Beschränkung der Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Gutsinventars owie die Ausdehnung des fakultativen Anerbenrechts auf die ganze
onarchie unter Gewährung von Kreditvortheilen für den in die Höferolle eingetragenen Gutseigenthümer betreffen.
Rittergutsbesitzer von Ploetz⸗Döllingen betont, daß die angestrebten Maßregeln auf dem Gebiet der Vererbung und Verschuldung nicht eeignet seien, den momentanen Nothstand der Landwirthschaft zu be—⸗ eitigen. Um letzteren zu kennzeichnen, führt er Beispiele der Ueber— schuldung aus Pommern, Posen, Westpreußen, aus der Provinz Sachsen, aus Waldeck an. Er nimmt Stellung zu den Ausführungen der Vorredner und kommt zu dem . daß er die Einführung des Anerbenrechts als Intestaterbrecht, eine fakultative Verschuldungsgrenze bei vortheilhafter Kreditgewährung und das Institut der Heimstätte empfiehlt. ; ;
Rittergutsbesitzer Wen dorffIdziechomo bei Gnesen stimmt dem General. Landschafts- Direktor Bon zu. Auch er ist der Meinung, daß eine gesetzliche Verschuldungsgrenze zu einer Monopolisierung des Grundbesitzes in der Hand leistungsfähiger Kapitalisten führe. Die Rentenform statt der hypothekarischen Verschuldung des Grund- eigenthums ist ihm genehm, doch wünscht er eine zeitliche Beschränkung der Rente auf 50 bezw. 20 Jahre, je nachdem sie bei sicherem oder unsicherem Kredit in Betracht kommt. Für alle in Aussicht ge⸗ . Maßregeln zieht er die obligatorische der fakultativen Ein⸗
rung vor. . — ; .
Geheimer Ober ⸗Regierungs⸗Rath Dr. Thiel⸗Berlin führt aus, daß eine Steigerung der Gutswerthe ausschließlich für die Gegenwart wirke, während eine dauernde Hilfe gegen die vorhandenen Mißstände in einem Steigen der Grundrente bei gleichzeitigem Fallen oder wenigstens Stehenbleiben der Immobiliarkaufpreise zu erblicken sei. Eine Beschränkung in der Vererbung und in der Verschuld⸗ barkeit des Grundbesitzes seien die zu diesem Zweck anzu— strebenden gesetzgeberischen Maßnahmen, Ihnen könne nicht die . des Grundbesitzes in dem vom General-⸗Landschafts⸗Direktor
on und vom Vorredner verstandenen Sinne entgegengehalten werden, denn eine unbeschränkte und überspannte Ausnutzung des Realkredits 3. nut in seltenen Fällen bei einzelnen besonders tüchtigen Personen
rfolge aufzuweisen, in den meisten zur Schuldknechtschast und nicht zur Schuldabstoßung und wirklicher Freiheit des Besitzes geführt. 8a. komme neben dem Immobiliarkredit der Personalkredit in
etracht, der, wenn jener eingeschränkt, durch zweckmäßige Organi⸗ sation der ihn vermittelnden Institute der Möglichkeit einer umfassen⸗ deren Ausnutzung entgegengeführt werden müsse. Unrichtig sei, daß bei Ein⸗ führung einer Verschuldungsbeschränkung nur reiche Kapitalisten Land—⸗ Der wenig kapitalkräftige Landwirth auf den Erwerb kleinerer Güter beschränken oder als wirthschaften. Im letzteren 57 entgehe er dem mannigfachen Risiko, welches der utseigenthümer laufe, wie denn der umgekehrte Zustand, daß der stark ver⸗ schuldete Gutseigenthümer alle Gefahr, welche das Eigenthum an ländlichem Grundbesitz mit sich bringt, zu tragen habe, während der Hypothekengläubiger, der thatsächliche Eigenthümer, davon völlig unberührt bleibe, ein unhaltbarer sei und unbedingt beseitigt werden müsse.
Landes⸗Direktor, Wirklicher Geheimer Rath von Levetzow Berlin bejaht für die Provinz Brandenburg die Ueberschuldung des ländlichen Besitzes, . für das Sinken der Reinerträge ein Bei⸗ spiel aus eigener Erfahrung an und hält die obligatorische Einführung des Anerbenrechts als Intestaterbrecht und einer Verschuldungegrenze für dringend geboten.
Nachdem Landschafts-Direktor von Laer-Münster sich gegen die Eintragung der Renten statt des Kapitals erklärt, auf Mißstände der Stempelsteuergesetzgebung hingewiesen und sich wiederholt gegen die Verschuldungsbeschränkung aus⸗ gesprochen hatte, trat Professor Dr. Schmoller-Berlin den Ausführungen des Professors Dr. Sering bei, in⸗ dem auch er das Anerbenrecht als Intestaterbrecht und eine fakultative Verschuld ungsgrenze bei Gewährung günstiger Kreditbedingungen forderte.
