1904 / 289 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Dec 1904 18:00:01 GMT) scan diff

Ahbg. Glatzel (nl.): Die Vorlage ist in der Kommissionsfassung wesentlich verbessert worden, das gebe ich dem Vorredner zu. Der ursprüngliche Entwurf hätte die Zustimmung der Mehrheit nie ge⸗ funden. Auch jetzt aber sind wir nicht ohne Bedenken. Wir hätten lieber gesehen, wenn Gelegenheit gegeben gewesen wäre, vor der zweiten Lesung noch einmal die Interessenten zu hören. Die Spanne Zeit zwischen der Verteilung des Berichts und der heutigen Plenar⸗ beratung hat kaum für die Besprechung in den Fraktionen ausgereicht. Daher befinden wir uns in einer gewissen Zwangslage.

Wir möchten die Vorlage wegen des Restes unserer Bedenken nicht im ganzen ablehnen, zumal diese Bedenken nicht von allen meinen Freunden in vollem Umfange geteilt werden; wir möchten auch die Verantwortung nicht tragen, durch Verzögerung der Verabschiedung dieses Gesetzes die Flußregulierungen aufzuheben; aber wir wünschen auch nicht, daß uns später der Vorwurf überhasteter Erledigung des Gesetzes gemacht werden könnte. Sollte daher von anderer Seite der Antrag gestellt werden, die Vorlage in eine Kommission zurück⸗ zuverweisen, so würden wir diesem Antrage zustimmen In erster Reihe hätten wir gewünscht, daß die Vorlage zunächst auf einige Landesteile oder auf einige besonders gefährliche Flußläufe sich be⸗ schränkt hätte; dieses Ziel würde auch erreicht werden, wenn in § 1a das Verzeichnis möglichst auf diese Wasserläufe beschränkt wird. Wir wünschen, in das Verzeichnis möglichst wenig Flusßläufe aufgenommen zu sehen, denn es sollen ja doch bleß Hochwassergefahren verhütet werden. Sollte ein Fluß übersehen sein, der doch vielleicht in das Verzeichnis gehörte, so kann er ja nachträglich eingefügt werden. Was die Organisation betrifft, so sollen in Ostfriesland die bestehenden Einrichtungen so vorzüglich wirken, daß zu einer Aenderung gar keine Vrranlassung vorliegt; wir werden daher dem angekündigten Antrag Iderhoff zustimmen. In § 8 hat die Kommission bei Regelung der Zuständigkeitsfrage die nach dem Entwurf den nicht kreisfreien han⸗ noverschen Städten belassene Befugnis beseitigt; meine Freunde wünschen die Aufrechterhaltung dieser Bestimmung. Die Schwierig⸗ keiten werden geringer werden, wenn diese Verzeichnisse mehr im Wege der Vereinbarung zwischen der Verwaltung und den Interessenten zustande kommen; zu diesem Zweck ist langsames und vorsichtiges Vorgehen geboten; es muß da angefangen werden, wo die Gefahren augenscheinlich sind, und wir dehnen das Verzeichnis allmählich dann auf andere Provinzen aus. Von dem § s sollte möglichst wenig, von dem § 6 (Bezeichnung der

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fassend Gebrauch gemacht werden. Dem Antrage Schoof köanten viele meiner Freunde zustimmen, wenn sie vom Regierungstische gehört haben werden, was es mit diesen zu errichtenden Deichämtern auf sich chat. Dagegen können wir dem Antrage, der den durchschnittlichen Hochwasserstand hineinziehen will, keinen Geschmack abgewinnen, die Regierung hat ja auch die ursprünglichen Bedenken durch ihre Er⸗ klärung in der Kommission sehr abgeschwächt. Auch dem Antrage, den Minister für Landwirtschaft zu ersetzen durch den Zuständigen“ Minister, können wir nicht zustimmen, da wir vor allem Einheitlichkeit für nötig halten, und die Verantwortung nicht zerteilt werden darf. Ein Teil meiner Freunde steht der ganzen Vorlage pessimistischer gegen⸗ über und wird ihr seine Zustimmung nicht geben; die Hannoveraner unter ihnen werden ihre Haltung abhängig machen von der Annahme des Antrags Hagen, betreffend die nich wir, daß, wenn die Vorlage in die Kommission geht, und zwar in eine kleine von 14 Mitgliedern, die noch bestehenden Bedenken be⸗ seitigt werden; erschöpfend können wir die gestellten Anträge im Plenum doch nicht behandeln. Indessen sollten wir die Diskussion nicht sofort abbrechen, da sich aus ihr noch wertvolle Fingerzeige für eine erneute Kommissionserörterung ergeben können.

Abg. Dr. Dahlem (Zentr.): Die Interessenten haben noch fast gar keine Gelegenheit gehabt, sich über die Kommissionsbeschlüsse zu äußern; dennoch sind schon eine Reithe von Gegenvorstellungen in Petitionen an uns gelangt. Auch haben beide Vorredner anerkannt, daß eine Klärung über die Tragweite des Gesetzes noch nicht in vollem Umfange erfolgt ist. Uns kommt es hauptsächlich darauf an, daß der höchste Hochwasserstand bei der Beurteilung der Hochwassergefahr und der Bemessung des Katasters auszuscheiden hat. Wird alles in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt, dürfen auch Wasserläufe in das Verzeichnis aufgenommen werden, wo höchstens alle hundert Jahre einmal eine Hochwassergefahr eingetreten ist, so werden statt fester und maßgeblicher Normen gerade unsichere und unhaltbare Zustände eschaffen. Die gute Absicht des Ministers und seiner Räte in allen V83 aber die Instanzen bieten nicht durchweg die Gewähr dafür, daß nach diesen Intentionen auch strikte verfahren wird. Ferner müssen unter den Beteiligten, mit denen die Einwendungen zu erörtern sind, auch unter Ausschluß jedes Zweifels die Gemeinde⸗ behörden mitverstanden sein. § 8 stößt bei urs auf schwere Be⸗ denken: er bedarf der sorgfältigsten Erwägung, namentlich hinsichtlich der Entschädigungsfrage. Die Auffassung, daß eine Entschädigung überhaupt nicht gewährt werden kann, scheint uns schon im Hinblick auf die Verfassung unzutreffend. Am Rhein würden Tausende und aber Tausende von kleinen Grundbesitzern aufs schwerste geschädigt werden, wenn sie auf ihrem Grund und Boden nicht einmal einen Baum mehr pflanzen dürfen.

„Abg. Herold (Zentr.): Trotz der sorgfältigen Arbeit der Kom⸗ mission scheint es außerordentlich zweifelhaft, ob die Kommissions⸗ beschlüsse das Richtige getroffen haben. Das zeigt schon die Fülle der Anträge, und noch weitere Anträge sollen kommen. Z. B. herrschen über den § 8 große Meinungsverschiedenheiten. Deshalb scheint mir die Zurückverweisung an die Kommission angezeigt. Ob wir diese sofort beschließen oder erst die Beratung über § 1 fortführen sollen, stelle ich anheim.

