1875 / 282 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 30 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

8E111“ 11“ 1“ ußland und Polen. t. Petersbu g, 28. No⸗

vember. Auf die telegraphischen Depeschen an den König

Oskar II. von Schweden, welche am 11. November von

dem Professor Nordenskjöld zu Ehren gegebenen Festdiner abgegangen waren, ist unter der Adresse des Vize Präsidenten der Gesellschaft zur Beförderung des russischen Handels und der Industrie, Hrn. A. G. Solotarew, und des Präsidenten der Abtheilung der Gesellschaft zur Beförderung russischer Seehandels⸗ schiffahrt, Hrn. Admiral Newelskij, folgende telegraphische Ant⸗ wort des Königs hier eingetroffen: ““ „Stockholm, den 12. November. Indem ich Sie bitte, der Ge⸗ sellschaft zur Beförderung russischen Handels und der Industrie meine Erkenntlichkeit für das mir übersandte Telegramm mitzuthei⸗ len, empfinde ich Freude bei dem Gedanken, daß der durch die schwe⸗ dische Expedition entdeckte neue Seeweg zur Entwickelung des Reich⸗ thums des russischen Reiches und Asiens dienen werde, und gebe den aufrichtigsten guten Wünschen für Ihren hochherzigen Monarchen und Ihre ganze Nation Ausdruck. ar.

Beide Gesellschaften erhielten eine wörtlich übereinstimmende Antwort. Zur Einschränkung der Zahl der Getränke⸗ Anstalten finden, der „Mosk. Ztg.“ zufolge, Verhandlungen zwischen dem Finanz⸗Ministerium und dem Ministerium des Innern darüber statt, ob nicht erstens den sogenannten Ein⸗ fahrten das Recht des Handels mit starken Getränken genom⸗ men werden und auf städtischen Jahrmärkten die Eröffnung von höchstens vier Getränke⸗Anstalten gestattet werden soll.

Asien. China. Shang hai, 25. November. (W. T. B.) Der britische Gesandte Wade ist nach Peking zurückgekehrt. Nach der Meldung eines von Jün⸗Nan angekommenen Rei⸗ senden war der Letztere mit Grosvenor und dessen Gefolge zusammengetroffen und hatte Grosvenor benachrichtigt, daß in der Nähe von Jün⸗Nan starke Truppenmassen zusammen⸗ gezogen seien, und daß wahrscheinlich gegen die stipulirte Unter⸗ suchung über die Ermordung ⸗Margary's Einspruch und Widerstand erhoben werden würde.

Vereinswesen.

Dem soeben ausgegebenen 4. Bericht über die Waksamkei der „Kaiser⸗Wilhelm⸗Stifung für deutsche Inpaliden“ (für 1874) entnehmen wir, daß die vom Vereine gewährten Unter⸗ stützungen sich auf 331,196 beliefen, gegen 356,116 im Jahre 1873 und 323,296 in 1872. Die Zahl der Hülfesuchenden betrug an Invaliden vom Feldwebel abwärts 2294, an Hinterbliebenen derselben 1400, an Offizieren und Beamten 168, an Hinter⸗ bliebenen derselben 125, in Summa also 3987 Personen. Die Einnahmen der Stiftung betrugen 1,435,211 Thlr. 4 Sgr. 6 Pf., die Auegaben 127,165 Thlr. 20 Sgr. 4 Pf., so daß also ult. De⸗ zember 1874 ein Bestand von 1,308,045 Thlr. 14 Sgr. 2 Pf. blieb; das Vorjahr schloß mit einem Bestande von 1,361,503 Thlr. 9 Sgr. 10 Pf. ab; hiernach hat sich der Kapitalstock um 53,457 Thlr. 25 Sgr. 8 Pf. verringert. Es rührt das zum Theil daher, daß an Einnahmen der Centralfonds gegen die pro 1873 auf 50,991 sich berechnenden Zuwendungen an einmaligen und laufenden Beiträgen

im Jahre 1874 19,986 verzeic nen sind. Ueberhaupt betrug der Zuschuß, welcher von dem Kapitalstock des Central⸗ fonds 1874 zu“ den laufenden Ausgaben geleistet werden mußte, 160,373 ℳ, nach Abzug des in bestellten Kautionen belegten Ka⸗ pitals von 15,225 ℳ, 145,148 ℳ; 1873 ist eine Min⸗ derung des Fonds um 202,423 nothwendig gewesen. Wie in den Vorjabren, sind auch 1874 einer großen Anzahl von Invaliden, sowohl Offizieren als Mannschaften Badeunterstützungen theils durch baare Beihülfen, theils durch freie Unterkunft, Verpflegung und Bäder für Vereinsrechnung gewährt worden. Auch bezüglich dieses Zweiges der Verwaltung sind die an die Stiftung gestellten Anforderungen nicht bemerkenswerth zurückgegangen: 1873 wurden an Badeunter⸗ stützungen im Ganzen verwendet 49,740 1874: 47,693 Die Zahl der Zweigvereine ist in Preußen um 14 (Posen 5, Schlesien 2, Hannover 3, Rheinprovinz 3 und Schleswig⸗Holstein 1) estiegen, während 1873 deren 34 zugekommen waren; im Wanzen be⸗ Sgen gegenwärtig in Preußen einschließlich 6 Provinzial⸗ und 4 Be⸗ irksvereinen 339 Zweigvereine. Die Thätigkeit der bayerischen