Finanz Minister Dr. Miquel will nicht bestimmte Vorschläge machen, um welche es sich gegenwärtig auch nicht, namentlich nicht für ihn als Minister handeln könnte. Er wolle nur n thatsäch⸗ liche Mittheilungen zur Beurtheilung eines etwaigen Bedürfnisses für . Einschreiten machen. Er hob hervor, daß die
wirthschaft betreiben könnten. müsse si Pächter
bei steigenden Bodenpreisen und Reinerträgen erträglich gewesene Schuldenlast des ländlichen Grundbesitzes seit etwa 19 Jahren bei stabilen oder sinkenden Gutswerthen zu unverkennbaren Mißständen geführt habe. Da die ländlichen Schulden in den letzten 7 Jahren um etwa 1 Milliarde gewachsen seien und in manchen Provinzen bereits eine Ueberschuldung vieler Grundbesitzer bestehe, frage es sich, ob nicht die wesentlichste Ursache dieser Verschuldung, die absolute Ver⸗ schuldungsfreiheit, einzuengen sei. Während in den Landestheilen mit geschlossenen Höfen (Hannover. Westfalen, Schleswig -Holstein und Hessen⸗Nassau zum theil sowie Theile des Ostens der Monarchie) die Verschuldung sich unter 300 des Grundsteuer⸗Reinertrags halte und sogar bis 140 sinke, sei sie in den übrigen Gebieten des Staats erheblich größer. Wo thatsächlich freie Naturaltheilung in Erbfällen an⸗ . werde, erreiche sie nicht die n wie in den meisten Theilen des stens, denn durch die übliche Realtheilung komme dort die Be— lastung mit Kapitalsschulden in Erbfällen nicht in Betracht, während im 5 die meisten Güter faktisch ganz oder zum großen Theil untheilbar seien, und dabei das Recht aller Erben auf gleiche Ab⸗— findung bestehe, was mit Nothwendigkeit zu erheblichen Schuld belastungen führen müsse. Die bedeutendste Verschuldung be—⸗ stehe im Osten beim größeren Grundbesitz; bei den bäuer—⸗ lichen Besitzern trete sie erst allmählich ein, da die Verschuldungs⸗ freiheit erst verhältnißmäßig kurze ** bestehe. Es liege jetzt bereits genügendes Material vor, um die Folgen der bestehenden staatlichen Gesetzgebung beurtheilen zu können. Es handle sich nicht darum, durch einen gesetzgeberischen Akt Abhilfe zu schaffen; es müßten vielmehr die einzelnen Ursachen der Krisis bekämpft und in langsamer Wirkung der gesetzgeberischen und Ver—⸗ waltungsmaßnahmen eine Reform durchgeführt werden, welche nicht das Interesse eines einzelnen Standes, sondern das allgemeine Staats⸗ wohl fördere. Staats⸗Minister Dr. Graf von Zedlitz und Trützschler⸗ Nieder⸗Großenborau führt das Mißverhältniß zwischen Roh und Reinertrag des ländlichen Grundbesitzes neben der Steigerung der Arbeitslöhne in erster Linie auf die erheblichen Lasten zurück, welche dem Gutzeigenthümer durch die Ge— setzgebung auferlegt seien (Schul ⸗ und Kirchenlasten, Kommunalabgaben, Invaliditäts- und Altere versicherung, Unfallversicherung c.), und weist im einzelnen aus eigener Erfahrung nach, wie trotz der hohen Ent— wickelung der ir fr en Technik und der dadurch bewirkten Mehrproduktion ein Sinken der Reinerträge zu konstatieren sei. Er findet den Hauptgrund für die ungünstige Lage der Grundbesitzer des 2Ostens der Monarchie in der alljugroßen Entfernung der Produktionsstellen vom Abnahmeort der Produkte. Auf eine günstige Besitzstandepertheilung innerhalb der einzelnen Landestheile will er bei einer Betrachtung der wirthschaft⸗ lichen Verhältnisse des Grundbesitzes ein großes Gewicht gelegt wissen und hebt hervor, daß da, wo wie im Osten eine Grundbesitzkategorie zu sehr prävaliere, Mittel und Wege gefunden werden müssen, dieselbe theilweise der fehlenden Kategorie (Aufforstun⸗ gen landwirthschaftlich nicht nutzbaren Bodeng, Umwandlung nicht leistungsfähigen Großgrundbesitzes in Güter mittleren Umfanges). r kat id; Einrichtungen auf dem Gebiete des Kreditwesens seien unwirksam; dagegen sei eine , . fassung des ganzen Grundbesitzes mit obliggtorischer Einführung einer , zur Besserung der Schuldverhältnisse dringend geboten. ; Die Verhandlung wurde alsdann auf heute Vormittag
10 Uhr vertagt.
zuzuführen
Der Regierungs⸗Assessor Dr. Kühnert zu Düsseldorf ist an die Königliche Regierung zu Cassel versetzt und der Re⸗ e, , , Dr. Grolinan zu Essen der Königlichen
egierung zu Düsseldorf zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.
Der zur Zeit mit der Vertretung des Landraths in Birn⸗ baum, Regierungsbezirk Posen, beauftragte Regierungs⸗Assessor von Bernuth ist dem Landrath des Kreises Rees, Regierungs⸗ bezirk Düsseldorf, und der neuernannte Regierungs⸗Assessor Dr. Schoen aus Königsherg dem Landrath des Kreises Schlochau, Regierungsbezirk Marienwerder, bis auf weiteres zur Hilfeleistung in den landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.
Die Regierungs⸗Referendare Dr. jur. Graf von Kos poth aus Hannover, von Roeder aus Frankfurt a. O., Martin Suche aus Gumbinnen, Hermann von Rumohr aus Erfurt, von Tyszka aus Königsberg und Krause aus Marienwerder haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungs dienst bestanden.
Laut telegraphischer Meldung an das Ober⸗Kommando der Marine wollte S. M. Kbt. „Loreley“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Grolp, am 28. Mai von Galatz nach Konstantinopel und wird S. M. Kbt. „Iltis“, Kommandant Korvetten⸗Kapitän Graf von Baudissin, am 30. Mai von Shanghai nach Kobe in See gehen.
Bahern.
Die Kaiserin von Oesterreich ist Inkognito in München eingetroffen.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold wird, der „Allg. Zig.“ zufolge, als General-Inspekteur vom 4. bis 7. Juni Truppentheile der IV. Armee⸗Inspektions in Erfurt, Rudolstadt, Gera und Altenburg besichtigen. In den drei letztgenannten Städten wird der Prinz Gast der betreffenden Landesherren; Seiner Durchlaucht des Fuͤrsten von Schwarzhurg⸗ Rudolstadt, Seiner Durchlaucht des Fuͤrsten Reuß jüngerer Linie und Seiner Hoheit des Herzogs von Sachsen⸗Altenburg, sein. Am 8. Juni trifft Seine Königliche Hoheit in Berlin ein, wohin sich an demselben Tage auch Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Prinzessin Gisela aus München be— geben wird. ;
Die Kammer der Reichsräthe , das Gesetz über die Abänderung der pfälzischen Gemeinde-⸗Ord⸗ nung unter Streichung der von der Kammer der Abgeordneten eingefügten Vorschrift des Wahlkuverts bei den Gemeinde⸗ wahlen angenommen und sodann den Nachtrag zum Kultus⸗Etat berathen; im Laufe der Erörterung gab der Ober⸗Konsistorial⸗Präsident Stählin dem Wunsch Ausdruck, die Stolgebühren nach dem Vorgang Hessens, Sachsens und Preußens abzulösen.
