1917 / 225 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Sep 1917 18:00:01 GMT) scan diff

Anuf Grund der Verordnungen, betreffend die zwangs⸗ weise Verwaltung französischer Unternehmungen, vom 26 November 1914 (RGBl. S. 487) und 10. Februar 1916 (RGBl. S 89) ist nach Zustimmung des Herrn Reichs⸗ kanzlers über die Beteiligung des französischen Staatsange⸗ hörigen Louis Roger in Jarnac b. Cognac an der Cognac⸗ firma Jules Duret u. Co. in Iserlohn die Zwangsverwaltung angeordnet (Verwalter: Rechtsanwalt und Notar Scholz in Iserlohn, Gerichtsstr. 11).

Berlin, den 17. September 1917. Der Minister für Handel und Gewerbe.

Bekanntmachung.

M

Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 zur Fernhaltung unzuv rlä siger Personen vom Handel (RGBl. S. 603) habe ich dem Schankwirt Franz Deja, Zelterstraße Nr. 2, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegen⸗ ständen des täglichen Bedarfs, insbesondere die Abgabe von Speisen und Getränken in Gastwirtschaften, wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.

Berlin⸗Schöneberg, den 7. September 1917.

Der Polizeipräsident zu Berlin. Kriegswucheramt. J. V.: Machati

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundesratsveroꝛdnung vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) habe ich dem Schlächtermeister Paul Köhler, Berlin, Putbuseistr. 39, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbe⸗ sondere mit Fleisch und Fleischwaren, wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt. Der Polizespräsident zu Berlin. Kriegswucheramt. J. V.: Machatius

Bekanntmachung.

Dem Händler Georg Wilmer in Kebrberg habe ich die Erlaubnis zum Handel mit Getreide, Obst und Gemüse sowie je e mittelbare oder unmittelbate Beteiligung an einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diese Handels⸗ betriebe untersagt.

Kyr tz, den 15. September 1917.

Der Landrat. von Winterfeld

Bekanntmachung.

DOem Händler Karl Mosolf und der Hande sfrau Ernestine

Mofolf, geb. Rüsch, beide in Wittstock wohnbaft, habe ich den

Handel mit Obst und Gemüse sowie jede mittelbare oder un⸗

mittelbare Beteiligung an einem solchen Handel wegen Unzuver⸗ lässigkeit in bezug auf diese Handelsbetrtebe untersagt. Kyritz, den 17. September 1917. 8 Der Landrat. von Winterfeld.

Bekanntmachung.

Auf Grund des § 1 der Bundesratsbekanntmachung vom 23. September 1915 zur Fernbaltung unzuverlässiger Personen vom Handel (RSBl. S. 603) habe ich bem Gemüsehäudler Rudolf Funk und seiner Ehefrau Hedwig Funk, geb. Penn, in Schwedt, Vierradenerstr. 12, den Handel mit Nahrungs⸗ mitteln aller Art, insbesondere mit Obst und Gemüse, und jede Betätigung in diesem Handelebetrieb mit dem heutigen Tage wegen Unzuverlässigkeit untersagt.

Angermünde, den 20. September 1917.

Der kommissarische Landrat. Frhr. von Erffa. Bekanntmachung. Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915, ketre ffend die Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel (RSGBl. S. 603), haben wir dem Zuckerwarengroßhäudler Gusta p Brachmann in Dortmund, Dresdener Straße 51, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Lebensmitteln aller Art, insbesondere auch den Dandel mit Zuckerwaren und ähnlichen Artikeln, wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Hanbelsbetrieb untersagt. Die durch das Veifahren verursachten baren Auslagen, insbesondere die Kosten der amtlichen Bekanntmachung, sind von dem Betroffenen zu erstatten. 86 Dortmund, den 5. September 1917. Lebensmitte polizeiamt. J. A.: Schwarz.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich 8 Preußen. Berlin, 21. September 1917. 1

In der am 20. September unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Reichsschatzamts Grafen von Roedern abgehaltenen Vollsitzung des Bundes⸗ rats wurde dem Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Fest⸗ stellung eines zweiten Nachtrags zum Reichshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1917, die Zustimmung erteilt. Zur Annahme gelangten ferner der Entwurf einer vierten Ergänzung des Besoldungsgesetzes, der Entwurf einer Bekanntmachung über die Geltendmachung von Ansprüchen von Personen, die im Aus⸗ land ihren Wohnsitz haben, der Entwurf einer Bekanntmachung, be⸗ treffend die Fristen des Wechsel⸗ und Scheckrechts in Elsaß⸗ Lothringen, und der Entwurf von Bestimmungen über die Verwendung von Reichsmitteln für Zwecke der sozialen Kriegs⸗ invalidenfürsorge. Demnächst wurde über die Gewährung von Beihilfen an Gemeinden für Kriegswohlfahrtspflege und für Erwerbslosenfürsorge in der Textilindustrie Beschluß gefaßt.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.

8

Oesterreich⸗Ungarn.

Die österreichische Regierung hat gestern im Abgeord⸗ netenhause einen Gesetzentwurf über Fürsorgeerziehung, ferner einen Gesetzentwurf über Jugendstrafrecht und einen über Tilgung von Verurteilungen eingebracht. 8

S—

Frankreich.

