so wird, wie wir hören, der Minister für die landwirthschaft⸗
lichen Angelegenheiten die Mittheilung des erwähnten Normal⸗
statuts nicht länger verschieben.
5 — Der Kaiserliche Botschafter beim österreichisch⸗ungarischen Hofe Graf zu Stolberg⸗Wernigerode ist gestern in Wien wieder eingetroffen und hat die Geschäfte der Botschaft über⸗ nommen.
- — Der General⸗Major Galster, à la suite der Armee
und Dezernent in der Admiralität hat sich in dienstlichen An⸗ gelegenheiten nach Wilhelmshaven und Kiel begeben.
1 — Dem zur Dienstteistung als Dezernent bei der Admira⸗
lität kommandirten Oberst⸗Lieutenant zur Disposition Johannes
ist mittelst Allerhöchster Kabinets⸗Ordre vom 20. April cr., unter
Stellung à la suite der Marine, das Recht zum Tragen der
Uniform des See Bataillons ertheilt worden.
— S. M. S. „Gazelle“ ist am 20. d. Mts. von Ply⸗
mouth nach Kiel in See gegangen. S. M. Kbt. „Nautilus“ hat am 22. d. Mts. Plymouth verlassen, um die Reise nach China durch den Suezkanal fortzusetzen.
— S. M. Kasernenschiff „Elbe“ ist am 21. d. Mts. in
Wilhelmshaven, behufs Abhaltung von Torpedoversuchen, in
Dienst gestellt.
3 Lauenburg. Ratzeburg, 22. April. (A. L. L. Z.) Der vor⸗ 44 gestern in Ratzeburg versammelte Landtag begann die Diskussion uͤber die vom preußischeu Abgeordnetenhause vorgenommenen Ab⸗ änderungen des Einverleibungsgesetzes zunächst mit §. 8 in fine des Gesetzentwurfs, wo das Abgeordnetenhaus im letzten Alinea hiinnter Gutachten hinzugefügt hat: „falls es von der Staats⸗ reegierung erfordert wird.“ Nachdem von einer Seite vergeblich für die ursprüngliche Fassung des Paragraphen eingetreten, aanndererseits der vom Abgeordnetenhause beschlossene Wort⸗ laut empfohlen war, gelangte schließlich mit 8 bis 9 Stimmen der Antrag zur Annahme, den Wunsch aauszusprechen, dem angezogen Paragraphen in fine die⸗ jenige Fassung zu geben, wie sie in einer diesbezüglichen Be⸗ Fnimmung der preußischen Provinzialordnung zum Ausdruck ge⸗ langt sei. Die Abänderung zu §. 4 des Gesetzentwurfs, betr. ddie Prüfung und Dechargirung der Rechnungen der Staats⸗ verwaltung wurde einstimmig gutgeheißen. Ebenso ward die Einschiebung des Wörtchens „vorläufig“ in den ersten Satz des 8 5, wodurch der Kreis Lauenburg in Bezug auf die staatliche Verwaltung „vorläufig“ der Provinz Schleswig⸗Holstein zuge⸗ theilt wird, mit allen gegen eine Stimme angenommen. Schließ⸗ lich wurde auch die veränderte Fassung des ersten Absatzes des §. 8 des Gesetzentwurfs, wonach der lauenburgische kreis⸗ ständische Verband anstatt „bis auf Weiteres“, — „bis zur anderweiti⸗ gen gesetzlichen Regelung, spätestens jedoch bis zum 1. März 1878 voon der Ritter⸗ und Landschaft in ihrer bisherigen Zusammen⸗ setzung vertreten wird“, mit allen gegen eine Stimme des Land⸗ scchaftsraths von Witzendorf angenommen. Was endlich die bei der ersten Berathung als Bedingung hingestellte Forderung be⸗ zäüglich derjenigen Entschädigungen, welche den übrigen preußi⸗ scchen Kreisen für neu übertragene Lasten aus der Staatskasse zöufließen, betrifft, so ging aus dem unter Nr. 2 der Tagesord⸗ nung aufgeführten landräthlichen Schreiben hervor, daß die Staatsregierung, in Anbetracht der dem lauenburgischen Landes⸗ Kommunal⸗Verbande gewährten reichen Dotation im Gegensatz zu anderen Kreisen, sich nicht hätte veranlaßt sehen können, diese Forderung zu berücksichtigen, da Lauenburg nicht verlangen ööhnne, doppelt entschädigt zu werden. Man sah von einer er⸗ neuerten Erhebung dieser Forderung ab, weil hiernach keine Aussicht vorhanden, damit durchzudringen.
Bayzeru. München, 21. April. Der „Allg. Z.“ wird geschrie⸗ pen: Einige Blätter wissen von einer Anfrage Württembergs in Mlünchen zu berichten, die sich auf ein gemeinsames Vorgehen der Miittelstaaten in Berlin hinsichtlich der Keichs⸗Eisenbahnange⸗ legenheit bezogen habe und von dem Münchener Kabinet blehnend beantwortet worden sei. Wie wir aus zuver⸗ ässiger Quelle erfahren, führt sich diese Nachricht auf einen bereits vor Monaten erfolgten Meinungsaustausch über die
Frage zurück, ob es zweckmäßig und ausführbar sei, einen Schritt im Bundesrathe zu thun — ein Gedanke, welcher schon urch die damaligen parlamentarischen Vorgänge im bayerischen nd sächsischen Landtag und durch die späteren Verhandlungen den württembergischen Kammern überholt wurde.