Minister für Podbielski:

Meine Herren! Im Anschluß an die Ausführungen der ver⸗ schiedenen Herren Redner glaube ich, mich doch über gewisse Punkte dem hoben Hause gegenüber aussprechen zu sollen.

Meine Herren, nach so traurigen elementaren Katastrophen, wie sie namentlich in Schlesien eingetreten sind, werden von allen Seiten Vorschläge für Abhilfe der Königlichen Staatsregierung gemacht. Dabei wollen im ersten Moment alle scharf vorgehen; je weiter wir uns aber von dem Ereignis entfernen, umso mehr verflachen die Ein⸗ drücke; die Katastrophen erscheinen dem einzelnen nicht mehr so schwer und der Ausdruck ist hoffentlich nicht zu scharf der Egoismus

Landwirtschaft, Domänen und Forsten von

tritt mehr in den Vordergrund, und man fragt sich: wie werde ich Meine Herren, Lande haben?

durch diese oder jene Maßregel, die sich als notwendige Konsequenz erweist, getroffen? Diese Erscheinung, meine Herren, tritt mir bei den Reden, die gegen die Vorlage Meine Herren, zunächst muß ich die Frage zur Erörterung bringen: schaffen wir denn durch dieses Gesetz ein neues Recht? Das muß ich entschieden verneinen. Der Herr Abg. Dahlem hat einen bezüglichen Antrag eingebracht und auch seine heutigen Ausführungen auf das bestehende Recht begründet. Das bestehende Deichgesetz vom Jahre 1848 sagt aber im § 1 ausdrücklich: Deiche oder ähnliche Erhöhungen der Erdoberfläche, welche die Ausbreitung der zeitweise aus ihren Ufern tretenden Gewässer be⸗ schränken, dürfen in der ganzen Breite, welche das Wasser bei der höchsten Ueberschwemmung einnimmt, ꝛc. Meine Herren, das ist nicht ein Recht, welches die Regierung heute in Anspruch nimmt, sondern bestehendes Recht. (Widerspruch im Zentrum.) Ja, gewiß, Herr Abgeordneter, so ist tatsächlich das Recht. Wenn nun weiter, meine Herren, in einem Antrage verlangt wird, der höchste Wasserstand solle nicht berücksichtigt werden ja,

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Unternehmungen, die keiner Genehmigung bedürfen) möglichst um⸗ allgemeinen, das polizeiliche Einschreiten

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t kreisfreien Städte. Hoffen Gesichtspunkten frei von bureaukratischer Auffassung die Sache zu

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gehalten sind, lebhaft vor Augen. Gesetz, das wir machen, in jeder Bestimmung z. B. ordnung, sei es, was es sei, sagen: ausgenommen Ostfriesland. Darum möchte ich den Herren doch vorschlagen, einmal an diese Zeiten zu denken, und sie fragen, ob es nicht richtiger ist, daß, wenn wir eine so wichtige Materie ordnen, sie einheitlich für unser ganzes Land regeln.

Meine Herren,

oder eine andere Bezirksausschuß oder im Kreisausschuß der Schwerpunkt der Ent⸗ scheidung liegen; diese Behörden sollen die Anträge prüfen und sie den örtlichen Verhältnissen nach entscheiden. 8

Abg. Herold ei wenn Sie dem Antrag Folge weil ich befürchten muß, es wird dadurch eine Ordnung dieser Materie eintreten. darüber klar ich glaube, der Herr Abg. Glatzel war so freundlich,

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welcher Wasserstand wird denn gefährlich? Mittelhochwasser ist nicht gefährlich; das höchste Hochwasser ist gefährlich. Wenn Abflußhinder⸗ nisse eingebaut werden, dann läuft beim höchsten Hochwasser das Wasser über die Deiche, dann entstehen die Katastrophen. Dann kommt aber auch das Geschrei: Regierung, warum hast du nicht bei Zeiten eingegriffen! Meine Herren, der Regierung wird von allen Seiten vorgeworfen, daß sie nicht bei den in Schlesien dem Hochwasser aus⸗ gesetzten Flüssen bei Zeiten den Einbau von Mühlen und engen Brücken verhindert hätte. Das höchste Hochwasser ist zweifellos das gefähr⸗ lichste; das kann nicht bestritten werden. (Seiterkeit.)

Der Herr Abg. Dahlem wird mir auch zugeben müssen: selbst durch einen Beschluß des hohben Hauses, daß das höchste Hochwasser nicht berücksichtigt werden soll, wird sich der liebe Gott nicht bestimmen lassen, das höchste Hochwasser nicht wieder eintreten zu lassen; wir müssen also mit dem Faktor rechnen, daß das bisher fest⸗ gestellte höchste Hochwasser sich wiederholt. Auch mit Rücksicht auf das bestehende Gesetz wird mir der Herr Abgeordnete zugeben Püssen, daß der höchste Wasserstand bei der Umgrenzung der Ueberschwemmungs⸗ gebiete nicht ausgeschaltet werden kann.

Um was handelt es sich jetzt? Das bestehende Deichgesetz hat in

en letzten Jahren durch Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts, ie mit der Auffassung der landwirtschaftlichen Verwaltung nicht ibereinstimmen, mit denen aber gerechnet werden muß, eine Lücke ekommen, indem dieser Gerichtshof entschieden hat, daß Häuser keine deichähnlichen Erhöhungen der Erdoberfläche seien. Bis dahin hat die Verwaltung auch die Gebäude stets zu den deichähnlichen Erhöhungen der Erdoberfläche gerechnet. Hätte das Oberverwaltungsgericht diese Auffassung nicht in Frage gestellt, so könnte von einer Ergänzung des Deichgesetzes abgesehen werden, bei jetziger Sachlage ist diese nicht zu umgehen, da Gebäude gefährliche Abflußhindernisse bilden, es also möglich sein muß, sie fern zu halten. Allerdings könnte die Errichtung von Gebäuden auch auf Grund der regelnden Befugnisse durch Polizeiverordnungen und polizeiliche Verfügungen erstrebt werden, wie es z. B. in der Stadt Magdeburg geschieht. Dann würde aber im Einzelfall die Ortspolizeibehörde zu entscheiden haben. Ich frage nun gerade die Herren, die die Bedenken haben: ist es Ihnen lieber, mit einer Polizeiverordnung und mit der Polizeibehörde zu arbeiten oder ist es nicht richtiger und korrekter, daß wir dem Bezirks⸗ ausschuß und dem Kreisausschuß die Entscheidung übertragen, wie der Gesetzentwurf vorsieht. Ich meine, diese Frage ist unbedingt zu bejahen. Denn die Bezirks⸗ und Kreisausschüsse sind in der Lage, nach den örtlichen Verhältnissen und nach praktischen

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gestalten.

