1911 / 83 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Apr 1911 18:00:01 GMT) scan diff

den Sergeanten Dietrichkeit, Rabenhorst, Balster, Götzmann, Szesny, Siebert, Suppe, Ludwigs, Neu⸗ feldt und Leeser im Kaiser Alexander Gardegrenadier⸗

regiment Nr. 1, . dem Unteroffizier Stolle im 2. Gardedragonerregiment

Kaiserin Alexandra von Rußland und. dem Grenadier Heliszeweski Gardegrenadierregiment Nr. 1; des Ritterkreuzes erster Klasse des Königlich Schwedischen Schwertordens: dem Rittmeister Strubell im Gardetrainbataillon; des Ritterkreuzes des Königlich Dänischen Danebrogordens: dem Major von Wedder kop, Flügeladjutanten Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Oldenburg; des Kommandeurkreuzes des Königlich Serbischen St. Savaordens: dem Major von Massaw im Generalstabe der 6. Division; sowie der Chilenischen silbernen Verdienstmedaille: dem Leutnant Grafen zu Eulenburg im 2. Garde—

ulanenregiment und dem Leutnant Wilhelm Grafen zu walde im Leibgardehusarenregiment.

im Kaiser Alexander

Solms⸗Sonnen⸗

Deutsches Reich.

Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht: dem Oberpostdirektor, Geheimen Oberpostrat Vorbeck in Berlin den Charakter als Wirklicher Geheimer Oberpostrat mit dem Range eines Rates erster Klasse zu verleihen.

Bei der Reichsbank treten folgende Veränderungen ein: mit dem 1. April d. J.: t der Erste Vorstandsbeamte der Reichsbankstelle in Karls⸗ ruhe, Bankdirektor von Puttkamer ist in den Ruhestand versetzt; ̃ *. Erste Vorstandsbeamte der Reichsbankstelle in Kreuznach, Bankdirektor Dietz ist in gleicher Eigenschaft an die Reichs—⸗ bankstelle in Karlsruhe versetzt; mit dem 1. Mai d. J.: der Zweite Vorstandsbeamte der Reichsbankhauptstelle in Danzig, Bankassessor Münch ist zum Ersten Vorstandsbeamten der Reichsbankstelle in Kreuznach ernannt; ; der . Vorstandsbeamte der Reichsbankstelle in Altona (Elbe), Bankassessor Kauffmann ist in gleicher Eigenschaft an die Reichsbankhauptstelle in Danzig versetzt; der Bankvorstand Wendland in Konstanz ist mit der interimistischen Verwaltung der Stelle des Zweiten Vorstands⸗ beamten bei der Reichsbankstelle in Altona (Elbe) beauftragt

worden; mit dem 1. Juni d. J.: der Zweite Vorstandsbeamte der Reichsbankstelle in Met, Bankrat Guischard ist in den Ruhestand versetzt; der Zweite Vorstandsbeamte der Reichsbankstelle in Glogau, Bankassefsor Kathe ist in gleicher Eigenschaft an die Reichs⸗ bankstelle in Metz versetzt; 354 der Zweite Vorstandsbeamte der Reichsbankstelle in Ulm, Bankassefsor Löbel ist in gleicher Eigenschaft an die Reichs— bankstelle in Glogau versetzt; der Bankvorstand Siegert in Bonn ist mit der interimistischen Verwaltung der Stelle des Zweiten Vorstands⸗ beamten bei der Reichsbankstelle in Um beauftragt worden.

Auf Grund des S 75a des Krankenversicherungsgesetzes in der Fasfung des Gesetzes vom 10. Anril 1892 GReichs— gesetzbl. S. 79) ist der Unterstützun gskasse des Zentral⸗ verbandes Deutscher Ziegelmeister e. V, früher Unter⸗ stützungskasse des Lippischen Ziegelmeister⸗Vereins (6. H.) in Tage von neuem die Bescheinigung erteilt worden, daß sie, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforderungen des 8 75 des Krankenversicherungsgesetzes genügt.

Berlin, den 3. April 1911.

Der Reichskanzler. Im Auftrage: Koch

Bekanntmachung, betreffend den Paketverkehr mit China sch in e sische Post) über Sibirien. Von jetzt ab können Pakete im Gewichte bis 5 f ohne , und mit Wertangabe bis 800 6 nach allen an einer Eisenbahn⸗ und Dampsschiffslinie liegenden Orten in China und Pakete ohne Wertangabe bis 3 kg nach allen übrigen Orten in China, mit Ausschluß von Chinesisch⸗ Turkestan, Tibet und der Mongolei, außer auf dem Seewege auch über Sibirien 2 werden. Paket und Begleitadresse müssen den Leitvermerk „über Rußland und Tientsin (russisches und deutsches Postamh“ tragen. Die Pakete werden vom deutschen Postamt in Tientsin der chinesischen Post übergeben. Ueber die Beförderungsbedingungen erteilen die Post—⸗ anstalten Auskunft.

Berlin, den W. März 1911.

Der Staatssekretär des Reichspostamts. Im Auftrage: Kobelt.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den bisherigen Seminaroberlehrer Karl Ringel in Ottweiler zum Seminardirektor zu ernennen und

infolge der von der Stadtwerordnetenversammlung ju Schöneberg getroffenen Wahl den Beigeordneten der Stadt Straßburg im Elsaß, Regierungsrat Alexander Dom in icus als Ersten Bürgermeister der Stadt Schöneberg für die (esetz= liche Amtsdauer von zwölf Jahren zu bestätigen.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Bei der Geologischen Landesanstalt zu Berlin ist ger außeretats mäßige Chemiker Dr. phil. Adolf Ey me zum etats⸗ mäßigen Chemiker ernannt worden.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.