Die Kammer der Abgeordneten lehnte in ihrer gestrigen Sitzung mit großer Mehrheit die Forderung von 35 000 Mh . den Ankauf der Theresienwiese bei dem Bavaria⸗Denkmal für Ausstellungszwecke ab. Die Mehrzahl der Redner erklärte dies als eine Aufgabe der Hauptstadt, nicht des Staats. Der Abg. Grillenberger erklärte sich dagegen, damit nicht das bayerische Ausstellungswesen noch mehr in München zentralisiert und dadurch insbesondere Nürnberg geschädigt werde. Der Finanz-Minister Dr,
reiherr von Riedel erwiderte, Nürnberg könne gewiß nicht
lagen, da die letzte allgemeine Landes-Ausstellung dort statt⸗ gefunden habe und die nächste 1896 dort stattfinden werde. Die Kammer genehmigte weiterhin Mittel für den neuen vierten Präparanden⸗Kursus der Lehrerbildungsanstalten. Die Abgg. Schubert und Dr. Andreä wünschten Ein⸗ führung einer fremden Sprache in die Bildung der Lehrer
im strengsten
und bedauerten, daß der Minister hierauf nicht eingegangen sei.
Sachsen.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg hat sich am Sonntag zu Inspizierungen im Bereich des V. Armee-Korps nach Schlesien begeben. . .
Wie das „Br. J.“ meldet, hat sich Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich August eine leichte Verbrennung am rechten Auge zugezogen. Wenn die Verletzung auch nur eine unbedeutende ist, so wird sich doch eine Schonung von acht bis vierzehn Tagen nothwendig machen. Anfänglich vorhandene Schmerzen haben sich wesentlich ermäßigt. Fieber ist nicht vorhanden.
Hessen.
Am V. d. M. fand in Mainz, wie wir dortigen Lokal⸗ blättern entnehmen, die feierliche Besichtigung des neu errichte ten Geschäftshauses der Reichsbankstelle in der Kaiser— straße durch einen erlesenen Kreis hochstehender und angesehener Persönlichkeiten statt. Der Reichsbank⸗Präsident Wirkliche Geheime Rath Dr. Koch war dazu von einer Vorstandsbeamten⸗Konferenz in Frankfurt a. M. herüber gekommen. Aus Darmstadt waren der Staats⸗Minister Finger und der Finanz⸗-Minister Weber sowie der Ministerial⸗Rath Emmerling erschienen. Aus Mainz waren anwesend der General der Infanterie von Holleben, Gouver⸗ neur von Mainz, der General⸗-Major Sichart von Sicharts⸗ hoff, Kommandant von Mainz, der Großherzogliche Pro⸗ vinzial-⸗Direktor, Geheime . Rothe, der Landgerichts—⸗ Präsident Lippold nebst den Landgerichts-Direktoren und dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen, der Erste Staatsanwalt und Bank⸗Justitiar Ewald, Regierungs⸗ Rath Dr. Wolf, Telegraphen⸗-Direktor Meyer, Steuer⸗Rath von Buri, Postdirektor Marizy, ferner der Bürgermeister Dr. Gaßner mit dem Beigeordneten Kommerzien⸗Rath Reinert und tz vollzählig die Handelskammer, an ihrer Spitze der
räsident, Geheime Kommerzien⸗Rath Michel. Nachdem die Versammelten sich in dem großen hellen Geschäftssaal gruppiert hatten, begrüßte dieselben zunächst der Wirkliche Geheime Rath . Dr. Koch. Der Erste Vorstandsbeamte, Bank⸗Direktor Kretschmer gab sodann eine Uebersicht der Entwickelung der Reichsbankstelle seit ihrer Errichtung im Herbst 1875 und der ausführende Architekt, Regierungs⸗Baumeister Havestadt aus Berlin, eine Beschreibung der Geschichte des Neubaues, welcher hierauf in allen Theilen N und als schön und zweck⸗ entsprechend befunden wurde. Um 2 Uhr fand ein von der Handels⸗ kammer aus Anlaß der Anwesenheit des Reichsbank⸗Praͤsidenten veranstaltetes Diner in der „Liedertafel“ statt, zu welchem sämmtliche vorgenannten Theilnehmer und zahlreiche andere Notabilitäten der Stadt, insbesondere des Handelsstandes, im ganzen 80 Personen, erschienen waren. Der Handelskammer⸗
Präsident, Geheime Kommerzien⸗Rath Michel brachte das Ho auf Seine i estät den Kaiser und Seine gehe Hoheit den Gro . sodann das auf die Ehrengäste, insonderheit den Reichsbank-Präsidenten aus, welcher mit einem Toast auf die Handelskammer dankte. Ferner sprachen noch der Staats⸗Minister Finger und der Gouverneur von Holleben,— welcher letztere die Reichsbank als die einnehmende, das Heer als die ausgebende Instanz launig in Gegensatz brachte und zu geeigneter Zeit einen 3. einlöslichen Wechsel '. Mainz . ziehen in Aussicht stellte, — der Provinzial-Direktor, der ürgermeister, der Bankdirektor Kretschmer und manche andere. Um 8 Uhr Abends erreichte das schöne Fest unter allseitiger . ein Ende. Alles schied unter dem Eindruck, daß die Reichsbank in Mainz eine für das Wirth— schaftsleben der Stadt und des Landes ersprießliche Stätte gefunden habe und mit demselben unzertrennlich verwachsen sei.
Oesterreich⸗Ungarn.