— Wenn, dem Antrage der Abtheilung entsprechend, die
Landtagswahlen von München I. auf Grund des Art. 11 es Wahlgesetzes wegen angeblich ungesetzlicher Eintheilung der Urwahlbezirke durch Beschluß der Kammer kassirt werden, so werden, ie die „Allg. Ztg.“ meint, „auch die Wahlen von München II. diesem Schicksal nicht entgehen können, denn auch in diesem sind einige Urwahlbezirke mit weniger als 000 Seelen gebildet worden. Daß in München I. fünf liberale, in München II. aber sechs Ultramontane gewählt wurden, kann „selbstverständlich' auf die Entscheidung der Kammer keinen Einfluß üben — immerhin aber wird man unter den obwalten⸗ en Verhältnissen unserer Abgeordnetenkammer der Entscheidung erselben bezüglich der Wahlen der beiden Wahlkreise München mit Interesse entgegensehen.“ — Zur weiteren Berathung über die beanstandeten hiesigen Landtagswahlen war die II. Ab⸗ theilung der Kammer diesen Abend abermals mehrere Stunden versammelt. Der Referent, Abg. Hauck, hat im Laufe der Debatte seine Anträge, welche die Einleitung einer Disziplinarunter⸗ suchung gegen den Magistrat und das Rentamt bezielten, zurückge⸗ zogen; die weiteren Anträge desselben — Ersuchen an die Staatsre⸗ ierung um Vervollständigung der Instruktion zum Vollzug des Wahlgesetzes bezweckend — wurden von der Mehrheit der Abthei⸗ ung angenommen. — Vor einigen Tagen wurde ein in der äußeren arlsstraße wohnhafter Optikergehülfe verhaftet, welcher sich er Werbung für die bosnischen Insurgenten dringend verdächtig gemacht hat; derselbe hatte sich u. A. in öffentlichen Blättern erboten, „muthigen kräftigen Männern“ billige oder unentgelt⸗ liche Reisegelegenheit nach Bosnien auszuweisen. Gerichtliche ntersuchung ist eingeleitet. 1 8 — 22. April. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer erhielt nach Erledigung der Tages⸗ oorrdnung der Abg. Joerg das Wort zu einer persönlichen Bemerkung und erklärte den vom Abg. Beck in der letzten Sitzung gemachten Ausführungen gegenüber, daß er in seiner Rede vom 12. Dezember 1867 ausschließlich von der politischen Konstellation des damaligen Augenblicks und von der geographischen und strategischen Lage Bayerns gesprochen habe. Ein Sonderbündler sei er nie gewesen, auch habe er nie mit dem Auslande geliebäugelt. Das Wort vom „Uebergehen der bayerischen Regimenter“ sei, trotzdem daß dasselbe in den stenographischen Berichten enthalten sei, von ihm nicht gebraucht worden, die Stenographen müßten ihn bei der damaligen Un⸗ ruhe falsch verstanden haben, aber, selbst, wenn er das Wort gesagt 8 1 “ F /
haben sollte, würde dieser Ausdruck im ganzen Redezusammen⸗ hang niemals als Fahnenflucht verstanden werden können. Redner suchte dieses durch eine Darstellung seines Auftretens in der damaligen Sitzung näher nachzuweisen, und erklärte zum Schluß auch das wieder aufgetauchte Gerücht als unbegründet, daß er in der beim Ausbruch des Krieges mit Frankreich im Jahre 1870 stattgehabten Sitzung des Landtagsausschusses die Neutralität Bayerns verlangt habe. Er habe sich damals für eine bewaffnete Neutralität Bayerns ausgesprochen. — Der Abg. Beck behielt sich vor, die heutige Erklärung Joergs demnächst in einer persönlichen Bemerkung zu beatworten.
— 21. April. Der Herzog Karl Theodor ist vor⸗ gestern Abends mit seiner Familie von Italien, wohin er sich vor mehreren Wochen begeben hatte, wieder hierher zurückge⸗ kehrt. — Der Großherzogliche Staats⸗Minister Dr. v. Thon ist mit Gemahlin von Weimar hier angekommen.
Sachsen. Dresden, 22. April. Der Fürst von Schwarzburg⸗Sondershausen nebst Prinzessin Tochter Elisabeth, welche hier eingetroffen und im „Hotel de Saxe“ ab⸗ getreten sind, haben heute dem Könige und der Königin, der Königin Mutter und der Königin Maria, sowie dem Prinzen und der Prinzessin Georg Besuche abgestattet.
— (Dr. Journ.) Morgen, als am Geburtstage des Königs, werden mehrere Verändernngen bei den Königlichen Kavallerie⸗Regimentern Platz greifen. Die beiden leichten Regimenter werden in Husaren umgewandelt und erhält das 1. Reiter⸗Kegiment den Namen Königlich sächsisches 1. Husaren⸗ Regiment Nr. 18, das 2. Reiter⸗Regiment den eines Königlich sächsischen 2. Husaren⸗Regiments „Kronprinz Friedrich Wilhelm des Deutsches Reiches und von Preußen“ Nr. 19. Das 3. Reiter⸗Regiment nimmt den Namen „Carabinier⸗Regiment“ (2. schweres Regiment) an.
— Die Erste Kammer berieth in ihrer heutigen Sitzung
die Berichte ihrer dritten Deputation über den Rechenschafts⸗ bericht auf die Finanzperiode 1872/73 und genehmigte fast ohne Debatte die von der Deputation gestellten Anträge, welche in der Hauptsache mit den von der Zweiten Kammer gefaßten Be⸗ schlüssen übereinstimmen. Der Hauptantrag, daß die Kammer nach Vorgang der Zweiten Kammer durch die abgelegte Rechen⸗ schaft sich für vollständig befriedigt erachte, fand einstimmige Annahme. In der Zweiten Kammer erstattete die Finanzdeputation Bericht über das Königliche Dekret, den Betrag zu Beschaffung von Beamtenwohnungen bei verschiedenen Anstalten betreffend, ferner über einige Positionen des Budgets, sowie über die Dis⸗ positionssumme zu den durch die Reichsgesetzgebung nöthig wer⸗ denden Baulichkeiten bei vorhandenen Gerichtsgebäuden. Die Kammer trat ohne erhebliche Debatte den Deputationsvorschlägen bei und nahm schließlich einen Gesetzentwurf über das Mobiliar⸗ und Privatfeuerversicherungswesen mit einigen Abänderungen und Zusätzen in der Hauptvorberathung an.