Dem Seminardirektor Karl Ringel ist das Direktorat des Lehrerseminars in Ottweiler verliehen worden. Dem Maler Raffael Schuster⸗Woldan in Berlin und dem Musifdirektor Bajohr an der Königlichen Klosterschule in Ilfeld ist der Titel Professor verliehen worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Dem zum Departementstierarzt ernannten Kreistierarzt

Otto Dammann ist die Departementstierarztstelle bei der

Königlichen Regierung in Liegnitz verliehen worden.

Finanzministe rium. Der Steuersekretär Neitzke in Pinneberg ist zum Rent— meister bei der Königlichen Kreiskasse in Schubin und der Kreissekretär Krüger in Stargard i. Pomm. zum Rentmeister bei der Königlichen Kreiskasse in Perleberg ernannt worden.

Versetzt sind die Rentmeister bei Königlichen Kreiskassen:

Lahm ann von Perleberg nach Halle a. S. und Welz von Schubin nach Krotoschin.

Die 7 6 bei der Königlichen Kreiskasse in Stuhm, Regierungsbezirk Marienwerder, ist zu besetzen.

Nichlamlliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 6. April.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel und 2 und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für das Seewesen und der Aus— schuß für Handel und Verkehr Sitzungen.

Der Staatesekretär des Reichspostamts Kraet ke hat eine Urlaubsreise nach Süditalien angetreten.

Der Königl dänische Gesandte von Hegermann⸗ Lindenecrone ist nach Berlin zurückgekehrt un hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

2 *

* 3. 2 . s 1

Der Regier nge Dr. von Schulz⸗Haus mann aus Wiesbaden ist der Königlichen Ministe Militär⸗ und Baukommission in Berlin und der Regierungsassessor reiherr von Oldershausen in Hannover, dem König—⸗ lichen Oberpräsidium daselbst zur weiteren dienstlichen Ver⸗ wendung überwiesen, der neuernannte Regierungsassessor von Reinersdorff⸗Paczensky und Tenczin aus Königsberg dem Landrat des Kreises Jüterbog-Luckenwalde, der neuernannte Regierungsassessor von Kurnatowski aus Merseburg dem Landrat des Kreises Saatzig und der neu⸗ ernannte Regierungsassessor Magnus aus Hannover dem Landrat des Kreises Angermünde zur Hilfeleistung in den land⸗ rätlichen Geschäften zugeteilt worden.

Laut Meldung des, W. T. B.“ ist S. M. J. „Hohen⸗ zollern“ vorgestern in Brindisi eingetroffen und am 5. April von dort nach Korfu ,

S. M. S. „Planet“ ist vorgestern in Brisbane ein⸗ getroffen. .

S. M. S. „Loreley“ ist vorgestern von n. und am gleichen Tage S. M. S. „Leipzig“ von Nagasaki in See gegangen.

S. M. S. „Scharnhorst“ mit dem Chef des Kreuzer⸗ geschwaders und S. M. Tpdbt. „Taku“ sind vorgestern in

obe (Japan) eingetroffen. :

S. M. Flußkbt. „Vater land“ ist vorgestern in Nꝗanking 3 eingetroffen und geht heute von dort nach Tatung HYangtse) ab. . ?

S. M. S. „Iltis“ ist gestern in Schanghai eingetroffen.

Samburg.

Der Bürgerschaft ist in der gestrigen Sitzung der Be— richt der Senats- und Bürgerschaftskommission über die Ver⸗ mehrung der Staatseinnahmen zugegangen. Der Bericht sieht laut Meldung des „W. T. B.“ folgende Ver⸗

mehrungen vor: .

Zuschläge zur Reichserbschaftssteuer, eine Besteuerung der Konsum⸗ vereine, eine Erböbung der Stempelgebübren für Verträge über die Grrichtung von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftpflicht eine Erhöhung der Gerichtskgsten, der Bauvglizeigebübren, des Waffergeldes der Kaigebühren des Tonnengeldes, die Einführung einer Lusiba keitssteuer sowie die Ueberweisung der Zinsen des Reserve⸗ fonds der Feuerkasse an die Staate kasse.

Der Gesamtmehrertrag der Staatzeinnahmen wird auf sieben Millionen geschätzt.

El saß⸗Lothringen.

Im Landesausschuß wurde gestern bei der dritten Lesung des Etats über die Ver fassungsreform verhandelt. Wie . W. T. B. berichtet, bezeichnete der Abg. Laugel (entr.)

im Laufe der Debatte es als Pflicht der Reichsregierung, Elsaß⸗

Lothringen die Autonomie zu gewähren. Es sei ein großes Unrecht gewesen, das Land ohne seine Zustimmung ju