Dabei sichert diese im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung eine Behandlung der einzelnen Wasserläufe nach einheitlichen Gesichts⸗ punkten, d. h. die Ausführung der als notwendig erkannten Maß⸗ nahmen im ganzen Flußgebiet, und dies ist ein Hauptzweck dieser Vorlage. Ich glaube, den Herrn Abg. Dahlem noch darauf hinweisen zu sollen, daß es ein Irrtum ist, wenn angenommen wird, daß das bestehende Deichgesetz nur wenig angewendet worden sei. In früherer Zeit mag dies der Fall gewesen sein, aber bereits seit längeren Jahren, nach den stattgehabten Katastrophen kontrolliert die Regierung auf⸗ merksamer die Ueberschwemmungsgebiete. Mir ist berichtet worden, daß z. B. von einem Meliorationsbaubeamten der Provinz West⸗ falen in dem letzten Jahr über Hundert auf Genehmigung deichähn⸗ licher Erhöhungen gerichteter Anträge begutachtet worden sind. Hier⸗ nach kann auch nicht behauptet werden, daß etwa kein Bedürfnis für den Westen vorliegt.

Im übrigen will ich auf die Ausführungen des Herrn Abg. ven Richthofen noch ausdrücklich bemerken, daß ich grundfätzlich gegen eine bureaukratische Ausgestaltung solcher Gesetze bin. Wenn Herr Dahlem nun sagt: ja, der jetzige Herr Minister mag so denken, aber sein Nachfolger ist vielleicht ein starrer Bureaukrat, so mache ich darauf aufmerksam, daß die Beschwerden, die gegen die Ver⸗ zeichnisse des § 1a angebracht werden, vom Provinzialrat entschieden werden sollen. Der soll feststellen, ob die Grenzen des Ueberschwemmungsgebiets richtig gewählt sind, und ob nicht dem Einzelnen unnötig Beschränkungen auferlegt werden sollen. Es ist der Schwerpunkt in die Selbstverwaltung gelegt, zunächst in den Provinzialrat und bei der Entscheidung im Einzelfall in den Be⸗ zirksausschuß oder in den Kreisausschuß. Wenn Sie dies berück⸗ sichtigen, werden Sie mir zugeben müssen, daß von seiten der Staats⸗ regierung alles geschehen ist, um dem Geset den etwaigen bureau⸗ kratischen Charakter zu nehmen.

Nun, meine Herren, liegen ja noch einige andere Anträge vor, speziell von den Abgeordneten der Provinz Hannover, auf Aus⸗ schließung der Teile der Provinz, für die die alten Deichgesetze gelten. Meine Herren, ich möchte mir erlauben, die Antragsteller einmal an Zeiten, die noch gar nicht so fern liegen vielleicht 20 Jahre rückwärts zu erinnern, wo ich selber lange in der Provinz Hannover gelebt habe und tätig gewesen bin. Meine Herren, wie war es einst in der Provinz Hannover, wenn in der Landwirtschaftsgesellschaft zu Celle ein Antrag eingebracht wurde? Dieser Antrag endete stets mit den Worten: ausgeschlossen Ostfriesland. Meine Herren, genau so kommt es mir jetzt bei dem Gesetz wenn ich höre: ausgeschlossen Hannover. (Sehr richtig! Heiterkeit.)

ozu? Wollen wir nicht gleiche Gesetze in unserm Vor 20 Jahren, das kann ich bezeugen, ist mir oft

erklärt worden: es ist ein trauriges Verhältnis, daß wir in jedem 9 über die Kör⸗

vor,

Wir nur einheitliche allgemeine Normen schaffen. enn der Einzelne ein Bedenken hat über eine Ziegelei Anlage, über die Ausübung der Weide, dann soll im

Anlage,

wollen

und Bedenken

n, ich möchte noch kurz auf den Antrag des Herrn Ich würde es ja sehr bedauern, meine Herren, geben würden, und zwar um deswillen,

Verschleppung in der Meine Herren, seien wir uns

Meine Herre ngehen.

in seiner Rede schon auf meine Erklärung in der Kommission hinzu⸗. weisen —: eine Ordnung muß eintreten! Ziehen wir jetzt die Ent⸗ scheidung hinaus, so wird die Folge sein, daß die bereits beschlossene Regulierungen der Oder, der Havel und Spree aufgeschoben werden müssen; ich kann unmöglich Staatsgelder für die Freilegung ver⸗ wenden, wenn ich nicht sicher bin, daß die Maßregeln auch wirklich dauernd von Nutzen sind und nicht etwa durch die Anlieger wieder in Frage gestellt werden, die Bauwerke ausführen, welche unsere mit großen Kosten getroffenen Maßregeln vereiteln. Ich gebe ja gem zu, meine Herren, daß augenblicklich große Flußregulierungen mit Freilegungen im Westen der Monarchie nicht so sehr in Frage kommen, und deshalb kann ich es wohl verstehen, wenn die Herren sagen, es sei bei ihnen ein so drängendes Bedürfnis zur Zeit nicht vorhanden⸗ Gotlt sei Dank ist der Westen von solchen Katastrophen in neuere Zeit verschont geblieben. Aber auch dort können sie sich wiederholen und werden sich wiederholen, wenn nicht bei Zeiten vorgesorgt wim, und, meine Herren, ich kann zweifellos die schon zum Teil per⸗ abschiedeten Gesetze nicht durchführen, wenn Sie mir nicht die Sicherheit geben, daß die großen Kosten, die der Staat für die Durchführung der ganzen Maßregel aufgewendet hat, nicht hinausgeworfen sind und durch die nächste Katastrophe, die vielleicht eintritt, wieder vernichtet werden. (Sehr richtig! rechts) Darum möchte ich die Herren bitten: unterstützen Sie mich in diesen Bestrebungen, damit wir wirklich etwas Gesundes, etwas Dauerndes schaffen und nicht etwa ein Luftgebäude hinbauen, von dem wir fürchten müssen, daß es jeden Moment wieder in Frage gestellt werden kann. Meine Herren, ich kann nur erneut die Versicherung geben, mir, wie dem gesamten Ministerium, wie überhaupt all den Herren, die von seiten der Regierung bei diesem Gesetzentwurf beteiligt sind, hat es stets fern gelegen, in diesem Gesetz etwa eine bureaukratische Ausgestaltung vorzunehmen. Nichts liegt mir ferner. Ich bin mir immer bewußt, meine Herren,

daß bei uns Deutschen stets das Gefühl im Vordergrund steht: greift nur nicht in mein Eigentum ein! Aus diesem Gefühl der Sorg heraus, daß man ja jeder kleinen Empfindung in dieser Richtung Rechnung trage, entstehen dann solche Bedenken. Es kam auch einer der Herren zu mir und sagte: die vielen Anträge beweisen, daß die Materie selbst noch nicht so geklärt ist, wie es für die Beratung im hohen Hause wünschenswert erscheint. Meine Herren, ich wäre gern bereit, in der Kommission an einer weiteren Ausgestaltung mit⸗ zuarbeiten, wenn Sorgen nach der Richtung hin beständen. Aber seien wir uns darüber klar, daß, wie wir die Regelung auch immer vornehmen, immer wieder einer unter uns aufstehen und sagen wird: das Gesetz ist nicht auf meinen Leib zugeschnitten. Daher möchte ich Sie bitten: denken Sie stets an die Allgemeinheit, stellen Sie einzelne versönliche Wünsche etwas mehr in den Hintergrund. (Bravo! rechts,)

Abg. Glatzel zur Geschäftsordnung: Ich könnte der Zurück⸗ verweisung an die Kommission zustimmen, wünsche aber doch, daß erst weiter debattiert wird. Die Mehrheit meiner Freunde ist durchaus von dem Wunsche beseelt, so bald wie möglich die Vorlage in ein⸗ wandsfreier Form zu verabschieden. Wenn sie nochmals in die Kom⸗ mission geht, sind wir bereit, schnell mitzuarbeiten.