Baden. Karlsruhe, 20. April. (Frkf. J.) Der so eben ausgegebene Bericht der ständischen Kommission über das Volks⸗ schulwesen lautet in seinem Hauptartikel über die konfessionelle Seite des Volksschulunterrichts: „Der Unterricht in der Volks⸗ schule wird sämmtlichen schulpflichtigen Kindern gemeinschaftlich ertheilt, mit Ausnahme des Religionsunterrichts, sofern die Kin⸗ der verschiedenen religiösen Bekenntnissen angehören.“ Dieser schon im Regierungsentwurf befindlichen Stelle hat die Kommission die Verschärfung beigefügt: „Die der politi⸗ schen Gemeinde obliegende Verpflichtung zum Unterricht (außer Religion) kann weder im Ganzen noch zum Theile durch eine vorzugsweise zur Erfüllung konfessioneller Zwecke be⸗ gründete Korporationsanstalt geleistet werden“. Hierzu tritt noch als Uebergangsbestimmung: „Die z. 3. auf Grund des Regulativs vom 16. September 1811 bestehenden Lehr⸗ und Erziehungs⸗Institute (Baden, Lichtenthal, Offenburg ꝛc.) werden binnen Jahresfrist nach Verkündigung dieses Gesetzes aufge⸗ hoben“. — Der Erbgroßherzog wird vom 24. d. ab im Sommersemester an der Universität Heidelberg Vor⸗ lesungen hören bei den Herren Geh. Rath Knies, Fischer und Professor Erdmannsdörfer über Verwaltungslehre, Philosophie und neuere Geschichte. — Zu dem diesjährigen katholischen Staatsexamen auf Ende dieses Monats hat sich zum ersten⸗ mal ein Kandidat gemeldet, und zwar ein altkatholischer, Stud. theol. Leuthner von Ueberlingen; nach vollzogener Ablegung wird derselbe durch Bischof Reinkens die Priesterweihe empfangen. — Aus der Ständekammer nahestehenden Kreisen ver⸗ lautet, daß bald nach dem Wiederbeginn der Sitzungen nach Ostern von den Mitgliedern der nationallibe⸗ ralen Partei die Einbringung eines Gesetzentwurfs veranlaßt werden wird, welcher die Errichtung eines Staats⸗ gerichtshofs im Umfang der bezüglichen preußischen Gesetze von 1873 und 1875 bezweckt. Dieser Gerichtshof soll mit der Macht bekleidet werden, gegen die im Lande in antlicher Stellung fungirenden Geistlichen jeden Grades die Absetzung aussprechen zu können, welche durch ihre fortdauernde Thätig⸗ keit gegen die gesetzlichen Ordnungen des Staats den Bestand desselben zu gefährden versuchen — Im Schlosse Brombach bei Wertheim fand am 17. d M. in Anwesenheit des Fürsten von Löwenstein⸗Wertheim⸗Rosenberg eine Katholiken⸗Versamm⸗ lung statt. Im Vergleich zu früheren Versammlungen war die Betheiligung dieses Mal sehr gering, namentlich fehlten die katholischen Geistlichen und die Bürgermeister des Bezirks, da⸗ gegen waren die Fürstlichen Diener und fremde Geistliche zahl⸗ reicher vorhanden. Als Redner traten auf: Domkapitular Haff⸗ ner aus Mainz über „Schulwesen“, v. Schierstätt über die „Reichs⸗Eisenbahnfrage in der badischen Kammer“, und Frhr. v. Loë über die „Organisation der katholischen Vereine“.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 22. April. Das „Regierungsblatt für das Großherzogthum Sachsen⸗Weimar⸗ Eisenach“ enthält das Gesetz, Beiträge (32,000 ℳ jährlich aus Staatsmitteln) zu dem Centralfonds für die evangelische Geist⸗ lichkeit betreffend, ferner das Regulativ, betreffend die Auf⸗ besserung der Besoldungen der evangelischen Geistlichen und die Errichtung eines Centralfonds für dieselben.
Lippe. Detmold, 22. April.’ Der durch landes⸗ herrliche Bekanntmachung vom 31. Januar d. J. angeordnete außerordentliche Landtag ist auf den 10. k. M. zusammen⸗ berufen worden.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 21. April. Die „Straßb. Ztg.“ meldet: Ein in Nr. 94 des „Elsässer Journals“ enthaltener Artikel enthält folgende beherzigenswerthe Stelle: „Ist es nicht unser Interesse, das Interesse aller Elsässer und Lothringer, daß die Geschicke unseres kleinen Vaterlandes so viel als irgend möglich in unsere eigene Hand gelegt werden? Oder soll uns das Gefühl der Bitterkeit, das die Ereignisse von
1871 in uns zurückgelassen haben, veranlassen, durch unsere ab⸗ 2 11 v 1““ 8
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Weigerung, uns befassen, mit Finanzen, seine
selbst mit unseren eigener Hand das ganze Verwaltung, seine
solute legenheiten zu Land, seine
Vertrauen auf den gesunden Sinn unserer Bevölkerung, als daß wir annehmen könnten, eine solche Verzweifelungspolitik werde noch länger triumphiren. Sie konnte in einer fieber⸗ haft erregten Zeit den Sieg davontragen, was leicht erklärlich
unter denen die Bevölkerung sich damals sträubte und wand.“ Dazu bemerkt die „Straßb. Ztg.“: „Wir wollen hoffen, daß diese Mahnung des Blattes Eingang findet, und auch wir bauen
immer an den Elsässern und Lothringern rühmte“. Die Gegen⸗
entscheidend für das Schicksal des Landes.