In Ergänzung des gestrigen Berichts über die Sitzung der Abgeordnetenkammer, in der über die allgemeine Politik der Regierung verhandelt wurde, melden die Lyoner Blätter noch folgendes: 1

Der Avpg. Lemery erklärte, man müsse Painleré dafür danken, daß er den Tir pyen einen Generalissimus gegeben habe, der ihnen Ver⸗ trauen en flöße, aber dieser Führer jöane nicht alle Faktoren nicht zein militärischer Art, wie beispielsweise den U⸗Bootekrieg, beherrschen. Er könne auch nicht die Tragweite der russischen Revolution und des Eingreifens der Vereinigten Staaten erkennen. Die russische Uoordnung mache Fraakreich einen sofortigen Sieg un⸗ möalich. Im letzten Winter babe der Generalstab keine Jahres⸗ klassen freilassen wollen, um die zahlenmäßige Ueberlegenheit von 40 Prozent über den Gegner zu behalten. Die f. anzösische Offensive vor Verdun hätte wahrschemlich nicht stattgefunden, wenn der Gene⸗ ralissimus gewaßt hätte, welchen Ausfall das Erträgnis der diee⸗ jährigen Ernte infolge Mangels an landwirtschaftlichen Arbeitern auf⸗ weisen würde. Die jevige Kriegsformel laute „Blockade“. Im jetzigen Kriege werde keine Armee vernichtet, solange ein Land sie ernähren und verprovtantieren könne. Wenn das Land nachgebe, werde auch die Armee nachgeben. Mit Kohlen, Brot und Granaten könne man dem Feinde Widerstand leisten, auch wenn er um weitere 50 Kilometer vorrücken sollte. Es sei dringend nota endig, 300 000 Mann für land⸗ wirtschaftliche Arbeiten freizulassen. Der Abg. Brunet erklärte, man dürfe vom Frieden nur dann sprechen, wenn man nicht erschöpft und entmutigt sei. Die P pyirole sei von D utschland inspiriert gewesen. Der Abg. Groussans erwioerte heftig, das sei unwahr, die Papstnote sei das Gegenteil der deutschen Friedensvorschläge. Der Abg. Renaudel beglückwünschte Painlevé, daß er nur von Elsaß⸗Lothringen, nicht aber vom linken Rheinufer gesprochen habe. Der Abg. Bruner forderte, Frankreich solle dem Papste seine Friedensliebe darlegen. Der Abg. Beret erklärte, die Verprovian⸗ tierung Frankreichs werde immer schwieriger. In diesem Jahre habe man einen Augfall von 48 Mtllionen Doppelzentnern Ge⸗ treide. Der Redner bezweifelte, raß die Regierung den Ausfall durch Einfuhren decken könne. Im Vorjarre habe man kaum 2 ½ Millionen Doppelzentner einführen können. Wie werde es beuer angesichts des verschäften U⸗Bootekrieges gehen. Die Reden Painlev 68 und Ribots wurden häufig unterbrochtn. Brizon rief am Ende der Rede Painlevés: „Das alles hat Briand uns auch ge⸗ sagt!“ Zum Schluß erklärte Renaudel, die Soözialisten hätten nicht aus Antipathte an dem Kabinett nicht teil⸗ genommer. Die Soztalisten wollten wissen, ob das Pro⸗ gramm des Kabinetts demjenigen der Sozlalisten entspreche. Ribot sei weniger weit gegangen als Painler6. Es scheine, daß Patnlevé jetzt nicht sogen wolle, welches die Kriegsziele Frankreichs seien. Ob man denn abwarten müsse, bis Deutschland militärtsch zerschmettert set, um die Bedingungen des Rechtes bekanntzugeben, wenn man nicht einmal wisse, ob Deutschland sie annehmen verde. (Lebhafte Bewegung und Rufe im Zeutrum und auf der Rechten.) Die ministerselle Krise sei ersolgt, weil das Volksgefühl eine kräftigere Kriegsführung forderte. Der Kriegsausschuß Pain⸗ levés entspreche den Zeiterfordernissen nicht; es bestehe aus lauter alten Männern, deren Verdienst et sei, sich in Fiiedenszeiten Ministerpontefeuilles in die Hand gespielt zu haden. Renaudel ver⸗ langte sovann von Painleré, er solle sein Versprechen aus der letzten Gebeimsitzung halten. Seine Erklärung mache nicht den Eindruck, daß die Regierung tatkräftig sei. Die Sohzialisten würden sich der Abstimmung enthalten, nicht um die Regierung zu stürzen, sondern um abzuwarten. Bei der Abstimmung über die Tagesordnung ent⸗ hielten sich 160 bis 170 Sozialisten der Stimmabgabe, mit Ausnahme von Batly und Lamaudin, sowie etwa 60 radikale Sozialisten.

Nach Meldungen der „Petersburger Telegraphenagentur“

8 die Regierung das Entlassungsgesuch des Ministers des

nnern Avksentiew und des Arbeitsministers Skobeleff

angenommen und an Stelle des aus Gesundheitsrücksichten

zurückgetretenen Generalgouverneurs von Finnland Stachowitsch

den früheren Vizepräsidenten des Ministerrats Nekrasow zum Generalgouverneur ernannt.

Einer Reutermeldung zufolge ist jetzt beschlossen worden, Kornilow vor ein Kriegsgericht zu bringen, dem eine Jury beigegeben wird, und ferner auf Verlangen des Arbeiter⸗ und Soldatenrats, daß der Prozeß nicht in St. Petersburg, sondern in der Frontzone stattfinden soll.

Entgegen dem Befehle Kerenskis, die Ausschüsse für die öffentliche Wohlfahrt, die sich gelegentlich der Auf⸗ standsbewegung Kornilows gebildet hatten, zu unterdrücken, faßte der große Ausschuß für den nationalen Kampf gegen die gegenrevolutionären Versuche bei dem Arbeiter⸗ und Soldatenrat eine Entschließung, in der die nützliche und vater⸗ ländische Tätigkeit dieser Ausschüsse festgestellt wird und sie aufgefordert werden, sich nicht aufzulösen, sondern ihre Tätigkeit in enger Verbindung mit ihm fortzusetzen.