ereine war eine recht rege, da an Unterstützungen gewährt worden sind: 26,676 Fl. an 1022 Invaliden vom Feldwebel abwärts, an Hinterbliebene derselben 2623 Fl. an 112 Personen, an Offiziere, Aerzte ꝛc. und deren Hinterbliebene wurden 4279 Fl. Unterstützungen bewilligt. Der Landesverein und die Kreisausschüsse batten am Schlusse des Jahres einen Bestand von 127,0258 Fl. Der sächsische Landesverein hatte unter Zuwachs an Zinsen mit 27,921 eine Einnahme von 446,852 Darvon sind ver⸗ ausgabt 48,167 zu Unterstützungen für 604 Invaliden vom Feldwebel abwärts und 358 Hinterbliebene, darunter in 2 Fällen solche von Offizieren. In Württemberzg hat der Verein an ständigen Jahresbeiträgen gewährt 1874 an 453 Invaliden 18,1.4 Fl, an 375 Hinterbliebene 1036 Fl., zusammen 28,231 Fl.; außerordentliche Beiträge an 67 Invaliden 3527 Fl., an 17 Hinterbliebene 758 Fl, zusammen 4285 Fl. Die Ge⸗ sammteinnahme des Landesvereins betrug 1874: 173,248 Fl., der eine Ausgabe von 172,156 Fl. gegenüberstand. Das Vermögen des Landesvereins erreichte die Höhe von 374,367 Fl. In Baden belief sich Ende 1874 das Gesammtvermögen auf 533,522 Fl. An Unterstützungen wurden gewährt 40,712 Fl., dar⸗ unter 39,871 Fl. durch die Bezirksvereine. Der hessische Hülfs⸗ verein hat im Jahre 1874 an Zuwendungen und laufenden Bei⸗ trägen 5195 Thlr. gehabt. Zur Vertheilung sind gelangt: an 177 Invaliden vom Feldwebel abwärts 3245 Thlr., an 93 Hinterbliebene 1191 Thlr., an Offiziere, Aerzte ꝛc. 501 Thlr, an deren Hinterbliebene 219 Thlr. Der Vorsitzende des Verwaltungs⸗Ausschusses der Haupt⸗ stiftung ist der General der Infanterie z. D. v. Etzel, als Schrift⸗ führer fungirt der Ober⸗Tribunals⸗Rath v. Holleben.

In der gestern abgehaltenen außerordentlichen Sitzung der deutschen Gesellschaft für öffentliche Gesundheits⸗ pflege wurde die Frage behandelt, ob es ratbsam sei, eine Resolu⸗ tion, betreffend die Aufrechterhaltnng des Reichsimpfgesetzes, an den Reiche⸗tag abgehen zu lassen. Nachdem der Reichstagsabgeord⸗ nete Dr. Zinn über die zahlreichen, mit mehr als 23,000 Unterschriften versehenen, dem Reichstage bereits vorliegenden Petitionen, bezweckend die Aufhebung des 1874 erlassenen Reichsimpfgesetzes, berichtet hatte, wurde nachstehende von dem Vorsitzenden, Geh. Medizinal⸗Rath Prof. Dr. Hirsch formulirte Resolution: Die deutsche Gesellschaft für öffen⸗ liche Gesundheitspflege in Berlin erblickt in dem im Jahre 1874 ver⸗ öffentlichten und seitdem in Kraft getretenen Reichsimpfgesetze einen in hohem Grade erfreulichen Fortschritt in der öffentlichen Gesundheitspflege, indem sie von der Ueberzeugung durchtrungen ist,

daß die Einwendung der Gegner auf falschen Voraussetzungen und groben Irrthümern beruht. Seit der Veröffentlichunz des Reichs⸗ Impfgesetzes ist keine Thatsache bekannt geworden, welche den hohen Werth der Vacc'nation resp. Revaccination zu entkräften oder Bedenken gegen die gesetzlichen Maßregeln wach zu rufen im Stande gewesen wäre. Daher muß die Gesellschaft vom Standpunkte der Wissenschaft und im Interesse der Humanität gegen alle Versuche, die auf Beseitigung oder Abschwächung des Reichs⸗Impfgesetzes gerichtet sind, entschieden Protest erheben,“ einstimmig angenommen. Hieran schloß sich ein eingehender Bericht des Vorsitzenden über die Berathungen der vor⸗

jährigen Seuchenkonferenz zu Wien.

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Dem „Standard“ wird aus Rom telegraphirt: „Eine Ent⸗ deckung von großer historischer Wichtigkeit ist soeben bei Bauarbeiten in der neuen Via Nazionale gemacht worden. Im Grundzemäuer des Palazzo Antonelli wurde ein vollkommener Bogen aus der Zeit des Servius Tullius gefunden. Dies war zweifellos die Porta Fontinalis des Livius.“

Der Naturforscher Charles Darwin, der im verflosser e⸗ Sommer erst in seinem Werk über „Insectivorous Plants“ hosfnce neuer und wichtiger Thatsachen aufdeckte, hat die Welt schon wieder mit einer Untersuchung auf demselben Gebiet überrascht. In Darwins jüngster Schrift: „The movements and habits of climbing plants“ finden sich seine Studien und Beobachtungen über die „Schlingpflanzen“ nach ihren verschiedenen Klassen, insbesondere der tropischen Flora, in erweiterter, wiederholt geprüfter Form zusammengestellt.

Unter dem Titel „Rectifications historiques von Scrutator“ erscheint dieser Tage eine neue Schrift vom Herzog v. Gramont, der beim Ausbruch des Krieges von 1870 Minister des Aeußern Napoleons III. war.

Das 11 Heft der „Zeitschrift für deutsche Kultur⸗ geschichte“ (Neue Folge, 4. Jahrg.) herausgegeben von Dr. J. H. Müller, Studienrath, (Hannover, in Kommission bei Carl Meyer) bat folgenden Inhalt: Ein Weimarischer Beamter des achtzehnten Jahrhunderts. Von Carl Freiherrn von Beaulieu⸗Marconnay. Zur Geschichte der Volksbücher. Von A. Reifferscheid. Buntes: Zur Biographie von Peter v. Cornelius und Friedrich Rückert. Von H. Rückert. Bamberger Lebens⸗ und Gesundheitsregeln für die zwölf Monate des Jahres (1641 1663). Cölner Rathsprotokoll von 1652, 11. September. Cölner Ratheprotokoll von 1605, 9. November.

„Die Zweite Deutsche Nordpolfahrt in den Jahren 1869 und 1870 unter Führung des Kapitän Koldewey.“ Volke⸗ ausgabe, bearbeitet von Dr. M. Lindeman und Dr. O. Finsch. Mit 54 Illustrationen in Holzschnitt und 4 lithographirten Karten. (Leipzig 1875, F. A. Brockhaus.) Mit der soeben erschienenen vierten und fünften Lieferung ist die interessante Publikation nunmehr abgeschlosseu. Der bei der sauberen Ausstattung und reichen Illu⸗ stration außerordentlich billise Preis von 1 für die Lieferung wird II Werke Eingang in alle Schichten V

Aus dem Voigtlande wird berichtet, daß in der Nacht zum 23. November in der Gegend von Reichenbach, Auerbach, Oelsnitz und Plauen eine Erderschütterung wahrgenommen worden ist.

Berlin, den 30. November.

