1891 / 228 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Sep 1891 18:00:01 GMT) scan diff

Nichtamtliches.

Belgien.

Wie der „Patriote“ aus guter Quelle wissen will, hätte der Generalstab der Armee beschlossen, daß, um Vor⸗ sorge für den durch die Maasbefestigungen erforderlichen Bedarf zu treffen, mehrere neue Regimenter errichtet

erden müßten, und zwar ein Regiment Artillerie, zwei Re⸗ gimenter Infanterie und ein Regiment Kavallerie. Dem⸗ zufolge würde die Ziffer des Jahreskontingents von 13 000 auf 19000 Mann erhöht werden. 8 8

Von der „Agence de Constantinople“ wird auf Grund

aingetroffener offizieller Nachrichten der gegentheiligen Mel⸗ dung des „Standard“ gegenüber festgestellt, daß Sana, die Hauptstadt von Yemen, von den Insurgenten nicht ein⸗ genommen worden sei und daß es nicht einmal belagert werde, wie daraus hervorgehe, daß die Stadt in vollkommen unge⸗ störtem Verkehr mit der Außenwelt stehe. 1 Die „Pol. Corr.“ theilt den Wortlaut der Cirkular⸗ note mit, welche die Pforte in der Frage der Dardanellen⸗ Durchfahrt an die Botschafter der Türkei im Auslande ge⸗ richtet hat. Die Note, welche vom Minister des Aeußern Said Pascha gezeichnet ist und das Datum des 19. September trägt, lautet in Uebersetzung folgendermaßen: 8 „Es ist Ihnen betannt, daß die Packetboote der Freiwilligen Flotte einen Dienst zwischen Odessa und den russischen Besitzungen im aäußersten Osten besorgen. Diese Schiffe, welche die Handelsflagge tragen, genießen frtie Durchfahrt durch den Bosporus und die Dar⸗ danellen; da sie aber mitunter zum Transport von Soldaten und Sträflingen verwendet wurden, geschah es, daß sie irriger Weise am Eingange der Dardanellen aufgehalten wurden. Um der Wiederholung ähnlicher Mißverständnisse vorzubeugen, mußte die Pforte die Kommandanten des Bosporus und der Dardanellen mit genauen Instruktionen versehen. Es sind dies die Instruktionen, von welchen der russischen Botschaft Mitthei⸗ lung gemacht wurde, und welche Aeußerungen der ausländischen Hrefse über eine angebliche Verletzung der Verträge hervorgerufen aben. Nach dem Wortlaut der ertheilten Befehle werden die Schiffe der Freiwilligen Flotte, welche die Handelsflagge tragen, in gleicher Weise wie andere Handelsfahrzeuge die Dardanellen frei passiren. Wenn sie Deportirte oder Soldaten an Bord haben werden, wird ihre Durchfahrt, nach einer von der russischen Bot⸗ aft erstatteten Anzeige, durch Kaiserlichen Iradsé gestattet werden. Was dagegen die Packetboote betrifft, die aus dem äußeren Osten mit dienstentlassenen Soldaten kommen, wird die Behörde der Dardanellen sie passiren lassen und die Hohe Pforte davon in Kenntniß setzen. Sie sehen, daß hier nichts Neues vorliegt und daß es das alte System ist, welches man fortfahren wird anzuwenden. Wir haben nichts Anderes gethan, als daß wir dasselbe unseren Be⸗ örden förmlicher erklärten, und dies, ich wiederhole es, zu dem Zwecke, um für die Zukunft jedes Mißverständniß zu verhindern. Ich habe es für geboten erachtet, Sie über den wahren Stand der Dinge zu unterrichten, damit Sie in Ihrer Umgebung keinerlei i Hinsicht bestehen lassen. Genehmigen Sie u. s. w. aid.“

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Bulgarien.

Sofia, 27. September. Der Prinz Ferdinand von Coburg ist laut Meldung des „W. T. B.“ heute Mittag aus Kula, wo er den Manövern der Garnison von Widdin beiwohnte, hier eingetroffen. Die Minister, die höheren Offiziere und der Bürgermeister waren demselben von hier entgegengefahren.

Das der Regierung nahestehende Blatt „La Bulgarie“ spricht sich anerkennend über die von Kiamil Pascha mit Genehmigung des Sultans namentlich Bulgarien gegenüber befolgte Politik aus und hofft, das neue Kabinet der Türkei werde in Nichts die Politik ändern, welche die guten Beziehungen zwischen dem Suzerän und seinen Vasallen herstellte. Das Blatt erwähnt sodann die Zusicherung des Sultans an Bulgarien, daß das Land von einer Aenderung des Kabinets nichts zu befürchten habe, und spricht schließlich das volle Vertrauen in das neue Kabinet aus.

Amerika.

Vereinigte Staaten. New⸗York, 25. September. Unter den „Boomern“, welche nach den neu eröffneten Ländereien im Oklahoma⸗Gebiet aufgebrochen sind, jedoch daselbst keine Heimstätten mehr für sich gefunden haben, herrscht, laut Meldung des „R. B.“, in Folge des Mangels an Nahrungsmitteln die größte Noth. Bei dem Kampf um den Besitz des Landes ist eine verhältnißmäßig hohe Zahl von Unfällen vorgekommen.

Die New⸗York⸗Central⸗Eisenbahngesellschaft hat sich ent⸗ schlossen, ihre ausländischen Arbeiter zu entlassen. Be⸗ sonders hart ist dieser Beschluß für die in Diensten der Gesellschaft stehenden canadischen Arbeiter; das Schatzamt aber freut sich, wie die „A. C.“ dazu bemerkt, des Beschlusses der Gesellschaft, da es ihm bisher sehr schwer gewesen sei, das Gesetz über ausländische Arbeiter gegen canadische Arbeiter zur Durchführung zu bringen.