Heute Mittag erfolgte in der Hofburg unter dem üblichen Zeremoniell die Renunziation der Erzherzogin Maria Immaculata in Anwesenheit des Kaisers, sämmtlicher in Wien weilenden Erzherzoge, des Prinzen August Leopold von Coburg, des Fürst-Erzbischofs, der ae rg sowie der gte r glg hen und der ungarischen Minister. Die Ver⸗ zichtsurkunde wurde vom Minister des Kaiserlichen Hauses Grafen Kaälnoky verlesen.
Der Staatseisenbahnrath, der gestern Vormittag durch den Handels⸗Minister Grafen Wurm brand ö wurde, hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, gestern Abend seine Berathungen wieder .
Im österreichischen Abgeordnetenhause setzte gestern der Präsident auf Grund einer ministeriellen Zuschrift est, daß die Wahlen zu den Delegationen am 1. Juni stattzufinden hätten. In Beantwortung der Interpellationen Wrabetz und Noske bezüglich der Vertheilung des Flugblattes „Das Vaterunser in der Judennoth“ durch den Pfatrer Deckert, sowie bezüglich der verletzenden Thätigkeit des letzteren durch Mißbrauch der Kanzel hob der Minister— Präsident Fürst Windischgrätz hervor, drei offenbar schon vor längerer Zeit gehaltene Predigten Deckert's seien in der Monatsschrift „Sendbote des heiligen Josefs“ in den Monaten Oktober, November und Dezember 1893 abgedruckt worden; darin sei auch das „Vaterunser in der Judennoth“ enthalten gewesen. Der Staatsanwalt habe in dem vorgelegten ,, keinen Grund zum Vorgehen erblickt. Als aber
eckert das „Vaterunser in der Judennoth“ als Flugschrift habe erscheinen lassen, habe die Staatsanwaltschaft das Flug⸗ blatt wegen dessen demonstrativer Aufschrift und wegen der Schlußbemerkung sowie wegen der bei einem Flugblatt zu besorgenden größeren Verbreitung konfiszieren lassen. Außerdem sei Deckert wegen unbefugten Vertheilens von Druckschriften strafgerichtlich verurtheilt worden. Bezüglich des Inhalts der Deckert'schen Predigten habe die Staats⸗ anwaltschaft keinen Anlaß zum Einschreiten gefunden. Nach der Einbringung der Interpellationen habe er es für an⸗— gemessen erachtet, mit der kirchlichen Behörde, der Deckert be— züglich seiner beruflichen Thätigkeit untergeordnet sei, ein Einvernehmen zu suchen. Das Fürsterzbischöfliche Ordinariat stehe der Thätigkeit Deckert's keineswegs gleichgültig gegenüber. Es habe zwar keinen Anlaß zum Vorgehen, gegen Deckert auf Grund der kirchlichen . gefunden, jedoch Deckert angewiesen, künftighin bei seinen Predigten der Heilig⸗ keit des Amts und des Orts stets eingedenk zu sein. Nachdem sich das Strafgericht mit dem Vorfall innerhalb seines Wirkungskreises befaßt und dem Gesetz in der ihm nothwendig und möglich erscheinenden Weise Achtung verschafft habe, sei für die Regierung ein Anlaß zu einer weiteren . in dieser Angelegenheit nicht gegeben. Er sehe sich veranlaßt, hinzuzufügen, daß die Regierung ihrem lebhaften Bedauern Ausdruck würde geben müssen, wenn seitens einer mit dem ernsten Amt des Seelsorgers betrauten Persönlichkeit bei gottes⸗ dienstlichen Handlungen Töne leidenschaftlicher Unduldsamkeit angeschlagen würden, die, anklingend an lebhaft erörterte Parteifragen des öffentlichen Lebens, zumal in der gegen— wärtigen, von verschiedenen Widersprüchen erfüllten Zeit geeignet sein müßten, die in weiten Kreisen vorhandene Beunruhigung zu steigern. Das Haus nahm sodann das Gesetz wegen Ausdehnung der Unfallversicherung mit den vom Herrenhause vorgenommenen Aenderungen an und trat in die Debatte über die Preßreform ein. Der Justiz-Minister ef Schönborn war der Ansicht, daß die zwischen dem Ausschuß und der Regierung bezüglich der Konfiskations⸗ bestimmungen und bezüglich der Angabe der beanstandeten Stellen konfiszierter Artikel bestehenden Differenzen nicht so ernst seien, daß durch sie das Zustandekommen des Gesetzes gehindert werden könne, erklärte sedoch, ohne auf die Frage des objek— tiven Verfahrens näher einzugehen, die Regierung müßte weitere prinzipielle Aenderungen bezüglich der Preßgesetzgebung von der Beantwortung der Frage abhängig machen, inwieweit auf die Judikatur der Geschworenengerichte verzichtet werden solle. Dieser Standpunkt sei nicht reaktionär; er verweise auf die Preßzustände in Deutschland, wo die Judikatur hinsichtlich der Presse größtentheils in den Händen der Berufösrichter liege, und die deutsche Presse sei in ihrer Entfaltung, Ent— wickelung, in der Art und Weise ihrer Redaktion und Verbreitung gewiß nicht zu unterschätzen, sondern zu den bedeutendsten journalistischen Gesammterscheinungen der 66 en Welt zu zählen. Den Hinweis auf die unbedingte
ig fer hen in Frankreich beantwortete der Minister mit der Erklärung, daß die französische Presse auf politischem Gebiet und auch sonst Erscheinungen gezeitigt habe, die gewiß von keinem Mitgliede des Hauses gebilligt werden könnten. (Lebhafter Beifall, Der Minister des Innern Marquis Bacquehem erklärte, die Regierung glaube, die Kolportage nicht freigeben zu können, weil das Preßgesetz die für eine Ueberwachung der Kolportage noth— wendigen Garantien nicht gewähre. Auch in Deutschland hätten die Erfahrungen zu einer ,, . der Kolportage geführt. Schließlich wies der Minister die Behauptung zurück, daß in Böhmen die Behörden die Presse beherrschten.
Der Volkswirthschaftsausschuß hat den Handels⸗ vertrag mit Rußland nach längerer Debatte angenommen.