Aus Anlaß der feierlichen Einweihung des Umbaues der Bau⸗Akademie fand am Montag Abend im festlich geschmückten Saale der „Urania“ ein von gegen 700 Personen besuchter Commers der Bauakademiker statt, dem außer zahlreichen anderen Ehrengästen auch der Handels Minister Dr. Achenbach beiwohnte. Die Reihe der Toaste eröffnete stud. arch. Lindner, indem er nach einer kurzem Be⸗ grüßung der Gäste die Anwesenden aufforderte, auf das Wohl der⸗ selben und namentlich auf das Wohl des Handels⸗Ministers Dr. Achenbach einen Salamander zu reiben. Dr. Achenbach dankte hiernach in herzlichen Worten für die ihm erwiesene Auszeichnung, gedachte des guten Tones und der allseitigen Kameradschaftlichkeit, die seit Alters her bis auf den heutigen Tag bei den Bau⸗Akademikern geherrscht habe, und forderte seinerseits die Anwesenden auf, auf das Wohl der Studirenden einen Salamander zu reiben. Nachdem stud., arch. Sarau auf die Baumeister des Umbaus, Direktor Lutze auf die deutsche Fidelitas, Baurah Adler auf die Alle vereinende „alma mater“ getoastet hatte, ergoß sich der Redestrom in ungehemmtem Lauf. Erst in früher Morgenstunde trennten sich die letzten Theilnehmer des Commerses. 1

Die Vorarbeiten für Herrichtung des Herbart⸗ denkmals in Oldenburg sind soweit gediehen, daß die Ein⸗ weihung desselben am 4. Mai 1876, als dem hundertjährigen Geburtstage des Philosophen, gesichert erscheint. Die Kolossal⸗ büste desselben verspricht nach dem Modell, welches der Bildhauer Manger in Berlin vor Kurzem fertig gestellt hat, ein Kunstwerk von hervorragendem Werthe zu werden. Allerdings fehlt noch immer ein nicht unerheblicher Theil der erforderlichen Geldmittel, und der geschäftsführende Ausschu muß noch sehr auf die thätige Unterstützung der Anhänger Herbarts rechnen. Es sind bisher reichlich 7000 zur Kasse gekommen. Das Bedürfniß be⸗ ziffert sich indeß auf 9600 ℳ, so daß noch zwischen 2 und 3000 fehlen. In Oldenburg selbst findet das Unternehmen thätige Unter⸗ stützung, wie von den städtischen Behörden, so auch von Seiten des Publikums. Se. Hoheit der Herzog Elimar von Oldenburg hat dem Werke seine Theilnahme durch Zuwendung eines Beitrages von 300 bekundet. Es ist sicher Aussicht vorhanden, daß die Sonate Her⸗ barts, von der früher schon einmal berichtet worden ist, demnächst in einer Auflage zum Besten des Denkmals erscheint.

„Deutsches Künstler⸗Album“. Neunter Jahrgang, 1876 Mit Beiträgen lebender Dichter und Künstler. Herausgegeben von Ernst Scherenberg. Düsseldorf, Verlag von Breidenbach u. Comp. In Original⸗Prachtband.

Das Düsseldorfer Künstler⸗Album ist seit Jahren ein stets will⸗ kommener Vorbote des frohen Weihnachtsfestes und als solcher in den deutschen Familien weit bekannt und gern gesehen. Jeder Band bringt eine Fülle anmuthiger künstlerischer Erzeugnisse in trefflicher Reproduktion und eine noch größere ansprechender poetischer Gaben in schönster Ausstattung. So haben auch diesmal Herausgeber (seit dem Tode Wolfgang Müllers von Königswinter der Dichter Ernst Scherenberg) und Verleger für ein Festgeschenk Sorge getragen, das jedem Weihnachtstische zur Zierde gereichen dürfte. Wird das Auge schon durch die prächtige Einkleidung gefesselt, so erhöht sich die Freude beim Aufschlagen des ansehnlichen Bandes. Ein feines Titelbild von Prof. Scheuren im architektonischen Aufrisse zeigt in der Mitte und in den Seitenflügeln zierliche buntfarbige Vignetten der Malerkunst und Poeste, während unten im Grunde das neue Düsseldorfer Theater eingerahmt ist. Feingegliederte Arabesken um⸗ schlingen die einzelnen Bildchen, der zarte Farbendruck überdeckt das Ganze mit poetischem Hauche.

Die erste, artistische Abtheilung bringt dann 21 Bilder von deutschen Malern der Gegenwart, in vorzüglicher technischer Aus⸗ führung, theils lithographirt, theils in Farbendruck ausgeführt. Unter den Künstlein finden sich Namen von gutem Klang, wie Rudolf n Otto Günther, Fsf Häberlin, P. Wichmann, E. Bosch,

hr. Sell, P. Sonderland, C. Deiker, Prof. Scheuren u. A. Die Mehrzahl der Bilver gehört dem Genre an und zeigt einen gesunden, liebenswürdigen Humor. Historie, Landschaft, Architektur, Stillleben sind nur in einzelnen Exemplaren vertreten. Ein Meisterstück litho⸗ graphischer Wiedergabe ist das „Dolce far niente“ von Frau Jerichau⸗ Baumann, in Rom gemalt, lithographirt von M. Ulffert; eine aus⸗

gezeichnete Leistung des Farbendrucks u. A. der „Norwegische Fjord“, bemalt von H. Herzog. Die zweite Abtheilung enthält lyrische und prosaische Beiträge von 127 lebenden Dichtern, darunter Emanuel Geibel, Anastasius Grün, Karl Simrosock H. v. Holtei, H. Lingg, Jul. Sturm, J. G. Fischer, Klaus Groth, Otto Roquette, Friedr. Spielhagen, Alb. Träger, Gisb. Vincke, A. Stöber, Alfred Meißner, Felix Dahn, Ad. Wilbrandt, Inlius Grosse, Rob. Hamer⸗ ling, Emil Rittershaus, Ernst Scherenberg. Vortrefflich erfundene und gut ausgeführte Holzschnitte gereichen diesem Theil zur besten Zierde. Eine Novelle von V. Blüthgen und ein Mährchen von Kirnberger schließen den 9. Band des Künstler⸗Albums, das sonach in artistischer wie in literarischer Beziehung zu den schönsten Erzeug⸗ misen der diesjährigen Weihnachts⸗Kunstliteratur gerechnet werden

darf.