Asien. v“

China. Londoner Zeitungen bringen ein aus Peking vom 21. September datirtes Telegramm. Danach hat die chinesische Regierung den Vertragsmächten bestimmte Summen als Schadenersatz für den Verlust an Leben und Eigenthum in Wuhu, Wusueh, Tang⸗Yang und anderen Orten angeboten. 4 der Rädelsführer sind hingerichtet und 21 andere zur Verbannung für kürzere oder längere Zeit verurtheilt worden, während 5 Mandarinen, welche nicht die nöthigen Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffen haben, dem Thron zur Bestrafung angezeigt worden sind. Die chinesische Reichsregierung erkenne ihre Verantwortlichkeit zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den Vertragshäfen und der Beschützung der Missionäre im Innern an. Sie habe deshalb den Vize⸗Königen von Chihli und Nanking befohlen, das nördliche und südliche Geschwader der chinesischen Flotte abzusenden, um den Nangtse abzupatrouilliren und in allen Fällen, wo das Leben und Eigenthum der Europäer bedroht wird, Schutz zu gewähren. Die chinesische Regierung zweifelt nicht daran, daß sie alle Versuche, neue Ruhestörungen zu erregen, erfolgreich unterdrücken könne. 35 mit Gewehren gefüllte Kisten, welche an einen britischen Unterthan, einen Beamten des chinesischen Zollamts in Ching⸗Kiang, adressirt waren, sind von den Zollbehörden in Shanghai konfiszirt worden. Der betreffende Beamte wurde verhaftet und nach Shanghai ge⸗ bracht, wo die britischen Behörden einen Prozeß gegen ihn einleiten werden. In seinem Besitz befand sich auch etwas Dynamit, das nach seinem eigenen Geständniß für eine geheime Gesellschaft in Ching⸗Kiang bestimmt war. Die Waffen kamen von Hongkong. Zwei andere britische Unterthanen und sechs aus

ländische Bewohner Shanghai's sollen in die ngelegechett verwickelt sein. Der General⸗Inspektor der chinesischen See⸗ zölle Sir Robert Hart und die britischen Konsuln in Shanghai und Ching⸗Kiang untersuchen jetzt die Sache.

Afrika.

Marokko. Einer von Kap Djubi am Freitag Abend in Gibraltar eingetroffenen Depesche des „R. B.“ zufolge ist daselbst ein offener Aufstand ausgebrochen und nehmen die Mauren gegen die englische Handelsniederlage eine drohende Haltung an. Das englische Kanonenboot „Goshawk“ ist zur Hülfeleistung abgesandt. 1—

Bis zum 19. v. M. reichende Nachrichten aus Lagos in West⸗Afrika melden, daß sich eine britische Expedition, unter Leitung des geschäftsführenden Gouverneurs, nach einem Ort, Namens Illaro begeben hat und König und Häuptlinge der Stadt sich unter britisches Protektorat stellten. Es heißt weiter, daß die Nachricht hiervon in Abeokuta große Bestürzung hervorgerufen habe, da Illaro von Abeokuta abhängig und die Behörden kein Recht besessen hätten, sich so ohne Weiteres unter englischen Schutz zu stellen. Die Vertreter des Stammes traten sofort in Abeokuta zu einer Konferenz zusammen, zu welcher die Christen gleichfalls eingeladen wurden, wenngleich diesen die Annexion in die Schuhe geschoben wurde. Die Anwesenden faßten den Beschluß, die Ansprüche der Egta⸗ oder Abeokuta⸗Regierung zu begründen und in einer Denkschrift den Behörden von Lagos zu unterbreiten. Es sollte ferner ein neuntägiger Oro abgehalten und auf diesem die Angelegenheit zur Kenntniß des ganzen Landes gebracht werden. Inzwischen sind, der „A. C.“ zufolge, zwei Proklamationen ver⸗ öffentlicht worden, in welchen das englische Protektorat über die Königreiche Addo und Illaro verkündet wird.

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutscher Verein für Armenpflege und Wohlthätigkeit.

Die von der Jahresversammlung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit in Hamburg am Freitag bezüglich des Zusammenwirkens zwischen öffentlicher Armen⸗ pflege und organisirter Privatwohlthätigkeit ange⸗ nommenen Thesen lauten:

1) Die im Wege freier Verständigung zu vollziehende Regelung eines ständigen Benehmens zwischen den Organen der öffentlichen und der privaten Armenpflege ist, zumal für größere Gemeinwesen, als ein Bedürfniß zu bezeichnen. 8

2) Die Centralisation der gesammten öffentlichen und privaten Armenpflege oder der letzteren allein ist nicht nur als ein ungeeignetes Mittel zur Herstellung solcher Verbindung zu erachten, sondern auch im Hinblick auf den Anlaß und die Zwecke der Armenpflege als schädlich zu verwerfen.

3) Es ist dagegen anzustreben:

a. Eine Zusammenfassung durchaus gleichartiger Wohlthätigkeits⸗ bestrebungen durch Verschmelzung nicht gleichartiger aber verwandter Bestrebungen durch Herstellung einer gemeinschaftlichen Oberleitung.

b. Die wechselseitige Vertretung der Organe der öffentlichen und privaten Armenpflege in der Leitung der öffentlichen und privaten Armenpflege⸗Einrichtungen.

c. Die Herstellung eines geregelten Meinungsaustausches zwischen den sämmtlichen Organen der öffentlichen und privaten Armenpflege, insbesondere durch gegenseitige Kenntnißgabe der Zwecke der einzelnen Veranstaltung, durch Zusammenkünfte Behufs Besprechung über Er⸗ fahrungen und wichtige Fragen aus dem Gebiete des Armenwesens, durch gegenseitige Bekanntgabe der gewährten Unterstützungen.

d. Als ein geeignetes Mittel zur Förderung eines Meinungs⸗ austausches im vorberegten Sinne ist insbesondere eine überein⸗ stimmende Bezirkseintheilung der beiderseitigen Organisationen zu bezeichnen.

e. Die Herstellung einer allen Organen der Armenpflege und Wohlthätigkeit zugänglichen Auskunftsstelle.

4) Es ist auf den Erlaß gesetzlicher Bestimmungen Bedacht zu nehmen, welche eine geeignete Aufsicht über die Armenpflege⸗Einrich⸗ tung sicher stellen und vorbehaltlich der erforderlichen Garantien gegen willkürliche Handhabung der bezüglichen Befugnisse zur Umwandlung zweckwidrig gewordener Stiftungen ermächtigen.

Die von dem Verein eingesetzte Kommission zur Prüfung der Frage, in welcher Weise die neuere soziale Gesetz⸗ gebung auf die Aufgaben der Armengesetzgebung und Armenpflege einwirkt, besteht aus folgenden Mitgliedern: Dr. Freund⸗Berlin, Freiherr von Reitzenstein⸗Freiburg, Zimmermann⸗Köln, Röstel⸗Berlin, Dr. Rumpelt⸗Glauchau, Dr. Flesch⸗Frankfurt und Stadtrath Dr. Martins⸗Breslau.

Die Berner Konferenz für Unfallversicherung.