lothringischen Volkes über seine Verfassungewůnsche einzuholen, wofür er eine „Asasemblés econstituante vorschlage. Der St sekrefär Freiherr Zorn von Bulach antwortete, daß Laugels Traum pon einer Assemblée constituante“ sich nicht erfällen werde. Das Schicksal Elsaß Lothringens sei mit dem Frankfurter Frieden end⸗ gült'g erledigt worden. Im übrigen sei die angebotene Verfassungt= vorlage eine ganz gewallige Verbesserung, so namentlich auch in den drei Bundesratsstimmen. Sie ginge weit über das hinaus, was von den Mitgliedern des Ausschusses früher verlangt worden sei. Würde sie abgelehnt, so würde es noch Jahrzehnte dauern, bis eine Aenderung eintrete. Der Abg. Hauß Gentr.) ver—⸗ langte eine unabhängige Stellung des Statthalters gegenüber dem Kaiser, ein größeres Budgetrecht für die Zweite Kammer und eine Aenderung der Wahlkreiseinteilung, Zugeständnisse, ohne die die Vorlage für seine Freunde unannehmbar sei. Der Abg. Georg Wolf De,, verteidigte die Haltung der liberalen Par⸗ teien in Reichstage. Das Heilmittel gegen die Beschwerden wegen der Wahlkreiseinteilung liege im Proporz. Der Abg. Wet ters wollte nicht wahr haben, daß die früheren Anträge der elsaß-⸗lCoth⸗ ringischen Abgeordneten durch die Verfassungsreform befriedigt würden. Sie gäbe keine volle Autonomie, Bundesrat und Reichstag wären bei Verfassungs änderungen nicht völlig ausgeschaltet.

Defsterreich⸗ Ungarn.

Der König von Sachsen ist mit seinen Söhnen und Töchtern, „W. T. B.“ zufolge, zu achttägigem Aufenthalt in Abbazia eingetroffen.

Der bosnische Landtag hat gestern, W. T. B.“ zu⸗ folge, die Vorlage, betreffend die fakultative Kmetenablösung, in allen drei Lesungen angenommen.

Großbritannien und Irland.

Handelsvertrag zwischen England und Japan setzt, wie W. T. B.“ meldet, Ermäßigungen des neuen japanischen Tarifs zugunsten wichtiger Klassen von Textilfabrikaten fest, die für die britische Industrie von be⸗ sonderem Interesse sind. Die Zollsätze werden um ein Drittel bis ein Fünftel für die verschiedenen Klassen herabgesetzt. Die Sätze des neuen Zolltarifs für Eisen und Stahlblechplatten werden um zwei Neuntel bis zwei Fünftel, die für Roheisen um ungefähr ein Sechstel und die für Farben um ungefähr ein Drittel ermäßigt. Der Wert der britischen Einfuhr der genannten Artikel nach Japan beläuft sich auf ungefähr Zi 9 Millionen Pfund jährlich; die britische Einfuhr beträgt mehr als 80 Proz. der Gesamteinfuhr dieser Artikel. Der Vertrag setzt ferner fest, daß zehn Klassen japanischer Er⸗ zeugnisse, wie bisher, zollfrei in Großbritannien zugelassen werden. Die Einfuhr dieser Erzeugnisse hat gegenwärtig einen Wert von 2150 000 Pfund jährlich. Der Vertrag gewährt endlich beiden Ländern gegenseilig das Meistbegünstigungsrecht.

Frankreich. In der Deputiertenkammer stand gestern die Beratung des Kolonialetats auf der Tagesordnung.

Nach dem Bericht des W. T. B.‘ sagte der Abg. Chautempt im Verlaufe der Verhandlungen, daß man im Wadaigebiet eine fried⸗ liche Politik treiben und nicht der Politik der dortigen militärischen Befehle haber folgen müsse, deren Opfer Fiegenschuh und Moll ge⸗ worden seien. Der Abg. Bart he (geeinigter Sozialist) verlangte, daß über die Angelegenheit von Drijele eine strenge Unt rsuchung angestellt würde, da sie nach ,. Berichten die Folge eines Massakres gewesen sei, das von französischen Truppen unter Leuten, die mit

edlichen Absichten zu ihnen gekommen wären, angerichtet worden ei. (Widerspruch rechts und im Zentrum) Der RKolonialminister Me ssimp, ein Anhänger der Protektoratspolitit᷑ über muselman Bevölkerungen, meinte, wenn diese Version wahr wäre, so würde sie den französischen Waffen nicht zur Ehre gereichen. Er bedauere, daß im Innern Afrikas nicht eine Politik des Friedens befolgt worden wäre. Der Kolonialminister ging nochmals auf die Ereignisse im Wadaigebiet ein und teilte mit, daß zwischen den einzelnen Posten telegraphische Verbindungen hergestellt werden sollten, damit man den Truppen aufs schnellste Befehle zukommen lassen könne.

Im weiteren Verlauf der Sitzung entspann sich eine Debatte über die Ngoko⸗Sangha⸗Angelegenheit, die Entschädi⸗ gungsforderung der genannten Gesellschaft für die Verluste au Gebiet und Handelsvorteilen, die sie infolge der Grenzregelung zwischen Kamerun und Französisch-Congo erlitten haben will.

Der Finanzminisier Caillaux erklärte, die Regierung, die die Rechtsgültigkeit der Forderung der Ngoko⸗Sangha⸗Gesellschaft nicht anerkenne, beabsichtige, im Einvernehmen mit früheren Kammer⸗ beschlüssen das System der großen Konzessionen auffugeben und dafur das System der Zuerteilung kleiner Besitzungen anzunehmen. Frankreich müsse Herr in seinen Kolonien bleiben.

Italien.