Die vom Arbeiter⸗ und Soldatenrat auf den 25. Sep⸗ tember nach St. Petersburg berufene Demokratische Ver⸗ sammlung, die die Frage der Bildung und einer fest ge⸗ gründeten, starken Staatsgewalt entscheiden soll, wird in der Presse und in politischen Kreisen lebhaft besprochen; die Meinungen gehen weit auseinander und sind häufig ziemlich ablehnend. Amtliche Kreise lassen der „Petersburger Tele⸗ graphenagentur“ zufolge merken, daß die Demokratische Ver⸗ sammlung in keiner Weise unter demselben Gesichtspunkte an⸗ gesehen werden und dieselbe Wichtigkeit haben könne, wie die große Statsversammlung in Moskau, die durch die Regierung berufen und gemäß ihrem Programm gehalten worden sei; deshalb habe das Ministerium an ihr teilgenommen und ge⸗ glaubt, sich vor den Vertretern aller lebendigen Kräfte des russischen Volkes über die Lage des Landes und die Politik der Regierung aussprechen zu sollen. Die Demokratische Ver⸗ sammlung in St. Petersburg sei dagegen vom Arbeiter⸗ und Soldatenrat berufen, die Regierung sei daran unbeteiligt und somit nicht verpflichtet, an ihr teilzunehmen. Die Besprechungen in der bürgerlichen Presse sind natürlich wenig günstig, aber auch den sozialistischen Zeitungen scheint der Ge⸗ danke dieser Versammlung nicht sehr sympathisch zu sein.

Der Hauptausschuß der Kadettenpartei hat eine Entschließung angenommen, die die Mitglieder der Partei auf⸗ fordert, sich jeder Teilnahme an der Demobkratischen Versammlung zu enthalten. Als Grund für die Ent⸗ haltung wird angegeben, daß die Versammlung nur eine einzige politische Strömung des Landes vertrete und infolgedessen weder ein politisches Organ von Einfluß bilden noch die schwierige Lage, in der sich das Land befinde, mildern könne.

Die der Gruppe der revolutionären sozialistischen Mini⸗ malisten und Antizimmerwaldianer angehörenden Mit⸗ glieder des Hauptvollzugsausschusses des Arbeiter⸗ und Soldaten⸗ rats haben einen Aufruf veröffentlicht, in dem es obiger Quelle zufolge heißt:

Der Grundsatz der revolutionären Demokratie, der die Re⸗ gierungsgewalt auf der inneren Verelnigung begründet, ist verletzt. Ein letzter Versuch, eine Vereintgung zu bilden, begegnete dem Wider⸗ stande der verautwortlichen Organe der Demokratte. Die Ver⸗

zu klären.

leugnung der Vereinigung hat tiefe Erschütterungen hervorgerufen. Ein rein sozialistisches oder ein rein bürgerliches Kabinett wird außer⸗ stande sein, die Verteidigung zu organsteren und eine wirtschaftliche Zerrüttung zu vermeiden. Falls die Demokratische Versomwlorg emn rein sozialistisches Kabinett schaffen wurde, so würde das Erpebnis die Mobilmachung aller gegenrevolutionären Kräfte sein.

Der Aufruf schließt mit der Aufforderung, sich auf der Demokratischen Versammlung zu einem Block zusammen⸗ zuschl ießen, um Rußland einen Bürgerkrieg zu ersparen.

Die Militärversammlung der Abgeordneten der Kosakentruppen in Nowotscherkaste, an der auch Vertreter der Arbeiter⸗ und Soldatenräte und der Gemeinderäte von Moskau und anderen Städten Zentralrußlands teil⸗ nahmen, wurde von dem Vizehetman Bogajewsky mit einer Rede eröffnet, in der er sich über die Vorkommnisse der letzten Zeit sowie über die Beweggründe äußerte, die Kaledins Rund⸗ reise im Dongebiet und den Verhaftungsbefehl gegen ihn veranlaßten. Bogajewsky erklärte, die Kosaken leisteten der Regierung treue Gefolgschaft und beab⸗ sichtigten, mit ihr zusammenzuarbeiten. Er bedauerte es, daß man einen Feldzug gegen die Bestrebungen der Kosaken nach der demokratischen Gewalt ins Werk gesetzt habe, und daß die maßgebenden Stellen über alles, was am Don geschehen sei, schlecht unterrichtet seien. Dunkle Mächte, häufig vielleicht deutsche Agenten, hätten den Nutzen davon für ihre Aus⸗ streuungen. Bogajewsky verlas hierauf den Tätigkeitsbericht der örtlichen Verwaltung der Kosaken und wies energisch alle Beschuldigungen gegenrevolutionärer Bestrebungen, wie sie gegen die Kosaken erhoben worden seien, zurück.

Vorgestern haben Vertreter des Arbeiter⸗ und Soldaten⸗ rates telephonisch Verhandlungen mit dem Stellvertretenden Bogajewsky begonnen, um die Beziehungen der

egierung zu der örtlichen Selbstverwaltung der Kosaken Sie stellten folgende Forderungen: 1) Die kosakische Selbstverwaltung spll erklären, daß die Kosaken der Einstweiligen Regierung tréu bleiben. 2) Alle Bewegungen von Kosakentruppen ohne ent⸗ sprechenden Befehl der Regierung sind sofort einzustellen. 3) Ueber die Angelegenbeit des Hetmans, Generals Kaledin, soll sofort eine Untersuchung eröffnet werden; er soll zugleich darein willigen, mit seinen Gesinnungsgenossen vor Gericht zu erscheinen. 8

Daraufhin erklärte Bogasewsky, daß zu dem ersten Punkt eine neue Bestätigung unnötig sei, ferner, daß die Kosaken⸗ truppen keine derartigen Bewegungen gemacht hätten und daß sie den Vorschlag, Kaledin vor Gericht zu stellen, annähmen, aber unter der Bedingung, daß ihre Vertreter an dem Gericht teilnehmen. Die Besprechungen endeten mit einer Ueberein⸗ kunft, nach der Vertreter vom Don nach St. Petersburg und umgekehrt entsandt werden sollen.