Theil an der Bevölkerung selbst, in welchem Umfang und wie tief dieses Fundament gelegt werden soll, und die gegenwärtige Generation wird sich ihren Nachkommen gegenüber zu verant⸗ nfare haben, wie sie die Verpflichtungen gegen ihr Vaterland erfüllt!“ 8 — 22. April. (Els. Journal.) Das Bureau des Lan⸗ desausschusses versammelte sich Donnerstag in Straßburg, zu gleicher Zeit mit der Kommission, welche ernannt worden war, um die Protokolle der letzten Session zu prüfen. Der Zweck dieser Versammlung bestand darin, den Gang der Ver⸗ handlungen summarisch vorzubereiten und besonders den zu⸗ künftigen Verhandlungen die weiteste und schnellste Ver⸗ öffentlichung zu sichern. Man beschloß, sechs Redacteur⸗ Sekretäre zu ernennen, drei für das Deutsche, drei für das Französische, welche den Sitzungen beiwvohnen und am näm- lichen Tage die Berichte aller Verhandlungen abfassen sollen. Auf diese Weise sind die Zeitungsblätter im Stande, gleich am anderen Tage vollständige detaillirte Protokolle zu veröffentlichen. Unter den Gesetzentwürfen für die nächste Session befindet sich ein solcher, betreffend die Veränderung des Jagdgesetzes. 8
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 22. April. (W. T. B.) Die „Politische Korrespondenz“ meldet in ihrem finanziellen Theile, daß besten Informationen zufolge der definitive Ab schluß der zwischen den Regierungen Oesterreichs und Ungarns schwebenden Verhandlungen als gesichert und un⸗ mittelbar bevorstehend betrachtet werden darfk. — Zur Lage wird dem „Prg. Abbltt.“ unterm 21. von hier geschrieben: Die bunten Geruͤchte, hallten und von diesen ernstlich diskutirt wurden, haben sich im Laufe des Tages vollkommen verflüchtigt und zur Stunde wird es nur noch wenige Pessimisten geben, welche jetzt noch an dem Zustandekommen des Ausgleiches zu zweifeln den Muth hätten. Wie man mittheilt, ist über eine ganze Reihe von Punkten ein Abkommen getroffen worden, in Betreff noch einiger Differenzen, die vermuthlich untergeordneten Charakters sind, wird die Ver⸗ ständigung in den nächsten Tagen, sobald die ungarischen Minister wieder von Pest zurückgekehrt sein werden, gleichfalls erfolgen und damit das Ausgleichswerk nach langen Mühen seinen Abschluß finden. Je schwieriger sich das Werk gestaltete, um so größere Anerkennung verdient die Unermüdlichkeit wie der patriotische Eifer, mit dem man von beiden Seiten bemüht war, die von der Oeffentlichkeit mitunter ganz verläugneten Be⸗ rührungspunkte aufzufinden. Es zeigt dies, daß man auf beiden Seiten von der hohen Wichtigkeit wie der Bedeutung jener Verhandlungen ganz durchdrungen war, und kann man be⸗ stimmt erwarten, daß die beiden Parlamente, die nach Abschluß der Verhandlungen der Minister ihr legislatives Votum abzugeben berufen sein werden, sich von den gleichen patriotischen Gesichts⸗ punkten und der gleichen Objektivität leiten lassen werden. Die
publizistische Diskussion der Ausgleichsfrage, die lange genug
einen gereizten Charakter angenommen hatte, wird jetzt auch positive Veranlassung haben, sich in objektiverer Weise als bisher zu bewegen und ihre Stärke nicht in Ausfällen, sondern in gründ⸗ licher objektiver Behandlung der Fragen suchen müssen. — Die „Neue Fr. Presse“ hält in Bezug auf die Ausgleichsverhandlungen an ihrer früheren Mittheilung fest, daß in der Zolltarif⸗ und Restitutionsfrage eine grundsätzliche Einigung bereits erzielt wurde, und fügt nur ergänzend hinzu, daß bezüglich des Modus der Vertheilung der Zollrestitution der Vorschlag gemacht wurde, daß die Rückvergütung der Verzehrungssteuer nach dem Ver⸗ hältnisse des Erträgnisses der bezüglichen Steuerkategorie in Ungarn und Oesterreich getheilt werden solle. Gleichzeitig soll eine Reform sämmtlicher indirekten Steuern, natürlich nach gemeinsamen Prinzipien, vereinbart worden sein. Der diesseitige Finanz⸗ Minister habe mit Rücksicht darauf schon eine Anzuhl von Ex⸗ perten einberufen, um sie wegen der Reform der Zucker⸗ und Spiritussteuer zu befragen. Auch das ist — wie die „Neue Fr. Presse“ hervorhebt — ein Symptom, daß man an dem Zu standekommen einer endlichen Einigung nicht mehr zweifelt. Linz, 22. April. Obwohl diesmal, so wird der „N. Fr. Pr.“ telegraphirt, die klerikale Partei bei den Gemeinderaths wahlen die größten Anstrengungen machte, in ihrem Wahl⸗ cirkulär sogar andeutete, sie werde die Wähler für die allfällige Zeitversäumniß entschädigen, wurden heute vom dritten Wahl körper alle sechs Kandidaten der Verfassungspartei nach heftigem Kampfe gewählt. Pest, 22. April. Der „Pest. Lloyd“ meldet: Heute Abend 6 Uhr fanden sich etwa 60 Abgeordnete der liberalen Partei bei dem Minister⸗Präsidenten zu einer Berathun zusammen, bei welcher sämmtliche Minister, darunter auch der eben erst angekommene Baron Wenckheim, anwesend waren. Tisza machte Mittheilungen über den Verlauf und den gegen⸗ wärtigen Stand der Verhandlungen zwischen beiden Regie⸗ rungen. Bezüglich der Mittwoch⸗Audienz Tisza's bei Sr. Majestä berichtete der Minister⸗Präsident, daß er dem Monarchen gegen über offen die Erklärung abgegeben habe, einen Ausgleich unte jenen Modalitäten, wie sie bisher von der österreichischen Regie⸗ rung annehmbar befunden wurden, weder selbst annehmen noch dem Parlamente zur Annahme empfehlen zu können. Er bitte Se. Majestät, Jemanden andern mit dieser Mifsion zu betrauen, welcher derselben vielleicht eher zu entsprechen in der Lage wäre und stelle daher seinen Posten Sr. Majestät zur Verfügung. Se. Maäjeßät ist auf dieses Ansinnen nicht einge⸗ gangen, sondern hat den Minister⸗Präsidenten beauftragt, sich nochmals nach Pest zu bemühen, hier mit der Partei neuerdings Rücksprache zu nehmen und gemeinschaftlich mit ihr die Chancen des Gelingens und Mißlingens des Ausgleichs in neuer liche Erwägung zu ziehen. Dies sei der Grund, weshalb der
Minister⸗Präsident die Abgeordneten vorläufig zu dieser vertrau⸗
Ange⸗ mora-⸗
lische und materielle Wohlfahrt Nicht⸗Alt⸗Elsaß⸗Lothringischen 8. * Elementen zu überantworten? Wir hegen ein viel zu großes
ist, wenn man sich der außerordentlichen Ereignisse erinnert,
unsere Erwartungen auf den vom „Elsässer Journal“ hervor-. gehobenen „klugen, praktischen und mäßigen Sinn, den man
wart und die nächsten Jahre sind wohl für eine ganze Epoche 8
Jetzt, wo man den Grund zu seiner Organisation legt, liegt es zu einem großen
von denen früh noch die Blätter wider⸗ 8
lichen Besprechung zusammenberufen; es komme ihm nicht in den Sinn, irgend Jemanden nach einer oder der anderen Rich⸗ tung hin überreden oder die Verantwortlichkeit abwälzen zu wollen, sowie auch er und seine Kollegen allerdings Werth dar⸗ auf legen, die Ansichten der Partei kennen zu lernen, sich jedoch bezüglich ihrer eigenen Entschließung durchaus freie Hand vor⸗ behalten. Er überlasse es sonach den Anwesenden, ob sie über⸗ haupt in eine Diskussion eingehen und ihre Meinung bekannt⸗ geben wollen. Einen Beschluß der Partei wünsche das Mini⸗ sterium nicht und würde einen solchen auch gar nicht acceptiren können, weil es die Verantwortlichkeit vom Kabinete nicht auf die Partei überwälzen wolle. Die meisten und hervorragendsten Abgeordneten sprachen sich, der „Wien. Z.“ zufolge, mit Rück⸗ sicht auf die allgemeine Lage und speziell diejenige Ungarns dahin aus, daß eher eine theilweise Vertagung der gerechten Aspirationen der Nation als eine Demission des Kabinets geboten r Schließlich wurde vereinbart, daß Gorové die Mitglieder er liberalen Partei für morgen 6 Uhr Nachmittags zu einer Besprechung einberufe.