Der Kronprinz und die Kronprinzessin des Deutschen Reiches sind gestern nachmittag in Rom ein⸗ getroffen und, W. T. B.“ zufolge, auf dem Bahnhof von dem König Viktor Emanuel und der Königin Helene sowie den Ministern, Vertretern der Behörden und den Herren der deutschen Botschaft empfangen worden. Nach der Be⸗ grüßung und der Vorstellung der beiderseitigen Gefolge hieß der Bürgermeister namens der Stadt den Kron⸗ prinzen und die Kronprinzessin willkommen, die sich hiernach mit den Majestäten unter d, ü, Kund⸗ gebungen der Bevölkerung nach dem Quirinal begaben. Später statteten der Kronprinz und die Kronprinzessin der Königin⸗ Witwe Margarete in ihrem Palais einen Besuch ab, von we aus der Kronprinz nach dem Pantheon fuhr, um Kränze auf den Gräbern der Könige Victor Emanuel II. und Humbert J. niederzulegen.

Der

Spanien.

Ein Rotbuch über Marokko, das alle Dokumente seit den letzten drei Jahren enthält, befindet sich gegenwärtig im Druck und wird dem Parlament noch vor den 5 übergeben werden. Ein anderes Rotbuch über die Be⸗ 6 6 zwischen Spanien und dem Vatikan ist in

orbereitung.

In der gestrigen Sitzung der Deputierten kammer wurde die Debatte über die Fe rrerangelegenheit fortgesetzt.

Nach dem Bericht des W. T. B.“ erklarte der kataionische Republikaner Salvatella gegenüber der Behauptung des Konser⸗ vat wen Sagnier, die Verurteilung Ferrers sei zu Recht erfolgt, daß er Augenzeuge der Erelgnisse vom Juli 1909 gewesen sei. Ferrer könne nach seiner Ueberzeugung nicht als Haupt der da— maligen Bewegung angesehen werden, niemand in Barcelona habe etwas von einer Beteiligung Ferrers an der Be— wegung gewußt, ehe die Justiz öffentlich davon gesprochen habe. Jachdem im weiteren Verlauf der Sitzung der Kriegsmin'ster Luque zugunsten des Militärstrafgesetzbuchs ge— sprochen hatte, wandte sich der Ministerpräsident 66 energisch gegen die Angriffe der Republikaner und erklärte, er sehe

annertleren. Um diese Ungerechtigkeit wieder gut zu machen,

fei es vor allem notwendig, die Meinungen des elsaß⸗

darin eine Aufforderung zur Disziplinlosigkit. Es sei nicht angänzig—

daß sich die Kammer zum Richter über den Prozeß Ferrer aufwerfe. ö kündigte sodann an, daß nach ö . ir die 36 gierung das Wort ergreifen werde, um zu untersuchen, ob die Ver⸗ handlung nicht der Ausgangspunkt einer verwerflichen Kampagne außerhalb der Kammer sei.

Nach der Sitzung fand ein Ministerrat statt, der sich namentlich mit der marokkanischen Angelegenheit be— schäftigte, der die Regierung große Aufmerksamkeit zuwendet.

Portugal.

Der Ministerrat hat die Wahlen auf den 28. Mai festgesetzt und das Wahlgesetz, „W. T. B.“ zufolge, dahin ab⸗ geändert, daß es gemeinen Soldaten, Unteroffizieren und Zipwil⸗ personen, die des Lesens kundig sind, eine Stimme gewährt. Der Justizminister hat dem Ministerrat ein Gesetz über die Trennung von Staat und Kirche unterbreitet, das noch in dieser Woche veröffentlicht werden soll.

Griechenland.

Wie die „Agence Havas“ meldet, hat eine türkische Patrouille gestern an der Grenze einen griechischen Posten angegriffen, der das Feuer erwiderte. Drei türkische Soldaten wurden getötet. Die Patrouille befand sich auf griechischem Boden.

Serbien.

Der Finanzausschuß hat gestern der Skupschtina den Bericht über den Staatsvoranschlag für 1911 unter⸗ breitet. Wie „W. T. B.“ meldet sind die Einnahmen mit 19 918 839, die Ausgaben mit 119 915 575 Dinars festgesetzt.

Bulgarien.

Ein gestern über das Programm des neuen Kabinetts veröffentlichtes Communiqué besagt, „W. T. B.“ zufolge, das Kabinett werde bestrebt sein, durch eine friedfertige äußere Politik das Vertrauen der Großmächte zu rechtfertigen und mit ihnen sowie mit allen Nachbarstaaten freundschaftliche Be⸗ ziehungen zu unterhalten.

Montenegro. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist der General Wukotitsch an die Grenze nach Tuzi entsandt worden, um als Oberkommissar alle zur Einhaltung strengster Neutralität erforderlichen Maßnahmen zu treffen.

Amerika.

Im amerikanischen Kongreß gelangte gestern die Botschaft des Präsidenten Taft zur Verlesung, durch die der Kongreß zu einer außerordentlichen Session einberufen wird. Sie behandelt ausschließlich das Gegenseitigkeits⸗ abkommen mit Canada und empfiehlt dringend, bald zu einer Entscheidung zu kommen. Die Botschaft be—⸗ zeichnet, „W. T. B.“ zufolge, das Abkommen als das Ergebnis ernster Bemühungen der Regierungen der Ver⸗ einigten Staaten und Canadas, um eine Vereinbarung über den Handel zu erzielen, die die freundschaftliche Beilegung ver⸗ schiedener diplomatischer und politischer Fragen ergänzen sowie den Handel fördern und die bestehenden freundlichen Beziehungen festigen würde. Nachdem die Botschaft des Präsidenten ver⸗ lesen worden war, wurde sie vom Senat dem Finanzkomitee und vom Repräsentantenhause dem Komitee für Mittel und Wege über⸗ wiesen. Das Repräsentantenhaus schritt sodann zur Debatte über die Anträge der demokratischen Partei, die vorschlagen, daß die Komitees gewählt und nicht vom Sprecher ernannt werden. Es erscheint gewiß, daß diese Vorschläge angenommen werden. Im Senat setzten der Staatssekretär Knox und der Marineminister Meyer die Gründe auseinander, warum man Argenlinien die Benutzung der geheimen Pläne für die amerikanischen Dreadnoughts gestattet habe.