Der außerordentliche kurländische Landtag hat, wie „Wolffs Telegraphisches Büro“ meldet, folgenden Beschluß über die Bildung einer allgemeinen Landesversamm⸗ lung gefaßt:

Zur Beratung und Beschlußfassung über allgemeine Landesfragen soll eine allständische, von Vertretern des Großorundbesitzes, der kur⸗ ländischen Ritterschaft, der städtischen Einwohnerschaft, der Geistlich⸗ keit und des n regsbe⸗ gebildete Versammlung in Mitau unter dem Präsidium des Landbotenmarschalls des außerordentlichen Landtags der kurländischen Ritter⸗ und Landschaft einmal zusammen⸗ treten. Die Zahl der Abgeordneten soll 80 betragen, und zwar 27 aus dem Großgrundbesitz, 4 aus der kurländischen Ritterschaft, 5 aus der Geistlichkeit, 17 aus der städtischen Einwohnerschaft

und 27 aus dem Kleingrundbesitz.

C16 Schweden. 4 161 9 Die Mitteilung über die von dem amerikanischen Staat

departement veröffentlicten Telegramme des Grafen Luxburg hat die Regierung nach einer vom „Svenska Telegrambyran“ verbreiteten amtlichen Meldung am 10. Sep⸗ tember veranlaßt, durch den schwedischen Gesandten in Berlin anzufragen, ob es richtig sei, daß die veröffentlichten Telegramme vom deutschen Geschäftsträger in Buenos Aires abgesandt und vom Auswärtigen Amt in Berlin empfangen worden seien. Nach⸗

dem die Antwort eingegangen war, wurde der schwedische Gesandte

in Berlin am 15. September beauftragt, unter Hervorhebung, daß als festgestellt angesehen werden müsse, daß eine deutsche Be⸗ hörde in besonders ernster Weise das schwedischerseits erwiesene Vertrauen mißbraucht habe, bestimmten Einspruch der schwedi⸗ schen Regierung anläßlich des Vorfalls zu erheben. Die am 17. September veröffentlichte, vom deutschen Gesandten in Stockholm dem Minister des Aeußern gegenüber gemachte Mitteilung steht mit dem schwedischen Einspruch nicht in Zu⸗ sammenhang.

Wie hieraus ersichtlich, hat die deutsche Regierung der schwedischen ihr Bedauern aus eigenem Antrieb ausgesprochen, ohne erst den schwedischen Einspruch abzuwarten.

8 . Türkei.

Die Jahresversammlung der Partei für Einheit und Fortschritt wurde vorgestern unter Vorsitz des Groß⸗ wesirs Talaat Pascha mit einer kurzen Ansprache eröffnet, in der er darauf hinwies, daß die Jahresversammlungen der Partei bisher inmitten von Krisen aller Art abgehalten wurden, daß aber trotzdem die jeweils gefaßten Beschlüsse zum Gedeihen des Landes beigetragen hätten. Der Großwesir sprach die Hoff⸗ nung aus, daß auch die Beratungen der gegenwärtigen Ver⸗ sammlung einen wichtigen Antrieb zum Wohle der Nation be⸗ deuten werden. Hierauf verlas der Generalsekretär der Partei Midhat Schükri Bey den Jahresbericht, aus dem laut Uerchasge ge „Telegraphenagentur Milli“ folgendes hervor⸗ zuheben ist:

„Die beutige Versammlung wird inmitten der durch den Keig bervorgerufenen Nöte eröffnet. Es liegt auf der Hand, daß ein drei⸗ jäbriger Krieg Entbehrungen für ein Land mit sich bringen muß, dessen sozlale Organisation und Verkehrsmittel nicht ausgebaut waren. Diese Enrbehrungen werden naturgemäß eine gewisse Bitterkeit in der Bevölkerung hervorrufen. Im Jahresbericht 1916 haben wir gesagt, daß dieser Krieg für uns ein Kampf für Besreiung sowie zur Bebebung politischer und wirtschaftlicher Mängel ist, die eine lange Vergangenheit unserer nationaien Entwicklung angehäuft hat. Ces ist demnach unsere Pflicht, unser Blut bis zum letzten Tropfen zu vergießen. Die allgemeine Kriegslage gestaltet sich immer günstiger für die Grupype unserer Verbuündeten, was unsere Ueber⸗ zeugung stärkt, daß das Ende des Krieges unsere ursprünglichen Ziele und Vorsätze verwirklichen wird, und deshalb darf man unsere Ar⸗ strengungen, welchen Umfang sie auch annehmen mögen, nicht für übertrieben halten. Dank seiner Uebermacht und seiner weitgehenden Vorberetsungen vermechte der Feind auf eiver üͤber Tausende von Kilometern ausgedehnten Front in einige Teile unseres geheiligten Gebietes einzudringen. Aber die unerschüͤnerliche Festigkeit und der Heldenmut unser’r Armee gestatten uns die sichere Hoffnung, daß die Verluste demnächst wieder gutgemacht werden.“