Abg. Dr. Hahn (B. d. L.): Auch ich will das Zustandekommes des Gesetzes, aber die Diskussion hat gezeigt, daß das Gesetz in Westen unheilvoll wirken kann. Die Ausführungen des Ministerz haben mich nicht überzeugt, daß die Sache spruchreif ist. Wir können aber zunächst weiter debattieren, um weitere Klärung zu schaffen. bitte deehalb Herrn Herold, seinen Antrag erst uach Abschluß der Debatte über § 1 zu stellen.

Berichterstatter Abg. von Bockelberg ist gegen die Zurück⸗ verweisung. Dadurch ginge nur eine Unmenge Zeit verloren, und aus der neuen Kommissionsarbeit könne nichts herauskommen. Bis zur dritten Beratung könne man Abänderungen vereinbaren.

Abg. Freiherr von Richthofen erklärt sich gegen die Zurück⸗ verweisung. Solle an die alte Kommission verwiesen oder eine neue gebildet werden? Auch mit einer neuen Kommissionsberatung würde man nicht weiterkommen. Mit einer Berücksichtigung der hannoverschen Wünsche würden seine Freunde einverstanden sein.

Abg. Dr. Hahn spricht sich nochmals für die Zurückverweisung aus, da außer den Wünschen aus Hannover noch andere Abänderungs⸗ wünsche bestehen, die am besten in einer Kommission von neuem ge⸗ prüft werden. Am geeignetsten wäre die alte Kommission.

Abg. von Woyna (freikons.) erklärt, daß seine Freunde ders konservativen Redner zustimmen. Bis zur dritten Lesung könnte man vornehmen und eventuell dann noch die Zurückverweisung eschließen.

Abg. Freiberr von Richthofen bittet, über die Zurückverweisung bald abzustimmen.

Abg. Kirsch (Zentr.) erklärt, daß seine Freunde das Gesetz in der vorliegenden Kommissionsfassung ablehnen müßten.

Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.) erklärt für seine Freunde, dasß die neuen Anträge in der Kommission geprüft werden müßten. Ven einer weiteren Beratung ohne Kommissionsberatung könne er sich nichts versprechen. Er empfehle deshalb die Zurückverweisung an die alte Kommission.

Abg Dr. Lotichius (nl.) ist wegen der Bedeutung des Gesetzes für die Zurückoerweisung, um so mehr, als von seinen Freunden noch Anträge zu stellen seien. Er bedauere sehr, daß er wegen des Schlusses der Debatte nicht das Wort nehmen könne, um die Be⸗ denken seiner Freunde gegen das Gesetz zu äußern

Darauf stellt Abg. Herold den formellen Antrag, jetzt sofort die Zurückverweisung an die alte Kommission zu beschlieten. Abg. Graf von Wartensleben⸗Rogäsen (konf.), Ver⸗ sitzender der Kanalkommission, bittet, die Zurückverweisung abzulehnen, da der Kommissionsbericht die Materie eingehend und erschöpfend klar⸗ gestellt habe.

Abg. Glatzel läßt nunmehr seinen Wunsch, erst sachlich weiter zu debattieren, fallen und erklärt sich für sofortige Zurückverweifung⸗

Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (kons.) meint, daß, wenn die Vorlage abermals aus der Kommission herauskomme, das Haus nur genau so weit sein werde wie jetzt.

Abg. Dr. Hahn bemerkt, daß das Gesetz, wie es jetzt vorliege, auf manche Provinzen passe wie die Faust aufs Auge. Ein solches Gesetz könne man nicht machen. Er bitte um die Zurückverweisung im Interesse ganzer Previnzen des preußischen Staates, nicht aus provinziellen Gründen, sondern aus materiellen Gründen zu Gunsten der Landwirtschaft.

Abg. Dr. Friedberg (nl.) wünscht die Zurückverweisung in Interesse seiner Freunde aus Hannover, die sich wegen der ein⸗ schneidenden Bestimmungen des Gesetzes erst nochmals mit den Inter⸗ essenten besprechen möchten.

Darauf wird der Antrag Herold auf Zurück⸗ verweisung an die alte Kommission (die Kanalkommission) gegen die Stimmen der beiden konservativen Fraktionen angenommen.

Auf Anfrage des Abg. Dr. Friedberg teilt

„Präsident von Kröcher mit, daß noch Beratungsstoff bis zun nächsten Dienstag vorläge, und dann die Vertagung über Weihnachten stattfinden könne, vorausgesetzt, daß nicht noch die zweite Beratung Seuchengesetzes vorgenommen werden könne.

Schluß 1 ½ Uhr. Nächste Sitzung Freitag, 11 Uhr

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(Kleinere Vorlagen, Kirchensteuergesetze.)

der Schauplatz der Handlung allzu oft wechfelt.

Literatur.

Für einen gebildeten Leserkreis, der bei seiner Lektüre an⸗ regende Unterhaltung sucht und eine charakteristische, formschöne Dar⸗ stellung zu würdigen weiß, ist Emmi Lewalds Roman „Sylvia“ berechnet, der soeben in der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart erschienen ist. (Geheftet 3,50, gebunden 4,50)) Die Verfasserin besitzt in seltenem Maße die Gabe, lebensvoll und anschaulich zu schildern, eine Fähigkeit, die sie sowohl auf dem Gebiet der Seelenmalerei als auch in den feinschattierten Milieuschilderungen bekundet, die das Buch

esonders anziehend machen. Die Entwickelung der Titelheldin aus einem oberflächlichen, geistig vernachlässigten Mädchen zu einer ernsten, an ihren Pflichten immer mehr erstarkenden Frau und Mutter ist über⸗ zeugend geschildert. Ohne jede tendenziöse Färbung streift der Roman auch die Frauenfrage, an die die Verfasserin mit klarer Objektivität heran⸗ tritt. Ein Fehler des Buches scheint uns aber darin zu bestehen, daß Weimar, Jena,

8 2 8 2 2 . Bremen, Delft, Berlin, Oppeln, Egypten, das ergibt eine Ueber⸗

fülle von Bildern, die, obwohl sie durchgängig mit einer der Ver⸗ fasserin eigentümlichen scharfen und flüssigen Art skizziert sind, doch auf die Phantasie des Lesers zu sehr einstürmen. Dieser Einwurf ist aber geringfügig den großen Vorzügen des Buches gegenüber, das der gebildeten Frauenwelt besonders empfohlen werden darf.