Zur Charakteristik der Gegensätze, welche sich auf der Berner internationalen Konferenz geltend machten, bringt der Berner „Bund“ folgende orientirende Mittheilung:

Die zwei sich bekämpfenden Tendenzen haben ihren Ursprung in nationalen Eigenthümlichkeiten und wurden denn auch bezeichnet als germanische Tendenz und Tendenz der lateinischen Völker, speziell Frankreichs. Völkerpsychologisch merkwürdig ist es, daß die Franzosen mit sehr centralisirter Regierungsform dem Individualis⸗ mus, die Deutschen, deren Hang zu starker Geltendmachung der Individualität so oft hervorgehoben worden ist, mehr dem Ein⸗ ie der Gesammtheit und deren Organ, des Staats, das Wort redeten.

Einig sind alle Redner darin, daß die Arbeiterversicherung eine Nothwendigkeit ist, daß sie das beste Mittel bildet, den Pauperismus einzudämmen, und daß sie sich nach nnd nach die Welt erobern werde. Die Franzosen gaben sogar von Anfang an zu, daß diese Versicherung eine allgemein verbindliche sein müsse.

Aber die französischen Redner schieden sich scharf von den deutschen Rednern darin, daß sie nicht nothwendigerweise das Obli⸗ gatorium der Versicherung mit der Einmischung des Staats in die⸗ selbe in Verbindung brachten. Im Gegentheil, sie fürchten von jeder Einmischung des Staats in dieses Gebiet, daß die Ver⸗ sicherung sich schließlich auf alle, Unfälle und dann auch auf alle Invaliditätsfälle erstrecken müsse, daß dann aber damit die Privatinitiative völlig lahmgelegt werde und die von den Arbeitgebern freiwillig gegründeten Einrichtungen hinsiechen oder verschwinden müssen. Die Gefahr bei einer solchen Einmischung des Staats sei die, daß man wohl wisse, wo diese anfange, nicht aber, wo sie aufhöre; der Staat wolle Alles an sich reißen und Niemand anders mehr neben sich dulden. Viel richtiger sei es also, die Be⸗ stimmungen über den Lohnvertrag im Code civil einer Revision zu unterwerfen und zwar im Sinne der Aufnahme des Begriffes der Betriebsgefahr.

Dem gegenüber machten die Deutschen geltend, daß die Arbeits⸗ bedingungen in der Jetztzeit so veränderte geworden sind, daß der Staat mit Nothwendigkeit zu deren Regelung eintreten müsse. Das heiße aber nicht, daß der Staat Alles selber thun und sämmtliche Privatthätigkeit absorbiren müsse. Der Staat veranlaßt nur die vor⸗ handenen EE nicht wie bis dahin nur einem gewissen Bruchtheil von Arbeitern, sondern allen Arbeitern sich zur Verfügung zu stellen. Die berufsgenossenschaftlichen Organisationen bleiben selbständig bestehen, und damit ist eine große Decentralisation geschaffen. Deshalb ist denn auch die Privatthätigkeit auf diesem

in Deutschland nicht zurückgegangen, sondern hat sich mächtig erhalten.

Die französischen Redner werfen nun aber den in Deutschland und Oesterreich angewandten Systemen vor, der Staat werde ver⸗ möge derselben selbst zum Versicherer, denn er garantire ja in ge⸗ wissen Fällen das Versicherungskapital, worauf die Deutschen ant⸗ worten, der Staat sei, wenn er die Versicherung obligatorisch mache, auch verpflichtet, eine gewisse Garantie für dieselbe zu über⸗ nehmen, um die Arbeiter zu beruhigen und ihnen Vertrauen einzu⸗ flößen. Die Franzosen meinen hinwieder, es würde völlig genügen, den Versicherungszwang, ähnlich wie die Schulpflicht, gesetzlich zu sanktioniren, dagegen aber die Art und Weise, wie diesem Zwang nun nachgelebt werde, dem Einzelnen zu überlassen; sonst komme man zur Schablone, zur „Uniform“. .

Ueber den Verlauf der Verhandlungen schreibt dasselbe Blatt:

Man dachte, es würden die Anhänger der beiden Hauptrichtungen individuelle Versicherung und Staatsversicherung ziemlich hart auf einander platzen. Als 8 oder individuellen Initiative wurden die Franzosen, Belgier, Holländer und Amerikaner genannt; ihre schriftlichen Berichte bestätigen im Großen und Ganzen, daß diese Voraussetzung zutreffe; immerhin konnte man schon herausfühlen, daß in den betreffenden Ländern in jüngster Zeit ein Umschwung in der Stim⸗ mung zu Gunsten der Staatsversicherung sich geltend macht. Dieser Umschwung ist nun durch die Verhandlungen des Kongresses wesentlich gefördert worden und wir glauben, man dürfe die vornehmste Bedeutung des Kongresses mit den Worten verzeichnen: Der Gedanke der staatlichen Versicherung hat einen großen Fortschritt gemacht. Viel dazu beigetragen hat das zielbewußte Vorgehen von Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn, um von der Schweiz nicht zu reden, und das Auftreten der Delegirten der vorgenannten Staaten, welches auf die Versammlung sichtlichen Ein⸗ druck machte. Wir erwähnen nur der Reden des Präsidenten des deutschen Reichs⸗Versicherungsamts Bödiker, und können bei⸗ fügen, daß die Anwesenheit dieses hervorragenden Fachmannes im schweizerischen Bundesrathhause besonders vermerkt wurde und ihre Früchte getragen hat.

War schon der Ton der Verhandlungen ein würdiger und ver⸗ söhnlicher, so berührte es doppelt angenehm, daß die Anhänger der individuellen Initiative auch in der Sache erhebliche Zugeständnisse machten. Der Vertreter der Vereinigten Staaten Amerikas, Hr. Gould, vertrat den Standpunkt der individuellen Versicherung, welcher in Amerika Kurs hat. Er schloß aber seinen Vortrag mit den Worten: Die Amerikaner sind praktische Leute; sie werden zusehen, ob die verschiedenen Länder, so Deutschland, Oesterreich, die Schweiz ꝛc., mit der stäaatlichen Versicherung gute Er⸗ fahrungen machen, und wenn dies der Fall sein sollte, so würden sie nicht zögern, dieselbe auch anzunehmen. Die Amerikaner sind überhaupt in der glücklichen Lage, sich die Beispiele, welche die alte Welt giebt, zu Nutze zu machen, und werden auch in der Frage, die Gegenstand unserer Berathungen bildet, sich dem Vorgehen anderer Staaten anschließen, sobald dasselbe sich be⸗ währt haben wird. Ich bin hier in offizieller Mission, als Delegirter meiner Regierung, und ich bekenne, daß ich auf diesem Kongreß viel

gelernt habe und daß ich mit Erstaunen und Bewunderung zu dem Gebäude aufblicke, das einzelne Staaten für die Versicherung ihrer

Angehörigen aufgerichtet haben. Es ist das ein gewaltiges, gemein⸗ nütziges Werk, welches da unternommen wurde.