111“*“; * 1 1“

ericht geht hierauf zur Besprechung der russischen Revo Der Beöicer aus, daß auf den Trümmern 8.e Urigmus eine revolutionaͤre Reglerung gegründet worden ist, die die Frer ischen Reiches darstellte, aufgegeben zu haben schien, wesbald 6. mit Svmpathie aufgenommen worden sei. „Da unsere Mäckte⸗ sie ppe,“ heißt es in dem Bericht weiter, an dem Kriege mit dem be⸗ Fendagen Zäele, ihre natürlichen uvd nationalen Rechte zu ver⸗ läateen, feilnahm, war sie der Ansicht, daß es gegenüber einer Regerung, die diese Rechte achtet, unnütz sei, weiteres Blut zu ver⸗ ven. Sie hat deshalb ihre menschenfreundlich⸗ Gesinnung dadurch daß sie sich zum Eintritt in Friedensverhandlungen bereit ¹Aber die englische Autokratie wußte die Russen von dem Wege, den sie zu beschreiren sich vorgesetzt hatten, abzulenken, und unser menschenfreundlicher Vorschlag wurde mit Waffenlärm bantwortet. Der Umstand, daß unsere Feinde unter Anwendung von Bestechung und selbst von Druck die großen und kleinen benachbarten und entfernten Nationen gegen uns in den Krieg zu bezen versuchen, vewest zur Genüge, daß sie sich ohnmächtig füblen, uns mit den Paffen zu bezwingen, weil ihre gewaltige Macht jener Eiaigkeit nlbehrt, die im Schoße unserer Mächtegruppe vorhanden ist. Dank dieser Uebereinstimmung wurden die auf der Grundlage der Gegenseitig⸗ nit mit Deutschland abgeschlossenen Verträge vom Deutschen Reichstag glänend aufgenommen uno ohne Beratung angenommer. Die Unter⸗ dordlangen mit Oesterreich⸗Ungarn bezüglich ähnlicher Verträge stehen nahe vor ihrem Abschluß. In logischer Durchführung des von urseter Mächregruppe verfolgten Grundsatzes der gegenseitigen Hilfe⸗ destuns, so fährt der Bericht fort, haben wir unsere Soldaten an die tonten nach Mazedeni n, Rumänien und Rußland entsandt, wo sie 9 der Vernichtung der russischen und rumänischen Armeen, bet der Einnabme von Bukarest und in Galtzien tretz der ungünstigen limatskes Iere ache. ungewohnten Geländeschwierigkeiten ttvolle Dienste geleistet haben. 6 Der Bericht bespricht hierauf den Einfluß des Krieges auf die aͤlgemeine Verpflegung und betont, raß die gewonnenen Erfahrungen d nolwendig ersch inen ließen, die gesamte Verrflegung der Armee und der Zivilbevölkerung in einer Hand zu vereinigen, zu welchem Ende die den Feriecs nnghsterths angegliederte allgemeine Verpflegungs⸗ eintrale geschaffen wurde. 8 Bei der Erörterung der finanziellen, wirtschaftlichen, soztalen und mnterrichtsmaßnahmen hebt der Bericht hervor, daß die Bank für nationalen Kredit mit einem vom Lande aufgebrachten Kapital von „Millionen und 40 Aktiengesellschaften mit einem solchen von 7 bis Millionen gegründet wurden. Zur Bekämpfung von Epidemien und von in eirzelnen Gegenden berrschenden Krankheiten wurden Maß⸗ nahmen jechnischer und sozialer Art getroffen, denen das Aufbören der öpidemten zu danken ist. Die Anstalten und das Material der fentlichen Hygtene wurden ausgestaltet. Die Hebung des Ackerbaus wude durch Einfuhr moderner landwirtschaftlicher Maschinen und Arbeitsbehelfe auf eine brette Grundlage gestellt. Zur Hebang der nationalen Industrie wurden in der Provinz Studien angestellt. Zur Behebung des Schiffsraummangels in der Handels⸗ shifahrt wurde die Erlaubnis erteilt, das für den Schiffbau not⸗ wendige Holz ohne Entgelt zu fällen. Die Ausbeutung der Gruben purde durch den Krieg nicht eingeschränk. Mehrfach wurden Schürf⸗ uchte und Konzessionen verltehen. Für das Erzoebiet von Eregli vurden Bergbauingenieure und Inspektoren bestellt und der Betieb geregelt. Die Entwicklung des höheren Schulwesens uümmt den vorgesehenen Verlauf. Im Laufe dieses Jabres vurde ein Baugrund für die Errichtung einer großen modernen Universität erwordern. Aus verschiedenen Landesgebielen vunden junge Leute zur Volleneung ihter Studien nach Europa ge⸗ stict und mehr als 500 Kriegewaisen befinden sich in europäi chen fabriken zur Erlernung von Handwerk. Auch die Ausgestaltung der Rechtepflege bildet einen wesentlichen Bestandteil der in An⸗ uift genemmenen Reform. Die Strafrechtspfle'ge wird reorga⸗ sjet. Da die bürgerliche Gesetzgebung den geg'nwärtigen Ferürfnissen nicht mehr entspiicht, betraule der bereits einge⸗ tze Ausschuß für die Kodifijierung des Zrvilrechts einen Uꝛerausschuß mit dem Studium der Durchfübrungsvorschriften des neuen Gesetzes. Neben diesen Studien werden Gesetzentwürfe fir eine weitere Verbesserung und Modernisierung der Rechtepflege ausgearbeitet. Nach Ungarn und Bulaarien wurden Übordnungen zum Studium der Kommunalorganisation und der Volkezählung entsendet. Auf Grund der Arbeiten dieser Abordnungen vird die Regierung der Kammer Gesetentwürfe, betreffend das Ge⸗ meindewesen und eine allgemeinge Voltszählung, unterbreiten. Zur Schaffung eines Statistischen Amts wird ein Fachmann aus Deutsch⸗ land berufen werden. Der Bericht zählt schließlich die wähtend des Arlegey in Angriff genommenen bezw. ausgeführten Straßer⸗ und Ge en auf und entwickelt einen allgemetnen Plan für eitere Bauten.

Nach Verlesung des Berichts wurde zur Wahl des Büros der VLersammlung geschritten. Der Großwesir Talaat Pascha vurde zum Präsidenten, Midhat Schükri Bey und Hussein dschahid wurden zu Vizepräsidenten gewählt.