Seifenblasen, drei scherzhafte Erzählungen von Ricarda Huch. Stuttgart und Leipzig. Deutsche Verlagsanstalt. Geheftet 4 ℳ, gebunden 5 Wenn Ricarda Huch von neuem vor das deutsche Lesepublikum tritt, so hat sie in ihrer einzigartigen Weise immer etwas zu sagen und zu geben. Für die mittelste der drei Er⸗ zählungen „Aus Bimbos Seelenwanderungen“ dürfte die Bezeichnung „heiter“ wohl kaum passen. Sie handelt von der auf dem Schaffot endenden Liebe eines Scharfrichtersohnes zu der schönen Wunneke, der Tochter des Bürgermeisters in einer mittelalterlichen norddeutschen Stadt. Aber gerade diese Erzählung ist am meisten von dem Geiste der Verfasserin erfüllt. Hier findet man die Vorzüge ihrer Schreibweise, die in kühnen Bildern prangende Sprache, die tiefen Einblicke in das menschliche Seelenleben, die poesievollen Natur⸗ schilderungen, die seltsam schwebende, fast unirdische Stimmung am stärksten wieder. Freunden eines eigenartigen, geistvollen Humors da⸗ gegen sei der Lebenslauf des heiligen Wonnebald Pück, eines gar sehr den Freuden des irdischen Lebens ergebenen und am törichtesten Aber⸗ glauben hängenden katholischen Priesters, der es vermöge dieser Eigen⸗ schaften nicht allein zum Bischof, sondern auch zum kanonisierten Heiligen bringt, sowie die letzte der Erzählungen „Das Judengrab“ empfohlen.

Mozarts letzte Lebensjahre, eine Künstlertragödie, von L. Mirow. Verlag von Richard Wögke in Leipzig. (Geheftet: 1,50 ℳ, gebunden: 2,35 ℳ) Der Verfasser ist sich, wie er in der Einleitung zu dem kleinen Buche ausspricht, bewußt, dem gebildeten Fachmusiker nichts wesentlich Neues zu sagen. Seine Absicht, die hin und wieder angetastete Persönlichkeit und die hohe Kunstbedeutung des großen Tonmeisters in schlichter Form zu charakterisieren, richtet sich somit an weitere Volkskreise, die er dem Einfluß Mozarts gewinnen helfen möchte,. Gerade in unserer Zeit der technisch raffinierten, in ihren Ausdrucksmitteln unendlich gesteigerten Musik, die das Bestreben zeigt, das Charakteristische über das Melodische zu stellen, dürfte ein Hinweis auf die reine Schönheitsquelle, die in der Mozartschen Musik Fröm⸗ besonders am Platze sein.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 49 h““ vom 7. Dezember 1904.) v

Aegypten. Vom 19. bis 26. November sind im Bezirk Tukh der Provinz Kaliubieh 2 neue Erkrankungen und 2 Todesfälle an der Pest gemeldet.

Britisch⸗Ostindien. Während der am 12. November abge⸗ laufenen Woche sind in der Präsidentschaft Bombay 10072 neue Erkrankungen (und 7695 Todesfälle) an der Pest zur Anzeige gelangt; davon 93 (79) in der Stadt Bombay, 13 (13) im Stadt⸗ und Hafengebiet von Karachi, 52 (52) in dem von Surat, 32 (20) in den Häfen von Jodia und Porbandar.

Mozambique. Anfangs November sind in der etwa 140 km von Lourengo Marquez entfernten Ortschaft Magude 4 pestverdächtige Krankheitsfälle beobachtet, von denen bis zum 5. November 2 tödlich verlaufen waren; hier waren auch in früheren Jahren ähnliche Fälle beobachtet. 1

Argentinien. Zufolge einer Mitteilung vom 29. Oktober hat in der Stadt Salta die Pest neuerdings mehrere Todesfälle ver⸗ ursacht; behördlicherseits ist ein Sanitätsbeamter dorthin entsandt, um die Bekämpfung der Seuche zu leiten.

Zufolge einer glaubhaften Zeitungsnachricht aus Buenos Aires ist daselbst am 28. Oktober ein 57 jähriger Sattler, kurze Zeit nachdem er aus Paraguagy zuͤgereist war, an der Pest gestorben. Der⸗ artige vereinzelte Pestfälle sind in den Hafenplätzen Argentiniens angeblich seit einiger Zeit mehrfach beobachtet, haben jedoch an⸗ scheinend infolge der durchgeführten Vorsichtsmaßregeln bisher nicht zu einer bedrohlichen Ausbreitung der Seuche geführt.

Cholera.

Rußland. Nach einer amtlichen Veröffentlichung vom 28. No⸗ vember hat die Cholera im Kaukasus in der Zeit vom 16. bis 22. November bedeutend zugenommen, wobei letzthin auch Erkrankungen

Gouvernement Jelisawetpol und in der Stadt Tiflis be⸗ obachtet wurden. Anscheinend steht diese Zunahme mit der Rückkehr vieler Arbeiter aus Persien im Zusammenhang, da unter ihnen hauptsächlich Erkrankungen vorkamen. Die größte Anzahl der Erkrankungen entfiel auf das Gouvernement Eriwan, von wo 522 Erkrankungen und 343 Todesfälle gemeldet wurden. Auf die einzelnen Kreise dieses Gouvernements verteilten sich die Erkrankungen und Todesfälle wie folgt. Es sind a. vom 8. bis 15. Nov., b. vom 16. bis 22. Nov. erkrankt (gestorben): im Kreise Nachitschewan a. 46 (28), b. 100 (75), im Kreise Scharuro⸗Daralages a. 74 (55), b. 281 (193), im Kreise Eriwan a. 3 (—), b. 129 (68), im Kreise Etschmiadsin b. 1. (—), im Kreise Nowobajazet b 3 (2), in der Stadt Eriwan b. 8 (5). Innerhalb des Gouv. Baku wurden in den Kreisen Baku 13, Lenkoran 22 und Dshewat 2 Cholerafälle festgestellt. In der Stadt Baku er⸗ krankten vom 16. bis 22. November 27 und starben 8 Personen. Im Kreise Sansegur, Gouv. Jelisawetpol, werden 10 Cholerafälle fest⸗ gestellt, in der Stadt Tiflis am 19. November 3, davon 2 bei Orts⸗ insassen und 1 bei einer aus Alexandropol zugereisten Person. Die Zahl der Erkrankungen in den Wolgagouvernements überstieg in der Zeit vom 16. bis 22. November die der Vorwoche nicht. Im Gouvernement Astrachan erkrankten 11 (und starben 5) Personen, in der Stadt Astrachan 3 (1). Im Gouv. Samara kamen nur vereinzelte Erkrankungen zur Anzeige, im Kreise Nikolajews 9, davon in Nowousen 3, in Busuluk 1. Im Gouv. Saratow wurden in der Stadt Saratow 1, in Zarizyn 9 und in Kamvpschin 2 Cholerafälle festgestellt; aus dem Kreise Wolsk wurden 23 Erkrankungen, aus dem Kreise Saratow 1 Erkrankung gemeldet. Im Transkaspigebiet beschränkte sich die Cholera auf den Serachsschen Polizeibezirk, wo vom 16. bis 21. November 25 Personen erkrankten und 13 starben.