In der Schlußsitzung am Sonnabend wurde folgende Resolution einstimmig angenommen: 1u

I. Der Kongreß und das permanente Comitsé werden sich künftig nennen: „Kongreß und permanentes Comité betreffend Betriebsunfälle und Sozialversicherung.“

II. Verhütung und Entschädigung von Betriebs⸗ unfällen. Es ist eine gebieterische Pflicht unserer Zeit, die Betriebsunfälle und Berufskrankheiten durch geeignete Vorbeugungs⸗ maßregeln so viel wie möglich zu verhüten und deren Folgen gut⸗ zumachen.

a. Was die Vorbeugungsmaßregeln betrifft, so ist es wünschens⸗ werth, die Privatthätigkeit mit derjenigen der Genossenschaften und des Staats zu verbinden.

b. Was die zu gewährenden Entschädigungen anbelangt, so ist es um dieselben unter allen Umständen sicher zu stellen, nothwendig, 8. sie auf dem Wege der Versicherung erfolgen, die in jedem Lande na dessen Eigenthümlichkeit einzurichten ist.

c. Dabei weist der Kongreß auf die Zweckmäßigkeit einer Ver⸗ bindung der Versicherung für die leichten Unfälle (mit vorübergehender Erwerbsunfähigkeit) mit der Krankenversicherung im Allgemeinen hin.

d. Für die Länder, welche eine Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherung einführen wollen, erscheint es vortheilhaft, dieselbe mi der Versicherung für schwere Unfälle (mit dauernder Erwerbsunfähig⸗ keit) und Berufskrankheiten zu verbinden.

III. Statistik. Ueberzeugt von der Nothwendigkeit, durch gute

Statistiken der Gesetzgebung. über Sozialversicherung eine Grund⸗ lage zu schaffen, sowie von der Nützlichkeit, diese Statistiken für jeden Staat auf einer Basis anzulegen, welche internationale Ver⸗ gleichungen erleichtert:

a. wünscht der Kongreß, daß die verschiedenen Staaten, sofern dies nicht bereits geschehen ist, in methodischer Weise und so um⸗ fassend wie möglich Erhebungen über die Betriebsunfälle veranstalten 1414““ eine zuverlässige Berufsstatistik zu Grunde legen möchten;

b. der Kongreß bestätigt seinem permanenten Comité den Auf⸗ trag, das Studium über die einheitliche Anlage einer internationalen Unfallstatistik fortzusetzen, und verbindet damit die Einladung, diese Anlage, gegebenenfalls im Einvernehmen mit dem internationalen statistischen Institut, dem internationalen Ausschuß für Gesundheits⸗ pflege und Demographie und anderen üblichen Korporationen, dem nächsten Kongresse vorzulegen, um dadurch eine internationale Ver⸗ ständigung über die jener Statistik zu Grunde zu legenden Normen, wie beispielsweise die Namensbezeichnung der Todesursachen und der Berufsarten, herbeizuführen.

IV. Nächster Kongreß. Der nächste Kongreß, betreffend Betriebsunfälle und Sozialversicherung wird frühestens in zwei und spätestens in vier Jahren stattfinden. Zeit und Ort der Zusammen⸗ kunft werden vom permanenten Comité festgesetzt werden.

In der Schlußrede warf Bundesrath Droz einen kurzen Rück⸗ blick auf den Verlauf der Berathungen des Kongresses Der Geist des Entgegenkommens und das Bestreben, sich gegenseitig zu belehren, hätten zu dem ersprießlichen Resultate des Kongresses wesentlich bei⸗ etragen, auch die Verschiedenheit der Sprachen veranlaßte keine Kon⸗ xusion. Die Beschlüsse bedeuteten einen wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiet der Arbeiterfürsorge; sie bekundeten, daß man einem internationalen Einverständniß in dieser Richtung allseitige Unterstützung und Sympathie entgegenbringe. Es gebühre der beste Dank allen Rednern, welche durch ihre gehaltvollen Referate oder durch spezielle Mittheilungen über einschlägige Fragen um die Förde⸗ rung der Sache sich verdient gemacht haben. Mit angenehmen Ge⸗ fühlen, in vollständiger Harmonie könne man sich trennen, mit dem Bewußtsein, daß die Arbeiten des Kongresses zur Verbesserung des Looses der arbeitenden Klasse beitragen dürften; immerhin sei es nun Sache jedes einzelnen Mitgliedes, in seinem Lande und in seinen Kreisen auch weiter für die Durchführung der vom Kongreß als zweck⸗ mäßig erachteten Maßnahmen zu wirken. Damit erklärte Redner den Kongreß als geschlossen, mit dem Wunsche auf Wiedersehen beim nächsten Kongreß.

Darauf ergriffen noch Präsident Dr. Bödiker aus Berlin und Cheyßon aus Paris das Wort. Es gebühre sich, den beiden Prä⸗ sidenten des Kongresses, Droz und Linder, den Tribut tiefsten Dankes abzustatten und ihnen die höchste Verehrung auszusprechen für ihre Verdienste bei der Vorbereitung des Kongresses und dem gelungenen Verlaufe desselben. Nachdem noch Droz f se sympathischen Worte gedankt, löste sich der Kongreß auf.

Anhänger der freien Versicherung

1881/2

Zlur Arbeiterbewegung.