Amerika.

Der amerikanische Senator Lewis hat in Philadelphia eine bemerkenswerte Rede gehalten, in der er laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ sagte:

Die bedeutendsten milltärischen Sachve ständigen der Welt, soweit se nicht „unter fremdem Einflusse“ stuüͤnden, bälten erklärt, daß die limpsenden Heere den Krieg nicht zur Entscheidung bringen würden. Auch das Eingreifen Amerikas könne diese Tatsache nscht ändern. Amerkka werde niemals imstande sein, eine Truppenmasse nach Euopa zu entsenden, die dort den Ausschlag geben könnte. Aus den englischen Verlustlisten gehe he vor, daß ein eventueller Transport von 20 30 000 Mann in 4 bis 6 Tagen aufgerteben sem würde. Cs sei frevelbaft, trotz dieser Erkenntnis den Krieg fortzusetzen. Warum die j tzigen Machthaber Amer ka in den Krieg getrieben dätten, sei se ner Ansicht nach nicht ersichtlich. Sie würden die Ver⸗ amwortung dafür zu trogen haben. Pflicht eines jeden Friedens⸗ antängers sei es aber, mit allen Mitteln für den Frleden zu kämpfen.

Der argentinische Senat hat einer Reutermeldung zufolge mit 23 gegen eine Stimme den Abbruch der diplo⸗ matischen Beziehungen zu Deutschland beschlossen. Die Entschließung werde der Abgeordnetenkammer vorgelegt werden. Die öffentliche Meinung sei stark zugunsten ihrer endgültigen

nnahme. Eine Bestätigung dieser Reutermeldung liegt, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, amtlicherseits nicht vor.

RKriegsnachrichten.

Berlin, 20. September, Abends. (W. T. B.)

Die Schlacht in Flandern ist auf der Angriffsfront

v egländer 19 bis Hollebeke noch in ange.

N Im vordersten Teil unserer Abwehrzone wird seit dem

orgen erbittert und wechselvoll gekämpft. 88

88

In Flandern hat sich die gesteigerte Kampftätigkeit der then Tage zu einem englischen Angriff verdichtet. 8 Feuer lag den ganzen 19. September über mit ĩr krordentlicher Heftigkeit auf den deutschen Stellungen. 8g. am frühen Morgen, um 11 Uhr Vormittags und

5 Uhr Nachmittags steigerte es sich zum Trommelfeuer.

11“

Dem morgendlichen Trommelfeuer in Gegend St. Julien

folgte der zweimalige Angriff mehrerer Bataillone, die beide

sner Eroberung, die einen Anschlag auf die Eristen, des Male abgewiesen wurden.

gestellter Angriff kam im deutschen Vernichtungsfeuer nicht zur

Ein in Gegend Langemarck bereit⸗

Entwicklung. Am Nachmittag wurden starke englische Stoß⸗ trupps, die mit einem Tank hart südlich der Straße Ypern Menin vorgingen, durch Abwehrfeuer zerstreut. Der Tank wurde durch Volltreffer zerstört. Am Abend sah man wiederum auf der Straße Ypern Menin Tanks vorgehen, die unter Feuer genommen wurden. Gleichzeitig nebelten die Eng⸗ länder die deutschen Stellungen von St. Julien bis Lange⸗ marck ein. Das starke Feuer hielt die ganze Nacht hindurch an. Um 5 Uhr 30 früh steigerte es sich von Langemarck bis zum Kanal Mvern- Houthen zum stärksten Trommelfeuer. Kurz darauf brach die englische Infanterie auf breiter Front zum Angriff vor. Der Kampf ist in vollem Gange. Auch an der übrigen englischen Front steigerte sich das Feuer teil⸗ weise zu größerer Stärke. Im Artois wurde ein englischer Fesselballon heruntergeschossen. Bei St. Quentin wurden mehrfach vorfühlende feindliche Patrouillen abgewiesen.

An der Aisnefront nördlich Reims und in der Champagne kam es tootz lebhafterem Feuer lediglich zu Gefechten mit starken feindlichen Patrouillen, die abgewiesen wurden. In Gegend Braye brachte eine deutsche Patrouille 11 Gefangene ein. Auch zwischen Aisne und Bermericourt wurden Gefangene gemacht.

An der Verdunfront griffen die Franzosen wiederum,

trotz der am 18. erlittenen furchtbaren Verluste, mit starken

Kräften beiderseits der Höhe 344 an. Der Angriff wurde frühzeitig erkannt und unter vernichtendes Abwehrfeuer ge⸗ nommen. Die französischen Sturmwellen brachen überall zu⸗ sammen. An keiner Stelle erreichten sie die deutschen Linien. Um 8 Uhr Abends erneuerten die Franzosen den Angriff mit dem gleichen Mißerfolg. Auch im Chaume⸗Walde wurde ein französischer Stoßtrupp abgewiesen. Der Luftkampf war rege. Außer den im Heeresbericht als abgeschossen gemeldeten feind⸗ lichen Flugzeugen wurde noch ein französischer Fesselballon zum Absturz gebracht.

——

Großes Hauptquartier, 21. September.

Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.

Die unter Führung des Generals der Infanterie Sixt von Armin kämpfenden Truppen der 4. Armee haben den ersten Tag der dritten Schlacht in Flandern erfolg⸗ reich bestanden. .

Deutete bereits die Feuerwirkung der letzten Tage auf eine große Kraftanspannung der Engländer hin, so bildete doch der Einsatz und die Zusammenfassung der am 20. September vom Feinde verwendeten Kampfmittel auf einer Front von rund 12 Kilometer ein Höchstmaß.