Türkei. Nach dem Ausweise Nr. 46 vom 28. November über den Stand der Cholera sind 72 neue Erkrankungen (und 43 Todes⸗ fälle) zur Anzeige gelangt, davon 16 (8) in Suleimanieh, 2 (2) in Pendjovine, 2 (1) in Bassra, 1 (1) in Bagdad, 13 (9) in Deir; aus mehreren Ortschaften ist ferner das Auftreten der Cholera ohne jede Angabe über die Zahl der erkrankten oder gestorbenen Per⸗ sonen gemeldet.

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ür die Woche vom 427. November bis 3. Dezember sind 1 Pockenfall in Redingen und 3 Fälle in Deutsch⸗Oth (beides im Kr. Diedenhofen) zur Anzeige gelangt; von den Erkrankten waren 2 Italiener.

Verschiedene Krankheiten. Pocken: Moskau 2, Warschau 11, Konstantinopel (vom 21. bis

27. November) 22 Todesfälle; London (Krankenhäuser) 2, Paris 11, St. Petersburg 5, Warschau (Krankenhäuser) 15 Erkrankungen; Vari⸗ zellen: Budapest 75, New York 77, St. Petersburg 35, Wien 116 Erkrankungen; Fleckfieber: St. Petersburg, Warschau (Krankenhäuser) je 3 Erkrankungen; Genickstarre: New York 11 Todesfälle; Tollwut: Reg.⸗Bez. Arnsberg 7 Erkrankungen; Rotlauf: Budapest 38, Kopenhagen 25, Wien 37 Erkrankungen; Influenza: Berlin 6, Breslau 2, London 30, Moskau 6, New York 3, Paris 5, St. Peters⸗ burg 4 Todesfälle; Nürnberg 20, Kopenhagen 49 Erkrankungen; Keuchhusten: Reg⸗Bez. Schleswig 35, Hamburg 30, Kopenhagen 22 Erkrankungen; Lungenentzündung: Reg.⸗Bez. Schleswig 28 Erkrankungen; kontagiöse Augenentzündung: Reg.⸗Bez. Arnsberg 25 Erkrankungen; Krebs: Berlin 39 Todesfälle; An⸗ kylostomiasis: Reg.⸗Bez. Arnsberg 27 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Masern (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1886/95: 1,15 %): in Kaiserslautern, Lübeck, Odessa Erkrankungen wurden gemeldet in Breslau 154, in den Regierungsbezirken Aurich 191, Erfurt 128, Liegnitz 196,

osen 113, Schleswig 162, Stettin 99, in Nürnberg 37, Lübeck 132, Hamburg 66, Budapest 181, Kopenhagen 101, New York 59, Paris 65, St. Petersburg 50, Prag 65, Wien 191; desgl. an Scharlach (1886 95: 0,91 %): in Borbeck, Bromberg, Danzig, Elbing, Gleiwitz, Lichtenberg, Osnabrück Erkrankungen kamen zur Anzeige in Berlin 43, in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 157, Düssel⸗ dorf 153, in Hamburg 32, Budapest 109, Kopenhagen 60, London (Krankenhäuser) 262, New York 201, Paris 64, St. Peters 88 Warschau (Krankenhäuser) 20, Wien 31; desgl. und Krupp (1886/95: 4,27 %): in Ha angezeigt in Berlin 56, Breslau 20, in den Reg.⸗Bezirken 136, Düsseldorf 141, in Nürnberg 20, Hamburg 28, Budapest 47. Christiania 40, Edinburg 21, Kopenhagen 18, London (Krankenhäuse 118, New York 362, Paris 77, St. Petersburg 98, Stockholm 29, Warschau (Krankenhäuser) 19, Wien 106; ferner wurden Er⸗ krankungen gemeldet an Unterleibstyphus in London (Kranken⸗ häuser) 17, New York 100, Paris 40, St. Petersburg 100. 8

Deutsches Reich.

Französische Besitzungen Nach einer Verordnung des Generalgouverneurs vom 11. Okto d. J. ist die unterm 30. Mai d. J. gegen Herkünfte von Am wegen Verdachts der Pestverseuchung angeordnete O rantäne wieder aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗Anz.“ 18. Juli d. J., Nr. 167.) 8

Portugal. b Die portugiesische Regierung hat den Hafen von Pern für pestverseucht erklärt.

Handel und Gewerbe.

Konkurse im Auslande.

Rumänien. Fallite Firma: Chiriac T. Stoica. Domizil der Firma: Braila. Anmeldung der Forderungen bis: 24. November /7. De⸗ zember 1904. Verisikation der Forderungen: 2 [15. Dezember 1904.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 20 517, nicht recht⸗ zeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 6. d. M. gestellt 7158, nicht recht⸗ jeitig gestellt keine Wagen.

Ueber die Konkurrenz auf dem argentinischen Markte sind den Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin vertrauliche Mit⸗ teilungen zugegangen. Näheres ist im Verkehrsbureau der Korporation der Kaufmannschaft von Berlin, Neue Friedrichstraße 54 I, zu er⸗ fahren.