Der Bedeutung des Resultates der jüngsten Nordenskjöld⸗

schen Erpedition nach dem Eismeer giebt die Gothenburger

„Handels⸗ och Sjöfarts⸗Tidning“ in ihrer Nummer vom 20. d. M. einen beredten Ausdruck. „Wenige, schreibt das genannte Blatt u. A., dürften einen richtigen Begriff davon haben, worin denn eigentlich das Gewicht und der Werth der Nordenskjöldschen Entdeckungsreise liegt. Mancher wird sogar seine Verwunderung darüber aussprechen, daß die Einfahrt in das Karische Meer und die Erreichung der Mündung des Jenesei zur See so großes Aufsehen in Rußland erregt hat. Ein Blick auf die Karte oder den Globus wird jedoch einen Begriff davon geben, um was es sich handelt. Hier dehnt sich vom Süden bis zum Norden Sibiriens eine ungeheure Niederung aus, von gewaltigen Strömen durchschnitten, deren Hauptausflüsse oben in der Mündung des Jenesei liegen. Tausende Quadratmeilen von Ackerland, Wäldern und Viehweiden liegen dort mit verborgenen Schätzen unbenutzt und unzugänglich, weil ihnen die Verbindung mit der übrigen Welt fehlt. Eine Dampfschiffsroute auf dem gewaltigen Jenesei wäre leicht hergestellt, aber was hatte man damit gewonnen, so lange die hoch am Eismeere liegende Mündung den Schlußpunkt bildete, mit welchem keine Berührung gefunden war. Es ist lange der Lieblingswunsch Rußlands gewesen, diesen Platz zur See ver⸗ mittelst des nördlichen Eismeeres zu erreichen. Ganz besonders ist es Sidorow gewesen, der dieses Ziel zu erreichen suchte, und der auch die Besitznahme Spitzbergens durch Schweden verhinderte, weil er befürchtete, daß hierdurch dem künftigen russischen Handelswege von Sibirien um das Nordkap Hindernisse bereitet werden könnten. Wenn die letz'e österreichische Nordpol⸗Expedition sich nach Novaja

Semlia wandte, so geschah es, wie es in dem ersten Bande des von Julius Payer herausgegebenen Berichtes über die Expedition heißt,

um „das ideale Ziel der Reise: die nordöstliche Durchfahrt,“ d. h. die Durchfahrt nach dem Karischen Meere und weiter zu erreichen. Die reich ausgerüstete Expedition erreichte dieses Ziel jedoch nicht. Den Sund, welcher die beiden Hauptinseln Novaja Semljas theilt, vorbeigehend, suchte man die Inselgruppe im Norden zu umsegeln, ward aber dabei immer weiter hinaufgetrieben, so daß man, obgleich es allerdings gelang, ein noch nördlicheres ödes Land zu entdecken, nach schweren Abenteuern mit einer ziemlich geringen Frucht der kostspieligen und mühsamen Expedition zurückkehren mußte. Nor⸗ deelted mit seinem kleinen norwegischen Fahrzeuge „Pröven“, ent⸗ schloß sich gen Norden zu gehen, ohne nach dem Süden, dem Sunde zwischen Novaja Semlja und dem Festlande zu, abzubiegen, und fand diese Durchfahrt frei. Er fand ferner das Karische Meer eisfrei und erreichte ohne Schwierigkeit die lange gesuchte Mündung des Jene⸗ sei. Um die Welt zu überzeugen, daß er dort war, setzten er und fünf Begleiter sich in ein kleines Boot und segelten den Jenesei hinauf. Wenn Nordenskjöld die südliche Durchfahrt eisfrei fand, so ging Kjellmann auf dem Rückwege mit dem Schiffe „Pröven“ durch den nördlichen Sund Matotschinscharr (zwischen den Hauptinseln Novaja Semlsas), und so hat man Zutritt zum Karischen Meere auf zwei Wegen gefunden. Es liegt kein Grund vor, anzunehmen, daß im gegenwärtigen Jahre Ausnahmeverhältnisse hinsichtlich dieser Gegenden herrschten, und es dürfte sich daher der Schiffahrt ein

eitraum von 5 bis 6 Wochen während des Sommers darbieten.

ährend dieser Zeit kann mit guten Dampfschiffen viel ausgerichtet werden. Nur wenige Tagereisen weiter und man wird den Jenesei hinaufgehen können, um dort an geeigneten Haltepunkten Flußfahr⸗ Fenen auf diesem gewaltigen Strom zu begegnen. Dem Welthandel

ieten sich also durch diese neuentdeckte „Nordost⸗Passage“ die besten

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Aussichten, namentlich aber ist dieselbe für Sibiriens Zukunft von Bedeutung.“

Theater.

Nachdem Frl. Finaly von Wien eingetroffen, haben die Hauptproben zu R. Bials Buffo⸗Oper: Der Liebesring, deren erste Aufführung am Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater auf Sonnabend angesetzt ist, nunmehr begonnen. Neben der be⸗ liebten Gastin sind von hiesigen Mitgliedern die Hrrn. M. Schulz, Swoboda, Brandt, sowie Frl. E. Schmidt und Frl. von Csepesanyi mit hervorragenden Aufgaben in der Novität bedacht.

Eingegangene literarische Neuigkeiten. Allgemeines deutsches Handelsgesetzbuch nebst Ein⸗

führungs⸗ und Ergänzungsgesetzen unter Ausschluß des Seerechts.

Text⸗Ausgabe mit Anmerkungen, den von dem Reichs⸗Ober⸗Handels⸗ gericht zu Lespzig angenommenen Rechtsgrundsätzen. Herausgegeben von F. Litthauer, Rechtsanwalt und Notar. 3. Aufl. Berlin, 1875. Verlag von J. Guttentag (D. Collin). Preis 2

Gewerbe⸗Ordnung vom 21. Juni 1869 nebst den dieselbe ergänzenden Gesetzen und den reichs⸗ und landesgesetzlichen Ausfüh⸗ rungsbestimmungen. Nach amtlichen Quellen. Mit Sachregister. Berlin, 1875. R. v. Decker. Preis 5,50

Die Vormundschaftsordnung vom 5 Juli 1875 nebst den Gesetzen vom 12. Juli 1875 (Geschäftsfähigkeit Minderjähriger ꝛc.) und 19. Juli 1875 (Heimathswesen). Text⸗Ausgabe mit erläuterndem Vorwort und vollständigem Sachregister. Berlin, 1876. Franz Vahlen. Preis 35 ₰.

Das Amt des Vormundes, Gegenvormundes, Pflegers, Waisenrathes. Eine populäre Darstellung der preußischen Vormund⸗ schaftsordnung vom 5. Juli 1875. Von E. Christiani, Amts⸗ richter in Fallersleben. Berlin, 1875. Verlag von J. Guttentag (D. Collin). Preis 1,60

Die neue Vormundschaftsordnung zum praktischen Ge⸗ brauche für Familienväter und Vormünder von R. Zelle, Stadt⸗ Syndikus. Berlin, Verlag von Julius Springer. Preis 10 .