In Spiesen (Saarrevier) fand am Mittwoch eine öffentliche b statt, welche von etwa 60 Personen besucht war und von dem Vorsitzenden des Rechtsschutzvereins Warken eröffnet wurde. Dem Vorsitzenden des Deutschen Bergarbeiterverbandes Schröder, der gleich⸗ falls anwesend war, wurde der „S. und Bl. Ztg.“ zufolge von dem Wirth des Versammlungslokals der Zutritt ver⸗ weigert. Ueber die Verhandlungen der Versammlung ent⸗ nehmen wir dem erwähnten Blatte Folgendes:

Hr. Thome, dem zunächst das Wort ertheilt wurde, fiel in längerer Rede über die „St. Johanner Volkszeitung“ und das Neun⸗ kircher „Glück auf“ her. Das letztere Blatt habe es verstanden, Schröder so herunterzumachen, daß alle Welt vor ihm zurückschrecke. Der Redner sprach ferner über die Wahl der Vertrauensmänner und des Vorstandes, sowie über Gemeinde⸗ und Reichstags⸗ wahlen. Bei Gemeindewahlen müsse darauf hingewirkt werden, daß möglichst viele Arbeiter im Gemeinderath vertreten seien. Dann theilte er mit, daß Kamerad Schröder sechs Monate lang seinen Wohnsitz im Saarrevier zu nehmen gedenke. Der zweite Redner, Nikolaus Berwanger aus Bildstock, bedauerte den mangel⸗ haften Besuch der Versammlung und sprach dann über die Parteiangehörigkeit des Kameraden Schröder, wobei er be⸗ merkte, daß es einerlei sei und im Verein nicht darauf gesehen zu werden brauche, welcher Partei er angehöre. Schröder als Scozialdemokrat vertrete ihre gemeinsame ge⸗ rechte Sache, wie sonst Einer im Verein. Alles arbeite darauf hin, die Bergarbeiter in das frühere Elend zurückzustoßen. Der Präsident Warken bezeichnete die als Schurken, die früher für und jetzt gegen den Verein resp. Vorstand seien. 1—

In Begug auf diese Bergarbeiterversammlung in Spiesen wird der „S. u. Bl. Ztg.“ noch geschrieben: Recht lebhafte Anstrengungen machen die Sozialdemokraten, um unter den Bergleuten Anhang zu gewinnen. Für die Versammlung am Mittwoch hatten sie nicht nur Hrn. Schröder aus Westfalen, sondern auch den von früher her in der Umgegend bekannten Hrn. Dullens verschrieben, der aber ebenso wenig wie jener zum Wort kam. Hoch muß man es der großen Mehrzahl unserer Bergleute anrechnen, daß

e mit dieser Gesellschaft nichts zu schaffen haben wollen, und alle G verdienen auch die Wirthe, daß sie für solche Leute ihre Säle nicht hergeben. Im Saarrevier soll die Sozialdemokratie nicht festen Fuß fassen, dazu möge Jeder nach besten Kräften mitwirken.

Der Delegirtentag der österreichischen Berg⸗ und Hütten⸗ arbeiter ist auf den 18. und 19. Oktober d. J. verschoben worden, da, wie der „Vorwärts“ meldet, die getroffenen Vorbereitungen nicht genügten. Der Kongreß der österreichisch⸗ungarischen Mühlenarbeiter, welcher Mitte August in Prag tagte, war von 284 Delegirten aus allen Theilen Oesterreich⸗-Ungarns besucht. Es wurde u. A. beschlossen, ein Fachblatt in deutscher und czechischer Sprache herauszugeben. Die erste Nummer dieses Blattes erschien am 11. September in czechischer Sprache, während die deutsche Nummer am 9. Oktober erscheinen wird.

Aus Reichenberg wird der „Köln. Ztg.“ telegraphirt, daß der

Theilausstand der Glasarbeiter im Isergebirge be⸗ endet ist. 8 Wie demselben Blatt aus London berichtet wird, haben sechs⸗ hundert Arbeiter des Waunddyk⸗Bergwerks, Ebbio Vale, Monmouth, am Donnerstag die Arbeit eingestellt, weil einige ihrer Gefährten sich weigerten, in die Miners Federation, der die Mehrzahl angehört, einzutreten.

Ein heutiges Pariser Telegramm des „Wolff'schen Bureaus“ theilt mit, daß ein von der Arbeiterpartei (Richtung Guesde) vorbereiteter Antrag auf Errichtung eines nationalen Arbeitssekretariats die Thätigkeit des letzteren dahin feststelt, daß das Sekretariat die statistischen Berichte bezüglich der Arbeiterorganisation und Arbeiterbewegung zu be⸗ arbeiten und zu centralisiren, sowie die Korrespondenz mit den aus⸗ ausländischen Arbeits Sekretariaten zu führen habe. Dem natipnalen Arbeits⸗Sekretariat sollen Delegirte der Arbeitsbörsen, der Syndikate und einzelnen sozialistischen Parteigruppen angehören. Der Antrag Guesde dürfte voraussichtlich von allen sozialisti⸗ schen Gruppen angenommen werden. Letztere legen auf die Errichtung eines Sekretariats großen Werth; da dieses in den Fällen eingreifen soll, wo französische Arbeitgeber sich fremder Arbeitskräfte gegen die einheimischen bedienen wollen und vice versa; ferner soll dem Sekretariat die Veranstaltung der Mai⸗Manifestation

obliegen.

8 Ostindiens Getreideausfuhr.

Dirte schlechte Ernte Rußlands verleiht der Beisteuer des britisch⸗ indischen Kaiserreiches zur Ernährung Europas eine doppelte Wichtig⸗ keit. Die „Statist. Corr.“ entnimmt deshalb dem letzten Blau⸗ bande *) eine Anzahl darauf bezüglicher Nachrichten. Ein Blick auf den gesammten Handelsumsatz macht kund, welche Stellung dem Getreide darin zukommt; im Jahresdurchschnitte betrug der Werth: Lak (d. h. 100 000) Rupees zu 192,4524 deutschen Reichspfennigen der Thalerwährung . 8 8

eingeführt ausgeführt

baumw. andere Edel- Ge⸗ Baum⸗Opi⸗andere Edel⸗

für den Garn u 1 Zeitraum Waaren Waaren metall treide wolle um Waaren metall

1843/4 47/8 390 534 319 92 183 521 594 136 1848/9 52/3 461 589 466 83 294 615 847 101 1853/4 57/8 613 733 968 248 286 701 1 046 88 1858/9 62/3 1 049 1 240 1 506 350 921 1 062 1 166 90 1863/4 67/8 1 436 1 557 1 918 463 2 912 1 091 1 372 168 1868/9 72/3 1 777 1 570 1 014 464 1 880 1 160 2 083 149 1873/4 77/8 1 907 1 850 960 732 1 258 1 178 2 740 239 1878/9 82/3 2 239 2 426 1 050 1 295 1 266 1 297 3 506 192 1883/4 87/8 2 612 3 256 1 343 1 654 1 327 1 081 4 622 148 1888,9 3 151 3793 1 384 1 594 1 504 1 051 5 556 178.