Asien.

Einer Meldung des ‚W. T. B. zufolge haben die Truppen im Jemen am 1. d. M. bei Benischualb einen An⸗ griff gegen die Rebellen unternommen und sie unter großen Ver⸗ lusten aus ihrer Stellung vertrieben.

Afrika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Fes vom 1. d. M. war die Lage an den letzten zwei Tagen unverändert. Ab⸗ teilungen von Berbern bedrängten die Stadt. Das Verhältnis der Hyain zu dem Machsen ist weniger gut. Abgesandte von ihnen werden zur Mitteilung der Bedingungen für ihre Unterstützung nächsten Sonntag in Fes eintreffen; wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden, so werden sie in das Gebiet der Scheraga und der Uled Jamaa, die dem Machsen treu bleiben, Raubzüge machen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Herrenhauses und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses 1 Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten

eilage.

Statistik und Volkswirtschaft.

Statistik über die Fürsorgeerziebung Minderjähriger in Preußen im Jahre 1909/10.

Die im Ministerium des Innern bearbeitete Statistik über die Fürsorgeer ziehung Minderjäbriger ist fert für das Rechnungsjahr B09, das bis zum 31. März 1910 lief, erschienen Im PVoibericht werden die bedauerlichen Vorkommnisse im Fürsoragestift zu Mieltschin besprochen. Die Verfehlungen sind im wesentlichen darauf zurück= zuführen, daß die Eriiehungsansalt ohne staatliche Genehmigung, bei deren Erteilung die Qualifikation des Erziehberpersonals bätie geprüft werden müssen, eröffnet wurde. Auch ist bei der Auswab! der öglinge, die in der offenen k, , untergebracht wurden, nicht mit der gebotenen Sorgfalt verfahren worden. Unter diesen Un ständen war die Erziebung der der Anstalt zu⸗ gewiesenen Zöglinge auch für auegezeichnete Kräfte eine faum erfüllbare Aufgabe und mußte vollends fehlschlagen, da Erziehung und Disziplin in den Händen ungeeigneter Persönlichkeiten lagen. Dech dies darf nicht dazu verleiten, die Grundsätze des , . eriehungegeseßzes allgemein als verfehlt zu bezeichnen. Das Gesetz bat, wie auch die vorliegende Statistik bezeugt., unleugbar gute Er— solge erzielt. Wenn man erwägt, deß am Schlusse des Berichts= ahres in Preußen 46191 Fürsorgezöglinge vorhanden waren, und

(bei ihrer Erziehung rund 458 Anstalten und 2813 Erzieher beteiligt sind, so dürfen die Verfehlungen einzelner nicht dazu benutzt

den, die ganze Einrichtung zu diskreditieren. Vielmehr muß im

Hinblick darauf, daß die Erfolge der Erziehungearbeit bei 70 v. H. der männlichen! 3 bei . 68 v. H. der weiblichen Zäglinge befriedigend gewesen sind, anerkannt werden, daß alle berechtigten Frwartungen nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen worten sind. Die Aasfübrungs behörden sind gleichwohl fortgesetzt bestrebt, die bestehenden Einrichtungen zu vervollkocmmnen und die außer⸗ ordentlich schwierigen Grzichungsaufgaben jweckmäßig zu lösen. So wird den Pfychopathen unter den Zöglingen in besonderen Pflege— oder Erziehung sanftalten eine ihrer Geistesverfassung angemessene Be— handlung zute l. Ferner wird für die verbesserte Ausbildung und Fortbildung des Eriieberperfongls Sorge getragen. Daneben ist die Aufsicht über die Anstalten der Fürsorgeerziehung neugeordnet worden; zum Teil sind besondere Eiziehungsinspettoren angestellt, zum Teil bewährte Anstaltsleiter als sachkundige Berater zugezogen. Endlich ist für alle Anstalten eine Neuregelung des Disʒziplinarstrafwesens herbeigeführt.

Bie Zahl der Fürsorgezöglinge betrug am Ende des Rech— nunge jahres 199 45191, d. s. 1862 mehr alt im Vorjahre, An dem an⸗ gegebenen Bestande war das männliche Geschlecht mit 675 v. H. und das weibliche mit 32,5 v. H. beteiligt. Dem Religions bekennt— nisse nach waren 62,9 v. H. epangelisch, 36,8 v. H. katholisch und O, 3 v. H. Juden.

Der Fürsorgeerziehung sind im Jahre 1909 8008 Minderjährige überwiesen worden, d. b. 645 mehr als im Vorjahre, überhaupt mehr als in einem der früheren Jahre. Nach Alterẽsgruppen unter— schieden, waren 35s Zöglinge bis 6 Jahre, 2165 6 bis j2 Jahre und 5487 12 bis 18 Jahre alt. Die Altersklassen von 16 bis 18 Jahren sind am Zugange stärker als zuvor beteiligt. Aus den statistischen Uebersichten sei noch hervorgehoben, daz die, Zöglinge mit regelmäßigem Schulbesuch und voller Volkeschulbildung zablreicher als im Vorjahre sind, und daß die Zahl der gerichtlich bestraften Zöglinge im schulpflichtigen Alter abgenommen hat, während die Zahl der vorbestraften Zöglinge im nachschulpflichtigen Alter gestiegen ift. Wie wenig übrigens Bestrafungen im schulpflichtigen Alter nutzen, zeigt eine Uebersicht, laut welcher von den Zöglingen, die im nachschalpflichtigen Alter bestraft wurden, bereits 18,4 v. H. der männ⸗ lichen und 10 v. H. der weiblichen gerichtlich und von diesen wiederum 9 v. H. der männlichen und 24 v. H. der weiblichen mit Gefängnis vorbestraft waren.