Alphabetisches Sachregister zur Heer⸗Ordnung. Auf Veranlassung des Königlich Preußischen Kriegs⸗Ministeriums. Ber⸗ lin, 1875. R. v. Decker.

Die presbyteriale Synodalverfassung der evange⸗ lischen Kirche in Norddeutschland nach ihrer historischen Entwicke⸗ lung und epangelisch⸗kirchlichen Bedeutung, beleuchtetet von Dr. Hein⸗ rich Heppe. Zweite vermehrte Auflage. Iserlohn, J. Bädeker, 1874.

Ansiedelungen aus Wanderungen deutscher Stämme. Zumeist nach hessischen Ortsnamen von Wilhelm Arnold, ordentl. Prof. der Rechte zu Marburg, II. Abtheilung. Hamburg, N. G. Elvertsche Verlagsbuchhandlung. 1875.

Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literatur, Herausgegeben von Ludwig Herrig. LIV Band, 3. u. 4. Heft. Braunschweig, George Westermann. 1875.

Friedreichs Blätter für gerichtliche Medizin und Sanitätspolizei. 26. Jahrgang. VI. Heft, November und De⸗ zember. Nürnberg, Friedrich Kornsche Buchhandlung.

Handbuch der Medizinal⸗ und Sanitäts⸗Polizei. Bearbeitet von Dr. Adolph Lion sen. Dritter (II. Suppl.⸗) Band. Gesetze und Verordnungen von 1869 1875. Jserlohn, J. Bädeker. 1875. Preis 4

Allgemeiner ausführlicher Geschäfts⸗Kalender. Bearbeitet von H. A. Niemeyer. Nach dessen Tode fortgesetzt von⸗ Lic Rich Reinhard, Pfarrer zu Wörmlitz. 14. Heft. Berlin Alfred Weile. 1875.

Neues etymolozisches Wörterbuch mit Bezeichnung der Betonung und Aussprache. Von Karl Jürgens. Lieferung 17 20. München, Theodor Ackermann. Preis der Lieferung 50 ₰.

Allgemeiner Lehrmittel⸗Katalog. Fünfte mit Rücksicht auf höhere Lehranstalten bedeutend erweiterte Auflage. Priebatschs Buchhandlung in Breslau. 1876. Preis 1

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Drei Beilagen leinschlieglich Börsen⸗Beilage)

Berlin:

Druck W. Elsner

Das Schiffsjungencorps soll auf eine 280 gebracht werden; da nun die drei Briggs unzureichend sind,

„Brigg af Wirsén“,

nmnlß in

Jugend von diesen Uebungen gewinnen kann. mithin für die Einführung einer neuen Heerordnung in

8 soll, sondern ihm

kunst der

zu beantragen,

8 282. Berlin, Dienstag, den 30. November

NAiichtamtliches.

Griechenland. Die Anklageschrift gegen das Ka⸗ hhhe⸗ Bulgaris lautet, wie der „Pr.“ geschrieben wird, wie olgt:

Die Kammer der Volksvertreter klagt die früheren Minister D. Bulgaris, Kabinets⸗Präsident und Minister des Innern; B. Ni⸗

kolopulos, Justiz⸗Minister und provisorischer Finanz⸗Minister; D. Grivas, Kriegs⸗Minister; J. Valassopulos, Kultus⸗ und Unterrichts⸗

Minister; Tringeta, Marine⸗Minister, und J. Delhani, Minister der

Auswärtigen Angelegenheiten, an, daß sie am 30. November 1874, am 19. bis 28. März 1875 in ihrer Eigenschaft als Minister des Staats, vereinigt in der Kammersitzung mit anderen Abgeordneten, deren Zahl, die Minister eingeschlossen, nie 92 überschritten, meistens sogar in diesen Tagen 80 kaum erreicht hat, die legislative Gewalt sich

angemaßt haben, die ihnen zu ergreifen nicht gestattet war, zu dem

Zwecke, den Staat und König zu täuschen und einen unerlaubten Geldgewinn zu machen; daß sie verschiedene gesetzgeberische Akte als Staatsgesetze Namens der Kammer promulgirten, wie wenn diese selbst sie promulgirt hätte; daß sie die Geneh⸗ migung der genasnten falschen Gesetze als Staatsgesetze veran⸗ laßten und offiziell mit vollem Bewußtsein Dinge als wahr ausgaben, von denen sie wußten, daß sie falsch seien; daß sie dieselben endlich als Gesetze ausführten, indem sie Steuern

erhoben, öffentliche Einnahmen verwendeten, über die Güter der

Nation verfügten, frühere Gesetze und Staatsverträge aufhoben und veränderten, Grade im Landheer und in der Flotte übertrugen, im

Interesse Anderer und zum Nachtheile des Staats Rechte und An⸗

sprüche schufen. Indem sie also die Bestimmungen der Artikel 56—

61, 22, 35 und 36 der Charte, sowie die Bestimmungen des Gesetzes

der öffentlichen Komptabilität verletzten, haben sie zugleich die durch

die Artikel 229, 247, 248 erster und letzter Paragraph, 255, 109 und

110 des Strafgesetzes vorgesehenen und bestraften Verbrechen began⸗ Athen, den 10. November 1875.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 23. November. Anzahl von Schiffsjungen⸗ überdies eines dieser Fahrzeuge, . welche seit 1845 in Dienst steht, voraussichtlich nur noch kurze Zeit benutzt werden kann, ist von der Regierung angeordnet worden, daß der Bau einer neuen Brigg auf der Marinewerft in Karlskrona in Angriff genom⸗ men, und daß das Fahrzeug im Jahre 1877 zeitig genug fertig gestellt werden soll, um am 1. Mai 1877 eine Expedition an⸗ treten zu können. Die Direktion der schwedischen Staatseisenbahnen hat dem Könige in voriger Woche in der Frage wegen Vorschriften, betreffend die Versendung feuer⸗ gefährlicher Oele mit Lokomotiveisenbahnen ein besonderes

Gutachten überreicht, und dürfte dasselbe, zufolge „Aftonbl.“, bei

der definitiven Beschlußfassung über die Ausfertigung des er⸗ warteten Gesetzes in Betreff alles dessen was die Fabrikation, Aufbewahrung, Versendung u. s. w. von feuergefährlichen Oelen angeht, in Erwägung gezogen werden. Gestern Abend fand unter Vorsitz des Professor Rossander im großen Börsensaale