Pest, 24. April. (W. T. B.) Bei der gestrigen Zu⸗ sammenkunft der Mitglieder der liberalen Partei des Reichstags wiederholte Minister⸗Präsident Tisza seine Erklärun⸗ gen über den Stand der Ausgleichsverhandlungen und forderte die Abgeordneten auf, sich darüber zu äußern, ob sie den Aus⸗ gleich annehmen wollten oder oh das Kabinet seine Entlassung nehmen solle. Es war ausdrücklich bestimmt, daß die Partei als solche sich nicht zu erklären habe.
Schweiz. Basel, 24. April. (W. T. B.) Die gestrige Abstimmung des schweizer Volkes über das eidgenössische Banknotengesetz hat bis Abends 9 Uhr 120,000 Stimmen gegen dasselbe, 70,000 Stimmen für dasselbe ergeben. Die Ab⸗ lehnung des Gesetzes scheint, den „Baseler Nachrichten“ zufolge, unzweifelhaft zu sein.
Belgien. Brüssel, 21. April. Gestern früh fand in Laeken die Ueberführung der sterblichen Reste der verstorbenen Glieder der Belgischen Königsfamilie, — des Königs Leopold, der Königin Louise und des Prinzen von Hainaut, — aus der Gruft, wo sie bis jetzt beigesetzt waren in die Krypta der dort neu erbauten katholischen Kirche in Gegenwart des Königs und des Grafen von Flandern statt.
Die Ueberführung fand getrennt in zwei Abtheilungen statt. Zuerst wurde der Sarg des Königs Leopold, gefolgt von seinen beiden Söhnen, ohne jede priesterliche Begleitung in dem ungeweihten, für ihn bestimmten Theil der Krypta beigesetzt, und ihm folgten alsdann in einem zweiten Zuge, begleitet von der katholischen Geistlichkeit des Ortes, die Särge der Königin Louise und des verstorbenen Kronprinzen, welche in der geweih⸗ ten Abtheilung der neuen Gruft beigesetzt wurden.
„— 23. April. (W. T. B.) Das Journal „Nord“ ver⸗ öffentlicht eine Zuschrift des russischen Agenten Wesse⸗ litzky, worin derselbe gegen die Behauptung, daß er von der russischen Regierung mit irgend einer Mission an die Insurgenten in der Herzegowina betraut gewesen sei, protestirt und erklärt, er habe weder eine Mission, noch irgend welche Voll⸗ machten gehabt und ganz von freien Stücken den Insurgenten den Rath des Reichskanzlers Fürsten Gortschakoff übermittelt, daß sie die vom Grafen Andrassy vorgeschlagenen Re⸗ formen annehmen möchten. Der „Nord“ publizirt ferner eine an die Mächte gerichtete Adresse der Insurgenten. In derselben wird die Bedeutung und Wichtigkeit der Andrassy⸗ schen Reformvorschläge anerkannt, welche sich von den vorher durch die Türkei verheißenen Reformen wesentlich unter⸗ schieden und geeignet seien, die Wohlfahrt der infurgirten Pro⸗ vinzen sicher zu stellen. Die Insurgenten seien bereit, sich zu unterwerfen, sobald die Andrassyschen Reformen loyal ausge⸗ führt würden in Gemäßheit der Forderungen, die die Insurgen⸗ öG der Sicherstellung der Reformenausführung gesftellt ätten.
Großbritannien und Irland. London, 23. April. (W. T. B.) Die Königin und die Prinzessin Beatriece sind gestern wieder in Windsor eingetroffen.
— (E. C.) Angeregt durch die Frage, welche Lord Rosebery (am 13. März) bezüglich Helgolands im Oberhause an Lord Carnarvon stellte und durch den am 15. April in der „Kölnischen Zeitung“ erschienenen Brief Friedrich Oetkers über die Kon⸗ stitution der Inse! veröffentlicht ein Herr Sedley Taylor (vom Trinity College, Cambridge) in der heutigen „Times“ den Wortlaut der Kapitulationsbedingungen, unter welchen Helgoland im Jahre 1807 an Großbritannien überging. Er giebt an, das Dokument — eine Abschrift aus den Archiven der Insel — von einem Deutschen zugeschickt er⸗ halten zu haben, und gleichzeitig zwei andere Abschriften, welche vollkommen mit einander übereinstimmen und wovon die eine wahrscheinlich schon im Jahre 1828 gemacht wurde. Die frag⸗ liche Klausel lautet: „Alle obrigkeitlichen und beamteten Individuen geistlichen und eivilen Standes und alle Einwohner überhaupt, werden in ihren resp. Amtsverrichtungen, Rechten, Gewerben, kirchlicher Verfassung Konstitutionen, so wie ihren Familien und Wohnun⸗ gen ungestört erhalten, und überhaupt alles Eigenthum respek⸗ tirt und geschützt.“ — Auf Grund dieser Vertragsformel wand⸗ ten sich im Jahre 1866 350 Bürger von Helgoland mit einer Bittschrift an das Kolonial⸗Ministerium, worin sie um ungehin⸗ derte Ausübung ihrer alten Freiheiten nachsuchten. Diese Bitt⸗ schrift wurde damals gedruckt und ein Exemplar wird in der Bibliothek des britischen Museums aufbewahrt.