Aus Geschͤftsberichten von Brauerei⸗Aktiengesell⸗ schaften über das Jahr 1903/1904. Nach dem Geschäftsbericht der Schultheiß⸗Brauerei, Berlin, betrug der gesamte Bierabsatz der vier Brausxreibetriebe im Berichtsjahre 1 043 476,1 hl gegen 937 044,0 hl im Vorjahre. In Flaschen wurden im abgelaufenen Geschäftsjahre 55 der Niederlagen 423 692,1 hl gegen 372 729,3 hl im Vorjahre abgesetzt. Von dem gesamten Mehrabsatz von 106 432,1 hl entfallen somit auf das reine Faßbiergeschäft 55 469,3 hl. Faß⸗ und Flaschenbier sind demnach an dem Mehr⸗ absatz in ziemlich gleichem Verhältnis beteiligt. Der Gesamtumsatz, d. h. die Einnahme für Bier und Nebenprodukte, betrug im Jahre 1903/1904 20 874 501,73 ℳ, im Vorjahre dagegen 18 676 561,18 Die ungesunden Kreditverhältnisse im Faßbiergeschäft dauern, wie der Bericht mitteilt, bei dem scharfen Wettbewerbe der Brauereien untereinander unverändert fort. Die Gesellschaft habe auch im letzten Jahre bei Kreditgewährungen die durch die Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung gebotenen Grenzen innegehalten. Der Gesamt⸗ betrag der überhaupt ausstehenden Forderungen an die Kundschaft belief sich am Schlusse des Berichtsjahres auf 1 341 081,70 gegen 1 273 678,91 im Vorjahre. Die diesjährige Malzfabrikation in den Mälzereien der Gesellschaft in Berlin, Dessau, Pankow, Fürsten⸗ walde und der seit 1. Oktober v. J. von gepachteten Malzfabrik in Luisenhof zu Tornow bei Potsdam belief sich auf insgesamt 371 651 Ztr. gegen 304 838 Ztr. im Vorjahre. Der Bruttogewinn hat eine Steige⸗ rung von 955 116,97 erfahren, von 11 429 618,10 im Jahre 1902/03 auf 12 384 735,07 im letzten Jahre. Die Dividende beträgt 16 %. In den Monaten September und Oktober des neuen Geschäftsjahres erfuhr der Absatz eine Steigerung von 7750 hl. Nach dem Bericht der Spandauerberg⸗Brauerei, Spandauerberg, betrug der Ab⸗ satz im Betriebsjahr 1903/1904: 95 637 t = 119 547 hl gegen 91 623 t 114 529 hl im Vorjahr. Höhere Hopfenpreise und er⸗ hebliche Mehrausgaben für Löhne infolge des mit dem 1. Januar 1904 in Kraft getretenen neuen Lohntarifs haben den durch den er⸗ höhten Absatz erzielten Gewinn nahezu absorbiert. Die Aussichten für das neue Geschäftsjahr bezeichnet der Bericht hinsichtlich der Roh⸗ produkte als nicht günstig. Die Preise für Hopfen dürften sich zwar ungefähr in derselben Höhe wie im Vorjahre bewegen, dagegen müsse für Gerste und Malz mit wesentlich höheren Preisen gerechnet werden. Hierbei werde der Gesellschaft ein großer Vorrat an Malz, welcher zu niedrigem Preise in die Bilanz eingestellt ist, zu statten kommen. Für Hafer und Heu werden größere Aufwendungen notwendig sein. Vom Ueberschuß von 333 283 sollen 7 % Dividende verteilt werden. Nach dem Bericht der Brauerei Pfefferberg, Berlin, konnte die Gesellschaft, wenn sie auch mit nicht unwesentlich höheren Hopfen⸗ preisen zu rechnen hatte, diese Mehrausgabe doch durch größere Er⸗ tragsfähigkeit der verarbeiteten, namentlich mährischen und böhmischen Malze zum großen Teile ausgleichen, sodaß wie in den Vorjahren die Verteilung einer Dividende von 14 % in Vorschlag gebracht werden kann. Der Verkauf betrug im Berichtsjahre 103 854 hl. Nach dem Bericht der Aktien⸗Brauerei Gesellschaft Friedrichshöhe vormals Patzenhofer, Berlin, hat sich der Bierumsatz, teils infolge Vermehrung des Kundenbestandes, teils infolge des für den Konsum besonders günstigen Sommerwetters, gehoben. Es wurden

1903/1904 461 991 hl (+ 42 503 hl) und verkauft: 458 213 hl. (+ 38 412 hl). An dem Gesamtumsatz war das Faßbiergeschäft mit 323 704 hl gegen 298 148 hl im Vorjahr, also mit 8,57 % mehr, das Flaschenbiergeschäft mit 134 509 hl gegen 121 653 hl im Vorjahr, also mit 10,57 % mehr, beteiligt. Von dem nach Abzug von 771 726,29 für Abschreibungen und Delkredere und nach Verteilung von Tantieme und Gratifikationen verbleibenden Reingewinn von 942 169,72 sollen 15 % Gewinnanteil auf 5 670 000 Aktienkapital verteilt werden. Nach dem Bericht der Actien⸗Brauerei Friedrichshain, Berlin, betrug der Absatz im Berichtsjahr 96 054 hl (gegen 96 170 hl in 1902/03). Die Dividende beträgt 4 %. Nach dem Bericht der Brauerei Germania, A.⸗G., Berlin, brachte das anhaltend heiße Wetter in den Monaten Juli bis September einen erheblichen Konsum und erhöhte den Absatz, welcher bis Mai dem des Vorjahres fast gleich geblieben war, um 3209 hl. Im Flaschenbier betrug der Umsatz 14 770 hl gegen 13 245 hl im Vorjahr. Die Dividende beträgt 6 %. Die Mahn und Ohlerich Bierbrauerei Aktiengesellschaft, Rostock, die eine Dividende von 11 % verteilt, teilt u. a. mit: In⸗ folge der außergewöhnlich warmen und trockenen Witterung des ver⸗ flossenen Sommers stieg der Bierabsatz im Berichtsjahre auf 101 131 hl egen 98 206 hl im Vorjahre. Bei der Klosterbrauerei Roederhof, Aktiengesellschaft, Roederhof, stellte sich der Bierverkauf auf 64 066 hl gegen 66 390 hl im Vorjahr. Die Ge⸗ sellscheft führt den Minderverkauf einmal auf die größer ge⸗ wordene Konkurrenz, ferner aber auch darauf zurück, daß der Bierkonsum in der Brauerei im all⸗ beträgt 10 %.