8 eine von ca. 300 Personen aus verschiedenen Gesellschaftsklassen

besuchte Versammlung statt, welche sich nach einem kurzen ein⸗ leitenden Vortrage des Dr. Rubenson als Verein der Freunde der Dienstpflicht (Värnpligtens vänner) konsti⸗ tuirte. Der Zweck des Vereins ist nach §. 1 der Stauuten,

welche nach einiger Diskussion von der Versammlung angenom⸗

men wurden, folgender: „Der Verein der Freunde der Dienst⸗ pflicht hat den Zweck, über die militärische, soziale und politische Bedeutung der allgemeinen Dienstpflicht Kennt⸗ verbreiten, über die wirkliche Beschaffenheit der militärischen Uebungen, welche dieselbe bedingt, und die übrigen damit zusammenhängenden Verhältnisse aufzuklären

und die Vortheile darzulegen, welche das ganze Volk in der

Friedenszeit hinsichtlich der Erziehung und der Ausbildung der Der Verein wird

Schweden wirken, welche, eine hinreichende Anzahl tüchtiger

Befehlshaber aufstellend, nicht nur verlangt, daß jeder waffen⸗

fähige Bürger während gewisser Jahre dem Heere angehören auch bereits während der Friedenszeit Ausbildung giebt, welche die Kriegs⸗ Gegenwart für den Soldaten, im Gliede

nöthig macht und unsere finanziellen

die vollständige

unumgänglich

Verhältnisse erlauben, so daß die Truppen, welche hierdurch ge⸗ bildet werden, wenn es gilt, das Vaterland zu vertheidigen,

dem Gegner in Festigkeit und Tüchtigkeit nicht so unterlegen

daß sie mit Hoffnung auf Erfolg ihm nicht entgegentreten können. darzulegen, daß unser Land die Lasten, welche mit einer solchen Hrerordnung verbunden sind, zu Der Verein soll seinen Sitz in Stockholm haben und Filial⸗

Der Verein hat ferner den Zweck, zu ergründen und

tragen im Stande ist.“ vereine im ganzen Lande gebildet werden. Zum Vorsitzenden wurde Präsident Bergströom erwählt. Am Schlusse der Versammlung waren gegen 900 Mitglieder eingezeichnet.

Christiania, 20. November. Die Regierung beab⸗ sichtigt neue Gehaltserhöhungen für die Beamten und der hierauf bezügliche Gesetzentwurf ist bereits vor längerer Zeit ausgearbeitet worden. Kürzlich

hatte sich nun das Gerücht verbreitet, die Regierungs⸗Ab⸗

theilung in Stockholm befände sich mit der hiesigen Regierung über mebrere Punkte des Gesetzentwurfes in Widerspruch, und der Entwurf sei deshalb von Stockholm hierher zurückgesandt worden. Diese Nachricht wird jedoch in der gestrigen Nummer von dem amtlichen Blatte in Abrede gestellt. Die Bürger⸗ schaftsrepräsentanten haben gestern über das ihnen vor⸗

gelegte neue Gesetz, betreffend die Einführung resp. Um⸗

gestaltung der Bürgerwehr in den norwegischen Städten, berathen, ohne jedoch zu einem definitiven Beschluß zu gelangen. Die Debatten waren sehr heftig, und von ver⸗ schiedenen Seiten wurde der Regierungsvorschlag angegriffen.

Besonders General Raeder verlangte die Verwerfung des Vor⸗

schlags, da man bei der ohnehin schon schwachen Armee, die Norwegen aufzustellen im Stande wäre, dadurch die Kräfte des Landes zersplittere, daß man neben der Armee eine ge⸗ sonderte Institution in den Bürgerwehren schaffe. Außerdem würden solche Truppen im Kriege von keinem Nutzen sein und

Seitens des Feindes schwerlich als reguläres Militär betrachtet

werden. Man müsse im Gegentheil jetzt dahin streben, die all⸗ emeine Dienstpflicht strenger durchzuführen und das Landwehr⸗ ystem mehr auszubilden. Polizeimeister Michelet theilte ehenfalls

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die Ansicht General Raeders über den militärischen Unwerth der Bürgerwehren und hielt dafür, daß dieselben nur Bedeutung haben könnten als lokale Ordnungs⸗ oder Polizeitruppe. Zu dem Eude brauche man sie aber nicht zu uniformiren und mi⸗ litärisch zu exerziren, sondern könne sich darauf beschränken, sie im Falle von inneren Unruhen als Bürger zur Unterstützung der Polizei aufzurufen. Schließlich ward die Behandlung der Sache auf 14 Tage ausgesetzt. Von der norwegischen Regierung ist ein Comité zur Ausarbeitung eines neuen Vor⸗ schlages über geschärftes Kontrolverfahren mit Bezug auf die Dampfschiffahrt niedergesetzt worden.

Dänemark. Kopenhagen, 24. November. Der Kron⸗ prinz⸗Regent empfing heute in besonderer Audienz den am hiesigen Hofe akkreditirten Königlich belgischen Minister⸗Residen⸗ ten, Hrn. Anspach, welcher bei dieser Gelegenheit dem Kron⸗ prinzen sein Abberufungsschreiben überreichte. Das Finanz⸗ gesetz Islands für die Jahre 1876 und 1877 ist unterm 15. d. M. vom Könige bestätigt worden. Die Einnahmen für beide Jahre sind im Ganzen mit 579,593 Kronen 46 Oere an⸗ gegeben; die Ausgaben mit 451,895 Kronen 71 Oere. Der Ueberschuß erhält jedoch, falls verschiedene der vom Althing an⸗ genommene Gesetze in Kraft gesetzt werden, eine Verminderung von ca. 60,000 Kr. Folgende vom Althing angenommenen Gesetze sind vom König bestätigt worden: Das Gesetz, be⸗ treffend die „Löhnungsverhältnisse der isländischen Be⸗ amten; das Gesetz, betreffend die Umordnung der ärztlichen Distrikte auf Island; das Gesetz, betreffend den Verkauf der Buchdruckerei für Island in Reykjavik; das Gesetz, betreffend eine Abänderung der Verordnung über das Postwesen auf Is⸗ land vom 26. Februar 1876; das Gesetz, betreffend das Lösch⸗ wesen in Reykjavik, und das Gesetz, betreffend die Fischerei in der Faxebucht. Durch Königliche Resolution vom 10. Sep⸗ tember d. J. ist der Umtausch der zur Einziehung bestimmten dänischen Scheidemünzen gegen Kronenmünze in Betreff Is⸗ lands bis zum 30. Juni 1876 festgestellt.