Großbritannien und Irland.
Das Oberhaus hat, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern die erste Lesung der Bill über die Marken der aus dem Auslande stammenden Waaren angenommen. Im Unterhause erklärte der Parlamentssekretär des Auswärtigen
Sir E. Grey, daß die dem Congostaat pachtweise überlassenen Gebiete in die britische Einflußsphäre fielen, wie sie durch das englisch⸗deutsche Abkommen, gegen das keine in Afrika interessierte Macht Einspruch erhoben habe, festgest ellt worden 6 Die Wirkung des englischen Vertrags mit dem Congo⸗ taat sei die, daß der Congostaat die englische Eln⸗ flußsphäre anerkannt habe, wie sie bereits von Italien und Deutschland anerkannt sei, unter besonderer Beruͤcksichtigung der ö, die Egypten und die Türkei haben könnten. Das Abkommen Englands mit dem Congostaat berühre in keiner Weise das Vorkaufsrecht Frankreichs, denn die Wirkungen des Vertrags würden nur so lange bestehen, als der König von Belgien oder seine Nachfolger Souveräne des Congostaats bleiben würden. Die Verträge mit Deutschland und Italien
bestimmten die Einflußsphäre Englands.
Frankreich.
Dupuy hat nunmehr, wie „W. T. B.“ berichtet, formell den Auftrag zur Kabinetsbildung übernommen; Del cass é, Felix Faure und Barthou würden in das Ministerium eintreten; Poincaré habe sich bereit erklärt, das Finanz—⸗ Ministerium zu übernehmen.
Der Senat und die Deputirtenkam mer hielten gestern nur wenige Minuten währende Sitzungen ab und vertagten sich sodann bis zum Donnerstag.
Wie der „Temps“ meldet, hat der Minister⸗-Präsident Casimir Périer bei den Kabinetten von London und Brüssel in Betreff des jüngst zwischen Großbritannien und dem Congostaat abgeschlossenen Vertrags Vorbehalte gemacht.
Italien.
Bei der gestern von der Deputirtenkammer fort—⸗ gesetzten 3 der Finanzmaßregeln unterzog der Deputirte Fagiuoli die von dem Finanz-⸗Minister Sonnino vorgeschlagenen Maßregeln einem Vergleich mit den Be⸗ schlüssen der Finanzkommission und erklärte dem zn , die Kammer unter ausdrücklichem Vorbehalt bezüg⸗ lich einzelner Maßnahmen die Einzelberathung der Vorlage vornehme. Der Deputirte Eugenio Valli hilligte die Erhöhung der Rentensteuer, verwarf dagegen jede Erhöhung der Grundsteuer. Der Deputirte Angelo Valli gab den Vorschlägen des Ministeriums den Vorzug vor den Beschlüssen der Kommission, da die rauhe Wahrheit besser sei, als Palliativmittel und homöopathische Kurmethoden. Der Deputirte Rossi (Mailand) sprach gegen den Entwurf. Die weitere Berathung wurde sodann auf heute vertagt.
Zu Ehren der Offiziere des in Venedig anwesenden britischen Geschwaders fand, wie „H. T. B.“ berichtet, gestern Abend daselbst eine Soirse bei dem Kommandanten des See⸗Departements statt, welcher der Admiral Seymour und rn. Offiziere beiwohnten. Der Marcusplatz war festlich
eleuchtet.
Spanien.
Die Deputirtenkammer hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern mit 61 gegen 14 Stimmen den Art. 1 des Gesetzentwurfs über die Explosivstoffe angenommen.
Belgien.
Gestern Vormittag 10 Uhr fand im Königlichen Palais in Brüssel die Vermählung des Prinzen Karl Anton von Hohenzollern mit der Prinzessin Josephine von Belgien statt. Unter den zahlreichen Gästen befanden fich auch, wie . ., berichtet, ber General-⸗Adjutant Seiner Majestät des Deutschen Kaisers General⸗Oberst Freiherr von Los, der Vertreter der Königin Victoria von Großbritannien General Gartner, der deutsche Ge⸗ sandte Graf von Alvensleben, der rumänische Gesandte Bengescu, die Minister, sowie zahlreiche Deputirte und Senatoren. Die Zeremonie fand in dem prächtig geschmückten blauen Salon statt. Der feierliche Eintritt der Hohen Herrschaften erfolgte um 109 Uhr. Zuerst traten der König der Belgier und die Königin von Sachsen ein, ihnen folgten der König von Rumänien und die Königin der Belgier, der Fürst von Hohenzollern, die Gräfin von Flandern und der Prinz Friedrich Leopold von Preußen. Der Bräutigam hatte seiner Großmutter, der Fürstin⸗Wittwe von Hohenzollern den Arm gereicht, während die . von ihrem Vater, dem Grafen von Flandern,
eleitet wurde. Der Bürgermeister von Brüssel Buls nahm die . vor. In seiner Ansprache an das neuvermählte Paar herzlichen Gefühlen und Wünschen der Bevölkerung Uusdruck. Um 16 / Uhr begab sich der Zug in den weißen Salon, wo die kirchliche Feier stattfand. Die Messe wurde
gab er den
vom Erzbischoß von Mecheln zelebriert. Der Erzbischof richtete eine längere Ansprache an die Neuvermählten. Um 12 Uhr Mittags war die Feierlichkeit beendet. Der Erzbischof und der Klerus begleiteten den Königlichen Zug bis vor die Kapelle. Nach der Trauung fand ein Frühstück statt. Nach⸗ mittags reisten die Neuvermählten nach Köln ab.
Heute Abend giebt der deutsche Gesandte Graf von Alvensleben ein Diner zu Ehren des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen, Höchstwelcher heute Abend 11 Uhr Brüssel wieder verläßt.
Schweden und Norwegen.