Hinter der gewaltigen Welle stärksten Trommelfeuers aus Geschützen und Minenwerfern aller Kaliber traten Morgens in engen Angriffsstreifen zwischen Langemarck und Hollebeke mindestens 9 britische Divisionen, dabei mehrere australische, vielfach durch Panzerkraftwagen und Flammenwerfer unterstützt, zum Sturm an.

Der Angriff führte den Feind nach hin⸗ und herwogendem Kampf bis zu 1 km tief in unsere Abwehrzone hinein; auf Passchendaele und Cheluvelt zu drang der Gegner zeit⸗ weise weiter vor. b

Westlich von Passchendaele drängte ihn unser Gegenangriff zurück, nördlich der Straße Menin Npern blieb ein Teil des Geländes in seiner Hand. In allen anderen Abschnittendes Schlacht⸗ feldes wurden die Engländer unter den schwersten Ver⸗ lusten bis zum Spätnachmittag durch zähes, heldenmütiges Ringen unserer Truppen in das Trichterfeld unseres Kampfstreifens zurückgeworfen, über das hinaus Abends neu ins Feuer geführte Verstärkungen des Feindes nichts mehr an Boden zu gewinnen vermochten. Die in der Kampfzone liegenden Ortschaften sind sämtlich in unserem Besitz.

Heute morgen haben die Engländer den Kampf bisher nicht wieder aufgenommen.

Wie in den srüheren Schlachten in Flandern haben Führung und Truppen das Höchste geleistet.

Bei den anderen Armeen der Westfront, im Osten und auf dem Balkan keine besonderen Ereignisse.

Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

(W. T. B.)

8 Oesterreichisch⸗ungarischer Bericht. Wien, 20. September. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet:

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Bei Arbora in der Bukowina versuchten die Russen nach stärkerer Artillerievorbereitung vorzustoßen, unser Feuer zersprengte die Angriffstruppen und zwang sie zur Rückkehr in ihre Ausgangsgräben.

Italienischer Kriegsschauplatz.

Ein gegen den Monte San Gabriele ohne Feuervor⸗ bereitung angesetzter italienischer Angriff kam in unserem Feuer zum Stehen. Am Colbricon versuchte der Feind nach einer Minensprengung anzugreifen, wurde aber schon in der Bereit⸗ stellung wirksam gefaßt. Die Zahl der bei Carzano einge⸗ brachten Gefangenen ist auf 11 Offiziere und 516 Mann

gestiegen. Südöstlicher Kriegsschauplatz. Keine Ereignisse. Der Chef des Generalstabes.

Gulgarischer Bericht. Sofia, 19. September. (W. T. B.) Generalstabsbericht

vom 19. September.

Mazedonische Front. Zwischen dem Ohrida⸗See und dem Presba⸗See und nörolich von Bitolia zeitweilig aussetzendes Trommelfeuer. Oestlich vom Doiran⸗See ver⸗ suchten mehrere englische Kompagnien bei dem Bahnhof Akandjali vorzurücken, wurden aber durch unser Sperr⸗ feuer zurückgetrieben. Auf der übrigen Front schwache Kampf⸗

tätigkeit. Rumänische Front. Bei Tulcea, westlich von Isaccea

und bei Galatz spärliches Artilleriefeuer. b

8 28 1 Sofia, 20. September. (W. T. B.) Amtlicher Herresbericht. Mazedonische Front: An der Tschervena Stena und nördlich von Bitolia mäßiges Störungsfeuer. Im Cernabogen zeitweise unterbrochenes, lebhaftes Geschütz⸗ und Minenfeuer. Zwischen Wardar und Dojran ziemlich heftiges Artilleriefeuer. Am Nordhang der Kruscha Pla⸗ nina wurde eine berittene englische Abteilung in der Nähe des Dorfes Ak Duzalik durch Feuer zersprengt. Wir mach⸗ ten einige Gefangene. An der übrigen Front schwache Ge⸗ fechtstätigkeit. 5 Rumänische Front: Westlich von Isaccea spärliches Geschützfeuer. 1 3

1“

Türkischer Bericht. Konstantinopel, 19. September. (W. T. B.) Amtlicher Tagesbericht. b ö““ Oestlich Rewanduz gingen die Russen bis auf die Hänge südwestlich Paschna Kala zurück. Sinaifront. Bei Gasa mäßiges, weiter östlich leb⸗ hafteres Artilleriefeuer. 1“

8 8

Der Krieg zur See.

Berlin, 20. September 1917. (W. T.⸗B.) Im Atlan⸗ tischen Ocean wurden durch unsere U⸗Boote wieder⸗ um 20 000 B.⸗R⸗To. versenkt. Unter den versenkten Schiffen befanden sich zwei große bewaffnete Dampfer sowie ein tiefbeladener Frachtdampfer, wahrscheinlich mit Munitions⸗ ladung, der aus sarker Sicherung herausgeschossen wurde.

Der Chef des Admiralstabes der Marine

G Kunst und Wissenschaft.

Wie die „Leipziger Neuesten Nachrichten“ melden, is er Königlich Sächsischen Bergakademie in Freiberg neuer⸗ dings eine Professur für Braunkohlen bergbaukunde er⸗ richtet worden. Im Zusammenhang damit soll eine Professur für organische Chemie, deren Hauptaufgabe die Braunkoblenchemtie sein wird, errichtet werden. An diesem Lehrstuhl soll das Braun⸗ kohlenbüttenwesen im weitesten Umfange gelehrt werden. Die Lehraufgabe wird die chemische Erschließung und Ver⸗ wertung der Braunkohle bis zu den letzten Endergebnissen mfassen. In der Braunkohlenbergbaukunde wird besonders der Abraumbetriev, der bisher noch an keiner Hochschule eine Stätte hatte, in den Vordergrund neten. Auch ist beabsichtigt, der L hre der Brennstoffe und der Heizungskunde einen befonderen Vortrog zu widmen. Für die Braunkohlenstiftung sind bisber vom sächsischen Fiskus 50 000 bezw. 100 000 und von induftrieller Seite bisher im ganzen uber 220 000 gezeichnet worden.