26. November. Der König ist heute Vormittag 11 Uhr von England in seine Residenz zurückgekehrt und hat seinen Sohn, den Kronprinzen, in guter Besserung gefunden. Um 1 Uhr ist bereits ein Staatsrath im Palais des Königs auf Amalienburg abgehalten, wo der König unter Anderem ver⸗ schiedene während seiner Abreise vollendete, dem Reichstage vor⸗ zulegende Gesetzentwürfe vorläufig unterzeichnet hat. Darunter wird, dem Vernehmen nach, ein neues Feiertagsgesetz sein, worüber in einem neulichen, unter Vorsitz des Kronprinzen ab⸗ gehaltenen Staatsrath verhandelt worden ist. Mit demselben wird nicht nur einem dringenden Bedürfniß abgeholfen, sondern es wird zugleich damit den zu erwartenden Klagen der Oppo⸗ sition im Reichstage über vermeintlich unnöthig strenge Auslegung der bisherigen Feiertagsordnung der Boden entzogen werden.

29. November. (W. T. B.) Der Reichstag hat heute seine Sitzungen wieder aufgenommen. Der Finanz⸗ Minister legte den Budgetentwurf vor und erklärte, daß die Finanzlage des Landes eine durchaus gute sei. In Folge dessen würden sich auch die im Budget eingestellten außerordent⸗ lichen Ausgaben für das Heer, die Flotte und die Vertheidigungs⸗ werke, von denen der Minister gleichzeitig Mittheilung machte, bestreiten lassen, ohne daß deshalb neue Steuern erforderlich werden würden. Die Budgetvorlage weise so wenig Neues auf, daß die Regierung hoffe, die Diskussion des Budgets werde innerhalb des durch das Grundgesetz vorgeschriebenen Termins erledigt werden. Unter den Vorlagen, welche dem Reichstage zur Berathung zugehen werden, befindet sich u. A. auch ein Gesetzentwurf, betreffend das Verbot der Einfuhr von Kar⸗ toffeln aus Nordamerika.

Amerika. (A. A. C.) Postnachrichten aus Montevideo vom 30. Oktober melden: Nach hier eingegangenen amtlichen De⸗ peschen ist der Aufstand in Uruguay unterdrückt worden. Saldanha war, nachdem er eine Niederlage erlitten, in das Innere geflüchtet, wo er sammt den ihn begleitenden Offizieren auf Befehl der argentinischen Regierung internirt wurde. Nichtsdestoweniger ist das Dekret, welches die östlichen Häfen am Flusse Uruguay schließt, streng in Kraft ge⸗ setzt worden. Schiffe, die aus Europa kommen, sind folglich genöthigt, in Nova Palmira anzulegen. Das Programm des neuen paraguitischen Ministeriums umfaßt die Ab⸗ schaffung des Tabaks⸗, Seifen⸗ und Salzmonopols, die Ab⸗ schaffung von Pässen, die Aufhebung des die Preßfreiheit regelnden Gesetzes, eine Verminderung der Staatsausgaben, die Entlassung der stehenden Armee, die Beschaffung der Mittel für eine rasche Zurückziehung des Papiergeldes aus dem Umlauf, die Ergreifung von Maßregeln für die Tilgung der inneren und äußeren Schuld, und endlich die loyale Erfüllung der von der Regierung eingegangenen Verbindlichkeiten. Die chilenische Regierung hat ihr Ge⸗ schwader in der Magellanstraße verstärkt. Man befürchtet einen ernstlichen Bruch bei der Ankunft des ersten Schiffes der Dampfer⸗ linie, welche von der argentinischen Regierung eine Subvention erhalten hat, um diese Region als einen Theil ihres Terri⸗ toriums zu befahren. Die chilenische Presse spricht von der argentinischen Regierung in einem Tone beständig wachsender Erbitterung. Aus Lima reichen die Berichte bis zum 23. September, und sie melden, daß die Ratifikationen des zwischen Brasilien und Peru geschlossenen Grenzvertrages daselbst ausgewechselt wurden.

Afrika. Vom Cap der guten Hoffnung bringt der Dampfer „Danube“ u. A. folgende bis zum 3. November reichende Nachrichten: Es heißt, der Freistaat wolle der Kon⸗ ferenz nichr beitreten, so lange die Griqualandfrage nicht ge⸗ löst sei. Der „Cape Argus“ spricht von der Wahrscheinlichkeit eines Krieges zwischen den rivalisirenden Häuptlingen von Transvalien ein neues Hinderniß für die Konferenz. In der Capstadt wurde ein leichtes Erd⸗ beben verspürt. Aus Natal wird gemeldet, daß der Legisla⸗ tur Petitionen gegen die chinesische Einwanderung und zu Gun⸗ sten der Unterstützung von Theeplantagen Seitens der Regierung überreicht wurden. Die Eingeborenenhäuptlinge haben formell ihre Absicht kundgegeben, die Heirathsgebühren, sowie die dop⸗ pelte Hüttensteuer abzuschaffen. Es ist im Plane, die Freiwilli⸗ genstreitmacht um 2700 Mann zu erhöhen. Die Westbahn wurde am 3. bis Ceres Road, 196 Meilen von der Capstadt, eröffnet.

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Die Nr. 24 des Centralblatts der Abgaben⸗, Ge⸗ werbe⸗ und Handels⸗Gesetzgebung und Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten hat folgenden Inbalt: Cirkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, den Re⸗ montefonds der reitenden Zoll⸗ und Steuerbeamten betreffend, vom 3. September 1875. Beschluß des Königlichen Staats⸗Ministeriums und irkular⸗Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, die Zahlungen an Privatpersonen bis 300 im Wege des Postanweisungsverkehrs be⸗ treffend, vom 30. September 1875. Cirkular⸗Verfügung des König⸗ lichen Finanz⸗Ministeriums, die Verrechnung der Kosten für die An⸗ schaffung und Unterhaltung der Wasserfahrzeuge betreffend, vom 3. Oktober 1875. Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministeriums, Veränderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen betreffkend. Erlaß des Kaiserlich österreichischen Justiz⸗ Ministeriums, die Befreiung der beweglichen Hinterlassenschaft der in Oesterreich verstorbenen Preußen von der Erbschaftssteuer betref⸗ fend, vom 17. September 1875. Uebersicht der Stempeleinnahmen Preußens im Jahre 1874, verglichen mit den Einnahmen der neun vorhergehenden Jahre. Verfügung des Königlichen Finanz⸗Ministe⸗ riums, die Verzollung von s. g. Eierpulver und Custard Powder be⸗ treffend, vom 9. Oktober 1875.

Neichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, 30. November. Dem Reichstage ist folgender Ent⸗ wurf eines Gesetzes, die Beförderung und Beschäftigung eingeborener polynesischer Arbeiter betreffend, vor⸗ gelegt worden: 1 8 1

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König

von Preußen ꝛc. . verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustim⸗ mung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Mit Geldstrafe bis zu sechstausend Mark oder mit Gefängniß wird bestraft, wer den vom Kaiser mit Zustimmung des Bundesraths über die Beförderung eingeborener Arbeiter der polynesischen Inseln oder über die Beschäftigung solcher Arbeiter auf den deutschen An⸗ siedelungen in Polynesien erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

Ob die strafbare Handlung im Inlande oder Auslande begangen ist, begründet keinen Unterschied.

Urkundlich ꝛc.

Gegeben ꝛc.

Die VII. Kommission über den Gesetzent treffend die Abänderung des §. 4 des Ges Postwesen des Deutschen Reiches vom 28. hat ihren Bericht erstattet.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Am 25. Juli 1877 werden es 500 Jahre, daß der Grund⸗ stein zum Ulmer Münster gelegt wurde. Bis dahin, so hofft man, wird der südliche Chorthurm ausgebaut und die Möglichkeit gegeben sein, gleichzeitig mit der Jubiläumsfeier den ersten vollende⸗ ten Halbthurm mit der Kreuzblume zu krönen. Der Eifer des Münsterbaumeisters Scheu bürgt für die Einhaltung des Termins.

„Römische Geschichte“, in kürzerer Fassung von Carl Peter, Doktor der Theologie und Philosophie, Konsistorial⸗Rath und Rektor der Landesschule Pforta a. D. (Halle, Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses). Das Buch ist eine ab⸗ gekürzte Ausgabe des wohlbekannten größeren Werks und zunächst als Handbuch für die reiferen Schüler der Gymnasien bestimmt. Die handliche Publikation wird aber sicher auch für den gesammten Lehrer⸗ kreis und das größere Publikum überhaupt eine willkommene Gabe sein. Als Frucht eines vieljährigen Studiums nur auf selbständiger Verwerthung der Quellen und Hülfsmittel beruhend, die schon einen Vorzug des größeren Peterschen Geschichtswerkes bildete, bringt es in einfacher und klarer Sprache die Thatsachen dieses gewaltigen Zeit⸗ abschnittes in ihrer Bedeutung und ihrem Zusammenhange ebenso fesselnd als belehrend zur Darstellung.

Gewerbe und Handel.

Die Aktionäre der Bank des Berliner Kassenvereins werden in der bevorstehenden außerordentlichen Generalversammlung über einen Antrag des Verwaltungsraths beschlußfassend zu entschei⸗ den haben, durch den die Verzichtleistung auf das Noten⸗Emissions⸗ recht des Instituts ausgesprochen wird.

Die Aktien⸗Brauerei⸗Gesellschaft „Friedrichs⸗ höhe“ erzielte nach dem letzten Jahresabschluß inkl. dem Gewinn⸗ vortrag aus 1873/74 einen Ueberschuß von 279,827 Auf Bier⸗ konto wurden verdient 245,572 ℳ, auf Gerstenkonte 27,087 und auf Pachtkonto 3231 Hiervon wurden zu Abschreibungen, Handlungs⸗ und Betriebtunkosten und Zinsen 218,181 verwendet, so daß noch ein Gewinnsaldo von 61,646 erübrigt, der in folgender Weise zur Vertheilung gelangt: 5 % mit 2885 zum Reservefonds, 10 % mit 5482 als Tantibmen für den Aufsichtsrath und die Direktion, 5 % vom Aktienkapital mit 52,500 als Dividende an die Aktio⸗ näre und 778 als Uebertrag auf neue Rechnung. Unter den Passiven figuriren in der Bilanz neben 1,050,000 Aktienkapital insbesondere noch Hypotheken in Höhe von 480,000 und Kreditoren im Betrage von 204,640 ℳ, welchen letzteren unter den Aktien Baar⸗ vorräthe mit 141,360 ℳ, Kassenbestände mit 11,072 und Debi⸗ toren mit 24,757 gegenüberstehen.

In der gestrigen Generalversammlung der Aktien⸗Gesell⸗ schaft „Schloßbrauerei Schöneberg“ wurde nach Vorlegung der Bilanz und Verlesung des Geschäftsberichtes pro 1874/75 dem Aufsichtsrath und dem Vorstande einstimmig Decharge ertheilt und die auf 3 % festgesetzte Dividende durch Akklamation genehmigt. Das kooptirt gewesene Mitglied des Aufsichtsrathes, Hr. Schmidt, wurde bestätigt, und das statutenmäßig ausscheidende Mitglied, Hr. Heun, einstimmig wiedergewählt.

Am 27. November d. J. beging eines der größten und ange⸗ sehensten Handlungshäuser Berlins, die Firma Jacob Ravené Söhne & Co. die Feier ihres hunderfjährigen Bestehens. Der gegenwärtige Chef des Hauses, Hr. Geheimer Kommerzien⸗Rath Louis Ravené hatte die Disponenten und zahlreichen Mitarbeiter seiner hiesigen und auswärtigen Geschäfte sowie auch früher Betheiligte und ältere Freunde in seinem bekannten Bildersaale in aller Stille um sich vereinigt. Die schöne Feier begann mit einem Chorale und einer interessan⸗ ten Geschichte der Firma, welche von Hrn. Ravené in gedrängter Kürze vorgetragen wurde, und welche nachwies, daß der Ursprung des Hauses auf das fetzt noch zu der Firma gehörige Geschäft, Stralauerstraße 28/29, zurüdzuführen sei. Dieses letztere Geschäfts⸗ haus habe bereits im Jahre 1722 also vor 154 Jahren unter der damaligen Firma Butzer bestanden und sei am 27. November 1775 auf Jacob Ravené, den Großvater des jetzigen Chefs, über⸗ gegangen.

Der Aufsichtsrath der Stärke⸗Zucker⸗Fabrik, Aktien⸗ eh. (C. A. Köhlmann & Co.) in Frankfurt a. O. hat vorbehaltlich der v, durch die Generalversammlung die Dividende für das mit dem 30. September abgelaufene Geschäfts⸗ jahr auf 6 % festgesetzt.

Das „Bayerische Gewerbe⸗Museum“ in Nürnberg wird zu den bereits im Museum bestehenden Werkstätten eine Me⸗ allgießerei hinzufügen, die bereits mit Anfang des nächsten Jahres in Thätigkeit treten soll.