entlassen worden.
ö. Tür kei.
Die Bestimmung, wonach Herkünfte aus Triest in der Türkei einer fünftägigen Quarantäne unterworfen sind (vergl. R. A. Nr. 269 vom 12. 11. 92, ist dahin abgeändert worden, daß jene , , . nur noch einer dreitägigen Quarantäne in Corfu unter-
tegen und auf der Weiterreise während zwei Tagen von griechischen Quarantänewächtern begleitet werden müssen. . Columbien.
Die columbische Regierung hat angeordnet, daß diejenigen Pro⸗ venienzen in den Häfen des Freistaats zugelassen werden, welche mindestens zwanzig Tage unterwegs gewesen sind und ein konsula—⸗ risches Zeugniß darüber vorlegen, daß am Abfahrtsort innerhalb der letzten zehn Tage vor der Abreise kein Cholerafall vorgekommen ist. Schiff und Ladung unterliegen jedoch der Desinfection. Für Ham- burger Herkünfte ist den Provinzial⸗Gouverneuren der Erlaß zusäͤtz= licher Maßnahmen anheimgestellt. (Vergl. R. A.‘ Nr. 237 vom 26. September und Nr. 268 vom 11. November 1892.)
Theater und Musik.
; Deutsches Theater.
Gestern Abend gingen nach langer Pause neu einstudirt und aus— gestattet Schillers .- Räuber“ in Scene, um Herrn Kainz Gelegenheit zu geben, sich in der von ihm bisher noch nie gespielten Rolle des Franz Moor zu zeigen. Er brachte den feuflischen Charakter, das falsche gleißnerische Wesen, den rücksichtsl os nach dem Besitz des Vaters und des Bruders strebenden, vor keiner Mord, und Schandthat zurückschreckenden und später den von Gewissensbissen oder vielmehr den von unmännlicher Furcht vor der ihn ereilenden wohlverdienten Strafe gepeinigten Verbrecher mit einer so vollendeten Meisterschaft zur Geltung, daß die Zuschauer, fortgerissen von der künstleriichen Leistung, in dem Darsteller nicht mehr das verahscheuungswürdige 1. sondern nur den Künstler sahen, der durch weises Maßhalten auch in den schwierigsten Augen⸗ blicken einen reinen Genuß zu gewähren verstand. Das Interesse der Anwesenden richtete si deshalb fast ausschließlich auf ihn, der mehr noch als sonst bei dieser Vorstellung die sämmitlichen Mitspieler weit überragte. Der Karl Moor des Herrn . ch au dem äußere Erscheinung und kraftvolles Organ für diese Rolle wohr