Unter den Artikeln der Einfuhr zur See sind 45 hervorgehoben und alle übrigen, davon auch Getreide, in eine einzige Zeile zu⸗ sammengefaßt; aus dem Abstract erfährt man also nicht, wie viele Frucht dem indischen Reiche von fremden Ländern geliefert worden ist. Anderseits giebt die Tabelle der Ausfuhr zur See 33 Artikel einzeln und neben der Reihe „alle anderen Artikel“ (indischer Herkunft) noch „fremde Erzeugnisse oder Fabrikate“ an, worunter natürlich das zur Wiederausfuhr bestimmte fremde Getreide mitbegriffen ist. Die Handelsbewegung über trockene Grenzen ist bekanntlich gering. Indem wir noch erwähnen, daß die indische Statistik vom Getreide die Sämereien (seeds) durchweg unter⸗ scheidet, worauf man leider nicht überall achtet, stellen wir die Tabelle der seewärtigen Ausfuhr auf; dieselbe betrug (ein Hundredweight Avoirdupois von 112 Pounds = 50,80237, kg) an Getreide und

Hülsenfrüchten: 8 1 im Reis: eizen: Reis: Weizen: andere: Fahre Tausende Rupien Werth

Tausende Cwts. 1879/80 22 166 2 202 84 028 11 243 3399 88 90 572 32 779 3765

1880/1. . 27 266 7 444 83 082 88 696 3329

188 .. 28 888 19 901

Fs v 31 258 14 194 84 763 60 888 3197 188 y 27 040 21 001 83 6211 88 958 3652 1884 5 22 052 15 851 71 923 63 160 8871 1885/8 .. 28 223 21 069 92 471 80 053 3599 1 8887 . 26 879 22 264 88 368 86 260 5648 18 88 .. . 28 533 13 538 92 917 55 624 6864

88789 33 145 17 611 79 154 75 233 5062

förd Obgleich die britische Regierung den Anbau des Weizens zu be⸗ ördern sucht, haben mangelhafte Ernten doch zeitweise die Ausfuhr ͤͤbZb1bb131“

1 18n Statistical Abstract relating to British India from 1879/80 0 1888/89. Twenty-fourth number. ELondon 1890.

jährigen Weizenernte in

dieser Frucht beträchtlich verringert, und es bleibt fraglich, ob die unter der Gunst eines anbaltenden Friedens stark wachsende Bevölke⸗ rung nicht den möglichen Mehrgewinn bald selber aufzuzehren genöthigt ist, wenn der Weizenanbau sich nicht beträchtlich vermehren läßt.

Kunst und Wissenschaft. . Bremen ist durch die Freigebigkeit eines seiner Mitbürger

um ein hervorragendes Kunstwerk reicher geworden. Es handelt sich

um einen prachtvollen Monumentalbrunnen, welchen der be⸗ kannte Großkaufmann Heinrich Gildemeister seiner Vaterstadt verehrt hat. Das sehr werthvolle Kunstwerk, welches an der Kreuzung der Bismarckstraße und Schwachhauser Chaussee Aufstellung gefunden hat, ist am 23. d. der Oeffentlichkeit übergeben worden. Schöpfer des Werkes ist der in Rom lebende bekannte Künstler August Sommer. Seit der Vollendung der Treppe der Güldenkammer ist, nach Arthur Fitger's Ausspruch, in Bremen kein Kunstwerk aufgestellt worden, welches gleich dem neuen Brunnen so einwandslos und frei von allem Wenn und Aber anzuerkennen wäre. Die Brunnen⸗ statue stellt, wie der „Hann. Cour.“ berichtet, einen Centauren dar, der, von einer riesigen Schlange vielfach umwunden, diese mit gewaltiger Faust dicht unter der Kehle gepackt hält und so tödtlich zusammenpreßt, daß sie ihren Geifer in hohem Strahl gen Himmel spritzt. Die zurückgebeugte, 2” einen Felsblock sich stemmende Gestalt ist in anderthalbmal Lebensgröße aus Bronze hergestellt. Das Wasser⸗

becken besteht aus edlem rothen Granit; der Boden desselben ist mit einem Ornament von Delphinen und sonstigem Wassergethier in reicher Mosaikausführung bedeckt. Der Felsblock trägt die Inschrift: „Seiner Vaterstadt Heinr. A. Gildemeister. geführt von A. Sommer, Rom 1890.“

Entworfen und aus⸗

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Ernte.

MNiach den der italienischen Regierung über den Ausfall der dies⸗ Italien aus den verschiedenen Landes⸗ theilen auf telegraphischem Wege zugegangenen vorläufigen Mit⸗ theilungen sind in Italien geerntet worden in

Piemont 3 538 100 hl oder 96 % einer Durschnitisernte Venetien 3 556 600 80 %

Lombardei 3 445 000 90 %

Ligurien 195 000 92 % Emilia 5 319 500 87 %

Marken 4 653 30 98 %

Umbrien

Toskana 3 798 200 96 % Latium —. 1 850 000 110 % Süditalien (Ost) 5 901 900 89 % Süditalien (West) 5 028 100 93 %

Sizilien 6 282 000 96 % 8 Sardinien 1 421 500 139 % 8

zusammen —. 43 942 900 hl oder 94 %*einer Durchschnittsernte, wovon 84 % gute Qualität.

Während der vergangenen sieben Jahre wurden geerntet 1884: 40 993 894 hl oder 88 % einer Durchschnittsernte, 1885: 38 858 590 83,4 % 8 1886: 39 799 503 85,4 %

1887: 42 048 421 90,2 % 1888: 36 739 208 78,8 % 1889: 36 592 900 78 % 1890: 46 562 100 95,8 % 4 8 1891: 43 942 900 94 % 8 Die Gersten⸗Ernte lieferte in Italien 3 294 700 hl, d 85 % des vorjährigen Ertrages. v