Die im Jahre 1909 überwiesenen Zöglinge stammen aus 6721 Familien. Albeitsscheu, Trunksucht, Ünzucht und geistige Mindermertigkeit der Eltern bilden nach wie vor in zahlreichen Fällen den Grund der Vernachlässigung der Erziehung der Kinder; so standen 27 Mütter des letzten Jahrgangs unter Sittenkontrolle. Bei mehr als einem Drittel aller Zöglinge waren die Eltern lasterhbaft oder geistig minderwertig. Die ärmsten Familien stellen das größte Kontingent der Zöglinge, doch steigt neuerdings die Zahl der Familien, die ein Einkommen von 900 bis 3000 haben.

Im Abschnitt über die im Jahre 1909 Ausgeschie denen wird berichtet, daß in diesem Jahre, abgeseben von den infolge von Krankheit, Tod und Auswanderung aus den Anstaltslisten gestrichenen Zöglingen, 4130 Fürsorgezöglinge, die in den Jahren 1901 bis 1908 eingeliefert worden waren, endgültig aus der Fürsorgeerziehung ent— lassen worden sind. Es schieden aus: als gebessert 1621 männliche und 914 weibliche Zöglinge (— 62,5 und 594 v. H.), mit zweifel⸗ haftem Erfolge 485 männliche und 417 weibliche (— 187 und 27, v. H.) und als ungebessert 485 männliche und 208 weibliche ( 18, und 13.5 v. H.). eber die letzte Führung der Fürsorgezöglinge aus den Jahren 1901 bis 1908 werden Angaben gemacht, nach denen aus dem Jahrgang 1908 3774 männlichen und 1753 weiblichen Zöglingen das Prädikat befriedigend zuerkannt werden konnte. Die befriedi⸗ gende Führung wurde hiernach für 83,6 v. H. männliche und 76.4 v. H weibliche Zöglinge festgestellt während 740 ( 16,4. v. H.) männliche und 43 (— 26,3 v. S.) weibliche Zöglinge sich ungenügend führten. Die Prozentzahlen für die Zöglinge aus den vorhergehenden Jahr— gängen sind ähnlich, unterliegen aber beträchtlichen Schwankungen; die Fübrungsergebnisse aus den älteren Jahrgängen sind teilweise er⸗

heblich besser.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Aussland der Stukkateure in Frankfurt a. M. (gl. Nr. 582 d. Bl.) ist, der „Keln. Ztg. zufolge, durch Verständigung zwischen Arbeitgebern und Arbeltnehmern beendet worden.

In der Ravenauer Stuhlindustrie ist, wie der Frkf. Ztg.“ aus Dresden telegraphiert wird, ein Streik ausgebrochen, an dem bis jetzt . wn, ᷓee. .

n den Singer⸗Näbmaschinenwerken in Glasgow (ywgl. Nr. T2. d. Bl.) ist, wie W. T. B.“ meldet, der Aue al , Die Arbeit wird am 7. 8. M. wieder aufgenommen werden.

Die ausständigen Hafenarbeiter in Rouen haben, wie 8a B.“ erfährt, die Arbeit wieder aufgenommen. (Vgl. Nr. 82

In Deville bei Möru (Departement Oise) rotteten sich, wie W. T. B.‘ berichtet, die aus ständigen . (vgl. Nr. 81 d. Bl.) zusammen, um den Arbeitswilligen den Zugan zu den Fabriken zu versperren. Kavallerie schritt ein und trie die Rubestörer auseinander. Wie es heißt, sind die Bebörden in den Hesiß eines Schriftstücks gelangt, nach welchem das Ausstands— komitee beschlossen hat, die Telegrarhen⸗ und Telephonleitungen zu zerstören und die Fabriken anzugreifen, deren Besitzer sich bisber geweigert haben, den neuen gemeinsamen Arbeitsvertrag zu unter—

jeichnen.

Der Ausstand der Setzer in Helsingfors, der Ende vorigen Jahres begonnen hat, s W. T. B. zufolge, durch eine Vereinbarung mit den Arbeitgebern, die für fünf Jahre Gültigkeit haben soll, beendet worden.

Aus Seraje wo wird dem . W. T. B. telegraphiert: Wegen Nichthewilligung einer Teuerungszulage begann das Personal sämtlicher Druckereien die passive Resistenz. Die Blätter erscheinen nur mit einer Seite Text.

(Weitere Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten und Dritten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft.