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Im Laufe des Monats September nähert sich der Planet Mars dem östlich von ihm stebenden Planeten Saturn immer mehr, bis er ihn schließlich im Sternbild des „Krebses“ am 1. Okrober einholt. Darxauf wird sich der Abstand beider wieder vergrößern. Mats sowohl wie Saturn bewegen sich rechtläufig, d. b. von Westen nach Osten. Mars läuft 15,5 mal so schnell wie Saturn. Bei der Konjunktion om 1. Oktober, die um 1 Uhr Nachmittags stattfindet, näbert sich Mars dem Saturn nvördlich bis auf den sehr geringen Abstand von nur 40°, mithin wenig mehr als eine volle Mondbreite. Beide Planeten werden. auch schon an den vorangehenden Tagen, ebenso noch in den folgenden Tagen einander ungewöhnlich nahe sein und so für eine Zeitlang ein eigenarttges helles Doppelgestirn bilden.

Die älteste deutsche Nordpolarreise. Vom nördlichen Europa aus haben die Normannen und Wikinger gegen das Ende des 1. Jahrtausends kühne Seefahrten unternommen, und es ist sicher, daß sie damals nicht nur Grönland entdeckt und besiedelt haben, sondern sogar bis nach Nordamerika gelangt sind, das alto von ihnen rund 500 Jahre vor Kolumdus entdeckt sein maa. Ueber diese Reisen ist gerede in letzter Zeit viel geschrieben worden, und namentlich kat Friinjof Nansen den Fahrten der alten Nordmänner eingeher de Untersuchungen gewidmet. Beinabe vergessen aber ist eine Unternehmung, die fast in dieselbe Zeit fällt und aus mehr als einem Grunde aus den übrigen hervorgehoben zu werden verdient. Einmal ging sie zweifellos von der deutschen Küste aus, und außerdem wurde sie aus Gründen untervommen, die vielleicht nicht gerade idealer Natur waren, aber doch auch nicht lediglich auf Handel und Landerwerb abzielten. Der berühmte Adam von Bremen, ein Geist⸗ licher am Bremer Dom, dessen Geschichte des Hamburg⸗Bremensischen Erestists eine der wertvollsten Urkunden alter deutscher Geschichts⸗ schreibung ist, ermähnt darin auch eine Reise, von der er durch seinen Gönner, den Erzbischof Adalbert von Bremen, gehört hatte, und in jener Reise ist eben jenes eigenartige Unternehmen zu seben, das füglich als die erste deutsche und vielleicht über⸗ haupt als die erste Norrpolarexpedition bez-ichnet werden könnte. Diese Bezeichnung ist freilich nach dem tat⸗ sächlichen Erfolg etwas kühn, aber das Merkwürdige an dieser Fahrt ist eber, daß sie angeblich der Hauptsache nach aus reinem Forschungstrieb „der einer ent prechenden Abenteurerlust mit dem Zweck, das Meer im Norden zu beschiffen“, veranstaltet wurde. Es kam den Reisenden vornehmlich darauf an, festzustellen, ob es nach Norden hin noch ein unbekanntes Land oder ein unbegrenzies Meer gäbe. Nebenbei mögen Rücksichten auf Ausbreitung des Glaubens und wohl auch auf eine angemssene Beute mitoesprochen haben, wo⸗ rauf schon daraus zu schließen wäre, daß sich die Teilnehmer vor der Reise durch einen Eidschwur verbrüderten, vielleicht zur Sicherung einer gerechten Vertetlung der Beute. Der Bericht, den Adam von Bremen über den Verlauf der sonderbaren Seefahrt gibt, enthält nun Angaben, die für den Leser ohne genauere Kenntais der damaligen Vorstellungen von den nordischen Meeren unverständlich bleiden. Die braben Friesen, die „mit fröhlichem Jubelgeschret“ in See gestochen waren, fuhren zwischen Dänemark und Großbritannien hindurch nach den orkadischen (Orkney⸗) Inseln, dann weiter nach Island, wo wahr⸗ scheinlich gelandet wurde, dann aber schifften sie nach Norden, indem sie alle genannten Inseln weit hinter sich zurückließen und bis zum „äußersten Ende“ gelangten. Dabei gerieten sie in den schon von den Schriftstellern des Altertums erwähnten erstarrten Ozean und weiter in einen furchtbaren Wirbel, der nach der damaligen Vor⸗ stellung den Uisprung von Ebbe und Flur darstellte. Nachdem einige Schiffe verloren gegangen waren, gelangten die übnigen an eine Insel, die von bohen Klippen wie eine Stadt von Mauern umgeben war. Sie trafen dort auf Menschen, die in Höhlen wohnten. Vor den Höhlen waren unzählige goldene und sonstige metallene Gefäße, von denen sich die Seefahrer möglichst viele aneigneten. Da tauchten die Höhlenbewohner, Mäaner von Riesenwuchs, auf, von se ungewöhnzich großen Hunden be⸗ gleitet, die alsbald einen der Seefahrer zerrissen. Die uͤbrigen ent⸗ kamen mit ihrem Raub zu den Schiffen und langten dann noch weiteren Abenteuern in Bremen an, wo sie dem Bischof alles Erlebte berichteten. Diese Erzählung ist in den Werken über die Geschichte der Entdeckungsreisen wenig beachtet worden. Erst 1741 fand sie Be⸗ rücksichtitung in der Schrift eines alten Bremer Gelehrten namens Gassel, und später hat sie Alexander zvon Humboldt einer ausführlichen Erwähnung gewürdigt. Eine Sr Unter⸗ suchung hat ihr dann noch später der bekannte Geograph Kohl ge⸗