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 26. d. M. gestellt 10 363, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 25 d. M. gestellt 4181, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen, am 26. d. M. sind gestellt 4057, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Berlin, 26. September. (Wochenbericht für Stärke, Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte von Max Sabers ky.) Ia. Kartoffelmehl 26 ½ 27 ½ ℳ, I a. Kartoffelstärke 26 ½ 27 ½ ℳ, IIa. Kartoffelmehl und⸗Stärke 24 ½ 26 ℳ, gelber Syrup 29 ½ 30 ½ ℳ, Capillair⸗Export 31 31 ½ ℳ, Capillair⸗Svrup 30 ½ 31 ℳ, Kartoffelzucker gelber 29 ½ 30 ½ ℳ, do. Capillair 30 ½ 31 ℳ, Rum⸗Couleur 38 39 ℳ, Bier⸗Couleur 37 38 ℳ, Derxtrin, gelb und weiß, Ia. 33 ½ 35 ½ ℳ, do. sekunda 29 33 ℳ, Weizenstäarke (kleinst.) 46 48 ℳ, Weizenstärke (großst.) 51 ½ 52 ½ ℳ, Hallesche und Schlesische 51 ½ 52 ½ ℳ, Reisstärke (Strahlen) 47— 48 ℳ, do. (Stücken) 44 45 ℳ, Mais⸗Stärke 34 36 ℳ, Schabe⸗ stärke 36 37 ℳ, Victoria⸗Erbsen 22 26 ℳ, Kocherbsen 22 25 ℳ, grüne Erbsen 22 25 ℳ, Futtererbsen 18 ½ 19 ½ ℳ, Leinsaat 27 28 ⅛, Linsen, große 48— 64, do. mittel 38 48, do. kleine 28 38 ℳ, gelb. Senf 24 32 ℳ, Kümmel 34 40 ℳ, Mais loco 15 17 ℳ, Pferde⸗ bohnen 18 19 ½ ℳ, Buchweizen 17 19 ℳ, inländische weiße Bohnen 23 25 ℳ, weiße Flachbohnen 24 27 ℳ, ungarische Bohnen 20— 22 ℳ, galizische und russische Bohnen 18 20 ℳ, Wicken 15 ½ 17 ℳ, wv.g.. 23 25 ℳ, Leinkuchen 18 ½ 19 ½ ℳ, Weizenschale 13 13 ½,ℳ,

oggenkleie 14 14 ½ ℳ, Rapskuchen 14 ½ 15 ½ ℳ, Mohn, blauer 48 54 ℳ, do., weißer 60 72 ℳ, Hirse, weiße 22 25 Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.

Vom oberschlesischen Eisen⸗ und Metallmarkt berichtet die „Schles. Ztg.“: Die Roheisenproduktion blieb weiter eingeschränkt; die Bestände haben sich gelichtet und das frisch erblasene Roheisen kam flott zur Abfuhr an die Werke. Für Walzeisen, besonders Handels⸗ und Baukonstruktionseisen, gehen die Spezifikationen noch ziemlich zahlreich ein, sodaß der Betrieb bis jetzt ungeschwächt erhalten werden konnte. Diejenigen Walzwerke, welche bevorzugte Qualitäten liefern, sowie alle Stahlwerke, welche Eifenbahnbedarfs⸗ Material herstellen, sind sogar nach wie vor stark beschäftigt und mit Aufträgen auf Wochen hinaus versehen. Auch die Blechwalzwerke sind in vollem Betriebe und namentlich Feinbleche stark begehrt. Der Betrieb sämmtlicher Walzwerke läßt sonach nichts zu wünschen, die Preise sind jedoch Angesichts der ausländischen und westfälischen Konkurrenz keine nutzbringenden. Die Eisengießereien haben mit Anfertigung von Bau⸗ und Maschinenguß, Röhren, Platten und Ofengarnituren vollauf zu thun; es ergeht ihnen jedoch ebenso wie den übrigen Werken, da sie in Folge der herabgedrückten Preise nur wenig Nutzen erzielen können. Dagegen befinden sich die Maschinen⸗ und Kesselfabriken sowie die Eisenkonstruktions⸗Werk⸗ stätten in günstigerer Lage; dieselben arbeiten noch zu lohnen⸗ den Preisen; namentlich gilt dies von den letzteren, welche für Brückenbauten, Herstellung von massiv eisernen Gebäuden mit Well⸗ blechbedachung ꝛc. lohnende Aufträge auf längere Zeit besitzen. Draht⸗ und Nägelfabriken sind gut beschäftigt, und finden ihre Fabrikate nach dem In⸗ und Auslande starken, bei der westfälischen Konkurrenz jedoch wenig lohnenden Absatz. Das Geschäft in gewalzten und geschweißten Röhren, roh wie verzinkt, ist bei guten Preisen sehr lebhaft; neue Aufträge können nur unter Ausbedingung von Liefer⸗ fristen entgegen genommen werden. Der Zinkmarkt tendirte ruhig, aber fest. Blei und Bleifabrikate unverändert.

Wie die „Köln Ztg.“ meldet, hat der westdeutsche Grob⸗ blechverband in seiner vorgestrigen Hauptversammlung beschlossen, an den bisherigen Preisen festzuhalten. Die Bestrebungen nach einer festen Verbandsform werden fortgesetzt.

Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“, heraus⸗ gegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart, hat in Nr. 39 des 43. Jahrgangs vom 27. September

des gewerblichen Eigenthums. Ventilation für Aufenthaltsräume von Menschen. Ueber Celluloid. Verschiedene Mittheilungen. Neues im Landes⸗Gewerbe⸗Museum. Thätigkeit des chemischen Laboratoriums.

Nach Depeschen aus Buenos⸗Aires, welche der „Hamb Börs.⸗Ztg.“ vorliegen, hat der argentinische Kongreß ein soeben von’ der Regierung veröffentlichtes 89 beschlossen, nach welchem die fünfprozentigen Gold⸗Cedulas der National⸗Hypothekenbank in acht⸗ prozentige Papier⸗Cedulas umgewandelt werden sollen. Zum Zweck dieser Konvertirung soll eine Anleihe von 5 Millionen Papiergeld aufgenommen werden. Die Zinsen sollen übrigens am 1. Oktober und auch fernerhin pünktlich bezahlt werden.

Leopoldshall, 26. September. (W T. B.) In der heutigen Sitzung des Aufsichtsraths der Vereinigtenchemischen Fabriken zu Leopoldshall wurde beschlossen, von dem Gewinne von 807 253 einen Betrag von 444 000 abzuschreiben und der Generalversamm⸗ lung vorzuschlagen, 5 % Dividende auf die Stamm⸗Prioritäten und 2 ½ % auf die Stammaktien zu vertheilen.

Leipzig, 26. September. (W. T. B.) Kam mzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per September ℳ, per Oktober 3,57 ½ ℳ, per November 3.60 ℳ, per Dezember 3,62 ½ 8 per Januar 3,67 ½ ℳ, per Februar 3,70 per März 3,72 ½ ℳ, per April 3,72 ½ ℳ, per Mai 3,75 ℳ, per Juni 3,77 ½ ℳ, per Juli 3,77 ½ ℳ, per August 3,77 ½ Umsatz 290 000 kg Ruhig.

Hamburg, 26. September. (W. T. B.) Wie die „Hamb. Börsh.“ meldet, wurde heute die erste Sendung amerikanischen Schweinefleisches durch den Generalvertreter Deutschlands für Swift u. Comp in Chicago hier eingeführt.