Im Aprilheft der Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen“ befinden sich interessante Mitteilungen über * dem Museum für Völkerkunde von dem Kolonialdirektor Mayntzhusen (Alto Parand) geschenkte Sammlung von G brauchs gegenständen der Guayagul, die die Primitivität dieses scheuen Jaͤger⸗ und Sammlervolkegs aufs deutlichste zeigen. Von der größten Bedeutung für die Kultur dieser Eingeborenen ist die r, , . deren Bestandteile jzu allen möglichen Gegenständen verarbeitet werden. Aus ihren Blättern ver fertigen die Gu waqui z. B. Tragtaschen und Körbe, und zwar meist so, daß sie aus elnem einzelnen Blatt hergestellt werden, dessen fester Teil, die Blattrippe, das Gestell liefert, während die Blattfläche, in einzelne Streifen aufgelöst, zur Heistellung des Geflechtes dient. Derartige Körbe werden an Tragbändern, die eben⸗ falls us Pindoblättern geflochlen sind, getragen. In diesen Behältern verwahren die Männer u. a. ihre Pfeilspizen aus Alakrinholz, die mit Bast am Rohrschaft befestigt werden. In einer dem Miuseum geschenkten Tasche, die angeblich von einem kleinen Mädchen geflochten sein soll, befanden sich Flaschenkärbisse, die durch Einschneiden einer unden Oeffnung in Kochtöpfe und Trinkgefäße umgewandelt sind, sowie Muscheln, aug denen die ebenfalls in der Sammlung verttetenen Muschel⸗ hobeln durch Cinschlagen kreisförmiger Löcher hergestellt wurden. Ferner werden aus Pindogeflecht Matten, Feuerfächer und Taschen zum Auf⸗ bewahren von Pfeil federn hergestellt; aus dem Blütenschaft der Pindo⸗ palme, verfertigen die Guayaqui ein pinselartiges Gerät, das als

Besteck beim Essen von Honig dienen oll. Neben der Pindopalme

spielt der sogenannte Guembebast eine wichtige Rolle im Haushalt der Guayaqui. Er bildet das Bindematerial für mannigfache Zwecke sowie zur Umwicklung von Kalebassen. Aus solchem Bast besteht auch ein interessantes, gänzlich neues Stück der Sammlung: ein Kleidungestück, eine Art Umschlagetuch., das auf der Vorderseite mit einer Trephäenschnur, an der Tierzähne, Hirschklauen und Fellstüccken hängen, verziert ist. Auch eine angebliche Kinderhängematte, die nicht fertig gestellt ist, zeigt dasselbe Material. Die Vorliebe der Wilden für Schmuck findet bei den Guayaqui ihren Ausdruck in der eben erwähnten Anbringung von Trophäenketten, dann aber auch in einzelnen Schmuckstücken, die meist in Zähnen von Affen und Wildschweinen bestehen. Aber auch Raub⸗ vogelkrallen, Fellstückchen und rote Spechtfedern sind, in der Regel ohne Symmetrie, zu Schmuckstücken verarbeitet. In der Sammlung finden sich auch zwei Feuerzeuge, eines aus Otterfell, das andere in Form eines geknüpften Täschchens. In diesen Behältern liegen zwei Stückchen Holz; das eine zeigt eine Vertiefung, in der das andere rasch gedreht wird, um Feuer zu erreiben. Die Speisen werden in schwarzen Tontöpfchen oder Kalebassen gekocht, Flüssigkeiten in geflochtenen Gefäßen aufbewahrt, die mittels Wachses gedichtet sind. Die Hauptbeschäftigung der Männer ist die Jagd mit dem Bogen, dessen Holzschaft die Pindo⸗ palme liefert. Neben scharfspitzigen Pfeilen werden solche mit ab⸗ gestumpften Knöpfen (zur Vogeljagd) benutzt; vielfach sind in den Rohrschaft des Pfeils kleine Löcher eingebrannt, wodurch die Pfeile tönend gemacht werden; abgeschossen lassen sie ein eigentüm liches Geräusch hören. Schon die Kinder lernen, mit Pfeil und Bogen umzugehen. Als andere Waffe und zugleich als Werkzeug dient eine Art aus keulenartigem Holzschaft, an dem eine Licke Steinklinge steckt. Aus europäischen Bandeisenstücken und Rad⸗ reifen stellen die Wilden eiserne Messer her, die sie in Holzschäften befestigen. Von kleineren Hausgeräten seien halbierte kleine Flaschen⸗ kürbisse, Hirnschalenstücke vom Reh und unbearbeitete Muscheln ge⸗ nannt, die als Löffel dienen; Schildkrötenschalen oder Gürteltier⸗ panzer dienen als Eß⸗ oder Farbnäpfe, ein Kuhhorn als Trompete.

Demselben Herrn Maynßzhusen verdankt das Museum eine große Sammlung archäologischer Funde aus derselben Gegend. Die meisten Gegenstände sind im Muschelhaufen in Jaguarazapä (Alto Paranä) ausgegraben worden. Neben Urnen mit Knochen- und Steinresten lenken hier prachtvoll ornamentierte Gefäßscherben die Aufmerksamkeit auf sich. Zu bewundern ist die haarscharfe, glatte Führung der geraden und gebogenen Linien; um so mebr, als sie doch wahrscheinlich mit einem primitiven Instrument ausgeführt sind. Die Farben keschränken sich auf rot und schwarz; der Grund ist in der Regel glänzend weiß, selten hellbraun; die Typen des geradlinigen und Serpentinmuster sind in zahlreichen Ab— änderungen vertreten. Alle Gefäße stimmen im Typus ziemlich genau mit den in Rio Grande do Sul und Santa Catharina gefundenen überein, die man wohl mit Recht den Guarani zuschreibt. Die Ver⸗ fertiger dieser Tongefäße dürften also auch weiter nördlich, im Guayaquigebiet (Alto Parana) gesessen haben.