Die Kommission des Storthings Er Untersuchung der außergewöhnlichen militärischen Veranstaltun⸗ gen in den Jahren 1894 und 1893 hat, wie „W. T. B.“ aus Christiania meldet, gestern ihren Bericht vorgelegt, worin festgestellt wird, daß im Jahre 1894 verschiedene hohe Beamte des Heeres und der Flotte 30 000 Gewehre unbrauchbar ge⸗ machk und gleichzeitig in Christiania die Kanonen in Ordnung gebracht hätten; in . seien die Kriegsschiffe klar gemacht und dies alles möglichst geheim ausgeführt worden. Damalige Beamte, und zwar der Admiral Koven, der General Wergeland, die Staatsräthe Munthe und Johansen, der Waffenfabrik— Direktor Prag hätten aus eigener Initiative erklärt, daß sie ohne Befehl der höheren Behörden gehandelt hätten. Die Kommission bezeichnet dieses gleichzeitige Vorgehen ohne ge⸗ meinsamen Befehl als unerklärlich und findet die abgegebenen Erklärungen ungeeignet, besonders bezüglich des Ursprungs und des Zwecks dieser Veranstaltungen. Ebenso unerklärlich findet die Kommission das Auftreten des Admirals Koven im Jahre 1893 ohne Befehl von oder Berathung mit irgend Jemandem. Bulgarien.
.. 5636 und die Prinzessin Ferdinand von Sachsen-Coburg sind, wie W. T. B.“ berichtet, heute Nacht wieder in Sofia eingetroffen und vom Hofstaat sowie mehreren Ministern auf dem Bahnhof empfangen worden.
Amerika.
Wie „W. T. B.“ aus en n berichtet, hat der Senat die Berathung der Zoöͤsse auf Metalle beendet und die Berathung des Kapitels „Holzzölle“ begonnen. Die Demo⸗ kraten hoffen, daß die definitive Abstimmung am 15. Juni statlfinden werde.
Parlamentarische Nachrichten.
. Das Herrenhaus trat heute zu seiner 15. Plenar⸗ sitzung zusammen.
Der Präsident Fürst zu Stolberg⸗Wernigerode eröffnete die Sitzung, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse beiwohnte, um As Uhr mit geschäftlichen Mittheilungen.
Neu in das Haus eingetreten ist Seine Hoheit der Herzog Ernst Günther zu Schleswig-Holstein, welcher von dem Präsidenten begrüßt wurde und sofort den Eid auf die Verfassung leistete.
Erster Gegenstand der Tagesordnung war der mündliche Bericht der Kommission für kommunale Angelegenheiten über den Gesetzentwurf, betreffend das . der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen nicht⸗ staatlichen mittleren Schulen und die Fürsorge für ihre Hinterbliebenen.
Bei Schluß des Blattes nahm der Berichterstatter Ober⸗ Bürgermeister Martins das Wort.
— Nach amtlicher Feststellung erhielten bei der am 24. d. M. im 23. hn, Wahl kreise (Plauen) vor⸗ , Reichstags-Ersaßtzwahl von den abgegebenen 20 585 Stimmen Alwin Gerisch (Sozialdemokrat) 9919 Stimmen, Wilhelm Uebel er r n nn 6000 Stimmen, Max Schubert (deutschkonservativv 2667 und Arnold von Schwarze ffreisinnige Volkspartei) 1999 Stimmen. Es hat somit eine Stichwahl zwischen Gerisch und Uebel stattzufinden.
— Die Kommission des Herrenhauses für den Staats— haushalts- Etat und für Finanz⸗Angelegenheiten hat in Bezug auf „die Finanzlage des preußischen Staats“, in Erledigung des ihr in der Plengrsitzung des Herrenhauses am 28. April 1894 ertheilten Auffrages, folgenden An⸗ trag, der demnächst in einer Plenarsitzung zur Ver⸗ handlung kommen soll, gestellt: Das Herrenhaus wolle beschließen, zu erklären: 1) Die dauernde Ordnung der Staatsfinanzen verlangt, daß eine feste Abgrenzung der Beiträge Preußens für die Bedürfnisse des Reichs erfolgt und daß letzteres nicht allein für die Aufbringung der für seine Aufgaben nothwendigen Mittel aus den ihm reichs⸗ verfassungsmäßig zustehenden Quellen, sondern auch für Ueber⸗ weisungen an die Einzelstaaten in einer die Matrikularumlagen übersteigenden Höhe Sorge trägt. 2) Es ist eine angemessene Schulden⸗ tilgung auf gesetzlicher Grundlage zu erstreben. 3) Es ist eine Aenderung des Gesetzes vom 27. März 1882 herbeizuführen, welche die über einen bestimmten Betrag hinausgehenden Ueberschüsse der Staats-Eisenbahnverwaltung der Verwendung für allgemeine Staats⸗ verwaltungszwecke entzieht.
— Auf der Tagesordnung der 74. ,, Hauses der Abgeordneten am Donnerstag, 51. Mal (Beginn: Vor⸗ mittags 11 Uhr) stehen: die erste und zweite Berathung des vom Herrenhause zu erwartenden Gesetzentwurfs, betreffend die Errichtung eines Amtsgerichts in der Gemeinde Kalkberge⸗Rüdersdorf; das Ver⸗ zeichniß solcher Petitionen, welche von den Kommissionen zur Er⸗ ö im ö. nicht für geeignet erachtet sind; ferner ein Bericht der Wahlprüfungskommission und Kommissionsberichte über Petitionen.