Wien, 28. September. (W. T. B) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 17. September bis 23. September 901 248 Fl., Mindereinnahme 37 094 Fl.

London, 26. September. (W. T. B.) Wollauktion. Leb⸗ haftere Betheiligung. Preise unverändert.

An der Küste 3 Weizenladungen angeboten.

28. September. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 19. September bis 25. September: englischer Weizen 3828, fremder 69 880, englische Gerste 1047, fremde 22 732, englische Malzgerste 16 340, fremde —, englischer Hafer 1079, fremder 94 733 Orts., englisches Mehl 16 977, fremdes 44 033 Sack und 10 Faß.

Marseille, 26. September. (W. T. B.) Die Einfüh⸗ rung russischer Hammel ist in beträchtlicher Steigerung be⸗ griffen; gestern trafen hier zwei Odessaer Dampfer mit 4700 Stück ein.

Mailand, 26. September. (W. T. B) In einer heute Nachmittag stattgehabten Sitzung des Aufsichtsraths der „Banca generale“ erstattete die Direktion einen eingehenden Bericht über die Lage des Instituts, aus welchem hervorgeht, daß trotz der herrschenden Krise der Geschäftsgang bisher ein befriedigender gewesen und daß die Bank über bedeutende flüssige Mittel verfüge.

Haag, 26. September. (W. T. B.) Zum Präsidenten und Direktor der niederländischen Bank wurde N. P. Van den Berg ernannt.

New⸗York, 22. September. (W. T. B.) Nach anfänglicher Festigkeit der Börse trat später eine theilweise Abschwächung ein, der Schluß gestaltete sich bei indeß wenig belebtem Geschäft, wieder fest. Der Umsatz der Aktien betrug 289 000 Stück. Der Silber⸗ vorrath wird auf 4 100 000 Unzen geschätzt. Die Silber⸗ verkäufe betrugen 55 000 Unzen.

Der Werth der in der vergangenen Woche ausg eführten Waaren betrug 10 370 969 Dollars gegen 7 326 575 Dollars in der Vorwoche; davon für Stoffe 2 121 554 Dollars gegen 2 324 084 Dollars in der Vorwoche.

Submissionen im Auslande.

Rumänien.

27. November (neuen Stils). Galag. Bürgermeisteramt (Pri- maria): Bau und Betrieb einer Pferdebahn in der Stadt Galatz.

Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs⸗Anstalten.

Laut Telegramm aus Aachen ist die erste englische Post über Ostende vom 26. d. M. ausgeblieben. Grund: Verspätete Landung des Schiffes von Dover in Ostende wegen stürmischen Wetters und Zugverspätung auf belgischer Strecke.

Bremen, 26. September. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Elbe“ ist heute morgen von New⸗ York kommend, auf der Weser, der Reichs⸗Postdampfer „Baäyern“ auf der Ausreise nach Ost⸗Asien heute in Singapore, der Post⸗ dampfer „Nürnberg“ auf der Heimreise von AÄustralien gestern in Genua eingetroffen. Der Postdampfer „Weimar“, nach Baltimore bestimmt, hat heute Lizard passirt. Der Schnelldampfer „Werra“ ist gestern Mittag in New⸗York eingetroffen.

Ham burg, 26. September. (W. T. B.) Hamburg⸗ Amerikanische Packetfahrt ⸗Aktiengesellschaft. Der Schnelldampfer „Columbia“ ist, von Hamburg kommend, heute Morgen in New⸗York eingetroffen, der Postdampfer „Fürst Bis⸗ marck“ heute Nachmittag von Southampton abgegangen.

27. September. (W. T. B.) Die Postdampfer „Russia“ und „Rugia“ sind, von Hamburg kommend, heute Morgen in New⸗York eingetroffen.

Triest, 26. September. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Thalia“ ist heute Nachmittag hier eingetroffen.

28. September. (W T. B.) Der Lloyddampfer „Aurora“ ist, von Konstantinopel kommend, gestern Nachmittag hier eingetroffen.

London, 26. September. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Spartan“ ist auf der Ausreise gestern von Southampton abgegangen.

Theater und Musik. 3

Lessing⸗Theater.

Der bekannte Erzähler Karl Emil Franzos trat am Sonn⸗ abend zum ersten Male mit einer dramatischen Arbeit, dem Drama „Der Präsident“ vor das Publikum. Die Lorbeeren des Dramen⸗ dichters scheinen auf die Novellen⸗ und Romandichter in jüngster Zeit einen besonders starken Reiz auszuüben, denn es sind in den letzten Jahren viele gewesen, die sich von dem ihnen durch ihre besondere Begabung empfehlenden Felde der erzählenden Dich⸗ tung abwandten, um entweder nach neuen Ideen sich im Schau⸗ spiel zu versuchen oder wenigstens eine besonders gelungene und durch die Konflikte packende Erzählung in ein dramatisches Gewand zu stecken. In der Regel sitzt das neue Kleid nicht so schmuck und glatt wie das alte, welches Form und Stoff in enger Zusammenfassung zeigte; so ist es auch K. E. Franzos mit der Um⸗ formung seiner vor einer langen Reihe von Jahren erschienenen Er⸗ zählung „Der Präsident“ ergangen. Der Stoff behandelt Schatten⸗ seiten des menschlichen Lebens, welche zumeist Furcht und Grausen erwecken, aber zuweilen auch ergreifen und rühren.

Der Präsident, ein hoch gestellter Beamter und makelloser von edler Menschlichkeit getragener Charakter, muß eine dunkle Stunde seines Lebens mit den fürchterlichsten Seelenqualen und schließlich mit dem L ben büßen; er soll Richter seiner beinahe unverschuldet in Sünde und Verbrechen gerathenen natürlichen Tochter sein; er entzieht sich dem qualvollen Zwiespalt der Seele, indem er seinem Kinde vor der Verurtheilung zur Flucht aus dem Gefängnisse verhilft, und sühnt diese wider das Recht streitende Handlung mit dem Tode. Viele, oft unwahrscheinliche Zufälle müssen zusammen⸗ treffen, um diesen schauerlichen Konflikt zu erzeugen, und die handelnden Personen haben ein kräftiges eigenartiges Gefühls⸗ leben zu entwickeln, damit man die so streng gezogenen letzten Kon⸗ sequenzen ihrer Handlungen glaubhaft findet. In dem breiteren Rahmen der Erzählung können solche Zufälle und Charakterseiten

1891 folgenden Inhalt: Die neuen deutschen Reichsgesetze zum Schutz ! intim begründet, sorgfältig geklärt werden; in dem engeren Kreis des