gemeinen geringer geworden ist. Di Bei der Brauerei Kunterstein, stellte sich der Bierabsatz auf 33 08 Vorjahre. Der Ausstoß hatte unter der bis Mitte Juni herrschenden kühlen Witterung sehr zu leiden, der hierdurch entstandene Ausfa im Verkauf konnte auch nicht während der dann eingetretenen großen Hitze und damit verbundenen Steigerung des Bierkonsums aus⸗ geglichen werden. Ferner machten sich in der Gegend der Brauerei die Nachwirkungen der ungünstigen allgemeinen Verhältnisse der Vor jahre immer noch bemerkbar, auch ist der Umstand nicht ohne Einfluß auf den Absatz geblieben, daß die Gesellschaft in der Kreditgewährung möglichste Zurückhaltung beobachtete. Die Dividende soll 3 % betragen. Nach dem Bericht der Holsten⸗Brauerei, Altona, betrugen die Biervorräte am 30. September 1903 32 511 hl, eingebraut wurden 79 030 hl. Der Verkauf betrug 82 727 hl (90 548 hl i. V.). Als Bestand verbleiben am 30. September 1904 28 814 hl. Der Minder⸗ absatz (7821 hl) wurde hervorgerufen durch den im Mai ausgebrochenen Streik und durch den damit verbundenen Bovyvkott, der über sämtliche Hamburger und Altonaer Lagerbierbrauereien verhängt wurde; infolge dessen brachte das schöne Sommerwetter dieses Jahres der Gesellschaft nicht den entsprechenden, sonst stets eintreffenden Mehrabsatz. Die Dividende wird mit 10 % vorgeschlagen. Das von der Gesellschaft ins Leben gerufene Londoner Unternehmen The Holsten Brewery Ltd., Wandsworth, hat sich bisher noch nicht so entwickelt, wie der Vor⸗ stand nach allen Berichten anzunehmen berechtigt gewesen sei; die Ursache des bisherigen Mißerfolges glaubt der Vorstand allein auf die Leitung des Unternehmens zurückführen zu sollen, welche sich ibrer Aufgabe nicht gewachsen gezeigt habe. An dem schließlichen Erfolg des Unternehmens glaubt der Vorstand nicht zweifeln zu sollen. Nach dem Jahresbericht der chlegel⸗Brauerei Aktien⸗ gesellschaft zu Bochum betrug der Bierversand im Berichtsjahre 74 123,73 hl, im Vorjahre 66 001,25 hl. Der Reingewinn berechnet auf 295 263,05 gegen 221 289 20 im Jahre 1902/,03. Ihren enbedarf für das kommende Jahr hat die Gesellschaft bereits zu ilichen Preisen wie im Vorjahre gedeckt. Für Malz werde die Ge⸗ schaft wohl etwas höhere Preise anlegen müssen, da die Ernte trockenen Sommers der Menge nach geringer ausfiel im Herbst 1903. Jedoch habe die Gesellschaft noch alte Abschlüsse laufen. Die Dividende beträgt 10 %. Der Leipziger Bierbrauerei zu Reudnitz Riebeck u. Co. Aktien⸗Gesellschaft, Leipzig, brachte das abgelaufene Ge⸗ schäftsjahr eine wesentliche Erweiterung des Unternehmens durch Uebernahme der Brauereien J. Baumann in Erfurt und F. Rühl in Leipzig⸗Volkmarsdorf im letzten halben Jahre. Die Aussichten für as neue Geschäftsjahr in bezug auf die Produktion sind nach dem Bericht ungünstiger als für das verflossene. Gerste, die zwar in selten schöner Qualität aus der Provinz und dem Königreich Sachsen und aus Böhmen zur Verfügung steht, sei viel teurer als im vergangenen Jahre, während Hopfen nur zu den gleich hohen e erhältlich sei. Deshalb sei mit einer bedeutend öheren Ausgabe zu rechnen. Auf die spätere Gestaltung der Produktionsbedingungen der Gesellschaft werde der mit Oesterreich⸗Ungarn abzuschließende Handelsvertrag von be⸗ deutendem Einfluß sein. Die Dividende beträgt 10 %. Die Nürnberger Aktienbierbrauerei vormals Heinr. Henninger zu Nürnberg erzielte einen Verkauf von 61 845 hl gegen 60 136 hl. im Vorjahre. Dieses Plus erstreckt sich hauptsächlich auf den Lokal⸗ absatz, während das Exportgeschäft eine kleine Minderung erfahren hat, weil in den heißen Sommermonaten, besonders in Sachsen und Norddeutschland, die einheimischen Biere gegenüber dem bavyerischen Biere bevorzugt wurden und letzterem Abbruch taten. Der erzielte Reingewinn weist trotz des Mehrverkaufs von 1709 hl gegen das Vorjahr keine Erhöhung auf, weil er durch hohe Hopfen⸗ preise wesentlich geschmälert wurde. Die Dividende beträgt 4 %. Die Frankfurter Bierbrauerei⸗Gesellschaft vorm. Heinrich Henninger u. Söhne, Frankfurt a. M., verkaufte 205 603,38 hl. Bier gegen 198 882,04 hl im Vorjahre. Das Bruttoergebnis, das durch die gegen das Vorjahr nicht unwesentlich höheren Hopfenpreise etwas beeinträchtigt wurde, beträgt 785 510,34 ℳ, der Reingewinn beläuft sich auf 523 605,350 Die Dividende beträgt 9 %. Die Löwenbrauerei vorm. Peter Overbeck in Dortmund erzielte bei einem Bierabsatz von 91 497 hl gegen 94 834 hl des Vorjahres einen Betriebsüberschuß von 354 779,87 (364 680,13 ℳ). Der Reingewinn beträgt 284 568,70 ℳ, hiervon sollen 12 % Dividende (wie im Vorjahre) verteilt werden. Gerste und Malz sowohl, wie auch Hopfen erfordern für das begonnene Geschäftsjahr nicht unwesentlich höhere Ausgaben; bei günstiger Weiterentwickelung des Absatzes hofft die Gesellschaft wieder auf einen befriedigenden Abschluß. Bei der Danziger Aktien⸗Bierbrauerei Danzig steigerte sich der Ausstoß in dem am 30. September 1904 abgelaufenen Geschäͤfts⸗ jahre auf 86 150 hl (gegen 78 679 hl im Vorjahre). Trotzdem war das Resultat ungünstiger, denn der Reingewinn beläuft sich nur auf 121 308,26 (gegen 158 324,70 im Vorjahre). Der Ausfall ist durch die wesentlich höheren Preise für Gerste, besonders aber für opfen, hervorgerufen, und dann hat auch die in Danzig und irn oppot eingeführte Biersteuer, die die Gesellschaft auf ihre Abnehmer nicht abwälzen konnte, zu diesem Ergebnis viel beigetragen. Die Direktion empfiehlt die Verteilung einer Dividende von 6 %. Die Aktien⸗Bierbrauerei Marienthal hat infolge de über die Brauereien Hamburgs verhängt gewesenen Bopkotts de Absatz des Vorjahres nicht erreicht. Teils hierdurch, teils durch höhere Abschreibungen und Mehrausgaben für Hopfen weist die Be⸗ triebsabrechnung ein gegen die Vorjahre geringeres Ergebnis auf, sodaß nur eine Dividende von 8 % zur Verteilung in Vorschlag ge⸗ bracht werden kann. Die außerordentliche Generalversammlung des Schlesischen Bankvereins in Breslau genehmigte, laut Meldung des

gen ie

3,64 hl gegen 33 966,15 hl im

produziert:

„W. T. B.“, die Erhöhung des Kommanditkapitals um drei Millionen. Die neuen Anteile nehmen an der Dividende vom 1. Januar 1905 teil und werden den alten Aktionären, soweit sie nicht durch die be⸗ stehenden Gründerrechte in Anspruch genommen werden, zu 133 % .”. angeboten, daß auf 10 500 alte Anteile ein neuer zu 1000 entfällt.

Vertreter einer Reihe von Vereinen der weiter ver⸗ arbeitenden Industrien waren, laut Meldung der „Kölnischen Ztg.“, am 7. d. M. in Cöln zu einer Vorbesprechung versammelt, in der folgender Beschluß gefaßt wurde: Die Versammlung bringt einstimmig zum Ausdruck, daß die Verhältnisse in der Eisen⸗ und Stahlindustrie sich zu Gunsten der Hersteller der Rohstoffe und Halb⸗