Nr. 21 des Zentralblatts der Bauverwaltung“, her⸗ ausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 26. Mai hat folgenden Inhalt: Landhaus in Eisenach. — Das Bauwesen der Stadt Berlin (Schluß). — Geheimer Ober⸗Regierungs⸗ Rath H. Oberbeck in Berlin 4. — Eröffnung des neuen Haupt⸗ bahnhofes in Köln. — Vermischtes: Preisbewerbung für einen Brunnen in Kulmbach. — Wallot's Ernennung zum Mitglied der Gesellschaft San Luca!“ in Rom. — Ausstellung bei dem Kongreß für den Kirchenbau des Protestantismus. — Nachtrag zur ö für Berlin. — Besuchsziffer der Technischen Hochschule in , — Hünengrab in Rynarzewo. — Materialschleuse für Luftdruck ⸗ gründungen.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Nach § 151 des Preußischen Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865 müssen Ansprüche auf Ersatz eines durch den Berg⸗ bau verursachten Schadens, welche sich nicht auf Vertrag gründen, von dem Beschädigten innerhalb drei Jahren, nachdem das Dasein und der Urheber des Schadens zu seiner Wissenschaft jelangt sind, durch gerichtliche Klage geltend gemacht werden, widrigen⸗ i sie verjährt sind. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, V. Zivilsenat, durch Urtheil vom 7. Februar 1894 aus- gesprochen, daß der Verjährungslauf erst mit dem Zeitpunkte anfängt, in welchem der Geschädigte das Dasein und den Urheber des Schadens vollständig sicher weiß und dies in einem anzustrengenden Prozesse nachzuweisen vermag. Das Vorhandensein dieser Wissenschaft wird in der Regel anzunehmen sein, wenn der Geschädigte dem Vertreter der Berggewerkschaft erklärt, daß er den Grund der Beschädigung in dem Bergbau derselben bestimmt erblicke und deshalb Schadenserfatz beanspruche, und der Geschädigte nicht nachzuweisen vermag, daß er diese Erklärung abgegeben habe, ohne wirklich von der unbedingten Rechtmäßigkeit seines Anspruchs über⸗ zeugt zu sein. Die gesetzliche Verpflichtung des Bergwerksbesitzers aus §5 148 des Allg. Berggesetzes setzt voraus, daß dem Grundeigen⸗ thümer an seinem Grundeigenthum ein Schade erwachsen sei, und daß 8 . diesem Schaden und dem Betriebe des Bergbaues ein ursächlicher Zufammenhang bestehe. Von diesen Voraussetzungen des Anspruchs muß der Beschädigte Wissenschaft erlangt haben, wenn gegen ihn die Verjährung beginnen soll, und zwar muß die Wissenschaft, wie das Reichsgericht in vielen Entscheidungen angenommen hat, so vollständig und sicher sein, daß er sogleich zur Erhebung der Klage zu schreiten im stande ist. Die Schwierigkeiten des Beweises können dabei nicht außer Be— tracht gelassen werden. Sind sie so groß, daß der Beweis voraus⸗ sichtlich ein günstiges Ergebniß nicht liefern wird, und ist sich der Kläger dessen bewußt, ö. fehlt ihm die sichere Kenntniß der zur Prozeßführung nöthigen Grundlagen, und man kann nicht von einer Wissenschaft des Beschädigten in dem vorerwähnten Sinne sprechen, sondern nur von unsicheren, vagen Meinungen und Muthmaßungen, die einen vorsichtigen Mann nicht bestimmen werden zur Erhebung der Klage zu schreiten. — Der Kläger hat nun freilich in den Briefen vom 10. Oktober und 17. November 1883 auf das bestimmteste ausgesprochen, daß er den Grund der Beschädigung des Hauses in dem Bergbau der Beklagten erblicke; dabei hat er sich auf die Lage der Baue he⸗ rufen und auf Sachverständige, deren Gutachten er eingeholt habe. Der Berufungsrichter geht nicht fehl, wenn er hieraus folgert, daß der Kläger von dem Vorhandensein und den Urfachen des Schadens schon zu jener Zeit Kenntniß gehabt habe, und er verstößt auch nicht
gegen die Grundsätze von der Beweislast, wenn er diesen Beweis erge bnissen . vom Kläger, der seine Kenntniß leugnet, den Beweis des Gegentheils fordert. Aber der Berufungsrichter über . der Kläger einen solchen Gegenbeweis angetreten hat...
— Die ,, , zweier Waaxen zeichen, welche einzeln für verschiedene Anwendungsgebiete als Fr ö. zeichen benutzt werden können, zu einem Gesammtzeichen macht, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, J. Zivilsenaks, vom 24. Februar 1894, dieses nicht zu einem Freizeichen; läßt sich das Gefammt⸗ zeichen nur durch Anwendung . Aufmerksamkeit von einem andern geschützten Waarenzeichen unterscheiden, so darf das er⸗ wähnte Gesammtzeichen nicht benutzt werden. — Der Kaufmann S. hatte Waaren unter einer Marke in Verkehr gebracht, 3 von einer der . H. und R. geschützten Marke nur durch Anwendung be⸗ onderer Aufmerksamkeit zu unterscheiden war. H. und R. . auf Grund der 55 13, 18 des Markenschutzgesetzes gegen S. mit dem Antrage, daß Beklagter für nicht berechtigt erklärt werde, die Marke zu gebrauchen. S. machte dagegen geltend, daß seine Marke aus der Zusammenstellung eines in Marokto gebräuchlichen Freizeichens und des deutschen Reichsadlerg, dessen , , durch den r sten Erlaß vom 16. März 1872 freigegeben itt estehe und demnach eben⸗ falls ein Freizeichen sei, dessen Gebrauch ihm nicht untersagt werden könne. Dleser A sasunmn schloß sich das Berufungsgericht an, welches demzufolge die Klage abwies. Auf die Revision der Klägerin hob das Reichsgericht das Berufungsurtheil auf, indem es be— gründend auzführte: .. Ein Fall, wo Zeichen, die als Frei⸗ zeichen im Sinne des § 10 Abs. 2 des rn über den Marken⸗ schutz vom 30. Nobember 1874 zu erachten sind, lediglich als Frei⸗ zeichen benutzt werden, liegt nicht vor, vielmehr ist durch willkürliche Zusammenstellung zweier Zeichen, die für völlig verschiedene An—⸗ . einzeln als Freizeichen benutzt werden könnten, ein neues Gesammtzeichen geschaffen. Deshalb bedarf es einer Prüfung und Entscheidung der Frage, ob bas neu geschaffene Gesammtzeichen mit dem für die Klägerin geschützten Waarenzeichen im Sinne des 18 des Markenschutzgesetzes verwechselungsfähig ist — — Die rwägung des. Berufungsrichters, daß es sich die Klägerin selbst zuzuschreiben haben würde wenn mit Rücksicht auf die Auswahl. der einzelnen. Bestandtheile des für sie reren Zeichens ö. den Beklagten sich die Möglichkeit ergeben abe, durch bloße Zusammenstellung von Freizeichen ein verwechselungs⸗ fähiges Gesammtzeichen zu schaffen, beruht auf Verkennung der Er⸗ fordernisse von Treu und Glauben im Verkehr. Dem Gewerbe treibenden, der ein Waarenzeichen auswählt, kann nicht die Pflicht auferlegt werden, anderen, die etwa einen unlauteren Wettbewerb unternehmen sollten, die gesetzwidrige Nachahmung des Zeichens zu erschweren. Man wird im Gegentheil davon auszugehen haben, daß nach den Grundsätzen von Treu und Glauben der Gewerbetreibende, der im Wettbewerb mit anderen ein Waarenzeichen wählt, seinerseits Vorsorge zu treffen hat, daß eine Verletzung der durch Eintragung i , gen bereits gesetzmäßig erworbenen Rechte vermieden wird.“
Entscheidungen des Ober⸗Verwaltungsgerichts.