— Der Parlaments⸗Ausschuß, welcher beauftragt worden war, Erhebungen über die Wirksamkeit des be⸗ stehenden Verfahrens bei Parlaments⸗ und Gemeinde⸗ wahlen zu veranstalten, hat am 22. seinen Bericht veröffentlicht. Er tadelt mehrere Mängel, empfiehlt sofortige Abhülfe durch ein kurzes Gesetz, welches namentlich die Begünstigung der schrei⸗ bensunkundigen Wähler aufheben und nur bei physischen Ge⸗ brechen die Unterstützung des Wählers durch Andere gestatten, ferner die Anzahl der Agenten jedes Wahlkandidaten gesetzlich beschränken und für polizeiliche Aufbewahrung der Wahlzettel da, wo nicht gleich die Zählung vorgenommen wird, Vorsorge treffen soll. — Der Papst hat, nach der „Köln. Ztg., allen Denen, die zur Umwandlung des Fort Augustus in Schottland zu einem Benediktinerkloster beitragen würden, seinen besonderen Segen verheißen. Die katholischen Blätter fordern zu Spenden auf, frohlocken über die Aussicht auf Wiedereinführung des Mönchthums in Schottland nach dreihundertjähriger Verbannung und sagen die Wiederher⸗ stellung aller alten Benediktiner⸗Abteien, etwa 30 an Zahl, voraus. — Aus Rangun meldet ein Telegramm die Ermor⸗ dung eines Engländers durch Eingeborene. — Die „Pall Mall Gazette“ kündigt die Ankunft des Prinzen von Wales in Portsmouth auf den 11. Mai an.
Frankreich. Paris, 22. April. Der Unterrichts⸗ Minister Waddington hielt in der General⸗Ver⸗ 16 1“
sammlung der wissenschaftlichen welcher er im zweiten Theile von den Pflichten der Regierung der Republik sprach. Große Geldbewilligungen, äußerte der Minister, seien zu den Reformen unerläßlich, welche die Regierung einzuführen bezwecke. Für den höheren Unterricht werde das Kabinet die Gründung von neuen Laboratorien, Bibliotheken und Lehrstühlen und die Gruppirung der Fakultäten in tüchtige Universitäten beantragen. Die Regierung werde ferner für den Schulzwang im Elementar⸗ unterricht eintreten, aber es gelte, mit Umsicht vorzuschreiten. Erst nachdem für Alle der Unterricht ertheilt werden kann, werde es an der Zeit sein, Verpflichtungen vorzuschreiben und Strafen zu verhängen. Dies sei der Weg, den der Präsident der Kepublik zu gehen entschlossen sei. Indem derselbe die Aus⸗ stellung für 1878 ausgeschrieben, habe er zeigen wollen, daß Frankreich, dessen Verfassung durch die allgemeine Abstimmung auf so glänzende Weise bestätigt worden, das Provisorium über⸗ wunden habe und daß die junge Republik ihre ersten Lorbeeren in der Rennbahn des Friedens erobern wolle. Er setzte hinzu, die Republik sei eine Regierung des Friedens dem Auslande gegenüber, sowie eine Regierung der Ordnung und der Beruhigung im Innern; die Regierung werde die Robe des Professors so hoch achten wie die Soutane des Priesters; mit Gottes Hülfe werde die Republik von 1875 Frankreich lange Tage des Wohlstandes, des Ruhmes und der Größe bringen.
— Nach der „Ag. Hav.“ will sich die Regierung gegen jeden Antrag erklären, der die einfache Verwerfung der Amnestie beeinträchtige, und bei den Erklärungen der Minister Dufaure und Ricard beharren.
— Aus der Gemeinde⸗Verfassungskommission er⸗ fährt man, daß dieselbe der Regierung die Konzession machen wolle, dieser die Wahl der Maires in allen Hauptorten der Kan⸗ tons zu überlassen, doch soll sie gehalten sein, dieselben aus den Gemeinderäthen der Hauptorte zu wählen. Man glaubt aber nicht, daß diese Konzession die Zustimmung der republika⸗ nischen Majorität der Kammer erhalten werde.
—— Die Absetzung des Präfekten de Chazelle ist jetzt offiziell angezeigt worden.
— Der Kriegs⸗Minister hätte nach einem Telegramm der „Köln. Ztg.“ eine größere Anzahl von Offizieren der Territorial⸗Armee abgesetzt, well sie republikanischen Par⸗ teien angehören. Im Budgetausschusse deshalb befragt, er⸗ wiederte der Minister, er könne keine Untersuchung über die Ge⸗ finnungen eines jeden Kandidaten zu Offtzierschargen anstellen; er ernenne nach den ihm von den Präfekten vorgelegten Listen, ohne sich um die politische Gesinnung der darauf Verzeichneten zu bekümmern. Diese Antwort befriedigte die Fragesteller nicht und die Sache soll vor die Kammer gebracht werden.