Im Salon Paul Cassirer in der Victoriastraße sind jetzt neben zwei schönen älteren Werken von Hans Thoma, wie dem „Sommermorgen. und der Villa Borghese“ vom Anfang der acht⸗ ziger Jahre und dem vorzüglichen Bildnis Josepyh Gungls von Wil⸗ helm Trübner einige französische Bilder zu seben, darunter fönf ausgesprochene Ladenbüter von Claude Monet Besser vertreten ist Sisley mit zwei Landschaften und Camille Pissaro vornebm— lich mit der in der Farbe ungemein feinen Ansicht der Place du Théatre frangais. Etwas eintönig ist die lange Reihe der Landschaften, die Walter Bondy aucgestellt bat. In den Arbeiten von Hans Purrmann steckt offenbar viel Fleiß, doch ist der Künstler der sehr laren Farben, die er anwendet, nicht Herr geworden. Er setzt rie Töne in ihrer höchsten Sättigung derartig unüberlegt nebeneinander, daß nicht nur einzelne schrille Dissonanzen entstehen, sondein daß sich überhaupt keine einzige Farbe als führende durchsetzen kann. H.

Wie die Münchner Neuesten Nachrichten melden, ist gestern der Kunsthistoriker Dr. Berthold Riehl, Professor an der Münchener Universität, gest orben. ;

In St. Petersburg ist, . W. T. B.“ zufolge der Orientalist Profe ssor Chwolson gestorben.

Literatur.

Das wichtigste Mineral, das unsere Erde birgt, ist die Steinkohle; denn es gibt beute niemanden, der nicht direkt oder indirekt ihre Einflüsse verspürte, dessen Wohlergehen nicht von ihr abhinge. Daher sind für den Kulturmenschen die Fragen von höchster Bedeutung: Was ist denn eigentlich Steinkohle, wie ist sie entstanden und wind sie nicht eines Tages verbraucht sein? Der Landes geologe und. Professor an der Bergakademie zu Berlin, Dr. Heniv Potonis, hat sich diese Fragen zum Thema genommen für eine Abhandlung, die er im 7. Bande von Hans Kraemers illustriertem Prachtwerke Der Mensch und die Erde“ ver⸗ öffentlicht. Der Verfasser hat auf weiten Reisen das Material für seine Arbeit gesammelt, deren hohen Wert schon der Ruf dieses Gelehrten verbürgt. Was diese Arbeit aber noch besonders auszeichnet und empfiehlt das ist die große Zahl von umfangreichen farbigen Bilder⸗ beilagen und Textillustrationen, von denen jede einzelne eine Seltenheit von besonderem Werte darstellt. Mit Hilfe dieser bildlichen Text- erläuterungen wird selbst jedem Laien das Studium dieser gewiß interessanten und aktuellen Frage leicht und eine Freude sein. Uebrigens bietet auch der Inhalt der übrigen soeben beim Deutschen Verlagshaus Bong u. Co., Berlm W. 57 (Lieferung zu 80 ) er⸗ schienenen Lieferungen 120 124 eine reiche Fülle des Interessanten und Wertvollen. Sie bilden den Anfang des unter dem Untertitel Der Mensch und das Feuer“ erschienenen 7. Bandes und zeigen, unterstützt durch ein reichhaltiges Bildermaterial, wie das Feuer als Kraft-, Lickt⸗ und Wärmequelle ju den grundlegenden Bedingungen alles Lebens gehört. Auch dieser Band wie die vorhergehenden wird zu den seltenen Büchern zählen, die als ein wertvolles Bildungs reittel zu empfeblen sind.

Das Aprilbeft der Deutschen Rundschgu“ bringt den Schluß der Würdigung der Denkwürdigkeiten vom Prinzen Friedrich Karl durch den Generalfeldmarschall Freiherrn von der Goltz. Die Veröffentlichung der neuen Briefe von Wilhelm von Humboldt an Schiller endigt mit interessanten Briefen aus Rom und einem Brief aus Tegel, der Urteile über die Remantiker und Schillers Turandet enthält. Fregattenkapitän j. D. Walther untersucht Canadas Be⸗ ziehungen zu England und den Vereinigten Staaten, während Vermann Oncken dag gegenseitige Verhältnis von Deutschland und Desterreich seit der Gründung des neuen Reiches beleuchtet. Friedrich Wiegand erörtert die Stellung Schleiermachers zu den Frauen. Das Heft bringt ferner eine Künstlernovelle Arme Komödianten‘ des Desterreichers Adam Müller Guttenbrunn. Georg Gronau und Mela Escherich würdigen Neuerscheinungen der Kunstgeschichte, während Julius Rodenberg und Rudolf Pechel die neuere deutiche Dichtung besprechen. Eine Uebersicht über Neuerscheinungen des Buchermarktes schließt das Heft ab.

Das Aprilheft der Deutschen Revue“ hat folgenden In⸗ halt: C. Freiherr v. d. Goltz, Generalfeldmarschall: Stellung und Einkommen. Robert Gaupp (Tübingen): Das Pathologische in Kunst und Literatur. Max Burdhard: Erinnerungen an Josef Kalnz Otto Wiener: Vogelflug, Lufifahrt und Zukunft. M. von Brandt: Die gelbe Gefahr. Heinrich von Poschinaer: Aus Bismarcks dunkelsten Perioden. Rosendahl, Konteradmiral z. D.: Dreadnougbts oder nicht? A. Forke, Professo am Seminar für orientalis e Sprachen: Die Chinaforschung in ihren Beziehungen zu anderen Wissenschaften. Professor Archibald Henderson (Chapel Hill, North Carolina): George Meredith. Gerhard Ritter (Heidel⸗

berg): Altersbriefe Ludwig von Gerlachs. Ungedruckte Briefe des