Der § 11 des Gesetzes, betreffend die Anlegung und Ver— änderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ort- schaften, vom 2. Juli 1875 schreibt vor, daß mit der Offenlegung des Fluchtlinienplans (6 8 daselbst eine Beschränkung der ö n. freiheit des Grundeigenthümers dahin eintritt, daß Neubauten, Um⸗ und Ausbauten über die Fluchtlinie hinaus versagt werden können“. Damit ist, nach einem Urtheil des Ober⸗Verwaltungs⸗ gerichts, IV. Senats, vom 2. Mär 1894, diejenige Grenze bezeichnet uber welche hinaus das Gesetz eine Beschränkung der Baufreiheit durch Festsetzung von Straßen und Baufluchtlinien nicht zulassen will und über welche hinaus derartige Beschränkungen daher auch durch ö nicht eingeführt werden können.
— Die ortsstatutarische Belastung der Adjazenten einer neu angelegten Straße, sobald sie Gebäude an der neuen Straße errichten, mit den Herstellungskosten für die Straße, tritt, nach einem Urtheil des Ober Verwaltungsgerichts, Il, Senats, vom J. März 1894, ein, wenn die Gebäude nach der Festsetzung der Bau⸗— fluchtlinien der neuen Straße errichtet werden, chris ob diese neue Straße zur Zeit der Bebauung schon wirklich her— gesiellt ist oder erst später, hergestellt wird. „Der von dem Revisionskläger hervorgehobene Umstand, daß ein er- heblicher Zeitraum jwischen der Fluchtlinienfestsetzung und der wirklichen Herstellung der Straße gelegen habe, steht der Anwendung des § 6 des Ortsstatuts nichts entgegen; denn der § 15 des Baufluchtengesetzes vom 2. Juli 1875 gestattet die statutarische Belastung jedes Eigenthümers, welcher nach dem Beginn der An⸗ legung der neuen Straße ein Gebäude an derselben errichtet; und die Anlegung beginnt jedenfalls schon mit der i tlin en, festsetzung. Wenn der Kläger betont, die Baufluchtlinien möchten wohl auf der Karte sich befinden, diese Karte sei aber nicht zugänglich gewesen, so genügt die Hinweisung auf die nach den 5§5 7 und 8 des , 2. Juli 1875 stattfindende Offenlegung des Plans.“ II J65.
Kunst und Wissenschaft.
Der Wirkliche Ober⸗Konsistorial⸗Rath, Propst D. Brückner begeht heute das 25 jährige Jubiläum als ordentlicher Honorar⸗ Professor an der Berliner Universität.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Malta.
Durch Verordnung der Lokalbehörde in Malta ist die für Her⸗ künfte von Konstantinopel angeordnete Quarantäne aufgehoben worden, doch haben sich Reisende von dort bei ihrer Ankunft in Malta zu melden und unterliegen während 15 Tagen einer ärztlichen Beobachtung. (Vergl. R. Anz.“ Nr. 10 vom 12. Januar.)
Schweden. .
Durch Bekanntmachung des Königlich schwedischen Kommerz Kollegiums vom 24. d. M. ist die Stadt Brest nebst den übrigen Theilen des Departements Finistsre für choleraverseucht, dagegen die Philippinen. Inselgruppe für rein von Cholera erklärt worden. Vergl. R. Anz.“ Nr. 83 vom 9. April.)
Verkehrs⸗Anstalten.
Am Sonntag, 3. Juni, kommt ein Sonderzug zu ermäßigten Fahrpreisen von Berlin nach Dresden und Schandau Über Elsterwerda zur Beförderung. Der Zug fährt 05 Vm. vom Anhalt. Dresdener Bahnhof ab und trifft in Dresden ˖ Altstadt 11,50, in Schandau 103 Nm. ein. Die Fahrkartenpreise betragen: von Berlin nach Dresden 9 1IJ, 6 46 111. Klasse, von Berlin nach Schandau 11,40 S II., 7, 50 d III. Klasse. if Kinder im Alter von 4 bis 19 Jahren werden Fahrkarten zum halben Preise veraus- abt. Die Rückfahrt kann innethalb 8 Tagen, bei Schnellzügen gegen
öfung von Zuschlagkarten, beliebig über Röderau oder Zossen er⸗ folgen. Freigepäck wird nicht gewährt. Fahrtunterbrechung ist nur bei der Rückfahrt in Dresden zulässig. Der . erfolgt vom 31. Mai ab an den Fahrkarten-Ausgabestellen auf dem Anhalt⸗ Dresdener Bahnhof und den Bahnhöfen Friedrichstraße und Alexander Platz von 9 bis 1 Vormittags und 3 bis 6 Uhr Nachmittags. Bei der geh en Ausgabestelle auf dem Anhalt Dresdener Bahnhof wird der Verkauf bis zur Abfahrt des Zuges fortgesetzt, bei den