— Die dritte öffentliche Sitzung des katholischen Kon⸗ gresses fand vorgestern Abend 8 ½ Uhr statt; de Bentque erstat⸗ tete Bericht über das „Oeuvre de T'adoration du Saint Sa- crement“, das große Fortschritte gemacht habe und jetzt Mit⸗ glieder in 77 Diözesen zählt. Der Redner empfahl die Wall⸗ fahrten, die Nachtwache am Charfreitag und die Gründung einer Gesellschaft, deren Zweck sei, „die Kranken auf die letzte Oelung vorzubereiten und sie gegen die Verführungen der Frei⸗ denker zu schützen“. Der Pater Tondini (von den Barnabitern) erstattete Bericht über die Rückkehr Rußlands zur latholischen „Freiheit.“ Er gab die Geschichte des von dem Pater Schuwalow zu diesem Zweck gegründeten „Werkes“ und erklärte, daß man beten müsse, damit die Kirche des Orients sich wieder der römischen Kirche unterwerfe. Der Pater schlug deshalb dem Kongreß vor, den Wunsch auszudrücken, daß die von dem Pater Schuwalow für die Vernichtung des orientalischen Schismas gegründete Verbindung sich tagtäglich mehr ent⸗ wickle, und zu bestimmen, daß in Paray⸗le⸗Monial ein ewiges Gebet und eine monatliche Messe für die Bekehrung der orien⸗ talischen Abtrünnigen gestiftet werde. Auf den Antrag des Bischofs Ismard wurde hiernach beschlossen, daß theologische Vorlesungen für Laien eingerichtet werden, damit dieselben die Religion genau kennen und so lieben lernten. Champeaux erstattete Be⸗ richt über die katholische Universität von Lille. Derselbe räth, daß man „die Generalräthe, auf die man Einfluß habe, zwinge, einen Theil Stipendien, über die sie verfügen, den katholischen Universitäten zu überlassen“. Der letzte Bericht⸗ erstatter war de Beaucourt, Direktor der (katholischen) biblio⸗ graphischen Gesellschaft. Derselbe eiferte gegen die radikale Propaganda, und fand, daß die Gesellschaft bis jetzt wenig ge⸗ than habe, da sie bisher nur vier Broschüren veröffentlicht habe. Obgleich sie in Frankreich drei Millionen Traktate verbreitet, so lasse die Propaganda Vieles zu wünschen übrig. Er meint, daß die Katholiken ein Beispiel an ihren Gegnern nehmen und sich vereinigen sollten, um gute Werke zu verbreiten. — Der Kongreß beschäftigt die Journale lebhaft. Das „Journal des Débats“ bespricht ihn in einem längeren Artikel, und sagt darin, daß danach die Klerikalen oder die Katholiken, wie sie sich nennen, doch noch sehr große Vor⸗ rechte in Frankreich genössen, nicht gesetzliche, nicht vom Kon⸗ kordat oder den organischen Artikeln, sondern nur aus dem guten Willen der Regierung herrührende. Nie seien die Katho⸗ liken so frei gewesen, weder de jure, noch de facto, nicht ein⸗ mal unter der Restauration, noch weniger unter der Juli⸗Re⸗ gierung. Erst die Republik, sowohl die von 1848 als die jetzige, hätten ihnen die Unterrichtsfreiheit gegeben. Seitdem haben sie erstaunliche Fortschritte gemacht, so daß keine andere Partei sich ähnliche Dinge erlauben dürfe. Zum Schluß giebt das „Journal des Débats“ den Katholiken jedoch den Rath, Gesetze und Einrichtungen zu achten, auf welchen die gesellschaft⸗ lichen Verhältnisse Frankreichs beruhen. Das Programm des Kongresses enthalte Artikel, gegen die sich Vieles sagen ließe; der Mißbrauch in solchen Dingen liege dem Gebrauch sehr nahe und von Seiten der Katholiken wie von Seiten der Re⸗ gierung könne man nicht vorsichtig genug verfahren. Schließlich fragt das Blatt, ob es erlaubt sei, zu behaupten, die Kirche sei in einem Lande verfolgt, wo sich die Katholiken als Regierung organisiren und wo sie offen Reden halten, wie man sie im Kongreß gehört habe.
— 24. April. (W. T. B.) Bei der gestrigen Stichwahl im 13. Arrondissement von Paris wurde Cantagrel von der Linken, in St. Denis aber See von der Linken gewählt.
Spanien. Madrid, 23. April. (W. T. B.) In dem von dem Finanz⸗Minister Salaverria gestern über die finanzielle Lage gegebenen Exposé wird erklärt, es sei absolut unmöglich, die Zinsen der Staatsschuld sofort voll⸗ ständig zu bezahlen. Um mit allen disponiblen Hülfsquellen dis Landes auf Tilgung dieser Schuld hinzuwirken, werde die Re⸗ gierung nicht blos die außerordentlichen Kriegssteuernzbeibehalten, sondern auch die Territorial⸗Kontribution um 2 Prozent, die Ver⸗ z rungssteuer um ein Viertheil erhöhen. Außerdem seien Maß⸗
Vereine eine
Rede, in
regeln zur Erhöhung der Produktivität der Tabaksregie, sowie ein Abzug von 25. Proz. von dem Gehalt und den B zöügen ge⸗ wisser Beamtenklassen und des Klerus in Aussicht genommen. Desungeachtet werde die Regierung nicht früher als am 1. Ja⸗ nuar 1877 im Stande sein, mit der Bezahlung der den Staats⸗ gläubigern angebotenen jährlichen Zinsen beginnen zu können. Das Kapital der Sraatsgläubiger werde keine Minderung er⸗ fahren, sobald dieselben sich mit den die Regelung der Ange⸗ legenheit betreffenden Vorschlägen der Regierung einverstanden er⸗ klärten. Um für die folgenden Jahre die Mittel bereit zu stel⸗ len, durch welche die genaue Erfüllung aller Staatsverpflichtun⸗ gen gesichert werde, beabsichtige die Regierung, die Cortes um ausgedehnte Vollmachten zur Reform des gesammten Abgabe⸗ wesens anzugehen. Mit der Banco de Espagna und mit der Hypothekarbank würden behufs Tilgung der schwebenden Schuld besondere Vereinbarungen getroffen werden. Die erstere solle zwölf Jahre lang die auf der Industrie ruhende Territorialsteuer er⸗ halten, der Hypothekarbank sollten die Zolleinkünfte überwiesen werden. Für die Staatsregierung würden gewisse Abgaben re⸗ servirt werden, auf welche hin eine Emission von neuen 6 proz. mittelst halbjährlicher Ziehungen binnen 12 Jahren rückzahlbare Obligationen erfolgen solle. In Folge dieser Maßregeln wü den die Gläubiger der konsolidirten, der inneren und äußeren 3 proz. Schuld und der anderen Staatsschulden vom 1. Januar 1877 ab ein Drittheil ihrer resp. Zinsen erhalten, 25 Millionen Pe⸗ setas würden vom 1. Juli 1879 ab behufs Amortisirung der Schuld flüssig werden, und diese Summe werde sich succes sive steigern durch die Zinsen von den Kapitalien, deren Amortisirung erfolgt sei, durch den zur Tilgung gelangenden Theil der Schatz⸗ bondz⸗Annuitäten, durch die künftig in baar zu vereinnahmen⸗ den Erträge aus verkauften Staatsgütern und aus anderen event. Hülfsquellen. Der Amortisationsfonds werde für die verschiedenen Ka⸗ tegorien der Staatsschuld je nach Verhältniß der Kapitalien und der fälligen Zinsen verwendet werden. Eine aus dem Finanz⸗ Minister, dem Direktor der Banco de Espagna und aus Staats⸗ beamten und Deputirten bestehende Junta solle niedergesetzt werden und dafür sorgen, daß die zur Bezahlung der Zinsen und zur Amortisirung erforderlichen Gelder behufs Erfüllung der staatlichen Verpflichtungen beständig gesichert seien.
San Sebastian, 22. April. (W. T. B.) Gestern fand eine stürmische Sitzung der Junta von Guipuzcoa statt. Die Delegirten von San Sebastian erklärten, an den weiteren Verhandlungen nicht mehr theilnehmen zu wollen. Eine große Anzahl von Delegirten gab die Erklärung ab, daß die baskischen Provinzen, falls die Fueros irgendwie beschränkt werder sollten, jede passende Gelegenheit ergreifen würden, um sich definitiv von Spanien zu trennen und sich unter fremden Schutze für unabhängig zu erklären.
— 23. April. (W. T. B.) Die Junta von Guipuzcoa hat 5 Delegirte zu Verhandlungen mit der Regierung gewählt deren Instruktionen im Wesentlichen dahin gehen, jede Trans aktion, welche Guipuzcoa für die Zukunft besondere Verpflich⸗ tungen auferlegt, abzulehnen. Im Uebrigen sollten sie die Be reitwilligkeit zur Zahlung einer mäßigen Kontribution zu Gunsten des Staatsschatzes erklären, jedoch sich sofort unter Protest zurückziehen, sobald der Versuch gemacht würde, die Fueros in irgend einer Weise zu modifiziren.
Portugal. Lissabon, 23. April. (W. T. B.) Die Prinzessin Isabella Maria von Portugal, in der Zeit vom 10. März 1826 bis zum 26. Februar 1828 Regentin von Portugal, ist gestern nach längerer Krankheit gestorben.
„Italien. Rom, 20. April. (Ital. Nachr.) Der Minister⸗ Präsident und der Minister des Innern sind heute nach San Rossore gefahren, um Sr. Majestät dem Könige die den Präfektenwechsel betreffenden Dekrete zur Unterschrift v zulegen. Im Ganzen sind bis jetzt 28 Präfekten versetzt, 11 neu ernannt, 7 in Ruhestand versetzt, 3 zur Disposition gestellt 3 verabschiedet und Einer auf Wartegeld gesetzt worden. Es werden aber voraussichtlich noch andere Veränderungen in den Präfekturen erfolgen.
— Gestern (18.) ist Monsignor Mermillo dnach der Schweizer⸗ grenze abgereist. — Die „Unita Cattolica“ berichtet: Am 24. d. M. wird sich wieder eine große französische Pilgerkarawane von Paris nach Rom auf den Weg machen, um den 5. Mai, dem Tag des heiligen Pius V. dem Papste vorgestellt zu werden, wi diese Ehre im vorigen Jahre an demselben Tage einer eben⸗ falls aus der Mitte des französischen Katholizismus ge⸗ bildeten Pilgerkarawane zu Theil geworden ist. Die Pil ger gedenken am 26. in Turin einzutreffen und in der Kapelle der allerh. Sindone Messe zu hören, in Genua am Grabe der h. Catharine, in Florenz an dem der h. Maria Magdalena dei Pazzi. Am 30. wollen si in Rom ankommen und am 12. Mai wieder abreisen, um au dem Rückwege die Heiligthümer von Assisi, Loreto, Bologna Venedig, Padua und Mailand zu besuchen und am 19. wieder in Turin einzutreffen, von wo sie nach abermaliger Messe ir der Kapelle der allerh. Sindone nach Frankreich zurückz kehren und am 20. wieder in Paris einzutreffen gedenken — Da der 12. April dieses Jahr in die stille Woche gef len ist und der Jahrestag der Rückkehr des Papstes von Gasta und seine Rettung aus der Gefahr im Kloster Santa Agnese deshalb erst am Ostermontage in S. Agnese gefeiert werden konnte, fand der übliche Empfang des römischen Adels erst heute im Vatikan statt. Der frühere Senator von Rom, Mar⸗ chese Francesco Cavalletti verlas im Namen desselben die übliche Adresse, welche die „Voce della Verita“ morgen nebst der Antwort des Papstes mitzutheilen verspricht. 8
— 22. April. (W. T. B.) Wie die „Agenzia Steffani“ erfährt, hat die Königin Isabella an den Papst ein Schrei⸗ ben gerichtet, in welchem sie ihre Vermittelung in der kirch⸗ lichen Frage bei dem Könige Alfons anbietet.
— 23. April. (W. T. B.) Dem Journal „Diritto“ zu⸗ folge beabsichtigt das Ministerium, in der Kammer einen Ge⸗ setzentwurf, betreffend die Verlängerung des gesetzlichen Courses der Noten der Konsortial⸗Banken einzubringen. Das genannte Blatt fügt hinzu, das Ministerium hoffe, noch vor Ablauf der in dem Gesetze verlangten Verlängerungsfrist dem Parlamente Mittel zur allmählichen Abschaffung des Zwangs⸗ courses für Papiergeld vorschlagen zu können.
Griechenland. Athen, 22. April. (W. T. B.) Der König und die Königliche Familie sind heute Mittag an Bord der „Amphitrite“ zunächst nach Brindisi abgereist, von wo sich dieselben nach Neapel begeben.
Türkei. Konstantinopel, 22. April. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas⸗Reuter“ meldet, sollte der Fürst von Montenegro von Seiten der Pforte benachrichtigt worden sein, daß die türkischen Truppen von Albanien aus in Montenegro einrücken ürden wenn von dem Fürsten